Harald Lesch (von dem ich persönlich sehr viel halte) hat in einem Video zum Thema gesagt, dass man jetzt als Gemeinschaft begreifen muss, dass Grundlagenforschung in der Wissenschaft enorm wichtig ist und gefördert werden muss. WIE wichtig, sieht man jetzt gerade. Vor der Krise wurden nur Gelder in möglichst kurzfristige Erfolge investiert. Im Ernstfall ruft man dann nach der Wissenschaft und erwartet Wunder.
Dies wird sich hoffentlich nach der Krise ändern. Hätte man das schon länger getan, hätte man wahrscheinlich viel früher, viel effektivere Massnahmen ergreifen können. Man hätte vielleicht schon direkt einen Impfstoff zur Verfügung gehabt. Aber das ist nur ein weiteres Beispiel, wie die Welt heutzutage tickt. Wir als Gesellschaft müssen bereit sein diese Gelder zu investieren, auch auf die Gefahr hin, dass das "unnötig" ist. Unnötig setze ich in Anführungszeichen, da es ja bedeutet, dass der Ernstfall nicht eintritt. Also eigentlich die Wunschvorstellung. Aber gerüstet sollte man sein.
Das is mir aber auch zu vereinfacht. Du gibst mir die perfekte Vorlage quasi selbst. Denn du redest von der Grundlagenforschung im Gesundheitswesen. D.h. wir stellen genug Geld für die Forschung auf diesem Bereich zur Verfügung und das wäre die Lösung gewesen. Richtig? Die Virulogen haben halt auch grad extrem gute Argumente und es ist verständlich, dass man diese Chance möglichst nutzen muss, um eben forschen zu können. Bei manch einem vielleicht auch nicht wegen der Forschung, sondern wegen dem Profit, den es verspricht.
Und was sagst du dann den Mathematikern, die gern neue Formeln entdecken würden. Wie ist das mit Juristen? Zählen die auch, obwohl sie nur Gesetzestexte zu interpretieren haben? Und BWLer? Irgendwer muss doch auch Arbeitsprozesse optimieren, meist auf Kosten kleiner Arbeitnehmer. Aber optimierte Arbeitsprozesse. Da geht denen einer ab. Und wie is das mit Philosophen? Haben die überhaupt was verdient? Irgend so ein alter Grieche hat sogar angeblich in nem Fass gewohnt und angeblich dem Herrscher gesagt, er soll ihm aus der Sonne gehn. Die Nachfolger solcher Philosophen hätten auch gern was. Dann kommen die Biologen, die net genug für wichtige Versuche an Mäusen haben. Es kommen Historiker, die dir erzählen, dass man aus ihrer Wissenschaft für die Zukunft lernen kann. Dann kommen Sportwissenschaftler, die darauf hinweisen, dass es ohne sie weniger Goldmedaillen gibt und wie wichtig Sport für die Gesundheit ist. Das lässt sich beliebig fortsetzen.
So und jetzt gibt es einen gewissen zur Verfügung gestellten Pool für zb. Universitäten, aus dem sie das möglichst alles bedienen sollen. Da kommt nur nix halbes und nix ganzes dabei raus, wenn jeder ein paar Klicker zur Verfügung gestellt bekommt. Deswegen spezialisieren sich doch immer mehr Unis. Schau nach Saarbrücken. Da sterben viele Studiengänge einen langsamen Tod, während man viel in den Bereich Informatik pumpt. Übrigens auch so ein Bereich, der oben noch gut reingepasst hätte.
Letztlich müsste also insgesamt ein viel viel höherer Pool an finanziellen Ressourcen der Forschung allgemein zur Verfügung gestellt werden. Und dieses Geld muss wo anders abfliessen und das wird jemanden traurig machen. Wenn er genug Geld hat, wird derjenige schliesslich Politiker dazu "überreden" für ihn einzustehen, damit genau das nicht passiert. Er wird möglicherweise sogar seine eigenen Wissenschaftler mit Gegenthesen suchen, die aufgrund der damit verbundenen Bezahlung natürlich gerne das sagen, was man hören will. Kommt einem irgendwie bekannt vor, odeR?
Langer Rede, kurzer Sinn. Ressourcen sind endlich. Geld geht oft dorthin, wo sich schon seine "Familie" befindet. Im Endeffekt ist es doch ein Verteilungskampf und allen wird man es nie recht machen. Wer soll also deiner Meinung nach diese Entscheidung treffen, was Forschungsgelder wert ist und was nicht? Politiker? BWLer? Das fairste wäre wahrscheinlich ne Lostrommel. Aber wer entscheidet über Milliardenbeträgen über ne Lostrommel? Ok, Lotto am Mittwoch und Samstag. Aber da sinds ja nur ein paar Millionen. Eine objektive, faire Verteilung wird es also nicht geben meines Erachtens. Deswegen wird jede Forschungsrichtung eine solche Gelegenheit nutzen, um die Finanzierung für die nächsten Jahrzehnte zu sichern. Weiter muss man in dem Moment dann auch erstmal nicht denken. Daher sind diese Forderungen von Lesch absolut nachvollziehbar und sicher auch nicht verkehrt, aber er weiss auch, dass nicht jeder davon profitieren kann, auch wenn er das natürlich nicht sagt. Wie hat es Volker Pispers mal gesagt? In Deutschland kann zwar jeder reich werden, aber eben nicht alle.
Daher sollte jemand, der Forschungsgelder fordert, am besten auch Lösungen für solche Probleme gleich im Gepäck haben, sonst isses nur idealistisches Gebabbel, fernab jeder Realität. Bitte nicht als Angriff verstehen, wenn ich es so offen ausspreche.