Was hat Fussball mit Wirtschaft zu tun - eine nüchterne Analyse

  • Auch wenn erst mal Winterpause ist: ich bekomme die Gedanken an unseren Verein nicht aus dem Kopf. Ich frage mich dauernd, wie es nur so weit kommen konnte... Die Antwort an sich ist gar nicht so schwierig! Mal ganz rational betrachtet: Was ist den ein Fussbalverein heute? Nichts anderes als ein Wirtschaftsunternehmen! Die Zeiten sind vorbei, in denen durch einen tollen Zufall die Walter-Brueder und andere Jungs aus Region so gut sind, dass man aus einem Verein eine halbe Nationalelf rekrutieren kann. In den 60er und 70er Jahren war man insbesondere auf der Suche nach Spielern innerhalb Deutschlands. In den 80er Jahren kam dann ganz Europa und seit den 90ern sind wir "globalisiert".


    Um es kurz zu machen: 80% des Erfolgs haengen von einer guten Fuehrung des Vereins ab, nur 20% von den (eingekauften) Spielern. Das beinhaltet natuerlich, dass man sich gute Spieler heute nur leisten kann, wenn man erfolgreich wirtschaftet. Die restlichen 20% sind dann nur noch dafuer ausschlaggebend, ob z.B. Werder oder Bayern Meister wird (weil die beiden naemlich professionell gefuehrt sind) bzw. ein Glueckstreffer à la VfB Stuttgart eintrifft.


    Was macht also den Unterschied aus? Dann lasst uns doch mal auf die erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen schauen - immer mit Theorie und Vergleich zur Praxis in unserem Verein:


    1) Man hat ein branchenerfahrenes Management


    Theorie: Im Fussball - wie in anderen Branchen auch (z.B. Spezialwerkzeugehersteller) - setzt man ein Management ein, das ueber Erfahrung in der Branche verfuegt. Man setz keinen Manager eines Babywarenherstellers auf den Chefposten eines Spezialwerkzeugeherstellers!


    Praxis FCK: Egal wie sie hiessen: Jaeggi, Goebel, etc.: Alle haben betont, dass sie von der speziellen Branche Fussball keine Ahnung haben!


    2) Man mischt Erfahrung mir junger Dynamik


    Theorie: Unternehmen brauchen zwar "frisches Blut" (z.B. eigener Nachwuchs), aber auch (branchen-)erfahrene Mitarbeiter auf allen Ebenen und Abteilungen. Erfahrung bringt etablierte Prozesse und verhindert den Blindflug bzw. "Jugend forscht".


    Praxis FCK: Entweder man bastelt eine unerfahrene Mannschaft wie dieses Jahr oder man holt Trainer wie Rekdal oder den lieben Hitzfeld-Juenger Henke, die den schwierigen Situation NULL gewachsen sind - JUGEND FORSCHT! Engagements von erfahrenen Leuten wie Kuntz lehnt man dagegen ab...


    3) Man hat Instrumente, um den Unternehmenserfolg zu sichern und -wenn notwendig- gegenzusteuern


    Theorie: Das nennt sich "Controlling" und man erkennt rechtzeitig, wenn es z.B. mit den Finanzparametern nicht so laeuft. Und ergreift rechtzeitig Gegenmassnahmen.


    Praxis FCK: Ein Herr Wischemann beichtet vor laufender Kamera, "dass man den Durchblick verloren hat" oder anno 2007 erkennt man kurz vor der JHV, "fass es finanzielle Engpaesse gibt".


    4) Man investiert mit Bedacht


    Theorie: Bevor man investiert, schaut man sich genau an, in was das Geld fliesst und wie lange man sein Geld anlegt bzw. wie lange man fuer eine Leistung zahlt. Da wir gelernt haben, dass der Fussball eine spezielle Branche ist, verlaesst man sich auf Leute, die sich in der Branche auskennen.


    Praxis FCK: Vertraege werden mind. 3 Jahre geschlossen. Wenn es nicht tut, dann zahlt man eben laaaaange weiter (siehe Wolfgang W. oder andere Trainer). Zu den Investitionen (sprich Spielerkauf) - Ja, zu Genuege, aber eine reine Zufallsauswahl ueber einen Computer haette wahrscheinlich mehr Erfolg gebracht. Auch wenn ich nicht wie Bayern 10 Mio. investieren kann: Selbst 750 TEUR fuer einen Spieler wie Hansen sind eine schlechte Investition, wenn man ihn (so denke ich mal) viel guenstiger weiterverkaufen wird. Das nennt sich dann VERLUST und bringt das ganze Unternehmen in Gefahr, wenn man es wie der FCK regelmaessig macht.


    5) Unternehmensprofil und Unternehmensleitlinien


    Theorie: Dazu gehoert z.B. eine positive Darstellung nach Aussen (mittels Marketing und PR), um potenzielle Investoren (Fans, andere Firmen) positiv zu ueberzeugen. Zu den Unternehmensleitlinien gehoert beispielsweise, dass man einen Ehrencodex hat, nach dem Internas wirklich intern diskutiert werden.


    Praxis FCK: Schlammschlachten laufen bevorzugt im TV, eine klare Richtung ist nicht zu erkennen. Erst feiert man Toppi als "Retter", dann bringt man es GEMEINSAM nicht auf die Reihe, Streitigkeiten intern zu regeln.



    Ich koennte noch einige weitere aufzaehlen...


    Wieso ich das schreibe? Weil es leider die Wahrheit ist! Und weil ich die Hoffnung habe, dass vielleicht einer der Herren mal ueber diese Zeilen ein paar Gedanken macht!!! :aha:


    Koennte ich es besser? Steht nicht zur Debatte, da ich in einem erfolgreichen Unternehmen arbeite, das im grossen und ganzen die oben genannten Punkte gut beherzigt. ;) Wirklich besser koennte ich es wahrscheinlich nicht, weil ich KEIN FUSSBALLEXPERTE bin. Das ist ein Herr Buchholz auch nicht, nur weiss er es nicht. :autsch:


    Bin mal gespannt auf Eure Meinungen. Vielleicht kommen ja noch ein paar Punkte zusammen und wir koennen einen konstruktiven Leitfaden erstellen.

  • Ohne auf einzelne Punkte eingehen zu wollen, stimme ich dir im großen und ganzen zu. Ein Fußballverein ist ein Wirtschaftsunternehmen. Besonders in Kaiserslautern ist das aber alles nicht so einfach. Ich würde mir als Investor z.B. ganz genau überlegen, ob ich in diesen Verein Geld stecken würde. Man schaue sich mal die Beiträge zum Thema Hopp an oder zu den Ansmann-Fähnchen oder...


    In diesem Zusammenhang empfehle ich die Lektüre des aktuellen Manager Magazins ( 01/2008 ) mit dem Titel: "Die 50 Mächtigsten im Sportbusiness".

    "Im Zahlenraum bis 100 kann Oliver Aufgaben mit hohem Schwierigkeitsgrad, auch bei wechselnder Aufgabenstellung, lösen."

  • Ohne auf einzelne Punkte eingehen zu wollen, stimme ich dir im großen und ganzen zu. Ein Fußballverein ist ein Wirtschaftsunternehmen. Besonders in Kaiserslautern ist das aber alles nicht so einfach. Ich würde mir als Investor z.B. ganz genau überlegen, ob ich in diesen Verein Geld stecken würde. Man schaue sich mal die Beiträge zum Thema Hopp an oder zu den Ansmann-Fähnchen oder...


    In diesem Zusammenhang empfehle ich die Lektüre des aktuellen Manager Magazins ( 01/2008 ) mit dem Titel: "Die 50 Mächtigsten im Sportbusiness".


    Auch ich gebe Dir im grossen und ganzen Recht: der FCK ist ein besonderer Verein. Ich meinte aber keinesfalls das "Anlocken" von Investoren à la Hopp, sondern einfach nur die uebliche Sponsoring-Unterstuetzung fuer einen Verein, insbesondere in einer eher strukturschwachen Region wie der Pfalz. Wir haben es doch selbst nach dem Abstieg 1996 geschafft, dass wir trotz "anderer Strukturen" wieder in die Spur gefunden haben. Oder war es an diesem Punkt gerade deshalb hilfreich, dass Dinge "anders" waren?


    Man mag zu Otto Rehhagel stehen wie mal will: er war einer, der eine klare Linie hatte und in seiner "Ottokratie" die Zersplitterung nicht zugelassen hat. In anderen Vereinen mag die "Demokratie" ja funktionieren. Bei uns fehlt eine starke Hand, die etwas aufbaut und dabei gleichzeitig einen Nachfolger aufbaut (was Jaeggie z.B. abgesehen von seinem fehlenden Fachwissen nie tat). Wir sind glaube ich ein sehr emotionaler Verein aufgrund der Bindung an die Region. Was man aus meiner Sicht aber nicht leugnen kann ist, dass diese vorhandene Verbundenheit bisher nicht durch ein professionelles Arbeiten genutzt wird. Keiner der 5 vorher genannten Grundregeln eines erfolgreichen Managements trifft beim FCK zu, von daher ist es kein Wunder, dass es Schritt fuer Schritt Richtung Abgrund geht...


    Geld wird unseren Verein nicht retten, sondern nur ein professionelles Arbeiten in allen Bereichen, angefangen vom Management. Selbstdarsteller ohne Erfahrung im Fussball werden dies nicht leisten koennen. Um es klar zu sagen: wenn wir schon kein Praesidium mit "Branchenkenntnis" bekommen, so muss es zumindest so weise sein, dass es einen Fusballfachmann mit ERFAHRUNG als Sportdirektor beruft und mit diesem ein paar Grundregeln des Zusammenarbeitens vereinbart. Dazu gehoert dann u.a. die interne Diskussion von Themen und die Bereitschaft, dass man auch mal das Wissen eines anderen, branchenerfahrenen anerkennt und dessen Rat folgt.

  • Die Grundregeln der Wirtschaft sind so vielfältig wie die Theorien unterschiedlicher Wirtschaftswissenschaftler. Grundsätzlich ist alles eine Frage der Philosophie, für welche Theorie ich mich entscheide. Unser Problem, hier beim FCK sind die mangelnde Beharrlichkeit, an einer eingeschlagenen Richtung festzuhalten. Man opferte gerne seine Überzeugung, um nur in der Öffentlichkeit gut dazustehen. Das geht auch bei Amateuren schief und hat eigentlich nichts mit Wirtschaft zu tun.
    Vielmehr kommt es einfach darauf an einmal eine Überzeugung auch durchzusetzen, wenn die ersten Probleme auftauchen. Genau das hat man die letzten Jahre nicht hin bekommen.

    Wir kommen wieder....:schild:

  • @ herby
    Die fehlende Kontinuitaet, die Du beschreibst, ist am Ende der Ausgangspunkt fuer das Scheitern. Das ist richtig. Ich sag's nochmal mit anderen Worten: Das Thema "Philosophie" wuerde man in einem Unternehmen mit "Strategie" uebersetzen. Dabei gibt es einen entscheidenden Punkt, weshalb fuer mich der Vergleich mit einem Unternehmen im Mittelpunkt steht. Wenn wir von Amateurfussball sprechen, dann gilt das sicherlich weniger, da hast Du Recht:


    Bei einem Profi-Verein wie dem FCK werden aber pro Jahr mehrere Millionen bewegt wie bei einem mittelstaendischen Unternehmen. Jede Entscheidung ist mit dem Gewinn oder Verlust von mehreren tausend Euros verbunden. Und Geld spielt nun leider eine massgebliche Rolle... Um in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, bedarf es der von Dir beschriebenen Philosophie (ich nenne es Strategie) UND einiger wirtschaftlicher Grundregeln wie vorher beschrieben.


    Um ein anderes Beispiel zu nennen: selbst der kleinste Baeckerladen weiss heute, dass es ohne ein Minimum an wirtschaftlichen Know-how nicht funktioniert.


    Wenn ich jetzt den FCK mit einem Dorfbaecker vergleichen wuerde, dann waere das fuer den letzteren eine Beleidigung, denn selbst der hat vieles besser verstanden als unsere Vorstaende...