ZitatAlles anzeigenMit der Herzblut-Kampagne wurde die Marke 1. FC Kaiserslautern nach Jahren der Misswirtschaft und des Misserfolgs wiederbelebt. Die Strategie hat der Landauer Unternehmer Fritz Grünewalt entwickelt. Ein Jahr nach dem Start blicken er und FCK-Chef Stefan Kuntz zurück - und voraus.
Eigentlich wollte Stefan Kuntz den Sonntagabend mit seiner Frau verbringen. In zwei Tagen würde er beim 1. FC Kaiserslautern seine Antrittspressekonferenz als neuer Vorstandsvorsitzender geben. Die Trennung vom VfL Bochum, wo er als Manager gearbeitet hatte, war beschlossene Sache, jetzt galt es, sich im Kreise seiner Lieben zu sammeln für die neue Aufgabe. Dachte er. Dann klingelte das Telefon. Am Apparat war Fritz Grünewalt, Geschäftsführer der Landauer OF Consulting GmbH, einer Unternehmensberatungsfirma, und Geschäftspartner sowie Freund von Kuntz. „Wenn du beim FCK anfängst, musst du die beiden Abende vorher bei mir sein", sagte Grünewalt. „Wir müssen Bilder machen." - „Ich hab" noch gar nicht angefangen, und du willst Bilder machen?" fragte Kuntz ungläubig. Der Rest ist FCK-Geschichte: Als Kuntz am 8. April 2008 im Fritz-Walter-Stadion vor die Presse trat, waren im Hintergrund riesige Plakate zu sehen: Stefan Kuntz und ein FCK-Fan, Arm an Arm. Zwei halbe FCK-Vereinsembleme, ein Herz mit Hörnern und Teufelsschwanz, verschmelzen zu einem. „Zusammenstehen für den FCK", lautet die Botschaft. Die „Herzblut"-Kampagne war geboren.
Sie sollte einen Schlussstrich ziehen nach Jahren der Misswirtschaft, des sportlichen Misserfolgs und der Entfremdung zwischen Verein und Region. Und sie propagierte den Schulterschluss nicht nur, sie konnte selbst auch nur als solcher funktionieren. Denn das Projekt musste ohne nennenswerte finanzielle Mittel auf die Beine gestellt werden. Der strategische Kopf dahinter war der 32-jährige Fritz Grünewalt aus Landau. Er erinnert sich an sein Gespräch mit dem scheidenden Vorstandsvorsitzenden Erwin Göbel kurz vor Kuntz" Amtsantritt. Der Unternehmer Grünewalt hatte die Herzblut-Idee in den Monaten zuvor gemeinsam mit dem Sportler Kuntz und quasi nebenbei ausgearbeitet - nur für den Fall, dass Kuntz tatsächlich vom VfL Bochum zum FCK wechseln würde. Und er wollte nun wissen, ob der FCK ein Budget für so etwas habe: „Herr Göbel hat dann gesagt: Eigentlich wäre es gut, wenn Sie Geld mitbringen", so Grünewalt im Gespräch mit der RHEINPFALZ am SONNTAG.
Als der FCK und OF Consulting im Februar 2009 für die Kampagne „Lautrer Herzblut" mit dem Marketingpreis des Sports ausgezeichnet wurden - gegen finanzkräftige Konkurrenz wie den Deutschen Golfverband oder den VfL Wolfsburg - war klar: Dem FCK war es gelungen, aus der Not eine Tugend zu machen. In den letzten zehn Tagen vor Kuntz" Amtsantritt wurde gemeinsam mit der Marketingabteilung des FCK eine Werbeoffensive in die Tat umgesetzt, die rund 12.000 Euro kostete, aber binnen weniger Wochen einen Media-Wert von geschätzten 150.000 Euro generierte.
„Wir hatten 80.000 Zugriffe auf die Internetseite in den ersten Wochen", erinnert sich Grünewalt. Ein Video-Aufruf von Kuntz, ebenso kurzfristig auf die Beine gestellt wie die Herzblut-Fotoserie, verbreitete sich wie ein Lauffeuer über E-Mail und Internet. Als der FCK begann, seine Heimspiele zu gewinnen, wurden als erste Werbe-Artikel Herzblut-T-Shirts produziert, auf denen zu lesen stand: „Mit Lautrer Herzblut ist alles möglich." „Guerilla-Strategie" nennt man das im Marketing-Jargon. 5000 Stück wurden verkauft, doch die unerwarteten zusätzlichen Einnahmen waren nicht das Entscheidende, sagt Kuntz im RHEINPFALZ-am-SONNTAG-Gespräch: „Wichtiger war, dass wir emotionalisieren. Denn diese Emotionen waren ja nicht mehr da." Am Ende der Saison hatte die Mannschaft acht Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz aufgeholt - mit euphorischen Fans im Rücken.
Jetzt, ein Jahr nach dem Start, gilt es für Kuntz und Grünewalt, neue, finanzkräftige Sponsoren zu finden. „Der Verein ist nach wie vor in einer ganz schwierigen wirtschaftlichen Situation", sagt Kuntz: „Wir werden ein paar Jahre brauchen, bis wir das aufgeholt haben, was wir in den letzten Jahren aus FCK-Sicht verloren haben. Dann müssen wir noch den Rückstand zu anderen Vereinen aufholen, die uns schon zehn Jahre voraus sind." Ein heikles Arbeitsfeld für den Vereinschef, der schon kurz nach seinem Amtsantritt von „verbrannter Erde" sprach. Zu viel sei zuvor schiefgelaufen zwischen möglichen Geldgebern und dem FCK.
Die Kooperation mit VW-Händlern, die ein Herzblut-Sondermodell auf den Markt gebracht haben, jene mit den Pfalzwerken, die Herzblut-Strom vermarkten, sind Erfolgserlebnisse, aber finanziell noch keine Meilensteine für den FCK. „Das sind die ersten Schritte zurück auf die Bühne", sagt Kuntz. Marken-Mann Grünewalt sieht hier „die Hausaufgaben, die wir vor der Brust haben". Immerhin zeigten Umfragen, dass der FCK eine Marke sei, die bundesweit Sympathie genieße. Der FCK müsse nun langfristig Visionen entwickeln. Dazu zähle, dass der Verein wieder in die erste Liga aufsteigen und irgendwann zudem wieder international spielen muss, um auch die Marke zu alter Größe zurückzuführen. Und es müsse ein, zwei Jahre lang bewiesen werden, dass seriös und engagiert gewirtschaftet werde, um Vertrauen zurückzugewinnen. Dann könnte der Verein wieder für einen Großsponsor interessant werden. Ein steiniger Weg. „Die Zeiten sind vorbei, dass sich jemand gut kennt, es wird Golf gespielt, und dann heißt es: Ja, wir machen mal was für 2,5 Millionen", sagt Grünewalt. Nicht zu vergessen: Der FCK ist wirtschaftlich weiter ein Sanierungsfall. „Zehn Prozent" des Weges zum Sponsorentraumpartner habe der Verein zurückgelegt, schätzt der Stratege, und Kuntz ist noch selbstkritischer: „Ich würde fünf Prozent sagen."
Den Aufstieg gleich in dieser Saison hält Grünewalt aus Markensicht nicht für zwingend. Er glaubt, der FCK könne sich in einem weiteren Jahr in der zweiten Liga „vielleicht noch einen Tick besser aufstellen" für künftige Aufgaben. Wenn der FCK verinnerliche, „dass das eine Markenvision, eine Philosophie wird: dass mit Leidenschaft gespielt wird, dass der Trainer leidenschaftlich ist, dann funktioniert das auch noch ein zweites Jahr in der zweiten Liga."
Zum Disput mit Kuntz, wenn es dann doch schon früher klappen sollte mit dem Aufstieg, wird es nicht kommen. Die Freundschaft zwischen Sportler und Markenstratege hat auch jene kleine Krise überstanden, als der FCK in der vergangenen Saison den Nichtabstieg schon im vorletzten Spiel - mit einem Sieg auswärts in Jena - hätte klarmachen können. Grünewalt war alles andere als scharf darauf: „In meinem Markendrehbuch steht, dass ich ein Herzblut-Finale brauche", sagte er damals zu Kuntz. „Ich habe da nur den Kopf geschüttelt", erinnert sich der Vorstandsvorsitzende lächelnd.
Gleichviel: Die Mannschaft spielte in Jena nur 2:2, und Kuntz konnte noch eine Woche länger den Kopf schütteln über die strategische Gelassenheit seines Partners - bis mit dem 3:0-Heimsieg gegen Köln die Träume des Sportlers, des Markenmannes und aller FCK-Fans wahr wurden. Fürs Erste. Die Herzblut-Kampagne geht weiter.
LAUTRER HERZBLUT ERFOLGSKAMPAGNE
DAS KONZEPT
Das Herzblut-Konzept steht auf drei Säulen, sagt Fritz Grünewalt, Kopf der Kampagne und Chef der Landauer OF Consulting GbmH: „Stefan Kuntz, der glaubwürdig ist und kompetent und der verdammt hohes Tempo gehen kann, das riesige Fanpotenzial und die ganze Tradition des Vereins." In der Projektbeschreibung heißt es, in einem ersten Schritt seien die Kräfte gebündelt und kostengünstige Maßnahmen gezielt verzahnt worden: Herzblut-Tickets und ein eigenes Ticket-Webportal sollten „Aufmerksamkeit und Emotionen" transportieren. Mit der Kampagne seien konkrete wirtschaftliche Ziele verknüpft gewesen, „deren Erreichen dem Traditionsklub aus der Pfalz das wirtschaftliche Überleben über die Saison hinaus sicherte".
Beispielsweise stiegen die Zuschauerzahlen seither um ein Viertel an, zur neuen Saison wurden 3100 Dauerkarten mehr verkauft als im Vorjahr - auch ausgelöst durch den sportlichen Erfolg. Direkt nach dem Abstiegskrimi wurden Zwei-Jahres-Dauerkarten angeboten, die dem Verein mehr Planungssicherheit verschaffen sollten. Kurzfristige Zusatzeinnahmen: eine Million Euro. Grünewalt und FCK-Chef Kuntz kennen sich, seit Kuntz nach seiner Trainerkarriere gemeinsam mit Grünewalt für Projekte von dessen 2003 gegründeter weiterer Firma warb: der Transmarketing GmbH für kreative Werbung auf Lastwagen-Anhängern, die dem Unternehmer Grünewalt einige Innovationspreise beschert hat.
DIE PARTNER
Der Schulterschluss zum Start war richtungweisend und alles andere als selbstverständlich, erinnert sich Kuntz. Die Werbeagentur bfw tailormade communication aus Neustadt und Mannheim sei bereit gewesen, die gestalterische Umsetzung der Herzblut-Idee zu übernehmen, auch wenn der FCK nur für den Erfolgsfall eine Bezahlung in Aussicht stellte. Die Außenwerbefirma Wall AG stellte gratis Werbeflächen zur Verfügung, es gab kostenlose Radiospots bei RPR1 und Anzeigen in der RHEINPFALZ.
DIE PREISE
Im Februar wurde die Kampagne „Lautrer Herzblut" in München mit dem „Marketingpreis des Sports 2009" ausgezeichnet. Im März gewannen der FCK und OF Consulting bei den „16. Internationalen Sponsoring Awards" in der Kategorie Sportsponsoring.
Quelle : Die Rheinpfalz