"Sch... DSF"-Fahne


  • Sorry, ich hatte bei meiner Aussage die Ironie-Schilder vergessen!


  • Problematisch ist, dass gerade von den Superfans, die immer nach der Sportschau schreien, kaum einer sich noch an die Siebziger und Achtziger erinnern kann - nachlesen und informieren ist dann aber gänzlich weg vom Leben.

    Die Sportschau aus Köln war doch toll (70er Jahre)


    Zitat:
    Wir bringen jetzt zunächst Tischtennis, das Motorrad mit der Kassette aus Essen steckt noch im Stau


  • Premiere überträgt übrigens die Bundesliga seit 1991... 20 Jahre lang lag der Zuschauerschnitt bei ca. 20.000 und seit Premiere sendet, stieg er im Schnitt um 1.000 Zuschauer pro Jahr an.


    Das ist mal ne interessante Betrachtung von Fakten. Du solltest aber auch nicht verschweigen, dass mit dem WM-Gewinn 1990 das Interesse an Fußball sprunghaft anstieg und im gleichen Zuge auch eine zunehmende Kommerzialisierung und Eventisierung des Fußballs eintrat. Das altbekannte Fußballpublikum wurde mehr und mehr verdrängt und ersetzt durch ein den Massen kompatibleres Publikum, dass natürlich auch zahlreicher war, als das klassische Publikum. Dazu die moderneren und größeren Stadien, die auch bei schlechtem Wetter nicht ungemütlich waren. Premiere hat diese Tendenz nicht ausgelöst, es hat sie nur ausgenutzt und in gewissem Maße auch ausgenutzt. Aber diese Entwicklung hätte es auch ohne Premiere gegeben.

  • Das ist mal ne interessante Betrachtung von Fakten. Du solltest aber auch nicht verschweigen, dass mit dem WM-Gewinn 1990 das Interesse an Fußball sprunghaft anstieg und im gleichen Zuge auch eine zunehmende Kommerzialisierung und Eventisierung des Fußballs eintrat. Das altbekannte Fußballpublikum wurde mehr und mehr verdrängt und ersetzt durch ein den Massen kompatibleres Publikum, dass natürlich auch zahlreicher war, als das klassische Publikum. Dazu die moderneren und größeren Stadien, die auch bei schlechtem Wetter nicht ungemütlich waren. Premiere hat diese Tendenz nicht ausgelöst, es hat sie nur ausgenutzt und in gewissem Maße auch ausgenutzt. Aber diese Entwicklung hätte es auch ohne Premiere gegeben.


    Ein WM-Sieg erklärt einen kurzzeitigen Anstieg, mehr nicht. Die WM 2006 dürfte wohl in Deutschland deutlich mehr bewegt haben als der Gewinn 1990 und trotzdem ist der Effekt heute quasi verpufft.


    Inwiefern wurde das alte Publikum verdrängt? Es gibt genug Platz, die Karten sind relativ billig und abgesehen vom Freitags-Spiel sind die Anstosszeiten in der ersten Liga für jeden machbar. Klar, für Auswärtsfahrer ist der Sonntag schon problematisch, der Freitag und Sonntag in der zweiten Liga erst recht. Aber wie viele sind das? Ich würde wetten, dass bei einem Heimspiel locker mehr Leute im Stadion sind, die sich die Auswärtsspiele bei Premiere anschauen als welche, die wirklich hinfahren. Dazu kommen noch die, die zu weit weg wohnen und für die ein Stadionbesuch nie oder nur ab und zu in Frage kommt. Kämen die ins Stadion, wenn sie den FCK ansonsten nie sehen könnten? Aus den Augen, aus dem Sinn...


    Schaffst du die Liveübertragung der Bundesliga ab, werden die Stadien vielleicht kurzfristig voller, langfristig aber auf jeden Fall leerer.

    "Im Zahlenraum bis 100 kann Oliver Aufgaben mit hohem Schwierigkeitsgrad, auch bei wechselnder Aufgabenstellung, lösen."

  • Nach dem WM-Sieg 1990 stiegen die Besucherzahlen in der Bundesliga nach jahrelanger Stagnation und einem generell eher niedrigen Niveau innerhalb von nur fünf Jahren um 50 Prozent. Die WM 2006 ist jetzt zwei Jahre her und es lässt sich anhand der Zahlen einer vollständigen Saison nur schlecht herauslesen kannst, wie die Entwicklung aussehen wird. Noch dazu sind direkt nach der WM mit Kaiserslautern und Köln zwei echte Publikumsmagnete rausgefallen, die keiner der Aufsteiger auch nur annähernd ersetzen konnte. Nach dem Titel 1990 stiegen die Zahlen trotz Vereinen wie Wattenscheid, Bayer Uerdingen, Stuttgarter Kickers oder dem SC Freiburg, die mit sehr kleinen Stadien und/oder geringem Anhang die Statistik nach unten zogen.
    Auch wurde bei der WM 1990 der Fußball erstmals in einem passenden Rahmen und zur optimalen Sendezeit gezeigt und öffnete damit den weg für neue Kundenschichten. Finanzstarke Kundenschichten wie den Familienvater mit Kindern, der nicht dem Bild des traditionellen Familienvaters entsprach. Die Verbannung der lange die Kurven "regierenden" Hooligans aus den Stadien tat ihr übriges. Durch den Wechsel von den öffentlich-rechtlichen Medien hin zu Sat1 wurde aus der nüchternen Fußballberichterstattung eine "moderne" Unterhaltungshow (man denke nur an "Ranissimo - Die Fußballshow"). So gesehen hat Sat1 einen wesentlich stärkeren Einfluß auf die Entwicklung gehabt als Premiere. Pay-TV wird in Deutschland nie wirklich akzeptiert werden, solange wir einen zu finanzstarken öffentlich-rechtlichen Sektor haben.
    Und ich glaube nicht, dass ein Rückgang nach Abschaffung der Live-Übertragungen primär mit dem Zuschauer zu tun hätte. Vielmehr würde dadurch eine Abwärtsspirale bei den Werbeeinnahmen einsetzen und der Fußball dadurch generell für Unternehmen uninteressanter. Aber vielleicht auch wieder ein gutes Stück ehrlicher? Ein interessanter, aber auch völlig hypothetischer Denkansatz...

  • Da fällt mir doch ein kleines Filmzitat ein


    Zitat von Hannibal Lecter


    Wir beginnen das zu begehren, was wir jeden Tag sehen!


    Anfang der Neunziger reagierte die TV-Landschaft mit dem Aufkommen der Privaten auf den Willen der Mehrheit der Fußballfans. Endlich gab es bei RTL-Anpfiff wirklich alle Spiele und Tore, ab und an mal ein LIVE-Spiel und zwar unglaublich dämliche Ideen (Livereportagen im Mitschnitt, Zwischenspiele wie Torstopp) aber mit dem Kampf um Rechte und Zuschauer konnte man endlich die großkotzige Bevormundung der ö-r-Sender überwinden, die schon immer eher der Maxime verpflichtet scheinen' Wir zeigen was uns gefällt' und nicht zuschauerorientiert sendeten.


    Wenn man immer vom ehrlichen Fußball redet, wird es aber auch eng. So lange man keinen Versuchungen ausgesetzt ist, ist es einfach ehrlich zu sein. Ich denke nicht, dass die Evolution einen solch großen Schub gemacht hat, dass der heutige Mensch in seinen Grundfesten böse und gierig ist - er hat nur andere Möglichkeiten. Ob die alten Helden der Siebziger wie Pirrung, Groh oder Wolf sich da viel anders verhalten hätten? Bei Wolf sieht man ja auch, dass er die Liebe zum FCK auf seine ganz eigene Art zu interpretieren weiß.


    Für die Masse der Fans ist es einfach gut, dass das Angebot PAY-TV besteht. Die selbsternannten Erretter des Sports glauben, alles würde gut werden, wenn nur weniger Kohle im Spiel ist - und haben damit zum Teil sogar Recht. Nur ist die Sache eben umgekehrt: Das Geld ist im Spiel, weil das Interesse so groß ist und der Markt befriedigt dieses Interesse - seit Premiere und SAT1 in gehobenem Maße.


    Die erhöhte Sendebereitschaft in allen Sparten ist es, was dem Interesse den entscheidenden Schub gegeben hat - darauf folgte richtig saftig Kohle im Markt und damit dann auch verbesserte Bedingungen in allen Bereichen. Der Ursprung all dessen aber bleibt die Öffnung des Marktes und die mündet nun in der Exklusivität des Stadionbesuchs als Teil eines Events.



    Wenn man das DSF als kleines Licht am Markt beschimpft, muss man das komplette System verdammen. Mir gefällt sicher auch nicht alles - insgesamt aber ist es für mich sehr viel besser als vor zwanzig Jahren. Wer sich bis zum Exzess dem Fantum verschreibt und sein Leben dem Verein widmet (eigentlich tut er aber auch das für niemanden sonst als für sich selbst), der muss dann eben auch mal seinen Urlaub opfern, weil die Anstoßzeiten ab und an nicht passen. Das ist seine Wahl und ich stehe auf der um schätzungsweise hundert mal größeren Menge der Leute, die schlicht Freude an LIVE-Übertragungen haben und ihr Leben nicht mehr nur über den FCK definieren - weniger Fan sind diese für mich aber auch nicht.


    Zu gerne würde ich mal die Reaktionen sehen, wenn es aus abstrusen Gründen mal zum Streik kommen würde und keinerlei Übertragungen wären - ich bin mir sicher, dass jenes dann entstehende Geschrei um Einiges lauter wäre als dieses Gejammer und die Medienschelte über die Montagsspiele des DSF - lächerlich.

  • Auflösen können wir das hier sowieso nicht, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen, bräuchte man a) bessere Zahlen und b) mehr Zeit, als ich aufbringen kann und will. ;)


    Leider habe ich keine zuverlässigen Zahlen von Premiere aus dieser Zeit. Ran hatte damals bis zu 5.000.000 Zuschauer, Premiere hat heute (2007) bis zu 4.600.000. Die Sportschau liegt heute (2008) bei ca. 1.500.000. Die 4.600.000 von Premiere sind übrigens nicht nur Abonnenten, sondern 30% schauen die Spiele in Kneipen oder bei Freunden.


    Was sicherlich auch für die Entwicklung verantwortlich war: Seit der Übertragung durch Premiere sind die Fernsehgelder deutlich mehr gestiegen als vorher. Mit diesem Geld wurden wiederum teure ausländische Spieler in die Bundesliga geholt, was den Sport für das Publikum attraktiver werden lies. Man schaue sich mal den Personenkult um Diego, Toni und Ribery an.


    Dividiert man die 4.600.000 Zuschauer von Premiere mal durch 36 (vorher ziehen wir mal noch 1.000.000 "neutrale" Zuschauer ab), kommen wir auf 100.000 Zuschauer pro Verein. Bei Lautern vermutlich sogar deutlich mehr.


    Wie viele Fans fahren regelmäßig zu Auswärtsspielen? Ich mach mir das rechnen leicht und schätze mal 1.000. Du weißt das sicher besser und hast vielleicht genauere Zahlen für mich. Dann teile ich das Stadion einfach mal 50/50 in Fans auf, die a) genervt sind von den Anstoßzeiten wegen Premiere oder eben b) die Anstoßzeiten dafür in Kauf nehmen, dass sie auch Auswärtsspiele anschauen können. So wie ich.


    Das ergibt ein Verhältnis von 1.000 + 10.000 : 10.000 + 100.000


    Also profitieren 10x mehr Leute von Pay-TV, als darunter zu leiden haben.

    "Im Zahlenraum bis 100 kann Oliver Aufgaben mit hohem Schwierigkeitsgrad, auch bei wechselnder Aufgabenstellung, lösen."


  • Also profitieren 10x mehr Leute von Pay-TV, als darunter zu leiden haben.


    Das wiederum würde ich nicht so einfach sehen. Durch Pay-TV leiden vor allem die kleinen Vereine in der Kreisklasse bis hoch in die Verbandsliga. Es ist interessant, wie schwach besucht ein Spiel in der Kreisklasse ist, wenn zum gleichen Zeitpunkt im Pay-TV ein Knallerspiel übertragen wird. Früher war es ja sogar so, dass mancher Verein in der Pfalz kaum elf Spieler zusammen bekam, wenn der FCK Sonntags ein Heimspiel hatte. Und ich glaube kaum, dass die Gewinne, die der Pächter des Sportheims dank der Gäste, die ein Spiel im TV sehen, macht die Verluste auffangen, die durch ausbleibende Zuschauer, mangelnde Helfer drumherum (Bratwürste braten sich net alleine und Bier zapft sich net von selbst) und ausbleibende Spieler entstehen. Noch dazu zahlen Pächter meistens ja eine feste Pacht und keine gewinnabhängige. Da fängt für mich schon die Negativtendenz von Livespielen an, auch wenn das kaum noch hier her gehört. ;)

  • Entscheidend ist doch, dass der Zuschauer die Wahl hat, ob er die Kreisklasse vor Ort oder die Bundesliga live im TV sehen will. Wenn sich denn so viel mehr für das TV entscheiden, dann aber vielleicht auch einfach, weil es sie schlicht mehr interessiert.


    Wenn wir das zu Ende spinnen, könnte man Schnitzel verbieten für die Weltgesundheit, Bier verbieten für den gefahrfreieren Autoverkehr und Scheren für den Erhalt des Frisörhandwerks.


    Am Ende bleibt: Entscheidend ist, dass man die Wahl hat und die freie Entscheidung Vieler hat eben manchmal auch ihren Grund.

  • Das finde ich jetzt zu sehr rein nach marktwirtschaftlichen Gesichtsgründen betrachtet, Seven. Früher war es auch machbar, dass Profifußball und Amateurfußball zum Wohle beider aufeinander Rücksicht nahmen und so voneinander profitierten. Heutzutage zählt im Fußball nur noch der Cash und das Geschäft, die Basis ist egal. Und das ist ganz einfach eine schmerzhafte Entwicklung, die ich - wenn schon nicht ändern - nicht gutheissen kann.