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Allein die Belohnung bleibt aus
Der junge FCK gefällt mit Spielfreude und jeder Menge Elan – Vor dem Tor aber fehlen Ruhe und Cleverness – Primus Orban
Das Verfolgerfeld hinter dem souveränen Überraschungs-Herbstmeister FC Ingolstadt ist eng beisammen; mittendrin: der 1. FC Kaiserslautern. Die Roten Teufel haben die Zweitliga-Hinrunde 2014/2015 als Tabellenfünfter beendet. Morgen (17.30 Uhr) beginnt für den FCK mit dem Spiel bei 1860 München die Rückrunde.
28 Punkte und 25:18 Tore stehen für das nach dem Strategiewechsel im Sommer stark verjüngte Team zu Buche; die Lauterer stellen die jüngste Mannschaft der Zweiten Liga.
Nach der Hinrunde der vergangenen Saison 2013/2014 hatte der FCK als Dritter ebenfalls 28 Punkte (30:18 Tore). Zahlenmäßig sind die nun fünf Treffer weniger demnach ein auffälliger Unterschied. Die Anzahl der herausgespielten Chancen indes war in der am Sonntag mit dem 0:2 in Ingolstadt zu Ende gegangenen Halbserie noch höher als in der Hinrunde 2013/2014. Das zeigt das schwerwiegendste Problem der jungen Wilden aus dem Westen: die größtenteils mangelhafte Chancenverwertung.
Die jungen Hochbegabten vergessen in unschöner Regelmäßigkeit, sich für flottes, technisch und taktisch starkes Kombinationsspiel zu belohnen. Das ist auch der einzige Kritikpunkt, den sich der ansonsten vorbildlich rackernden und arbeitende Srdjan Lakic als einziger echter Stürmer anhören muss; sechs Tore sind angesichts seiner Chancen zu wenig.
Auch die Torgefahr aus Mittelfeld und Abwehr müssen die Lauterer in den restlichen 17 Spielen erhöhen, wollen sie auf einem der beiden direkten Aufstiegsplätze oder zumindest auf Relegationsrang drei landen. Hört sich leicht an, ist aber schwer zu trainieren. Trotz des meist sehr sehenswerten, auf viel Ballbesitz und Direktpässe ausgelegten Spiels, das der nimmermüde und detailversessene Trainer Kosta Runjaic seinen Jungs in stetiger Kleinarbeit einimpft, hat dem FCK für ganz oben der letzte Tick gefehlt. Auch weil manch grober individueller Schnitzer verschiedener Protagonisten die im Kollektiv verbesserte Defensivarbeit oft zunichte gemacht hat. Oft mangelte es in wichtigen Momenten noch an Entschlossenheit und Kaltschnäuzigkeit.
So lässt sich die jüngste Niederlage zum Hinrundenfinale in Ingolstadt als Musterbeispiel für die Halbserie der Lauterer heranziehen. Sehr starke erste 45 Minuten des FCK hatten nur einen großen Makel: Weder Lakic noch Amin Younes konnten die drei hochkarätigen Chancen zur Führung nutzen. Und so leitete Younes’ erster Fehler das 0:1 durch Lukas Hinterseer (52.) nach Freistoß von Pascal Groß ein; es war die erste gute FCI-Chance. Younes zweiter Schnitzer war das unbedachte Einsteigen, das seiner Gelben schnell die Gelb-Rote Karte folgen ließ (60.) und sein Team aus dem Tritt brachte. Schließlich widerfuhr Dominique Heintz einer der Patzer, die er in den vergangenen Monaten eigentlich abgestellt hatte, und Stefan Lex erhöhte auf 2:0 (84.).
Das letzte Quäntchen hat dem anfangs guten FCK in Ingolstadt gefehlt. Ähnlich wie bei den restlichen beiden Schlappen in Fürth und Nürnberg und bei etlichen der sieben Unentschieden brachten sich die Lauterer selbst um ihren Lohn. Locker fünf Punkte mehr könnte der FCK auf dem Konto haben. Neben Lakic traf Mittelfeldspieler Alexander Ring (vier Tore in elf Spielen) am häufigsten. Er hat mit Jean Zimmer, Willi Orban, Heintz und Kevin Stöger den größten Entwicklungsschritt gemacht, verletzte sich aber Ende Oktober und steigt erst im Januar wieder ein. Der für seine 22 Jahre schon unglaublich abgeklärte Orban wusste den Weggang von Kapitän Marc Torrejón kurz vor Transferschluss Ende August überraschend problemlos zu kompensieren. Der Lohn: Debüt im deutschen U21-Nationalteam, dem auch Heintz, Zimmer, Younes und Philipp Hofmann angehören.
Der FCK hat das Potenzial, sich in der Rückrunde noch zu steigern. Wenn die Lauterer cleverer werden, fehlt nicht sehr viel zum großen Wurf. Das honorieren auch die Fans, im Schnitt kamen bisher 32.504 Zuschauer (Vorsaison: 29.944).
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Demirbay als Hoffnungsträger
Die Neuen beim FCK haben noch Luft nach oben
Die Zwischenzeugnisse der Neuzugänge des 1. FC Kaiserslautern.
Kerem Demirbay (21): Leihgabe des HSV, durch einen Bänderriss am Sprunggelenk zurückgeworfen. Klasse Fußballer, zentral defensiv wie offensiv stark. Gute Standards. Er ist im Kommen. Eine echte Verstärkung!
Jan-Lucas Dorow (21): Der Stürmer kommt aus der U23, tritt aber auf der Stelle. Er muss über die U23 wieder neu angreifen.
André Fomitschow (24): Fleißig und ehrgeizig im Training. Ergänzungsspieler auf der linken Seite. Er kommt aus Cottbus als möglicher Ersatz für Linksverteidiger Chris Löwe oder als Alternative für die Außenbahn.
