ZitatAlles anzeigenGefühls-Achterbahnen ohne Langweile ist man als Fan des 1. FC Kaiserslautern gewohnt. In der Saison 1989/90 spielt der FCK gegen den Abstieg und gewinnt den DFB-Pokal, in der darauf folgenden wird man Deutscher Meister. Ein Jahr später spielt der FCK den FC Barcelona an die Wand, auf einem Betzenberg „als Gesamtkunstwerk“ (O-Ton Südwestfunk) und wird von José Maria Bakero aus den höchsten Träumen in eine echte Trauer gerissen. Fünf Jahre später steigt das Gründungsmitglied der Bundesliga erstmals ab. Was dann passiert, muss man nicht mehr schreiben, weil es so legendär ist, das man höchstens mit Anhängern von Nottingham Forest darüber sprechen sollte. Und jetzt taumelt der FCK mit all diesen Emotionen am Abgrund zur Bedeutungslosigkeit.
Woche für Woche hofft man nun auf eine Trendwende, hofft dass der Tiefpunkt erreicht ist und dann setzt es wieder einen Nackenschlag. Die FCK-Fanseele zerreibt sich zwischen Durchhalteparolen („Lautrer geben niemals auf“) und Sarkasmus („Gründungsmitglied 1. und 3. Bundesliga“). Als Bakero einst das 3:1 schoss, da war die Gefühlslage klar. Man war traurig, aufgelöst und enttäuscht, aber stolz auf die Mannschaft, stolz auf die Stimmung. Und trotz allem war es ein verdammt gutes Gefühl, zu wissen, mein Herz gehört einem Verein, dem es sich lohnt, sein Herz zu verschenken.
Die Trübsal heute definiert sich nicht mehr so leicht. Und es ist eine Problematik, wie mit all diesen negativen Emotionen bisher nicht gekannten Ausmaßes umzugehen ist. In der Psychologie heißt es, dass man sich von einem Objekt (hier der FCK), von dem zu viele negative Emotionen ausgehen, emotional distanziert. Diese so genante Coping-Strategie („Wie bewältige ich Schmerz?“), ist bei einem echten FCK-Fan zum kläglichen Scheitern verurteilt. Einmal, weil das Pfälzer Selbstverständnis emotional ist und eine Aufgabe nicht zulässt und zum anderen weil man die jahrzehntelange Identifikation (und auch Quelle wunderschöner Gefühle) ohne Persönlichkeitsverlust nicht einfach über Bord werfen kann. Das Scheitern des Versuchs zur emotionalen Distanziertheit beobachte ich bei meinen nächsten Verwandten, die ein Spiel mit Puls 180 anschauen und dann bei Spielausgang mit Puls 190 wenig glaubhaft verkünden: „So ist es halt, sollen sie halt absteigen! Mir doch egal!“
Datum : 05. März 2008
Quelle : Der Betze brennt
Kompletter Artikel : http://www.der-betze-brennt.de/aktuell/kolumnen.php?id=1051