Terrence Boyd – ist er der Königstransfer?

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    Terrence Boyd – ist er der Königstransfer?

    Vom Stürmertyp her ist Terrence Boyd ein klassischer Wandstürmer. Doch wie passt er eigentlich in das aktuelle System? Und wen könnte er aus der Startelf verdrängen?


    „Es ist so gekommen, wie es kommen sollte“, äußerte Terrence Boyd gegenüber dem MDR, kurz bevor er Richtung Kaiserslautern aufbrach. Schon oft war Boyd mit dem FCK in Verbindung gebracht worden, nun hat er (endlich) einen Vertrag in der Pfalz unterschrieben, über dessen Laufzeit der Verein – wie seit dem Amtsantritt von Thomas Hengen üblich – keine Auskunft gab. Der Wechsel hat bei den Anhängerinnen und Anhängern der Roten Teufel direkt einen großen Hype ausgelöst. Trainer, Sportdirektor und Fans versprechen sich viel vom ehemaligen Nationalspieler der USA. Kann er den Erwartungen gerecht werden? Eine statistisch-taktische Analyse.

    Der Spielertyp

    Mit Terrence Boyd verpflichtet der FCK einen Stürmertyp, wie er ihn bisher nicht im Kader hatte: bullig, zweikampf- und kopfballstark. Er passt damit perfekt in das Bild eines typischen "Wandstürmers“. Der 30-jährige selbst scherzt gerne über seine beschränkten technischen Fähigkeiten und sieht seine Qualitäten eher „in der Box“ und im Torabschluss. „Es ist wichtig, einen Anker vorne drin zu haben, der für Ruhe sorgt und die Bälle festmacht“, beschreibt Boyd die Vorzüge einer, wie er sagt, „aussterbenden Stürmerart“. „Außerhalb des 16ers“, so der gebürtige Bremer, sei „jeder Spieler besser als“ er selbst. Aber in der Box „sind wir dann bei mir zuhause“, so der Neuzugang aus Halle.


    Diese Selbsteinschätzung lässt sich durch mehrere Daten unterstreichen. So liegt Boyds Passquote in dieser Saison lediglich bei 61%. Zum Vergleich: Der aktuell beim FCK gesetzte Daniel Hanslik kommt auf 71%. Darüber hinaus verliert Boyd pro 90 Minuten 14,2 Mal den Ball. Im Ligavergleich liegt dieser Wert deutlich über dem Schnitt. Im Gegenzug arbeitet Boyd überdurchschnittlich viel für das Team: Er kommt in der bisherigen Saison (Stand 21. Spieltag) auf 86 Ballaktionen im Strafraum: Ligabestwert. Außerdem bestreitet er pro Spiel ca. 22 Zweikämpfe, auch das ist ein außergewöhnlich hoher Wert. Die Erfolgsquote dieser Zweikämpfe ist mit 49% für einen Stürmer ebenfalls äußerst sehenswert. Der US-Amerikaner macht seine technischen Defizite also mit besonders viel Einsatzwille und Körperlichkeit wett und verkörpert somit eine Spielweise, die auf dem Betzenberg seit eh und je gefeiert wird.


    Seine Kopfballstärke bringt eine neue Note in das Offensivspiel der Roten Teufel. Boyd bestreitet überdurchschnittliche 8,5 Kopfballduelle pro Spiel, von denen er starke 61% gewinnt. Auch bei seinen vielen abgegebenen Schüssen in der bisherigen Spielzeit (aktuell 57, Platz 2 in der Liga) waren 16 Kopfbälle dabei. Generell geht von ihm viel Torgefahr aus, denn 43% seiner Schüsse kommen direkt aufs Tor. Noch aussagekräftiger sind in dieser Hinsicht seine Scorer-Werte, welche sich vor allem in den letzten beiden Saisons sehen lassen konnten. 2020/21 kam er für den HFC auf 18 Tore und 6 Vorlagen, in der Spielzeit davor waren es 14 Tore auf 11 Assists. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass er in dieser Saison für seine Verhältnisse etwas unterperformt. So hat er bereits 6 Großchancen vergeben und kommt trotz eines xGoals-Wert* von 8,7 nur auf 7 Tore, womit er den zu erwartenden Wert um etwa 20% unterschreitet. Dabei sollte eines nicht vergessen werden: Das sind immer noch mehr Treffer als jeder Spieler im FCK-Kader zu verzeichnen hat.

    Das Spielsystem

    Angesichts der Erfolge sowie der Formkurve der vergangenen Wochen stellt sich die Frage, ob der FCK überhaupt einen solchen Spielertypen für sein Spiel braucht. Aktuell verfügt das Trainergespann mit Redondo und Hanslik über zwei Stürmer, die zwar ähnlich viel arbeiten, allerdings weniger stark im direkten Zweikampf und im Torabschluss sind. Das Duo harmoniert aktuell sehr gut, da es ihnen meist gelingt, im Wechsel Flügel und Zentrum zu besetzen. Auch das Anlaufverhalten wirkt mittlerweile gut einstudiert. Wie passt der Neuzugang nun in dieses System?


