Diskussionsthema zum Artikel: Krahl: „Brauchen keine Spieler, die dem Trainer hinterherrennen“
Krahl: „Brauchen keine Spieler, die dem Trainer hinterherrennen“
Julian Krahl im Interview: Die Nummer eins des 1. FC Kaiserslautern über den Saisonstart, den neuen FCK-Trainer und seine langfristigen Ziele mit den Roten Teufeln.
Fast genau ein Jahr ist es her, dass der 1. FC Kaiserslautern am zweiten Spieltag mit 0:3 auf Schalke verlor. Neben Boris Tomiak, mit dem wir in der vergangenen Woche auf den Saisonstart zurückgeblickt haben, flog damals auch Stammkeeper Andreas Luthe mit Rot vom Platz. Des einen Leid, war des anderen Freud. Es schlug die Stunde von Julian Krahl, der von da an nicht mehr aus dem Tor zu verdrängen war. Heute ist der 24-Jährige der sichere Fels in der Lautrer Defensive und aus dieser nicht mehr wegzudenken.
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„Ich war noch nie zu einhundert Prozent zufrieden“
Treffpunkt Betze: Hallo Julian. Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch. Du wurdest in den bisherigen drei Zweitligaspielen schon zweimal in die Kicker-Elf des Spieltages berufen. Auch bei uns warst du bereits zweimal „Man of the Match“. Wie war der Saisonstart aus deiner Torwartsicht?
Julian Krahl: Meine persönliche Leistung war in Ordnung. Es ist nicht alles so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich hatte in jedem Spiel Szenen, die ich hätte besser lösen wollen. Aber das ist ganz normal. Ich glaube, es gab noch kein Spiel, bei dem ich zu einhundert Prozent mit mir zufrieden war. Das wird es auch in den kommenden Wochen immer mal wieder geben. Mein Ziel muss es sein, noch mehr Konstanz in die Leistung zu bringen, sodass ich in jedem Spiel ein sicherer Rückhalt für die Mannschaft bin.
Treffpunkt Betze: Wir haben in der Vergangenheit viel über eure anfällige Defensive gesprochen. Lass uns mal etwas Positives hervorheben: Letztes Jahr habt ihr bis zum 24. Spieltag gebraucht, um zum ersten Mal die Null zu halten, jetzt war es schon nach dem dritten Spieltag so weit. Was hat sich in der Abwehr in den letzten Monaten verändert?
Julian Krahl: Man kann die Situation eigentlich gar nicht mit letzter Saison vergleichen, denn wir spielen jetzt sowohl mit als auch gegen den Ball ein komplett anderes System. Fakt ist, was wir sehr gut machen: Wir hauen uns in alle Bälle rein, verteidigen defensiv die Standards sehr sauber weg, was im letzten Jahr noch ein sehr großes Thema bei uns war. Die Jungs hinten haben eine sehr hohe Qualität und machen ihre Sache sehr gut.
„Das Mindset muss sein: So oft wie möglich zu Null spielen“
Treffpunkt Betze: Wo siehst du noch Handlungsbedarf, was muss sich defensiv noch verbessern?
Julian Krahl: Es ist ein Zusammenspiel von vielen Dingen. Vielleicht müssen wir als Mannschaft noch einen Tick mehr zu Null spielen, die Bälle wegblocken und den Zweikampf gewinnen wollen. Du wirst es aber nicht schaffen, gegen einen guten Gegner nichts zuzulassen. Aber vielleicht gelingt es uns, noch einen Schuss mehr zu blocken, einen Fehlpass weniger zu spielen oder einen wichtigen Zweikampf mehr in der 80. Minute zu gewinnen. Das ist ein Mindset, das wir uns mit der Zeit aufbauen wollen: So oft wie möglich zu Null spielen. Und in dieser engen 2. Liga können das Details sein, die über ein Spiel entscheiden. Ich denke, das Spiel in Münster hätten wir in der letzten Saison vielleicht noch verloren.
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Treffpunkt Betze: Du sprichst das neue Spielsystem schon an. Dies hängt natürlich maßgeblich mit eurem neuen Trainer Markus Anfang zusammen. Was zeichnet ihn als Trainer aus?
Julian Krahl: Bisher kann ich nur Positives berichten. Was mir sehr gut gefällt: Er hat einen klaren Plan, was er von uns auf dem Platz sehen will. Er gibt uns in diesem System aber auch viele Freiheiten, Dinge selbst zu entscheiden und so zu lösen, wie wir es am sinnvollsten ansehen. Bei allem, was wir machen, ob es Standardsituationen oder das Pressingverhalten sind, können wir uns einbringen. Es findet ein großer Austausch mit dem Trainerteam statt. Das tut uns gut und regt jeden dazu an, mitzudenken, wach zu sein und gewisse Dinge zu hinterfragen. Wir brauchen keine elf Spieler, die nur dem Trainer hinterherrennen und machen, was einer sagt. Auf dem Platz musst du fähig sein, selbst Entscheidungen zu treffen. Da sind wir auf einem guten Weg, auch wenn wir es in Münster nicht gut gemacht haben. Diese einfachen Fehler müssen wir gegen Hertha abstellen.
„Den Spaß darfst du nie verlieren“
Treffpunkt Betze: Seit du 2022 von Viktoria Berlin an den Betzenberg gewechselt bist, hast du eine enorme Entwicklung durchlaufen. Vom dritten Torwart hast du dich zum Stammkeeper und absoluten Leistungsträger gemausert. Wie würdest du deine eigene Entwicklung beschreiben?
Julian Krahl: Ich versuche immer gut zu trainieren und gute Spiele abzuliefern. Was darüber hinaus passiert, sind oft Dinge, die du nicht beeinflussen kannst – besonders als Torwart. Entweder kommt der Ball so, dass du ihn halten kannst oder er kommt eben so, dass du ihn nicht halten kannst. Du kannst dich nur bestmöglich vorbereiten. Es ist also auch ein Stück weit eine Glückssache. Im vergangenen Jahr war teilweise auch jeder Schuss ein Treffer. Für mich ist wichtig, dass ich das Beste aus mir heraushole. In dem Jahr, seit dem ich Stammkeeper bin, ist viel passiert, man reift aber dadurch. Man wird ruhiger, gewisse Dinge werden ein Stück weit zur Normalität. Aber ein bisschen Nervosität und Vorfreude wird immer vorhanden sein, denn ich mache das ja gerne hier, sonst hätte ich das nicht bis jetzt durchgezogen und hätte meinen Vertrag vorzeitig verlängert. Den Spaß darfst du nie verlieren.
Treffpunkt Betze: Stichwort Spaß beim FCK: Du hast erst im Mai dieses Jahres deinen Vertrag vorzeitig verlängert. Welche persönlichen Ziele hast du dir mit dem FCK innerhalb deiner Vertragslaufzeit gesteckt?
Julian Krahl: Ich denke eigentlich nur an diese Saison. Im Fußball ist es ohnehin schwierig, langfristiger zu planen. Es kann passieren, dass du eine starke Saison spielst und dir als Ziel nimmst, nächstes Jahr aufzusteigen. Es kann aber auch passieren, dass es so läuft wie im letzten Jahr, dann nimmst du dir vor, eine saubere Saison ohne Abstiegskampf zu erleben. Deswegen konzentriere ich mich darauf, Konstanz auf den Platz zu bringen und auf ein höheres Level zu kommen. Ich will mich in allen Bereichen verbessern, um ein besserer Spieler zu werden und der Mannschaft noch besser helfen zu können.
„Ich will mich noch in allen Bereichen verbessern“
Treffpunkt Betze: Dann lass‘ uns zum Abschluss auf den kommenden Gegner schauen. Am Samstag steht ein traditionsreiches Flutlichtduell gegen Hertha BSC an. Du selbst bist in Brandenburg geboren, hast bei Viktoria Berlin gespielt. Ist die Begegnung etwas Besonderes für dich und was erwartest du für eine Partie?
Julian Krahl: Ich werde nicht müde, es zu sagen: Es ist außergewöhnlich, abends auf dem Betze zu spielen. Darauf freue ich mich sehr. Zu Hertha selbst habe ich keine engere Beziehung. Ich habe in der Jugend mit Cottbus und Leipzig öfter gegen sie gespielt. Beim Rückspiel im Olympiastadion werde ich wahrscheinlich viele Karten für meine Familie besorgen müssen (lacht). Mein alter Torwarttrainer aus Köln, Andreas Menger, ist dort - mit ihm pflege ich immer noch einen sehr engen Kontakt. Aber darüber hinaus wird es für mich persönlich keine besondere Partie. Es wird eine sehr enge Partie. Hertha bringt eine brutale Qualität mit, die sie teilweise noch nicht so auf den Platz bekommen haben – ähnlich wie wir. Ich denke, wer weniger Fehler macht und seinen Plan sauberer durchzieht, wird am Ende dieses Spiel gewinnen.