Tim Heubach (26): Der linke Innenverteidiger kam mit einem Muskelfaserriss vom FSV Frankfurt, blieb in der Saisonvorbereitung außen vor. Die starken Leistungen von Dominique Heintz machten Heubach zur Bank auf der Bank. Beim 2:0 im Pokal gegen Fürth überzeugend. Er brennt!
Philipp Hofmann (21): Der 1,95 Meter große Sturmtank hatte einen Traumeinstand: Eingewechselt bei der Saisonouvertüre gegen 1860 München, gelang ihm mit dem ersten Ballkontakt das Siegtor. Er tat sich fortan schwer mit der Jokerrolle hinter Lakic. Hofmann ließ einige sehr gute Chancen aus, enttäuschte zuletzt mehrfach. Der Trainer erwartet mehr Einsatz, mehr Feuer, eine andere Körpersprache. „Es ist ein Prozess. Wir haben Geduld“, sagt Runjaic. Stark: Hofmanns Doppelpack im Pokal gegen Fürth.
Sebastian Jacob (21): Der sehr begabte Sturm-Joker aus der U23 zahlte in Ingolstadt Lehrgeld, als er Hinterseers 1:0 nicht verhindern konnte.
Stefan Mugosa (22): Stürmertalent aus Montenegro. Es gab zuletzt häufig Lob. Die Bewährungschance naht.
Manfred Osei-Kwadwo (19): Lange krank. In Ingolstadt erstmals im Kader. Der Offensivmann lernt schnell.
Julian Pollersbeck (20): Torhütertalent, spielt in der U23.
Michael Schindele (20): Abwehrtalent aus der U23. Ein Lehrjahr.
Michael Schulze (25): Rechter Verteidiger, kam aus Cottbus. Schnell, technisch gut. Angekommen. Muss effektiver werden.
Amin Younes (21): Leihgabe von Borussia Mönchengladbach. Toller Dribbler. Eine Belebung, die zur Verstärkung werden dürfte.
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KOMMENTAR
Klasse, aber ...
Der 1. FC Kaiserslautern hat eine Mannschaft, die großen Spaß macht.
Sie hat aber wohl nur eine Perspektive, wenn der Aufstieg gelingt.
Der Spaß ist zurück auf dem Betzenberg. Die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern spielt im dritten Jahr nach dem dritten Bundesligaabstieg technisch guten Offensivfußball. Der kann ab Sonntag noch gepflegter werden, dann liegt der neue, 100.000 Euro teure Rasenteppich. Die Mannschaft spielt mit der Leidenschaft, die der Fan erwartet. Sie ist auch auswärts mutig, kreiert viele Chancen. Platz fünf mit acht Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Ingolstadt, zwei Zählern Rückstand auf den bemerkenswert starken Karlsruher SC auf dem zweiten direkten Aufstiegsplatz, einem Punkt Rückstand auf Darmstadt 98 auf dem Relegationsplatz sowie die weniger erzielten Tore (25:18 ) gegenüber dem Vierten Fortuna Düsseldorf (27:20) sind das Resultat der schwachen Chancenauswertung.
Dass junge, begabte Spieler Fehler begehen, ist normal. Das eine oder andere Missgeschick wäre ohne Folge geblieben, hätte die Mannschaft mehr aus ihren Chancen gemacht. Mit größerer Effektivität hätte die Elfmeterfehlentscheidung für den VfR Aalen nicht zwei Punkte gekostet. In Fürth wäre Willi Orbans spielentscheidender Fehler eine Fußnote geblieben, wäre vorher nicht halbes Dutzend bester Tormöglichkeiten vermasselt worden. In Heidenheim versäumte Srdjan Lakic wie nun auch in Ingolstadt, die Weichen auf Sieg zu stellen. Die Liste ist lang.
Klasse, wie sich die Talente entwickeln: So hat Dominique Heintz, unabhängig von seinem bösen Schnitzer beim 0:2 in Ingolstadt, eine starke Hinrunde gespielt. Willi Orban ist der nach Noten beste Lauterer Feldspieler der Hinrunde. „Das hat er sich verdient und hart erarbeitet“, lobt Vereinschef Stefan Kuntz den 22-Jährigen. Dass fast niemand mehr von Marc Torrejón spricht, „ist das größte Lob für Willi“, sagt auch Kuntz. Jean Zimmer, die Vielzweckwaffe, entwickelt sich prächtig, Sebastian Jacob ist ein Offensivmann mit Perspektive.
Der Mannschaft aber fehlt ein richtiger Torjäger. Srdjan Lakic hat sechs Tore, arbeitet oft für zwei, er hätte aber zehn, elf Tore schießen müssen. Philipp Hofmann ist noch nicht auf dem Berg der Berge angekommen. Das Mittelfeld der Zauberfüße ist zu wenig torgefährlich. Alexander Ring, der torgefährlichste Mittelfeldmann, fehlt seit Wochen verletzt. Das schwächt. Der begnadete Dribbelkünstler Amin Younes hat wohl zwei Treffer markiert, war aber auch Auslöser von drei Gegentoren. Könner wie Kevin Stöger und Kerem Demirbay müssen mehr Zählbares aus ihre Klasse machen.
Diese Mannschaft besitzt glänzende Perspektiven, wenn sie zusammenbleibt. Steigt der FCK nicht auf, werden kostbare Leihgaben wie Demirbay, Younes und Stöger kaum zu halten sein. Und die Eigengewächse Orban, Heintz und Zimmer haben sich sowohl in der Zweiten Liga als auch in der U21 in den Blickpunkt der Erstligisten gespielt.
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Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung