ZitatAlles anzeigenStefan Kuntz, Vorstandsvorsitzender des Fußball-Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern, ist seit einem halben Jahr im Amt. Unter dem 45 Jahre alten Ex-Profi hat sich eine neue Euphorie rund um den schon totgesagten FCK entwickelt. Nach fast perfektem Saisonstart gab"s am Sonntag die erste Niederlage.
Auch ein 0:5 bringt ihn derzeit nicht aus der Spur. Sehr aufgeräumt, besonnen, aber auch witzig und charmant zeigte sich der sehr eloquente Stefan Kuntz in den 90 Minuten gestern in der RHEINPFALZ-Redaktion in Ludwigshafen. Die hohe Niederlage am Sonntag bei der TuS Koblenz ist für den 45-Jährigen „kein Tiefschlag, es ist eher eine Niederlage, die uns stärker macht".
Beim ehemaligen Klub von Kuntz und FCK-Trainer Milan Sasic verloren die „Roten Teufel" am siebten Spieltag zum ersten Mal in dieser Saison ein Punktspiel. „Aber wir sind stolz darauf, wie unsere junge Mannschaft versucht hat, mit zehn Mann die Sache noch mal richtig offensiv und mutig anzupacken", betont Kuntz, „und die Fans haben das honoriert."
Bisher 17.000 verkaufte Dauerkarten und 114.000 Zuschauer in den ersten drei Heimspielen zeugen von der Euphorie und der Aufbruchstimmung, die die von Kuntz und Sasic zusammengestellte junge FCK-Truppe mit ihren beherzten Auftritten zu erzeugen wusste. „Ich glaube, dass die Fans gerade nach den zuletzt schwierigen Jahren die geforderte Geduld aufbringen", sagt der FCK-Chef, „wir haben ja von vornherein gesagt, dass wir uns nicht als Aufstiegskandidaten sehen."
Als realistisches Ziel für die vor Rundenbeginn ausgerufene Konsolidierungssaison erachtet der gebürtige Neunkirchener „einen einstelligen Tabellenplatz - wobei ich dabei eher an Rang sieben, acht oder neun denke".
Als Aufstiegsfavoriten sieht der Familienvater Mainz 05, den SC Freiburg und die Absteiger MSV Duisburg und 1. FC Nürnberg. Dahinter glaubt er den FCK auf einem Niveau mit vier weiteren Mannschaften. „Luftschlösser" will er zwar nicht bauen, Kuntz weiß aber um die Kraft der neuen Euphorie eines Fast-Ab- und Quasi-Aufsteigers: „Wenn alles stimmt, ist auch Platz eins bis fünf möglich", sagt er, „genauso ist es möglich, dass wir plötzlich auf Platz neun oder zehn stehen."
„Ich habe das ehrgeizige Ziel, dass der Verein am Ende dieser Saison strukturell so aufgestellt ist wie die Mannschaft - in der Spitzengruppe der Zweiten Liga ..." Den Weg dorthin will Kuntz mit „offener, ehrlicher Kommunikation" gestalten, mit der es gelte, durch kontinuierliche Glaubwürdigkeit weiter Euphorie zu entfachen.
Dazu gehöre es für den FCK auch, gesellschaftliche Kontakte gezielt und aktiv zu pflegen, das Bild von „denen da oben" auszulöschen, auch mit einer umfassenderen Öffentlichkeitsarbeit. So soll ein „Kids Club" eingerichtet werden, auch Partnerschaften mit Schulen sollen intensiviert werden. Um diese Felder soll sich ab Anfang 2009 Christian Gruber kümmern. Den bisherigen Pressesprecher des VfL Bochum kennt und schätzt Kuntz aus zwei Jahren gemeinsamer Arbeit beim Revierklub. Gruber, der den zum Jahresende scheidenden Pressechef Oliver Dütschke ablöst, soll auch die Neugestaltung des oft kritisierten Internetauftritts übernehmen.
Klare, verbindliche, offene und stetige Kommunikation mit allen Partnern - das ist Kuntz" Credo, das er auch beim Umgang mit Sponsoren pflegt. Nach außen ganz „charming boy", der immer Charmante, weiß Kuntz jedoch selbst - und gesteht es freimütig -, dass er vor allem seinen Mitarbeitern gegenüber auch manchmal sehr hart und fordernd sein muss im brutalen Geschäft Profifußball.
Der FCK-Chef bezeichnet seine Führungsphilosophie dennoch als teamorientiert, weil seine Mitarbeiter immer dazu aufgefordert seien, ihre Lösungsvorschläge bei konkreten Problemen einzubringen. So habe der Klub die telefonische Erreichbarkeit von „60 auf 98 Prozent hochgeschossen", weil man die Telefonzentrale wieder mit FCK-Mitarbeitern besetzt habe. „Ich sage, ich als Chef muss die Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter schaffen. Sie haben in ihrem jeweiligen Bereich Fachkenntnisse, die ich nicht haben kann", unterstreicht Kuntz. Sein ehrenamtlich tätiger Vorstandskollege Dr. Johannes Ohlinger nehme ihm viel Arbeit ab, vor allem bei der Umsetzung finanzieller Angelegenheiten, sagt Kuntz. Wie die Zusammenarbeit mit dem im vergangenen Herbst dem ehemaligen Vorstand zu Hilfe geeilten Finanzfachmann über das Saisonende hinaus aussieht, entscheide der Aufsichtsrat. Zur Stadionfrage sagt er: „Es ist gut, dass wir unser Stadion haben, und es ist gut, dass in Mainz ein neues Stadion gebaut werden soll. Denn wir in Deutschland können die niedrigeren Fernseheinnahmen nur durch steigende Zuschauerzahlen dank unserer modernen Stadien kompensieren, gegen den Trend in anderen Ländern." Daher könnten sich die Klubs gegen die vom Fernsehen gewünschten, unpopulären Anstoßzeiten nur bedingt wehren, sie seien zu sehr auf die TV-Gelder angewiesen. „In dieser Runde versuchen wir, das bilanzielle Minus aus der vergangenen Saison auszugleichen, aber es wird schwierig", betont Kuntz. „Die Aktie FCK war am Boden und soll jetzt langsam, aber stetig wieder steigen."
Wenn wieder mal ein harter Arbeitstag hinter ihm liegt, lässt sich Kuntz, der in Furpach bei Neunkirchen wohnt, gerne von seiner Frau und seinen Kindern auf andere Gedanken bringen. Beim Waldlauf entspannt er. Für sich allein. Um mal nicht eloquent sein zu müssen ...
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau
Ausgabe: Nr.235
Datum: Mittwoch, den 08. Oktober 2008
Seite: Nr.9
"Deep-Link"-Referenznummer: '4141384'
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