    Grundsätzlich kann Boyd vor allem gegen tief stehende Gegner eine wichtige Rolle einnehmen, um Bälle auf engem Raum mit dem Rücken zum Tor festzumachen. Im aktuell am häufigsten praktizierten 3-1-4-2 müsste er einen der beiden etablierten Stürmer auf die Bank verdrängen. Je nach Spielweise des Gegners, Spielstand oder generellem Matchplan von Antwerpen kann Boyd also entweder von der Bank kommen oder direkt zu Beginn an der Seite von Redondo oder Hanslik agieren. Vor allem die Variante mit Redondo an seiner Seite lässt leise Erinnerungen an das Sturmduo aus der Aufstiegssaison 2009/10 wach werden, als Adam Nemec als zentraler Prellbock agierte, während der kleine, wendige Erik Jendrisek immer wieder Läufe hinter die gegnerische Abwehrkette startete.


    Des Weiteren wäre eine offensivere Variante mit allen drei genannten Stürmern denkbar. Dafür könnte Antwerpen zurück ins 3-4-3-System wechseln, welches er beim erfolgreichen Schlussspurt zum Ende der vergangenen Saison häufig anordnete. Hierbei könnten die spielerisch begabten Hanslik und Redondo die Halbräume hinter und um Boyd herum nutzen. Bei dieser Formation müsste der Trainer allerdings einen Spieler aus der Mittelfeldzentrale „opfern“, was unwahrscheinlich erscheint, da dort mit Ritter, Wunderlich, Götze, Klingenburg, Ciftci und neuerdings auch Niehues etliche Spieler mit Stammplatzambitionen parat stehen. Ein derartiges Luxusproblem hat in dieser Liga wohl kaum ein anderes Team, wenn man bedenkt, dass zudem noch Strafraumstürmer Muhammed Kiprit, Kapitän Jean Zimmer oder der wiedergenesene Nicolas Sessa zu Optionen werden können. Eher ist jedoch zu erwarten, dass Antwerpen zunächst am derzeit erfolgreichen System mit zwei Spitzen festhält und die Spieler – hoffentlich – in den richtigen Momenten in der richtigen Kombination auf den Platz schickt. Wobei auch klar sein sollte, dass Boyd mit klaren Stammplatz-Ambitionen in die Pfalz gewechselt ist.

    Soft-Facts

    Ganz wichtig für den Erfolg ist, dass die beschriebenen Ambitionen Boyds nicht zum Problem werden. Denn unabhängig aller taktischen Theorie und statistischer Fakten muss ein Spieler in erster Linie auch menschlich in ein Team passen. Daher wird ganz entscheidend, ob er sich charakterlich und persönlich gut in die funktionierende Mannschaft eingliedern kann. Teure "Star"-Zugänge können im Worst Case ein bestehendes Mannschaftsgefüge durchaus sprengen, wenn sie sich nicht am Teamerfolg orientieren, sondern mehr auf die eigenen Einsatzzeiten und Scorer-Werte achten. Diese Gefahr ist allerdings als eher gering zu bewerten, da Boyd zum einen seit Jahren als positiver Mensch und mitreißender Führungsspieler gilt, zum anderen bereits selbst im Interview mit dem SWR die Wichtigkeit, „sich erstmal gut in das bestehende System einzufügen“, betont hat.

    Fazit

    Die kolportierten 300.000 Euro sind für einen bald 31-jährigen Drittligastürmer, dessen Vertrag zudem im Sommer 2022 ohnehin ausgelaufen wäre, eine stattliche Summe, an welcher mitunter auch die Erwartungen bemessen werden. Rein sportlich gesehen gibt es nur wenige Gründe, warum Boyd diese nicht erfüllen und nicht an die Scorer-Werte der vergangenen Jahre anknüpfen sollte. Sofern Boyd und die anderen Stürmer sich mit der sich anbahnenden Aufteilung der Einsatzzeiten arrangieren können, wird er das entscheidende Puzzlestück des Kaders, um die Saison erfolgreich zu beenden.


    Und spätestens mit diesem Transfer-Coup ist – selbst wenn es von Seiten der Verantwortlichen weiter unausgesprochen bleibt – allen klar, was das heißt: Der Aufstieg soll noch in diesem Jahr gelingen!


    Quelle: Treffpunkt Betze


    Anm. d. R.: Unser Gastautor Thomas beschäftigt sich vor allem mit Statistiken und Analysen rund um den 1. FC Kaiserslautern. Seit einigen Wochen teilt er sein Wissen auf seinem Kanal Betze_Inside. Zu erreichen auf Instagram, Twitter oder Facebook.


    * Ein xG-Wert beschreibt die Wahrscheinlichkeit eines Schusses, zu einem Tor zu führen. Daher liegt der Wert für einen einzelnen Schuss immer zwischen 0 und 1. Bei der Berechnung des Wertes werden u.a. der Ort des Torschusses, der Winkel zum Tor, die Bedrängnis der Gegenspieler, die Höhe des Balls und störende Spieler zwischen Abschlussposition und Tor berücksichtigt. Werden diese Werte addiert (bspw. 0,77 für einen Elfmeter), ergibt sich daraus die Menge an zu erwartenden Toren eines Spielers bzw. einer Mannschaft.