Wenn der Fußballgott wieder zum Teufel wird

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    Wenn der Fußballgott wieder zum Teufel wird

    Die Stimmung beim FCK hat sich binnen weniger Tage um 180 Grad gedreht. Das ist Chance und Risiko zugleich. Doch der Betze hat seinen Konkurrenten nun Entscheidendes voraus.


    Fußball an sich ist schon eine merkwürdige Angelegenheit. Oftmals als schönste Nebensache der Welt tituliert, ist er doch bei Weitem so viel mehr. Fast nirgendwo in Fußball-Deutschland wird dies so deutlich wie in Kaiserslautern. Fast nirgendwo sonst ist das persönliche Wohlergehen so eng mit dem der heiß geliebten Roten Teufel verknüpft. Fans geben ihren letzten Cent aus, reisen nach Rostock, Hamburg oder wie am vergangenen Wochenende nach Kiel. Sie opfern die Zeit mit der Familie - für einen Verein, der für viele wie kein zweiter selbst Familie bedeutet. Und wie in jeder Familie ist eine solche Beziehung selten sorgenfrei. Die Emotionen kochen auch gerne einmal schnell hoch.


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    Noch vor zehn Tagen schien das Schicksal des Fritz-Walter-Klubs nach dem 1:1 gegen den SV Wehen Wiesbaden besiegelt, der Abstieg wohl nicht mehr zu verhindern. Zu schlecht war wieder einmal die Leistung in der zweiten Halbzeit, in der die Lautrer zum gefühlten tausendsten Mal eine Führung aus der Hand gaben. Tabellarisch schien zwar noch alles möglich. Klar, der FCK verharrte auf einem Abstiegsplatz, aber nur zwei Zähler hinter den Hessen. Was aber allenthalben fehlte - das wurde an diesem Nachmittag überdeutlich - war der Glaube. Das veranlasste Trainer Friedhelm Funkel zu einem flammenden Appell: „Hier ist im Moment eine Weltuntergangsstimmung, wenn ich in die Gesichter der Leute schaue. Aber wir sind heute nicht abgestiegen. Wir haben noch vier Spiele. Und ich bin der Erste, der vorneweg geht.“

    Zwischen Weltuntergang und Partystimmung: Der ganz normale FCK-Wahnsinn


    Zehn Tage später sieht die Welt in Kaiserslautern schon wieder völlig anders aus. Die Pfälzer schlugen zum Erstaunen der meisten Beobachter die Spitzenmannschaft Holstein Kiel mit 3:1, gaben eine Führung nicht aus der Hand, sondern bauten sie sogar aus. Und dank der Niederlage von Wehen einen Tag später, sprangen die Männer in Rot sogar auf einen Nichtabstiegsplatz. „Diesen Sieg hat uns niemand zugetraut. Vor allem niemand in Kaiserslautern“, erinnerte Funkel an die von ihm beschriebene Stimmung nur wenige Tage zuvor. Und tatsächlich: Plötzlich sieht man in Kaiserslautern wieder Zuversicht in den Augen der Menschen. „Mutige Kleidung. Das wird doch eh nichts mehr“, schallte es mir noch am Montag nach dem Wiesbaden-Heimspiel an der Supermarktkasse entgegen, als ich mit meiner FCK-Jacke bewaffnet bezahlen wollte. Mutig? Nein, in Lautern ist das eine Lebenseinstellung. „Jetzt erst recht“, entgegnete ich. Beim FCK gibt man schließlich nicht auf. Und selbst wenn es schief gehen sollte: Die rot-weißen Farben würde ich auch gegen Verl oder Sandhausen wieder tragen. Selbstverständlich käme mir nie etwas anderes in den Sinn.


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    Nur eine Woche ist seitdem vergangen. Zu spüren ist von dieser Stimmung aber fast nichts mehr. Nach dem Sieg in Kiel spazierte ich durch den Lautrer Volkspark und sah dabei ein FCK-Trikot nach dem anderen an mir vorbei stolzieren. Wo sich kurz zuvor schon mit potenziellen Drittliga-Gegnern beschäftigt wurde, begannen plötzlich Rechenspiele, wie der Klassenerhalt schon vor dem letzten Spieltag eingetütet werden könnte. Zu Tode betrübt und himmelhochjauchzend. Das ist eben Kaiserslautern. Und genau das macht diesen Verein auch so verdammt liebenswert.

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    Es birgt zugleich aber auch eine Gefahr. Die Gefahr, sich zu schnell, zu sicher zu fühlen. Doch die Roten Teufel haben neben ihren Fans einen großen Trumpf: Trainer Friedhelm Funkel. Der drückte nach dem Heimsieg, wohl wissend um die Achterbahnmentalität eines Traditionsvereins, auf die Euphoriebremse. „Es war ein sehr, sehr wichtiger Sieg für uns. Mehr nicht. Wir haben noch drei Spiele und unsere Situation ist weiterhin kritisch. Wir müssen aus den nächsten Spielen mindestens zwei Siege holen, um in der Liga zu bleiben.“ Aus Kiel können die Roten Teufel neben den drei Punkten zudem einige Erkenntnisse mitnehmen: Auch eine Halbzeitführung kann am Ende zum Sieg führen, wenn man weiter engagiert und zielstrebig nach vorne spielt. Die Umstellung auf Dreierkette hat dem Lautrer Spiel sichtlich gut getan und es stabilisiert. Und Spieler wie Daniel Hanslik oder Ben Zolinski blühen plötzlich wieder auf. Fußball ist eben eine merkwürdige Angelegenheit. Und nicht zu vergessen: Während die Konkurrenz aus Rostock, Braunschweig und Wiesbaden schwächelt, kann gerade beim FCK eine positive Grundstimmung im Schlussspurt enorm beflügeln. So kam der BTSV am vergangenen Wochenende mit 0:4 gegen den HSV unter die Räder und verdarb sich dabei sein Torverhältnis. Und Wehen entließ nach dem 3:5 gegen Fürth kurzerhand Aufstiegstrainer Markus Kauczinski.


    Die Funkel-Elf muss nun den Schwung aus Kiel mitnehmen, ohne dabei gegen einen Gegner auf Augenhöhe in alte Fehlermuster zu verfallen. Gelingt das, dann wird auch der Funke vom Platz auf die Ränge überspringen. Und dann ist gegen Magdeburg, Hertha und Braunschweig alles möglich. Oder wie es Norbert Thines sagen würde: „Ich weiß auch, was Pfälzer, wenn sie zusammenhalten, bewegen können.“ Noch dreimal alles geben. Zammehalle, Drinn bleiwe!