Der FCK verhebt sich

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    Der FCK verhebt sich

    Dem 1. FC Kaiserslautern fehlt seit Jahren eine klare sportliche Linie. Nach dem erneuten Fehlstart müssen die Lautrer ihre Ansprüche zurückschrauben, sonst droht der nächste Knall.


    Neuzugang Semih Sahin blickte nach dem Elversberg-Spiel recht desillusioniert in die Sportschau-Kamera. „Mit Ball waren wir wie in den anderen Spielen auch ideenlos, hatten keine Lösungen. Obwohl wir die Möglichkeit hatten, hinten raus zu spielen. Eigentlich haben wir die Spieler dafür, aber wir kriegen es einfach nicht auf den Platz“, so das Fazit des Spielgestalters. Sahin spricht das aus, was seit Wochen zu beobachten ist. In Kaiserslautern driften Anspruch und Realität immer weiter auseinander.


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    Sportliche Selbstüberschätzung, Teil I


    Auch in der Spielzeit 2024/25 starteten die Roten Teufel schleppend, fuhren aber dennoch erste Punkte ein. Erst als gute Ergebnisse ausblieben und zwei schauderhafte Leistungen gegen Regensburg und Elversberg folgten, wurden Zweifel an der Spielidee und dem Trainer laut. Doch Markus Anfang gelang die Kehrtwende. Er stellte seine Idee um und holte Luca Sirch ins Profiteam. Ein Geniestreich – und zugleich der Sargnagel. Denn die Lautrer flogen hoch. Zu hoch. In der ungewöhnlich engen zweiten Liga gelang den Pfälzern Sieg um Sieg, sodass bis zur Winterpause ein Hauch von Aufstiegskampf über dem Betzenberg schwebte.


    Angefeuert von Opportunismus und der Grundprämisse, dass der FCK in die Bundesliga gehöre, blies die Chefetage zur Attacke auf die Aufstiegsränge. Während diese Strategie anfangs noch auf Verständnis stieß, war dieses einige Monate später bei vielen verflogen, als Markus Anfang seine Koffer packen musste und Torsten Lieberknecht übernahm. Dieser verpasste mit Platz sieben das offen kommunizierte Ziel Aufstieg.

    Sportliche Selbstüberschätzung, Teil II


    In der Sommerpause folgte der große Aderlass. Ohne Ragnar Ache, Filip Kaloc und zahlreiche ausgeliehene Leistungsträger gingen die Roten Teufel in ihre erste „echte“ Saison unter Lieberknecht. Dabei blieben die Verantwortlichen in puncto sportlicher Zielsetzung nicht ganz so bescheiden. Thomas Hengen sprach von einer tabellarischen Verbesserung gegenüber dem letztjährigen Ergebnis, also von einem Platz unter den Top Sechs. Marcel Klos träumte in der „Rheinpfalz“ sogar von einem FCK in den Top 12 in der Bundesliga – innerhalb von fünf Jahren, um genau zu sein.


    Dabei wird immer wieder auf die Erfolgsbilanz Lieberknechts verwiesen, der schon zweimal aufgestiegen ist. Die einzige Möglichkeit, Ziele noch offensiver zu formulieren, wäre ganz unverblümt von der Bundesliga zu sprechen. Dementsprechend folgten ambitionierte Transfers. Lediglich Simon Asta und Naatan Skyttä sind jünger als 25; bei den restlichen Neuzugängen lässt sich eindeutig die „Win Now“-Devise ablesen.

    Undurchsichtige Transfers, undurchsichtige Philosophie


    Laut transfermarkt.de hat der 1. FC Kaiserslautern kurz vor Ende der Transferperiode den elftwertvollsten Kader der Liga. Setzt man den Wert jedoch ins Verhältnis zur Anzahl der Spieler, dann rutscht der FCK sogar auf Platz 12 ab. Zugegeben, hierbei handelt es sich um Community-Werte, dennoch deuten solche Zahlen auf das unterste Drittel der zweiten Liga hin. Zudem haben sich die Verantwortlichen zum Ziel gesetzt, den Kader zu verkleinern. Entsprechend wurden Spieler wie Wekesser, Mause, Abiama, Raschl, Gyamerah und Kleinhansl anderen Teams angeboten.


    Der Grund für diese zahlreichen Zu- und Abgänge ist hausgemacht. Wenn ein Verein innerhalb weniger Jahre mehrmals den Kurs ändert, entstehen Missverständnisse. Deutlich wird sich das besonders am Beispiel Gyamerah: Der Deutsch-Ghanaer ist kein schlechter Spieler, im Gegenteil – der Routinier hat 202 Zweitligaeinsätze auf dem Buckel. Mehr als die Hälfte davon in der Viererkette. Unterm Strich also ein solider Zweitliga-Rechtsverteidiger mit großer Flexibilität. Wenn man ihn denn in einer Viererkette einsetzt. Der FCK wechselte jedoch zur Fünferkette und sortierte unter Lieberknecht den erfahrenen Gyamerah aus. Die Roten Teufel zahlten im vergangenen Sommer 400.000 Euro plus Gehalt für 13 Einsätze in der Startelf sowie zehn Einwechslungen, ehe die SV Elversberg das Missverständnis nur ein Jahr später für eine unbekannte Ablöse beendete.


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    Gewinn dürfte man man mit diesem Transfer nicht gemacht haben. Doch nicht nur Gyamerah lässt Fragen offen, es gibt zahlreiche weitere Fälle: Wieso hat Erik Wekesser, der beim 1. FC Nürnberg aussortiert wurde und zuletzt 2022 Stammspieler in der zweiten Liga war, einen Vertrag bis 2028? Was war der Plan mit Grant-Leon Ranos? Wieso gab man mit Philipp Hercher eine Identifikationsfigur ab, die im Folgejahr beim Ligakonkurrenten aus Magdeburg auf 27 Einsätze kam, während man jüngst mit Simon Asta genau diesen Spielertyp für die rechte Schiene verpflichtet hat?

    Böses Erwachen


    Zu Beginn der Saison 2025/26 steht der FCK erneut an der Wegzweigung, an der er sich 2023 befand. Und das nicht nur figurativ, sondern im wahrsten Sinne des Wortes: Wir bemühen noch einmal den Kaderwert. Dieser belief sich in der Saison 2023/24 auf 24,43 Millionen Euro, Platz 12 galt unter Dirk Schuster als das ausgesprochene Ziel. In zwei Jahren ist der Kaderwert der Roten Teufel lediglich um 100.000 Euro gewachsen. Damit haben die Pfälzer die Spielvereinigung Greuther Fürth überholt.


    Zum Vergleich: Der Mitaufsteiger aus Magdeburg steigerte seinen Wert von rund 18 auf knapp 28 Millionen Euro und sprang damit von Platz 14 auf Platz acht. Ein Gegenbeispiel ist Braunschweig, denn die Eintracht wuchs ebenfalls nur minimal um 200.000 Euro. Im Gegensatz zu den Roten Teufeln hatten die „Löwen“ stets das Minimalziel Klassenerhalt. Beim FCK ist es anders: In der Pfalz wachsen die Ziele und Anforderungen an die Mannschaft, während diese stagniert.

    Offensiv wie ein Absteiger, defensiv zu löchrig


    Betrachtet man die Statistiken, fallen insbesondere die katastrophalen Offensivwerte auf. Nach drei Spielen in der noch jungen Zweitligasaison haben die Lautrer:


    - zwei Schüsse aufs Tor pro 90 Minuten abgegeben (18. Platz im Ligavergleich),

    - 0,5 xG pro 90 Minuten aus dem Spiel heraus verzeichnet (ebenfalls 18.),

    - 251 angekommene Pässe pro 90 Minuten bei einer Passquote von 71,6 Prozent verbucht (17.),

    - 16 Ballberührungen im gegnerischen Strafraum pro 90 Minuten erreicht (17.).


