Es gibt zwei Fakten über Leon Jessen:
Fakt I: Er hat grundsätzlich die Tugenden, die zum FCK passen und die die Fans lieben: Er zeigt stets vollen Einsatz, gibt nie auf, rennt 90min die Linie hoch und runter, gibt keinen Ball verloren, ist ein Kämpfer, spielt mit Emotionen, ist kein Schönspieler etc.
Fakt II: Auch neben dem Platz zeigt er Charaktereigenschaften, die allgemein in der Gesellschaft als sympathisch einzustufen sind und die dem Verein gut zu Gesicht stehen: Er ist höflich, demütig, bodenständig, ohne Allüren, zeigt sich als Teamplayer etc. Grundsätzlich ein Vorzeigespieler und ein echter Pfundskerl. Für mich (und das ist natürlich Geschmackssache) ein absoluter Sympathieträger.
Um einen Fußballer zu bewerten, fehlt natürlich noch die reine Leistung, und das ist sicherlich Interpretations- bzw. Ansichtssache. Für mich ist Jessen ganz nüchtern betrachtet kein überragender Linksverteidiger, aber gewiss auch kein desolater. Für die 2. Liga reicht sein Format allemal. Auch denke ich, dass es gar in Liga 1 schlechtere gibt. Er macht mal Fehler, auch mal haarsträubende – aber die machen andere auch. Mit seiner ganz grundsätzlichen Art und Weise Fußball zu spielen, passt er wie gesagt, super zu dem Verein. Ist mir lieber, als ein geleckter und „perfekter“ Fábio Coentrão oder sonst wer.
SELBST wenn man nun anderer Meinung und der absurden Überzeugung ist, dass Jessen leistungstechnisch nicht zumutbar ist, kein Fußball spielen kann und für jedes Gegentor verantwortlich ist, sollte man doch Folgendes bedenken: Der Mann stellt sich nicht selbst auf und spielt gewiss so gut er kann. Wenn ihm nun also seine Kritiker nach jedem Fehler beschimpfen und verunglimpfen, ist das nicht nur völlig daneben, sondern auch unlogisch. Zum einen kann er sicherlich besser Fußball spielen, wie jeder seiner Kritiker auf der Tribüne, und zum anderen müsste man bzgl. der Aufstellung dann eher an den Trainer appellieren. Oder den Vorstand kritisieren bzgl. seiner Verpflichtung. Jessen macht doch lediglich seine Arbeit – und das mit Hingabe. Mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Man hat wirklich den Eindruck, als warten viele nur auf einen Fehler – so wie heute. Die 89 verbliebenen soliden Minuten und die Tatsache, dass es heute weitaus schlechtere Akteure und Totalausfälle gab, interessiert da leider kaum jemand. Hätte Heintz heute das Eigentor gemacht, hätten alle gesagt: „Kopf hoch, Junge“.
Dass wir für Gegentore, schlechte Spiele, Negativerlebnisse, Abstiege und sonst was, immer Sündenböcke a la Oli Kirch brauchen, finde ich zum Kotzen und ziemlich ermüdend. Da wird ein – ich wiederhole es gerne – feiner Kerl, der sich sonst nichts zu Schulden kommen lässt, bei jedem Fehler niedergemacht, dass man sich schon fragen muss, wo die Intelligenz und der Respekt vor der eigenen Mannschaft und den Menschen (ja, auch Fußballer sind Menschen), die da auf dem Platz stehen, bei den Fans geblieben ist. Sportler sind für die Fans doch nur noch Roboter, die funktionieren müssen. Dann sind sie die Helden. Klappt das nicht so, wie die Anhänger sich das vorstellen, sind es die absoluten Deppen, für die nur noch Verachtung übrig bleibt und die ihren Kopf hinhalten müssen, wenn das Fußball-Wochenende versaut ist…
Ach, und zur Info: Eine SACHLICHE Diskussion – egal über wen oder was – ist natürlich nicht verboten!