ZitatAlles anzeigen... dass die DFL auf einem schmalen Grat wandert.
Orange leuchtende Arbeitswesten und dunkelblaue Handwerker-Overalls trugen viele Anhänger des 1. FC Kaiserslautern am Montagabend. Gut 300 Kilometer einfache Strecke hatten sie auf sich genommen, um ihre Mannschaft zum Auswärtsspiel in Fürth zu begleiten. Montag, 20.15 Uhr: Der Termin ist längst fester Bestandteil des Spielplans der Zweiten Fußball-Bundesliga. „Ohne Urlaub wär"n wir gar nicht hier", skandierten die FCK-Fans in Fürth, um auf den für mitreisende Anhänger so ungünstigen Spieltermin hinzuweisen. Viele FCK-Freunde kamen erst nach zwei Uhr nachts wieder nach Hause. Für manche von ihnen war um 4.30 Uhr schon wieder die Nacht vorbei. Die Frühschicht wartete.
Andererseits freuten sich die Fans, die sich das Spiel gemütlich zu Hause im Wohnzimmer im frei empfangbaren Deutschen Sport-Fernsehen anschauen konnten. Montagabend als Fußball-Fernsehabend, durch den die Zweite Liga in den vergangenen Jahren wohl an öffentlichem Interesse gewonnen hat. Ein Interessenkonflikt zwischen TV-Konsumenten, die Quote bringen und der Liga somit gewinnträchtige Argumente bei der Fernseh vermarktung liefern, und den für die Vereine ebenfalls sehr wichtigen Schlachtenbummlern, die oft einen Großteil ihres Jahresurlaubs für ihren Lieblingsklub opfern.
Während die Auswärtsfans aus Kaiserslautern gegen die Montagsspiele demonstrierten, beschäftigten sich ihre Fürther Kollegen mit einem anderen Szenario; der Greuther-Fanblock blieb zunächst leer: aus Protest gegen die Erwägungen der Deutschen Fußball-Liga (DFL), Zweitligaspiele sonntags um 12.30 Uhr beginnen zu lassen. Damit sollte im Bezahl-Fernsehen Sendeplatz geschaffen werden für zeitversetzte Bundesliga-Partien nachmittags und abends.
Zwar liegen diese Pläne auf Eis, nachdem die DFL den TV-Vertrag mit der Kirch-Tochter Sirius am Donnerstag annulliert hat, weil das Bundeskartellamt Bedenken angemeldet hatte. Aber die DFL, die Interessengemeinschaft der 36 Profivereine, steht unter Druck. Die Inlandsvermarktung der Bundesliga-Fernsehrechte für die Saison 2009/10 steht nach dem geplatzten Geschäft noch nicht. Aber die Zeit drängt, da die Klubs für die Lizenzierung im Frühjahr wissen müssen, mit wie viel TV-Geld sie planen können. Mindestens die 409 Millionen pro Jahr, die bisher für die Inlandsrechte gezahlt werden, will die DFL für die Klubs erzielen. Sirius hätte, wenn das Kartellamt nicht eingeschritten wäre und eine „Sportschau"-ähnliche Lösung im Free-TV am Samstag vor 20 Uhr empfohlen hätte, jährlich rund 500 Millionen gezahlt.
Dabei müssen neben den Bedingungen für die frei empfangbaren Sender und für das Bezahl-TV (Premiere) die Internet-Rechte neu verhandelt werden. Bisher zahlt die Telekom dafür 45 Millionen Euro pro Saison. Die DFL sitzt zwischen vielen Stühlen. Einerseits will sie mit mehr Fernsehgeldern erreichen, dass die deutschen Klubs international nicht noch weiter an Boden verlieren. Andererseits wollen ihre Verhandlungspartner für ihr Geld einen Mehrwert. Diskutiert wird über 20 statt 18 Teams pro Profiliga ab 2012 oder einen neuen Ligapokal, also „mehr Masse" für den neuen TV-Partner, oder über mehr zeitversetzte Live-Spiele innerhalb der jetzigen Struktur. So kam es zum absurden Plan, die Zweite Liga samstags um 13 Uhr und sonntags um 12.30 Uhr spielen zu lassen, um die Nachmittage und Abende am Wochenende für mehrere Bundesligapartien nacheinander frei zu haben.
Damit würden die Premiere-Kunden, die den Fernsehsessel dem echten Live-Spiel vorziehen, besser bedient. Die Fußballatmosphäre aber, die sie so gerne vom Wohnzimmer aus schnuppern, ist gefährdet, wenn Spielzeiten wie samstags, 13 Uhr, und sonntags, 12.30 Uhr, den Stadionbesuch unattraktiver machen. Das gemütliche Sonntagsfrühstück mit der Familie fiele für Stadiongänger ebenso flach wie der Kirchenbesuch oder das Einkaufen am Samstagvormittag. Ein schwieriger Spagat für die DFL.
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau