ZitatAlles anzeigenMit einem Abwehr-Bollwerk ermauert Union Berlin ein 1:1 bei Zweitliga-Tabellenführer 1. FC Kaiserslautern. Rodneis Kopfballtor reicht nicht zum Sieg der Roten Teufel, weil Srdjan Lakic den Ball unglücklich ins eigene Netz befördert.
VON HORST KONZOK
UND OLIVER SPERK
Einen Punkt gewonnen? Oder doch zwei Punkte verloren? Das 1:1 (0:0) gestern gegen Union Berlin jedenfalls trübte die Stimmung bei Mannschaft und Fans von Zweitliga-Spitzenreiter 1. FC Kaiserslautern merklich. „Wir können damit gut leben und bleiben ruhig", sagte FCK-Trainer Marco Kurz nach dem Remis vor 41.144 Zuschauern.
Gegen einen lange sehr passiven, überaus defensiven Gast war der FCK aus Angst vor Kontern zu lange zu vorsichtig aufgetreten, ließ die Berliner vor der Pause zu lange ungestört mit ihrem Ballgeschiebe Zeit schinden. „Wir haben einen Stürmer für einen zusätzlichen Abwehrspieler geopfert. Das Ziel war, das Spiel zu zerstören", beschrieb Union-Coach Uwe Neuhaus seine „Der Zweck-heiligt-die-Mittel-Destruktivtaktik". Sie ging auf, weil die Roten Teufel selten einen Weg durch das Dickicht von Abwehrbeinen fanden. Mit den langen Christian Stuff und Dominic Peitz hatte Union auch im zweiten Stock sehr wirkungsvolles Personal auf der Wiese. Oft vernetzte der Gast mit allen zehn Feldspielern die eigene Hälfte. Über rechts, wo Markus Steinhöfer beim FCK total ausfiel, nur bei zwei Flanken hinters Tor auffiel, ging nichts.
Das wurde auch nicht besser, als Ivo Ilicevic die Frankfurter Leihgabe ablöste. Über links kam trotz des bemühten Sidney Sam wenig Brauchbares. Nach guter Vorarbeit des früh müde wirkenden Adam Nemec vergab Erik Jendrisek die erste und einzige Chance der Lauterer vor der Pause, scheiterte an Jan Glinker (31.).
Nach 72 Minuten hatte Rodnei nach Bugeras fünfter Ecke per Kopf das Abwehr-Bollwerk der „Eisernen" dann aber durchbrochen. Mit dem 1:0 schien der Bann gebrochen. Doch Union kam auf kuriosem Weg zum überaus glücklichen Ausgleich (79.): Joker Ede hämmert einen Distanzschuss an den Pfosten, der Ball springt dem eingewechselten Srdjan Lakic an den linken Fuß und von dort über die Torlinie - 1:1.
„Ich war nach der Führung sehr überzeugt, dass wir gewinnen. Dann bekommen wir so ein dummes Eigentor. Ich bin schon sehr enttäuscht", gestand Alexander Bugera, der immer wieder über links versucht hatte, den Abwehrriegel im Zusammenspiel mit Sidney Sam zu knacken. Der letzte Ball aber kam nicht. „Torgefahr entstand fast ausschließlich durch Standards", sah Uwe Neuhaus seine Einigelungstaktik aufgehen. Um ein Haar hätte Union gar drei Punkte mitgenommen. Kurz vor Schluss (86.) scheiterte der eingewechselte Mosquera am toll parierenden Tobias Sippel. Den Nachschuss Sahins wehrte der herausragende FCK-Kapitän Martin Amedick wie ein Handball-Torhüter mit klasse Fußabwehr ab. „Ich habe gesehen, dass er schießt und reagiert. Wenn wir Pech haben, verlieren wir am Ende. Und das gegen einen Gegner, der lange ohne Sturm spielte, der gar nichts wollte", formulierte Amedick seine Enttäuschung.
„Wir tun uns gegen Gegner, die sehr tief stehen wie Ahlen, FSV Frankgurt oder heute Union sehr schwer", beschrieb Bugera, mit 114 Ballkontakten mehr als doppelt so oft am Ball wie der aktivste Berliner, die Probleme in der Spielgestaltung.
Nach der Pause waren die viel zu lange viel zu zaghaften Roten Teufel etwas druckvoller geworden. Doch den Stürmern Jendrisek und Nemec fehlte der Zug zum Tor, aber auch der öffnende Pass, mehr Flanken fehlten. In der 69. Minute - bezeichnenderweise nach einem Bugera-Freistoß - war Amedick nah dran am Führungstor, köpfte aber knapp vorbei. „Das ärgert mich", gestand der Kapitän nach dem Spiel, in dem seine Mannschaft selten „Lösungswege" fand, wie es der Trainer formulierte. Gerade zwölf Torschüsse gab der FCK ab, der eher defensivstarke Jiri Bilek war mit vier Schussversuchen am häufigsten am Drücker ...
FCK-Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz aber hob die prima Zwischenbilanz nach 30 Spieltagen hervor: „Jetzt wollen wir Platz 1, 2 oder 3 nicht nur theoretisch erreichen, sondern auch praktisch. Am liebsten natürlich Platz 1 oder 2 ..."
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Amedick, Rodnei, Bugera - Steinhöfer (69. Ilicevic), Bilek, Schulz (84. Pavlovic), Sam - Nemec (69. Lakic), Jendrisek
Union Berlin: Glinker - Stuff, Göhlert (75. Ede), Rauw - Bemben, Youngha-Mouhani, Peitz, Kohlmann - Mattuschka (82. Dogan), Benyamina (66. Mosquera), Sahin
Tore: 1:0 Rodnei (72.), 1:1 Lakic (79., Eigentor) - Gelbe Karten: Dick (5/1), Ilicevic (2) - Peitz (5/2), Stuff (5), Mattuschka (3) - Beste Spieler: Amedick, Sippel, Bugera - Peitz, Ede, Stuff - Zuschauer: 41.144 - Schiedsrichter: Schmidt (Stuttgart).
Die Party steigt auf der Reise nach Berlin
Die Fans des 1. FC Kaiserslautern müssen die ganz große Sause noch verschieben. Die Union-Anhänger feiern den Punkt ihrer Mannschaft wie einen Auswärtssieg. FCK-Torschütze Rodnei ärgert sich über zwei verlorene Zähler. Bastian Schulz feiert ein ordentliches Zweitliga-Comeback.
VON OLIVER SPERK
Die Fans in der Ostkurve des Fritz-Walter-Stadions sangen sie laut und stolz, ihre Ode an Union Berlin. Parallel zu den Freudengesängen ihrer treuen Fans klatschten sich 60 Meter weiter Spieler und Betreuer an der Reserve- und Trainerbank von Union Berlin ab.
„Die Eisernen" hatten ihr Ziel erreicht, als die Partie der Köpenicker beim Zweitliga-Tabellenführer 1. FC Kaiserslautern gestern zu Ende war; 1:1 (0:0), der 38. Punkt des Aufsteigers war unter Dach und Fach, der Klassenerhalt ist so gut wie sicher.
In der voll besetzten Westkurve rief der Schlusspfiff von Schiedsrichter Markus Schmidt Schulterzucken und Gespräche mit den Nachbarn hervor, später ein eher verhaltenes „Nie mehr Zweite Liga".
Das hatte sich knapp 20 Minuten vorher noch ganz anders, viel lauter und überzeugender angehört. Dann nämlich, als der Tabellenführer vollends auf Erstligakurs schien. Innenverteidiger Rodnei hatte Alexander Bugeras Eckballvorlage eingeköpft (72.) und den FCK 1:0 in Führung gebracht. „Ich war froh, das 1:0 zu machen, aber es waren zwei verlorene Punkte", meinte Rodnei, der bei diesem Eckball die Union-Defensive mit seinem Abwehrkollegen Martin Amedick narrte, „eigentlich wollten wir alle drei Punkte hierbehalten." Dass das nicht klappte, lag an jener kuriosen Szene, in der der Ball vom Pfosten an den Fuß Srdjan Lakics und von dort aus ins FCK-Tor prallte (79.). „Das war Pech, der Ball fällt ,Laki" auf den Fuß", sagte Mittelfeldspieler Bastian Schulz nach seinem Comeback.
Erstmals nach seinem am 5. Dezember in Rostock erlittenen Kreuzbandanriss war der 24-Jährige wieder in einem Zweitliga-Spiel im Einsatz. „Das ist das Positive, dass ich keine Schmerzen mehr habe. Es ist klar, dass noch nicht alles hundertprozentig läuft und die Sicherheit noch nicht komplett da ist", sagte Schulz, der eine ordentliche Partie ablieferte. Sein Kollege Rodnei meinte zur erfolgreichen Taktik der Berliner, die sich schon aufs Derby in der nächsten Saison gegen Hertha BSC freuen: „Sie haben sehr tief gestanden und unseren Offensivspielern die Wege gut zugestellt." Amedick, der mit seiner tollen Abwehraktion auf der Linie das gar mögliche 1:2 verhinderte, betonte: „Wir müssen künftig eben versuchen, derart tief stehende Gegner noch besser auszuhebeln." Allerdings präsentierten sich die Roten Teufel im ersten Abschnitt ebenso verhalten und abwartend wie ihre Fans, die anerkennen mussten, dass die Union-Anhänger ihr Team kontinuierlicher unterstützt haben. Die Rückfahrt im Sonderzug dürfte zur Sause geworden sein.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau