Kommentar: Die Absurdität des Fanseins

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    Kommentar: Die Absurdität des Fanseins

    Zwischen Mainz und Mannheim, zwischen Nüchternheit und Zwangspessimismus. Warum der FCK längst verloren geglaubte Emotionen hervorruft. Ein Kommentar.


    Ich halte mich grundsätzlich für einen sehr nüchternen Fußballfan. Zumindest solange wir in Rückstand liegen. Und damit meine ich nicht meinen Alkoholpegel während der Spiele meines geliebten FCK.


    Im Vorfeld des „Spieles“ – Spiel ist schon fast zu milde ausgedrückt für diese Begegnung – war ich genervt. Mehr genervt als ohnehin schon. Mehr genervt aufgrund von Streitigkeiten im Aufsichtsrat, nervigen Fan-Rivalitäten, reichen Investoren und der Tatsache, dass sich sportlich allem Anschein nach einfach nichts bewegt. Ich bin zutiefst genervt. Und das war ich diese Saison schon einmal. Gegen Mainz. Eine Mannschaft, die just in diesem Moment in der Bundesliga zeigt, dass ihre Niederlage gegen Kaiserslautern doch kein Ausrutscher war. Ich war genervt, weil das „Derby“ gegen Mainz heruntergespielt wurde. Dass es gar kein echtes Derby sei, weil Mainz so unendlich weit weg und Mannheim eben mit all ihren Fans doch so viel näher liegt. Und dann gewinnen die das Spiel. Mit einer Kampfleistung sondergleichen und alle Welt grölt: „Wir sind die besten im Südwesten. Das Herz der Pfalz. Der Nabel des Weinlands. Die Weinschorle auf der Sahne". Ja es wurde abstrus.

    Glaube versetzt Berge: Aber auch nur, wenn Kevin Kraus trifft

    Ich halte mich grundsätzlich für einen nüchternen Fußballfan. Aber nicht wenn wir in Führung liegen. Dann kenne ich nur noch Emotionen und keinen Zwangspessimismus. „Wir haben die Mainzer aus dem Stadion gefegt und alle wissen, als nächstes ist Nürnberg dran". Doch dann holt einen die Realität ein. Oder eher gesagt der Liga-Alltag. Der heißt nämlich nicht Mainz und Nürnberg, sondern Münster und Braunschweig. Zwickau und Mannheim. Der Liga-Alltag heißt abgesägte Köpfe, eingeschlagene Fenster und ausgesetzte Schweine. Dazu Choreos, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, obgleich man sich den Worten der Banner schämt. Als nüchterner Fußballfan hält man nichts vom Wort „Tod“ und möchte auch nicht, dass sein geliebter Sport und der Imperativ „verrecke“ in einen Topf geworfen werden. Und wenn dann nach 10 Minuten ein Gegentor fällt und eine kleine Stimme in deinem Hinterkopf sagt: „Ja, der war eigentlich gut rausgespielt. Mannheim soll ruhig gewinnen", dann brennt da oben die Luft. Ich hab so keinen Bock mehr. Doch genau in diesem Moment trifft Kevin Kraus und alles, wirklich alles ist dahin.


    Erst haben wir Mainz weggeblasen, dann Mannheim. Und im DFB-Pokal Halbfinale verprügeln wir die Bayern! Champions League ist realistisch. Mannheim verrecke!“ Ich hasse es. Und ich liebe es. Dass mir der Verein immer wieder Emotionen gibt, wenn ich eigentlich längst weiß, dass ich schon lange keine mehr haben sollte. Dass mir eine Rettungstat auf der Linie vom hüftsteifesten Spieler der westlichen Hemisphäre die Jubeltränen ins Gesicht treibt, obwohl ich weiß, dass wir das Ding in der ersten Halbzeit gewinnen hätten können. Müssen. Das alles macht ein nicht zurückliegender Betze mit einem nüchternen Fußballfan.

    Südwestderby gegen Mannheim? "Das ist mir sowas von egal"

    Es ist traurig, dass ich mich über ein 1:1 gegen Mannheim freue. Aber das tue ich wahrscheinlich nur, weil mir – als nüchterner Fußballfan – der Waldhof egal ist. Mannheim ist ein aufstrebender Drittligist, der auf einer Welle der Euphorie von Spiel zu Spiel punktet. 29 Spiele ohne Niederlage in Folge sind eine Hausnummer. Aber auch sie werden einbrechen und am Ende der Saison wird der FCK – wenn auch nicht auf einem Aufstiegsplatz – in der Tabelle vor den Kurpfälzern stehen.


    Noch etwas Kurzes zum Spiel. Es werden Abwehrverbände kommen, die von der Flügelzange Pick und Thiele wahrhaftig auseinander genommen werden. Picks Leistungssprung ist gewaltig und Thiele, der letzte Saison noch – völlig zu recht – häufig kritisiert wurde, macht sich wirklich gut auf der rechten Außenbahn. Tatsächlich wirken sein Spiel und vor allem seine Geschwindigkeit ganz anders, jetzt wo er etwas weiter weg vom gegnerischen Tor positioniert ist. Hildmann hat erkannt, dass Thiele wohl einfach kein Strafraumstürmer ist. Obwohl er als solcher verpflichtet wurde.


    Apropos Verpflichtungen. José Matuwila ist ein wahres Biest in der Innenverteidigung und mit Markus Karl haben wir sogar einen guten 6er für die Westtribüne geholt. Ein Glück, dass das Transferfenster geschlossen ist.


    Quelle: Treffpunkt Betze