Diskussionsthema zum Artikel: „Wir müssen uns weniger mit uns selbst beschäftigen“
„Wir müssen uns weniger mit uns selbst beschäftigen“
Aufsichtsratswahl: Johannes B. Remy stellt sich nach 2017 zum zweiten Mal zur Wahl. Er ist mit vielen internen Themen vertraut und weiß um die gegenwärtigen Herausforderungen.
Es sind nur noch wenige Tage bis zur Jahreshauptversammlung und der damit verbundenen Neuwahl des 5-köpfigen Aufsichtsrates. Wir haben in diesem Zusammenhang alle Kandidaten kontaktiert und um ein kurzes Gespräch gebeten. Nach der Vorstellung von Bernhard Koblischeck, Fritz Fuchs und Carsten Krick geht es heute weiter mit Johannes B. Remy. Der im Sauerland lebende Immobilienunternehmer setzt sich mit den Vorgängen beim 1. FC Kaiserslautern seit vielen Jahren intensiv auseinander. Im Gespräch mit Treffpunkt Betze spricht der 50-jährige über das Konzept einer Präsidialsatzung und die Öffnung der Fan-Säule.
"Abspaltung hinterlässt harte Bruchstellen"
Treffpunkt Betze: Was sollten die Mitglieder des 1. FC Kaiserslautern über Sie wissen? Welche Kompetenzen bringen Sie ein, die den FCK in seiner gegenwärtigen Situation wirksam unterstützen?
Johannes B. Remy: Ich habe mal, in einem Anfall von Übermut behauptet, dass der FCK die „einzig konstante Liebe meines Lebens“ sei. Das fand meine Frau aber nicht so gut. Da ich Ihre Frage deshalb nicht mehr so griffig beantworten darf, habe ich eine eigene Website für diese Wahl angelegt, die jeder unter www.fck-zukunft.de besuchen kann. Da gibt es alle Hintergründe zu mir. Der wichtigste Punkt für die Mitglieder ist wohl, dass ich mit praktisch allen Themen, die der FCK derzeit intern - und teilweise unter hohem Zeitdruck lösen muss, so gut vertraut bin, dass ich die Lücke die Christian Bettinger hinterlassen hat, ohne große Anlaufzeit füllen kann.
Treffpunkt Betze: Das Insolvenzverfahren ist abgeschlossen, die Aktiengesellschaft ist zwar schuldenfrei, der e.V. jedoch mit mehreren Millionen Euro verschuldet. Welche Weichen gilt es aus Ihrer Sicht in den kommenden 12 bis 24 Monaten unbedingt zu stellen? Welche strukturellen Herausforderungen gehen damit einher? Und welche Ideen und Lösungen werden Sie diesbezüglich einbringen?
Johannes B. Remy: Sie haben gut und richtig erkannt, dass die KGaA nach dem Insolvenzverfahren entschuldet ist, der Verein aber tief in den roten Zahlen steckt. Der Knackpunkt sind die Fälligkeiten. Wenn ich Rainer Keßler in der „Rheinpfalz“ richtig verstanden habe, sind da teilweise siebenstellige Beträge sehr kurzfristig zu erbringen. Die kann der Verein aus eigenen Mitteln nicht leisten, zumal aus der Aufteilung in Verein und Kapitalgesellschaft, zusätzliche Verpflichtungen für den e.V. entstanden sind. Eine potentielle Lösung für den ersten Schritt steht wohl, wird aber möglicherweise einen hohen Preis haben.
Wir hatten anfangs das Problem, dass die Kapitalgesellschaft in jeder Weise vom Verein abhängig war. Wir müssen jetzt die Waage so austarieren, dass es nicht umgekehrt kommt. Ich vertrete die Auffassung, dass ein starker Verein auch zu einem stärkeren FCK insgesamt führt. Dafür muss aber zunächst der Verein selbst reformiert werden, und da gehört im Kern die Umstellung auf eine Präsidialsatzung dazu, denn der FCK ist ja aktuell zweimal vorhanden. Einmal als Verein. Und einmal als Kapitalgesellschaft. Und so eine Abspaltung hinterlässt harte Bruchstellen. Um es sinnbildlich auszudrücken, müssen wir, um wieder eine schlagkräftige Einheit zu werden, ein neues, ein gemeinsames Gebäude mit zwei unterschiedlichen Eingängen konstruieren, einen für die Investoren über die wir uns ja freuen und einen für die FCK Familie. Der Verein bleibt aber immer die Basis von allem.
