Torwarttalk am Betze: "Du musst erfolgsgeil sein!"

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    Torwarttalk am Betze: "Du musst erfolgsgeil sein!"

    Ein Talk der besonderen Art fand am 26. März auf dem Betze statt. Drei Torwartgenerationen des FCK sprachen über das Torwartspiel, Geld im Fußball und wie Sepp Stabel beinahe der Mafia zum Opfer fiel.


    Es war eine Runde, die besonderer nicht hätte sein können. Die Torhüter der 1970er und 80er Jahre Josef Stabel und Ronnie Hellström, Torwartlegende und Trainer der heutigen Keeper Gerry Ehrmann und die aktuelle Nummer 1 der Teufel Lennart Grill, hatten auf dem Podium im FCK-Museum Platz genommen. Dementsprechend groß war der Andrang, manch einer musste sogar stehen.


    Nacheinander stellte Moderator Sebastian Zobel die Protagonisten vor, besser gesagt er rief sie auf, denn kennen tat sie jeder der Anwesenden. Laute "Ronnie, Ronnie!" Rufe schalten durch das Museum, als Ronnie Hellström die Bühne betrat. Der Schwede war sichtlich bewegt, freute sich und empfand das Gefühl als "genauso schön wie früher". Natürlich wurden die restlichen Lautrer Torhüterlegenden oder die, die es noch werden wollen, genauso herzlich begrüßt. Vor allem Gerry Ehrmann, der sonst solche Talkrunden tunlichst meidet, wurde lautstark willkommen geheißen.

    Training bei Gerry: Hart aber herzlich: "Wir sind eine Einheit"

    Zu Beginn ging es dann auch direkt um das Torwarttraining im allgemeinen. Lennart Grill wurde gefragt, wie es denn sei unter Tarzan zu trainieren. "Sag jetzt bloß nix falsches!", ermahnte Gerry seinen Schützling lachend. Grill, im Winter zur neuen Nummer 1 erkoren, beschrieb, dass vor allem der Anfang hart gewesen sei: "Gerade zu Beginn, da war es schon so, dass du dich am Ende mal übergeben musstest (lacht). Doch mittlerweile hat man sich daran gewöhnt und vor allem bringt es dich weiter. Es ist ein geiles Gefühl, wenn du das Training hinter dich gebracht hast und in erster Linie macht es dich stärker und bringt dich weiter".


    Gerry, mittlerweile seit 1984 beim FCK, sah das naturgemessen halb so wild: "Von nix kommt nunmal nix. Die jungen heute haben es doch viel leichter als meine Generation oder die von Ronnie und Sepp. Die bekommen doch alles nachgetragen. Ich fordere viel von meinen Jungs, aber ich stehe auch immer hinter ihnen. Sie können mich nachts anrufen, ich würde alles für sie tun. Ich bin ihr Trainer, Freund und Berater. Alles in einem. Eigentlich bin ich immer noch Spieler. Ich und meine Jungs, das ist eine Einheit". Gerry, wie wir ihn kennen und lieben. Harte Schale, ganz weicher Kern.

    Das Torwartspiel im Wandel der Zeit: Von "Hoch und weit bringt Sicherheit" zum mitspielenden Keeper

    Natürlich war insbesondere das Torwartspiel früher und heute Thema. Wie hat es sich geändert? Hat es sich überhaupt geändert? Nicht grundsätzlich, findet zumindest Gerry: "Im Prinzip ist es nicht viel anders als früher: In erster Linie müssen die Jungs ihren Kasten sauberhalten. Sie müssen vielleicht etwas bessere Fußballer sein". Den Eindruck hat auch Sepp Stabel. Stabel, von 1967 bis 1980 Keeper beim FCK, zunächst als Nummer 1, dann als zweiter Mann hinter Ronnie Hellström, hob vor allem die Spieleröffnung hervor. "Uns hätte man verprügelt, wenn wir den Ball nach dem Abstoß zu einem Verteidiger gespielt hätten. Es ging nur unter dem Motto: Hoch und weit und weg! Mindestens über die Mittellinie. Schade eigentlich, ich hätte gerne auch etwas mehr Fußball gespielt", so Stabel.


    Anders ist beileibe auch die Ausrüstung der Keeper geworden. "Wir wechseln mittlerweile alle drei Wochen die Handschuhe. Das ist auch ein bisschen Kopfsache. Damit fühle ich mich wohler", beschrieb Grill seine Torwartausstattung.


    Darüber konnte die "ältere Generation" nur schmunzeln: "Pass auf Lennart", fuhr Stabel fort: "Wir haben früher hier neben dem Stadion in einer Sandgrube gespielt. Ohne Handschuhe! Oder bei -15 Grad hier im Stadion. Da gaben mir die Zuschauer manchmal Handwärmer. Ich habe mir irgendwann in den 70er Jahren die ersten Wollhandschuhe und einen blauen Pullover selbst gekauft, weil wir im Verein nichts hatten".


    Gleichgeblieben, da waren sich alle Beteiligten einig, ist der Typ des Torwarts. Auch wenn Männer wie Hellström, Ehrmann, Schumacher oder Kahn selten geworden sind in der heutigen Zeit, verrückt sind Torleute offenbar immernoch. "Ein Torhüter muss positiv verrückt sein. Du verdienst am wenigsten und hast die größte Verantwortung. Da musst du doch einen Schaden haben, wenn du das machst", sorgte Ehrmann für breites Gelächter im Saal. Es sollte nicht das erste und letzte Mal gewesen sein.

    Identifikation, Ehrgeiz und Arbeit: Die Tugenden der Ehrmann-Schule


    Dazu sei es vor allem wichtig bodenständig zu sein und hart zu arbeiten. "Du darfst keine Überheblichkeit und Angst an den Tag legen. Fehler können immer passieren. Da bin ich der letzte, der etwas sagt. Aber die Einstellung muss stimmen. Ich habe heute manchmal das Gefühl, die Spieler haken Niederlagen viel zu schnell ab. Es fehlen Persönlichkeiten, 4-5 Spieler, die die Mannschaft mitreißen und sich bedingungslos den Arsch aufreißen. Du musst absolut erfolgsgeil sein! Vor allem als Torhüter. Meine Jungs sind da meist auf dem richtigen Weg". Es gab tosenden Applaus für diesen flammenden Appell von Gerry, der treffend beschrieb woran es im heutigen Fußball, auch beim 1. FC Kaiserslautern krankt.


    Tugenden, die in Gerrys Torwartschule noch gelebt werden. "Das ist eine Torwartschule, wie sie es in Deutschland nirgends gibt", lobte auch Stabel Gerry. Und Lennart Grill bekräftigte: "Gerry war der entscheidende Grund, warum ich hierher gekommen bin".


    Doch wie geht ein Torwart mit dem ständigen Druck um, der auf ihm lastet, früher wie heute? Ein Thema das auch schon Ronnie Hellström belastete: "Wenn ich in einem Spiel drei Schüsse auf das Tor bekam und zwei davon waren drin, dann hab ich mir immer viele Gedanken gemacht. Da hat man schon ein wenig Angst. Doch daraus lernt man, genauso wie aus Fehlern. Mit Routine und Erfahrung reift man", so der Schwede.


    Druck, der durch Konkurenzsituationen wahrlich noch ansteigen kann. Doch das sahen alle als positiv an. "Ohne Sepp hätte ich nie mein Niveau erreicht", lobt Hellström seinen einstigen Konkurenten und langjährigen Freund.


    Auch Ehrmann bestätigte das auf amüsante Art. "Als ich nach Köln kam war der Toni Schumacher ein Pflegefall. Danach wurde er ein ordentlicher Torhüter. Wir haben uns immer gegenseitig hochgeschaukelt. Toni war aber ein super Kerl". Freundschaft unter Tormännern, geht das auch noch heute? Offenbar. Lennart Grill hob jedenfalls heraus wie wichtig Konkurenzkampf sei, aber dass es auch gerade auf der Torwartposition besondere Beziehungen gäbe. "Wir sind ja mehr oder weniger eine eigene Gruppe mit Gerry. Das schweißt auch zusammen. Und Wolle ist ein super Typ, wir verstehen uns gut", lobte die Lautrer Nummer 1 das Mannschaftsgefüge.

    Das liebe Geld, die Öffentlichkeit und wie die Mafia Jagd auf Josef Stabel machte

    Doch nicht nur Tugenden wie sie Ehrmann, Hellström und Stabel beschrieben sind selten geworden heutzutage. Heute regiert Geld den Fußball. Trotzdem trauern Stabel und Hellström der heutigen Zeit nicht nach und wären nicht lieber heute Torwart. "Ich möchte keine Sekunde beim FCK in der damaligen Zeit missen", wurde Hellström emotional. Er habe auch damals genug verdient, Geld habe keine Rolle gespielt. "So müsste es eigentlich heute auch noch sein", warf Lennart Grill ein. Doch auch für die Spieler sei es schwerer geworden verteidigte Stabel die heutige Generation. "Früher hattest du nicht diese Öffentlichkeit, konntest auch mal um die Häuser ziehen. Wir hatten es da schöner".


    Diese Vorlage wusste wiederum Ronnie Hellström wunderschön zu nutzen. "Darf ich etwas erzählen Sepp?", fragte Hellström, während dieser schon unter lautem Gelächter die Hände über dem Kopf zusammenschlug. "Erzähl' halt", gab Stabel nach. "Wir waren mal in einer Disko feiern. Und ich habe zu Sepp gesagt, komm wir gehen tanzen. In Schweden tanzen wir mit Frauen sehr eng, nicht so wie ihr in Deutschland zwei Meter voneinander entfernt", lachte Hellström.

    "An diesem Abend tanzte Sepp jedenfalls schwedisch. Und plötzlich kam ein Mann mit einer Waffe, hielt sie ihm an den Hals und sagte: What do you want from my wife?" Das Gelächter im Publikum kannte fast keine Grenzen. Stell sich das einer mal in der heutigen Medienlandschaft vor.
    "Erst als im Flieger alle Türen zu waren und wir abflogen, haben wir uns aufgehört rumzudrehen, immer in Panik, der Typ könnte doch noch auftauchen. Es war ein großer Spaß", scherzte auch Sepp Stabel.


    Doch Hellströms Kiste an Anekdoten war noch nicht leer."Wir haben mit Erich Ribbeck mal einen Waldlauf nach Hochspeyer gemacht. Und eigentlich warst du doch schnell Sepp?", fragte Hellström lachend. "Ja war ich!" erwiderte dieser. "Ja, schnell müde", fuhr Hellström lachend fort. "Jedenfalls wurden wir immer langsamer und irgendwann sind wir in den Wald abgebogen und da standen zwei Waldarbeiter mit einem Traktor. Da haben wir sie gefragt, ob sie uns heim auf den Betze fahren könnten, was sie auch machten. Dort angekommen, schlossen wir uns auf der Toilette ein und warteten auf den Rest der Mannschaft. Als sie ankamen, kamen wir aus der Toilette und machten so als wären wir völlig erschöpft vom weiten weg von Hochspeyer nach Kaiserslautern". Die Lacher kannten wieder keine Grenzen und auch hier sei die Vorstellung erlaubt, so etwas passiere heute. Heute reicht schon ein verweigerter Handschlag für eine Schlagzeile.

    Der FCK heute: "Die FCK-Familie muss sich endlich zusammenreißen!"

    Auch diesmal kam die Talkrunde nicht umhin über die aktuelle Situation des 1. FC Kaiserslautern zu sprechen. Für Sepp Stabel sei es vor allem wichtig, dass die Mannschaft jetzt noch einmal Charakter zeige, die Saison ordentlich zu Ende spiele und sich nicht hängen lasse. Lennart Grill nickte zustimmend. Ronnie Hellström wünsche sich, dass die Roten Teufel so schnell wie möglich wieder dahin zurückkehrten, wohin sie gehörten, nämlich in die 1. Liga.


    Lennart Grill versprach dahingehend alles zu tun: "Wir müssen das wenig positive aus der Saison mitnehmen und das Ganze ordentlich zu Ende bringen. Osnabrück muss für nächstes Jahr unser Vorbild sein. Das sind wir alleine diesen Fans hier schuldig".


    Auch Gerry Ehrmann wurde noch einmal deutlich: "Wir reden immer von der FCK-Familie. Dann müssen jetzt aber auch mal die ständigen Streitereien im Aufsichtsrat aufhören. Wir müssen die Mannschaft zusammenhalten, die Lizenz sichern und uns darauf konzentrieren. Alles andere brauch kein Mensch und muss aufhören!" Wieder gab es tosenden Beifall. Gerry hatte genau den richtigen Ton getroffen.


    Der Abend hätte allein mit den zahllosen Anekdoten noch ewig weitergehen können, doch auch der schönste Talk hat einmal ein Ende. Am Schluss schrieben alle noch fleißig Autogramme, kamen Bilderwünschen nach und sprachen mit den anwesenden Fans. So gingen alle zufrieden und um die ein oder anderen Geschichte, aber auch Erkenntnis reicher nach Hause.


    Quelle: Treffpunkt Betze

  • Es war eine schöne Veranstaltung. Auch Sepp hat schön von früher erzählt.. Es gab viel zu lachen..

    :schild: Eine Liebe ein Leben lang :schal:
    „Großer FCK deine Lieder singen wir voller Liebe wieder, wir stehen zu dir bis zum Tod, unsere Farben sind Weiß und Rot.“

  • Ronny war am 25.März in Monzingen beim Regionstreffen der FCK-Fanclubs u. erzählte u.a. diese Geschichten.:feuer:

    :schal:

    Er ist nach wie vor eine "Legende" mit Herzblut. Natürlich verkaufte er auch sein Buch, ich hoffe auch in Lautern,

    denn es ist interessant, ich lese es sehr gern !

    koha