    Das soll den Teufel nicht an die Wand malen, verdeutlicht aber die Zahnlosigkeit der Mannschaft. Oder, spitzer formuliert: Der FCK hat keinen Plan für das Spiel mit dem Ball.


    Weder Flanken noch Dribblings oder Schnittstellenpässe führen zu Gefahr. Der Spielaufbau verebbt im gegnerischen Drittel und dem Kader fehlt die Geschwindigkeit sowie die nötigen Werkzeuge, um mit langen Bällen das Feld zu überbrücken. Wenn nun auch Lieberknechts „typische” Defensivmechanismen wie das Pressing fehlschlagen – der FCK belegt den 15. Platz bei Balleroberungen im letzten Drittel und den 16. Platz bei Balleroberungen im Mittelfeld –, dann kann der Verein nur froh sein, dass gegnerische Spieler leichtsinnig genug waren, um Strafstöße zu verursachen. Froh darf man auch über Julian Krahl sein, der insgesamt 1,7 Tore verhinderte und vor allem den Heimsieg gegen Schalke und die einzigen Punkte der bisherigen Saison sicherte.

    Droht das Chaos?


    Wenn sich die Roten Teufel nicht schnellstens fangen, könnten – wieder einmal – dunkle Wolken über dem Betzenberg aufziehen. Denn die Kritik an den entscheidenden Personen wird lauter. Wenn am Wochenende Darmstadt 98 im Fritz-Walter-Stadion gastiert, steht die Partie unter einem größeren Druck, als für den vierten Spieltag normalerweise üblich. Gehen auch die Duelle gegen Fürth und Münster ähnlich schief, droht die vierte Trainerentscheidung von Thomas Hengen in den letzten zwei Jahren zu wackeln. Ob der „Don“, wie die Fans den Geschäftsführer beinahe liebevoll nennen, dann ebenfalls in die Schusslinie geraten würde, bleibt zu bezweifeln. Schließlich galt auch Markus Anfang als Hengens „letzte Patrone“. Wenn man nicht ständig über letzte Patronen und Krisen reden will, muss der FCK seine Ansprüche herunterschrauben – oder entsprechend handeln.

  • Tim hat in allem, was er aufgezählt hat, den Nagel auf den Kopf getroffen!

    Stellt euch vor, wir wären mit viel Dusel aufgestiegen und hätten die Transferphase exakt so „genutzt“. Nicht auszudenken!

    Dem Himmel sei Dank, dass dieser Kelch an uns vorbei gegangen ist.

    Dennoch:

    Für eine Aufarbeitung der bisherigen langen Fehlerliste ist meines Erachtens nicht mehr möglich. Und ich behaupte, dass Torsten Lieberknecht die wenigste Schuld angekreidet werden kann.

    Ob Hengen selbstkritisch genug ist, um endlich die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen, bezweifle ich.

    Der Karren ist so verfahren, dass man hoch zufrieden sein müsste, wenn der Abstieg gerade noch vermieden werden kann.

    Der Fokus muss bereits ab jetzt auf die Saison 2026/27 gerichtet werden!!!

    Und das muss ohne Hengen & Co. über die Bühne gehen!

    Nach dem blamablen Aus im Achtelfinale bei der Europameisterschaft 2016 der "Three Lions" gegen das Sensations-Team aus Island (1:2) macht ein Zitat von England-Legende Sir Bobby Charlton die Runde. Auf die Frage eines Reporters, wie sich denn die Weltmeister von 1966 gegen die Isländer geschlagen hätte, entgegnete Charlton: "Wir hätten 1:0 gewonnen." "1:0 nur?", hakte der Reporter nach - "Ja, die meisten von uns sind bereits schon über 70!", so die schlagfertige Antwort des Ex-ManU-Profis.