Und wenn wir schon auf der Kapitalseite sind, dann gehört da unbedingt auch auch die Öffnung der Fan-Säule dazu, also die Möglichkeit für Fans und Mitglieder, selbst Anteile an der Kapitalgesellschaft zu erwerben. Das schafft Vertrauen und echte Transparenz, wirkt als zusätzliche Klammer zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft und kann am Ende vielleicht auch dabei helfen, die schwierige finanzielle Lage des Vereins zu lösen.
"Nicht nur eine ethische Diskussion"
Treffpunkt Betze: Nach der Anstellung von Marco Antwerpen als neuem Cheftrainer ist eine öffentliche Debatte entfacht worden, inwieweit der Aufsichtsrat Einfluss auf das operative Geschäft nehmen darf. Welches Selbstverständnis liegt dem Aufsichtsrat zugrunde? Und welche Position vertreten Sie dabei?
Johannes B. Remy: Das wird jetzt ein wenig technisch, aber Sie haben ja gefragt. Zunächst einmal müssen wir zwischen Aufsichtsrat im e.V. und dem Beirat in der GmbH differenzieren. Da gibt es deutliche Unterschiede. So ist die Trennung vom operativen Geschäft für einen Aufsichtsrat per Gesetz definiert (siehe §111 AktG). Der Vorgang nach dem Sie fragen, ist auf Seiten der Kapitalgesellschaft angesiedelt und damit eine Frage des Beirates der GmbH. Hier sind die Regeln in §12 des Gesellschaftervertrages festgelegt und zwar weniger strikt, da der Beirat „beratend“ tätig sein darf. Man kann sicherlich die Auffassung vertreten, der Beirat habe hier seine Kompetenzen klar überschritten. Andererseits kann man genauso argumentieren, dass der Arbeitsvertrag von Herrn Antwerpen letztlich vom Geschäftsführer unterschrieben wurde und damit jedes mögliche Versäumnis, am Ende zumindest formal wieder geheilt worden ist. Diese Debatte führt uns in meinen Augen aber nicht weiter.
Viel interessanter ist die Frage, wie die vermeintliche Notlage, trotz der Überwachung und Beratung der Gesellschaft durch den Beirat, überhaupt entstehen konnte - und wer dafür verantwortlich ist. Wusste der Beirat denn nicht, dass der Vertrag von Boris Notzon im Sommer ausläuft oder hat er nur keinen frühzeitigen Handlungsbedarf gesehen? Ich denke, hier sollte sich jeder selbst ein Bild machen.
Solche Dinge sind natürlich auf den ersten Blick langweilig. Aber am Ende eben doch entscheidend. Da geht es nicht nur um eine ethische Diskussion. Wir müssen uns in Zukunft an Regeln halten, damit wir uns weniger mit uns selbst beschäftigen und uns stattdessen mehr auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren können. Andernfalls wird der Erfolg zum Würfelspiel.
Treffpunkt Betze: Auf welchem Fundament steht der FCK und mit welchem Gefühl blicken Sie in die Zukunft?
Johannes B. Remy: Vorsichtig optimistisch, würde ich sagen. Die Mannschaft hat das Potential die Klasse zu halten. Wenn es uns jetzt gelingt die Stadionfrage zu lösen, den Verein zu reformieren und die KGaA für unsere Fans zu öffnen, stehen wir auf einem sehr stabilen Fundament.
Treffpunkt Betze: Wir bedanken uns für das offene und ehrliche Gespräch und wünschen Ihnen für die Wahl am 26. Februar alles Gute und viel Erfolg!
Quelle: Treffpunkt Betze
Die weiteren Aufsichtsratskandidaten im Gespräch:
Bernhard Koblischeck: "Die Komplexität erfordert einen transparenten und messbaren Plan"
Fritz Fuchs: "Nur mit einer sportlichen Philosophie kommen wir da raus"