ZitatAlles anzeigen„Sie haben wieder nur Spieler geholt, die weiter stoppen als schießen." Ein echter Fan leidet, wenn sich seine Lieblinge auf dem Fußballplatz mal wieder als Grobmotoriker erweisen. Aber er leidet gerne. Fred Erikson, hauptberuflich Zeitungsredakteur, hat das am Mittwochabend im Fritz-Walter-Stadion mal ganz anders zum Ausdruck gebracht, als das Fußball-Anhänger für gewöhnlich tun.
Der 33-Jährige hat sich seine Akustik-Gitarre geschnappt und im Presseraum unter anderem sein Stück „Vereinsbrille" von seiner CD „Zur Sicherheit" mit durchaus feinsinnigen Zeilen in klassischer Liedermacher-Manier zum Besten gegeben. Natürlich nicht einfach so. Erikson hat auf Einladung des FCK die Lesung des ein Jahr älteren Björn Schmidt musikalisch untermalt.
Auch Schmidt, ein studierter Erziehungswissenschaftler, liebt das Leiden eines Fans. Deshalb ist er auch FCK- und nicht Bayern-Anhänger. „Bayern-Fans leiden höchstens bei Vize-Meisterschaften", schreibt Schmidt in seiner persönlich-humorvoll gehaltenen 357-Seiten-Erzählung „Das Leben ist ein Fußballspiel - Dem 1. FC Kaiserslautern verfallen".
Für Erikson und Schmidt, die sich aus Birkenfeld kennen, wo sie beide das Gymnasium besuchten, war es ein ganz besonderes Gefühl auf dem „Betze". Einst „Kinder der Westkurve" - mit glänzenden Augen im Mythos-Block 8 stehend -, erlebten sie nun das Stadion-Innenleben. Dort brachten sie eine andere Art von Kultur in die heiligen Hallen als den glücklicherweise sehr kultivierten Fußball der aktuellen Teufel-Truppe. Chansonartiges und Fan-Prosa statt der „Super-Nanny", zeitgleich auf RTL zu sehen. „Frankfurter Buchmesse und Marcel Reich-Ranicki", da habe sich der FCK gesagt, „wir müssen auch was machen", scherzte FCK-Pressechef Oliver Dütschke, Moderator des überraschend unterhaltsamen Abends.
Auch Klubchef Stefan Kuntz ließ sich nicht lumpen, übernahm gut gelaunt einen Teil der Lesung. Aber: „Das Kapitel Barcelona hab" ich ausgelassen", gestand er. Auch Sie werden sich erinnern, liebe Leser, an jenen unglaublichen 6. November 1991, als ein gewisser Bakero mit seinem Tor zum 3:1 die ganz großen internationalen FCK-Träume brutal beendete. Heute, 17 Jahre später, sind die damaligen Spieler Stefan Kuntz, Gerry Ehrmann und Frank Lelle in anderen Funktionen bei einem Klub, der einen tiefen Fall hinter sich hat. Was Schmidt und Erikson thematisieren. Kuntz und Trainer Sasic allerdings haben Eriksons Klagelied schon vor dieser Saison erhört - und keine Spieler gekauft, die weiter stoppen als schießen. Dass sie technisch gut sind, wollen sie morgen in Oberhausen wieder zeigen.
Quelle : Die Rheinpfalz