Beiträge von tja-heinz

    Da sprichst du aber eines unserer größten Probleme an. Meines Erachtens zurecht. Was sich in deiner Aussage spiegelt, ist in gewisser Weise ein Vertrauensverlust. Bedingt dadurch, dass Politiker heute viel öfter als unvorbereitet und unwissend entlarvt werden. Ein gutes Beispiel ist doch Andy Scheuer oder die Flintenuschi. Die haben doch eindrucksvoll "unter Beweis gestellt", dass sie oft keine Ahnung haben, aber davon unheimlich viel. Das is das allgemeine Dilemma unserer Zeit. Auch der Grund für den Aufschwung von Rechtspopulisten. Vertrauensverlust. Das war früher anders. Da hat sich der Politiker gefühlt noch rhetorisch viel besser verkauft. Aber möglicherweise war es auch damals schon viel Geschwätz, es wird uns nur in Internetzeiten viel transparenter vor Augen geführt.


    Denn eines gilt sicher für alle Politiker, die je in dieser Republik gewirkt haben. Das Handwerkszeug eines Politikers ist Rhetorik. Leute, die Politikwissenschaften studieren, sind vor allem rhetorisch stark. Fachlich können sie oft einfach Laien sein. Was war Merkel nochmal? Physikerin? Hat wenig zu tun mit der Führung eines Landes oder wirtschaftlichen Aspekten zb. Der Titel verrät einfach nur, dass die Frau offensichtlich in der Lage ist, komplexe Probleme zu verstehen und weiterhin in der Lage ist, dazu entsprechende Überlegungen anzustellen, aber vor allem auch zu präsentieren. Das macht der eine besser, der andere weniger gut und manch einer ungenügend. Und bei den Fällen wird schnell offensichtlich, der sitzt dort nicht wegen seinen Fähigkeiten, sondern wegen seiner Bekanntschaften. Für mich ist der Unterschied von früher zu heute jedenfalls vor allem der, dass Politiker nach aufgedeckten Skandalen oder untragbarer Entscheidungen früher eine gewisse Verantwortung gespürt haben und je nach Schwere zurückgetreten sind. Diesen Anstand besitzt die heutige Politikergeneration offensichtlich nicht. Die kommen nicht mal mehr zu den Anhörungen, bei denen sie die Dinge verbockt haben. Und das ist unangebracht überheblich.

    Dazu mal ein historisches Beispiel. Die Entführung der Landshut 1977. Da schwingt ja schon lange das Dilemma mit, ob Staatsräson über Menschenleben stehn kann. Insgesamt is die ganze RAF-Thematik kein schlechtes Beispiel. Der Sohn von Schleyer hat ja damals sogar gegen die BRD geklagt, um ein Einlenken der Politik zu erzwingen und einen Austausch seines Vaters zu erreichen. Wie hat Helmut Schmidt zur Landshutbefreiung einmal gesagt? "Eins weiss ich ganz genau, wenn die Befreiung in Mogadischu anders verlaufen wäre, wäre ich am nächsten Tag zurückgetreten." Denn dann hätte dieses Thema viel mehr Fahrt aufgenommen. Aber hat da der Staat seine Bürger beschützt? Man hat argumentiert, man habe einen großen Teil der Deutschen vor weiterem Terror geschützt. Ob das die Menschen damals auch so gesehen haben, die mehrere Stunden in dieser Bratröhre Flugzeug auf Rollfeldern in gleisender Wüstensonne verbracht haben? Oder kamen die sich eher vor, als hätte sie der Staat im Stich gelassen. Es geht nicht drum, welche Sichtweise man nun für richtig erachtet. Es gibt für beide Seiten Argumente. Aber es zeigt eben gut, wie sehr sich so eine Sichtweise doch unterscheiden kann.

    Mal ganz davon abgesehn, dass thematisieren und diskutieren eine notwendige Art der Auseinandersetzung mit einem Thema ist, alleine schon, um auch andere Sichtwinkel nachvollziehen zu können und sich auch selbst hinterfragen zu können.

    NEIN! Denn genau das ist eines unserer höchsten Grundrechte und die oberste Aufgabe des Staates. Das Leben seiner Bürger zu schützen! Die Gleichen die sich über die verweigerten Besuchsrechte im Altersheim beklagen, würden sich andersrum echauffieren wenn man sie nicht ausreichend vor dem Virus geschützt hätte, wenn ihr Besuch dann zur Ansteckung führt.

    Ja hat der Ritter mit dem Schwert im Mittelalter auch so gemacht und damit Leibeigenschaft erklärt. Is ja auch korrekt. Aber es muss zumindest die Frage erlaubt sein, ob die vollzogene Maßnahme die einzig gangbare ist. Auch bei Besuchen in Altenheimen hätte man zb. sowas in den Garten verlegen können mit Abstandswahrung. Dann wäre die Pflicht des Staates möglicherweise auch erfüllbar gewesen, zumindest in einigen Fällen. Die Beurteilung hätte beim jeweiligen Personal vor Ort liegen müssen. Apropos Personal. Da sieht man wieder so nen Punkt. Das Pflegepersonal muss auch weiterhin die Senioren betreuen. Und das sicher oft genug (gerade in der Anfangszeit) unter Bedingungen, die lebensbedrohlich waren. Da hat der Staat dann in seiner Fürsorgepflicht versagt, wenn man es sich so hindrehen will. Dem könnte man wieder entgegen halten, dass logischerweise die Grundversorgung gewährleistet bleiben musste. Worauf die Frage der Betreuer, wie man mangelhaft ausgerüstet das anders hätte handhaben wollen, genauso berechtigt wäre. Wie überall. Die vielen Graustufen.


    Aber ich finde es definitiv richtig und wichtig, die Politik bei ihren Entscheidungen dauerhaft zu hinterfragen. Ohne deswegen jede Entscheidung verteufeln zu müssen. Aber auch Politiker sind Menschen, die in einem gewissen Umfeld agieren, dass sie beeinflusst. Man muss auch dort teilweise falsche Ansichten in Betracht ziehen. Und man muss ihnen die Möglichkeit geben, andere Sichtwinkel wahrzunehmen, wenn sie es denn wollen. Obrigkeitshörigkeit und Durchwinken von allem unter dem Deckmantel Corona kann nicht der Weg sein. Der deutsche Staat ist kein Heiliger. Genau wie andere Staatsgebilde. Oder sonst wer. Wahrscheinlich waren nicht mal die meisten Heiligen wirklich Heilige. Gutes Beispiel übrigens. Die katholische Kirche. Auch so ein Player, der heutzutage zurecht Kritik aushalten muss. Wahrscheinlich sogar noch viel zu wenig davon.

    Wenn jeder in der Vergangenheit so gedacht hätte, hätten wir noch [...] Sklaverei.

    Ach haben wir nicht mehr? Ich hab gedacht, die hätten wir nur ausgelagert, wo wir sie nicht mehr sehen müssen. Aus Gewissensgründen. Deswegen gibts doch auch jede Weihnachten ne tolle Gala.


    Wie war das noch? Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen?

    Da trau ich mir noch kein Urteil zu was die Inflation angeht. Dafür bin ich in der Materie nicht genug bewandert. Ich glaub aber, dass da ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren eine Rolle spielen wird. Wie es doch eigentlich immer ist.


    Ich seh halt nur wirklich die Gefahr, in die Abhängigkeit von wenigen großen Erzeugern zu geraten und das wäre dann ähnlich schlecht wie das, was wir mit Schutzmasken erleben, weil die Produktion komplett nach China verlagert wurde.


    Ansonsten würd ich deine Frage wegen der Steuerungsmöglichkeiten des Staates damit beantworten, dass er durch zyklisches, bzw. antizyklisches Agieren auf dem Markt Möglichkeiten hat, um Anreize zu setzen. Is ja nix neues. Und normal reagiert ja der Markt auch auf solche Impulse.

    Eine der goldenen Regeln lautet Angebot und Nachfrage Regeln denn Preis.

    Wobei man da aber in Erwägung ziehen muss, dass der Staat durchaus Mittel hat, um die Nachfrage zu steuern, und damit indirekt auch teilweise den Preis. Die größte Befürchtung meinerseits ist, dass am Ende der Krise die (Um-)verteilung von Vermögen noch mehr bizarre Züge angenommen hat. Ich sehe auch inzwischen dieses Ausschütten von großen Finanzpaketen sehr kritisch, schon alleine weil der "Aktionismus", mit dem dies angefangen wurde, geradezu nach Missbrauch schreit. Oder verwundert es irgendjemanden, dass da mafiöse Strukturen in NRW Gelder umgeleitet haben? Vielleicht wäre eine überlegtere Ausschüttung sinnvoller gewesen, selbst wenn sie dann ne Woche später angelaufen wäre.


    Ich will das nicht fordern, aber man könnte zudem anmerken, dass eine solche Situation als unternehmerisches Risiko betrachtet werden könnte. In guten Zeiten zieht der Unternehmer dafür im Normalfall ja auch entsprechende Gewinne aus dem Geschäft. Zumindest bei einem gesunden Geschäft. Man könnte es auch so sehen, dass auch da der Markt regeln würde. Wie gesagt, ich beton das nochmal. Ich will sowas nicht fordern, aber es wäre teilweise eine legitime Sichtweise. Aber das Hauptproblem wird sein, dass kleine Unternehmen bald zu Spottpreisen von Großen aufgekauft werden. Im Osten erinnert sich sicher noch manch einer an die Treuhand. Das wird ähnlich laufen, nur ohne Treuhandplattform halt. Und aus Angst vor dem Gespenst der Arbeitslosigkeit werden sich viele damit abfinden, selbst wenn es ihnen danach noch schlechter gehen sollte. Und die CDU wird wegen leeren Phrasen, dass man um jeden Arbeitsplatz kämpfe, die Wahl gewinnen. Ach halt, war das nicht ein SPDler, der das gesagt hat? Ich weiss es nicht mehr. Is ja auch nicht mehr zu unterscheiden heutzutage.