ZitatAlles anzeigenIn Dortmund versagte man ihm den Stammspieler-Status – in Kaiserslautern führt er die Mannschaft aus Feld: Innenverteidiger Martin Amedick (28 ), bekennender BVB-Fan, kehrt am Mittwoch mit dem Aufsteiger FCK zurück an die alte Wirkungsstätte.
Herr Amedick, haben Sie Angst?
Martin Amedick: Nein, Angst wovor? Ich sitze gerade im Bus nach Dortmund und bin voller Vorfreude. Schließlich stand ich als junger Fan auf der Südtribüne. Block 12 Mitte. Vor der Gelben Wand zu spielen, wird für mich nie Normalität sein.
Beim Videostudium des Revierderbys hätte man als kommender Gegner Angst bekommen können. Wir hätten jedenfalls Verständnis.
Amedick: Die Borussia setzt ihre starke Entwicklung des vergangenen Jahres nun fort. Wir wissen aber ohnehin, dass wir eine optimale Leistung abrufen müssen, damit wir aus Dortmund etwas mitnehmen.
Erzeugt es Wehmut, nicht mehr Teil des BVB-Mikrokosmos’ zu sein?
Amedick: Nein. Ich war in meiner ersten Borussen-Saison lange Stammspieler, hatte allerdings auch gleich drei Trainer. Da war viel Unruhe, aber ich habe in den insgesamt zwei Jahren eine Menge gelernt. Irgendwann haben mir Michael Zorc und Jürgen Klopp mitgeteilt, dass sie nicht mehr auf mich zählen.
Haben Sie gesagt, warum?
Amedick: Sie haben mich für fußballerisch nicht stark genug gehalten, um auf eine große Zahl von Einsätzen zu kommen. Im Nachhinein bin ich froh darüber, wie alles gelaufen ist. In Lautern kann ich Verantwortung übernehmen, viel spielen und den Betzenberg genießen. Es ist keine Phrase, wenn ich sage, dass der Betze purer Wahnsinn ist. Das hier ist eine Fußballregion. Du fährst 70 Kilometer aus Kaiserslautern heraus – und bekommst als Spieler noch immer ein Riesen-Feedback.
Sie sind Kapitän. Aber das ist beim FCK kein Alleinstellungsmerkmal…
Amedick: Stimmt, Srdjan Lakic und ich teilen uns das Amt. Wir sind die ersten Ansprechpartner für Trainer Marco Kurz. Weil es einen geben muss, der es tut, trage ich die Binde.
Was macht die Schwaben eigentlich aus?
Amedick: Schwaben? Wir sind Pfälzer!
Schon klar, aber der SC Freiburg hat mit dem Schwaben Robin Dutt Erfolg. Mainz mit dem Schwaben Tuchel. Hoffenheim mit dem Schwaben Rangnick. Und Lautern mit dem Schwaben Kurz.
Amedick: (lacht) Wenn ich von unserem Trainer auf all die anderen schließen könnte, würde ich sagen: Sie sind fleißig, arbeiten viel. Was sie sagen, hat Hand und Fuß. Außerdem gibt es eine klare Philosophie.
Was ist die des FCK?
Amedick: Leidenschaft zeigen, aggressiv sein, mutigen Fußball spielen, mit dem sich die Fans identifizieren. Wir nehmen die Fans mit.
Ihr Teamkollege Christian Tiffert behauptet: Wir sind ein Aufsteiger, der auch Fußball spielen, nicht nur Fußball laufen kann.
Amedick: Er hat Recht. Wir haben 3:1 in Köln gewonnen, 2:0 gegen die Bayern – und gegen Hoffenheim gab es beim 2:2 einen Punkt. Das ist ja nicht bloß Zufall. Wir halten das Spielfeld sehr klein und kompakt, kämpfen und überzeugen in der Vorwärtsbewegung auch spielerisch.
Zum Teil mit pfeilschnellen Kontern. Wo in einer Hitliste der Bundesliga-Sturmduos würden Sie „Jimmy“ Hoffer und Srdjan Lakic einordnen?
Amedick: Sie würden definitiv eine gute Rolle spielen. Lakic hat schon viermal getroffen. Er ist physisch zurzeit beeindruckend, seine Quote spricht für sich. Im Fall von Hoffer staune ich manchmal selbst und denke mir: Das gibt’s doch gar nicht, wie kommt der junge Kerl denn da durch?
Beschließen wir das Interview doch auch mit einer Angstfrage: Shinji Kagawa ist der neue Publikumsliebling beim BVB. Angst davor, dass er Ihnen Knoten in die Beine spielt?
Amedick: Nein. Wenn wir Dortmund keine breiten Räume öffnen, können wir das Kombinationsspiel unterbinden und Kagawa weitgehend aus dem Spiel nehmen. Er ist zurzeit sehr auffällig im Dortmunder Spiel, sicher, aber da sind ja auch noch Barrios, Großkreutz und Götze. Wir werden uns nicht auf einen einzigen Mann konzentrieren.
Quelle: Online Ausgabe der Ruhrnachrichten vom 22.09.10