Diskussionsthema zum Artikel: Kommentar: Noch nicht kreativ genug
Kommentar: Noch nicht kreativ genug
Mit dem Rückstand nach einer Standardsituation und den fehlenden Mitteln gegen ein tiefstehende Abwehr offenbarten sich am Freitag bekannte Lautrer Schwächen. Ein Kommentar.
Nach dem Pokalaus gegen Jahn Regensburg wollte es der 1. FC Kaiserslautern zum Saisonauftakt besser machen. Mit der 0:1 Niederlage gegen Dynamo Dresden müssen die Pfälzer jedoch einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Besonders in der neu formierten und noch nicht vollständigen Offensive stottert der Pfälzer Motor.
Mit Einsatz und Laufbereitschaft, jedoch ohne notwendige Kreativität
Der erste Durchgang des Saisoneröffnungsspiels gegen Dynamo Dresden bot noch ein ausgeglichenes und intensives Match auf mäßigem spielerischen Niveau, in welchem die Dresdner nicht nur immer wieder zu gefährlichen Kontern ansetzten, sondern auch nach einem Eckball in Führung gingen. In Unterzahl kam Dynamo nur noch in den ersten 10 Minuten nach dem Wechsel mehrfach gefährlich vor das Lauterer Tor. Anschließend rührten die Sachsen in der Defensive Beton an, was schließlich zum Auswärtsieg ausreichte. Der FCK war schlichtweg nicht kreativ genug, um im zweiten Durchgang ein Tor zu erzielen.
„80 Meter weit“ war das Spiel der Lautrer Mannschaft in Ordnung. Auf den letzten 20 Metern trauten sich die Männer in rot leider nicht genug zu. Zu viele planlose lange Bälle sowie (halbhohe) Flanken aus dem Halbfeld stellten Dresdens Defensive vor keinerlei unlösbare Probleme. Zudem kam auch zu wenig über die Außenbahnen. Die beiden Außenverteidiger Adam Hlousek und Dominik Schad zeigten sich zwar zweikampfstark, extrem lauffreudig und die wenigen Aktionen, in denen sie mal bis zur Grundlinie durchdrangen, sorgten auch prompt für Gefahr - allerdings wurde Schad zu wenig von seinen Mitspielern in die Angriffe eingebunden. Und Hlouseks Flanken waren meist zu unpräzise.
Einsatz und Laufbereitschaft stimmten am Freitag auf jeden Fall, allein das Spielerische reicht noch nicht aus. Und machen wir uns nichts vor: Auf tiefstehende, mit Mann und Maus verteidigende - Teams wird der FCK nun beinahe jede Woche treffen. Hier muss die Mannschaft von Trainer Boris Schommers zukünftig mehr spielerische Lösungen parat haben. Das Personal dafür ist vorhanden, wenn auch noch nicht komplett verfügbar.
Wer kann 'eins-gegen-eins'?
Zu selten wurden am Freitag 'eins-gegen-eins' Situationen in Strafraumnähe gesucht. Situationen, für die die derzeit verletzten Nicolas Sessa oder Marius Kleinsorge prädestiniert wären. Auch Anas Bakhat und Mohamed Morabet bringen Tempo und Technik mit, um defensive Teams zu knacken. Sie mussten beide zum Saisonauftakt noch 90 Minuten lang auf der Bank schmoren. Der eingewechselte Simon Skarlatidis brachte mit Einzelaktionen und gefährlichen Ecken nochmal Schwung in die Lauterer Offensive und war fortan an beinahe jeder Lauterer Tormöglichkeit beteiligt. Ein Startelfeinsatz des ehemaligen Würzburgers gegen den Drittliga-Neuling Türkgücu München würde der Mannschaft definitiv gut tun. Der vor gut einer Woche als vorerst letzter Neuzugang verpflichtete Marlon Ritter absolvierte gegen Dresden seine ersten Spielminuten für den neuen Arbeitgeber. Wie Skarlatidis könnte auch er künftig hinter den Spitzen für Torgefahr sorgen. Nicht zuletzt würde auch Flügelspieler Merveille Biankadi, aktuell noch in Heidenheim unter Vertrag stehend, als potentieller FCK-Neuzugang eine echte Verstärkung darstellen.
Was macht Hoffnung?
Trotz der enttäuschenden Niederlage gab es auch Lichtblicke. So übernahmen Tim Rieder und Hikmet Ciftci im Mittelfeld Verantwortung, zeigten sich jederzeit anspielbar, ballsicher und zweikampfstark. Dies ist eine erkennbare Verbesserung zur letzten Saison, wo in der Zentrale oftmals niemand so richtig den Ball forderte. Gefährliche Freistöße oder Distanzschüsse, wie die von Ciftci und Rieder, gehörten auch schon lange nicht mehr zum FCK-Repertoire. Beide Akteure dürfen sich in den nächsten Spielen gerne noch ein wenig mehr zutrauen.
Stürmer Marvin Pourié ist vielleicht der vielversprechendste Neuzugang der aktuellen Spielzeit. Auch wenn er körperlich noch nicht bei 100 Prozent war, konnte er Zweikämpfe durch seine Cleverness immer wieder für sich entscheiden. Er ist der Typ „unberechenbarer Stürmer“, der dem FCK bisher gefehlt hat. Natürlich braucht er - genau wie sein Sturmkollege Elias Huth - bald auch mal ein Erfolgserlebnis in Form eines Treffers.
Und der 12. Mann?
Einen organisierten Support durch Ultras oder Fanclubs gab es am Freitag nicht. Umso beeindruckender war die Lautstärke der rund 4.000 anwesenden Zuschauer, besonders im ersten Durchgang. Spätestens in der Mitte der zweiten Hälfte zeigte der Lauterer Anhang dann leider wieder sein anderes Gesicht. Wie so oft in den letzten Jahren, wenn die Mannschaft einem Rückstand hinterherlief, ihr die Ideen fehlten und sie Unterstützung gebrauchen konnte, kam vom Lauterer Publikum so gut wie nichts mehr. Zumindest nichts konstruktives. Es scheint offenbar auch völlig egal zu sein, ob 4.000 oder 40.000 Zuschauer anwesend sind. So waren auch am Freitag statt Anfeuerung nur noch Gemecker, Grummeln und genervtes Stöhnen bei fast jedem Pass eines Lauterers zu vernehmen. Nach dem Abpfiff gab es sogar einzelne Pfiffe. Anschließend fand in FCK-affinen Foren und Facebook-Seiten wie bei Lauterer Niederlagen üblich ein „Festival der guten Laune“ statt, bei dem der Abstiegskampf ausgerufen und der Kopf des Trainers gefordert wurde. So wie eigentlich fast jedes Jahr. Früher hieß es mal „solange die Mannschaft kämpft, wird sie auch unterstützt“. Gekämpft hat das Team am Freitag ohne jeden Zweifel. Egal wie tief der Frust über die letzten Jahre sitzt: Jeder Lauterer Anhänger sollte sich hinterfragen, welche Form der Kritik dem Erfolg der Mannschaft eher nützt beziehungsweise schadet.
Gibt es das 10-jährige Jubiläum?
Natürlich haben die letzten Jahre Spuren beim FCK-Anhang hinterlassen. Sollte dieses Jahr das Saisonziel wieder nicht erreicht werden, wäre dies bereits die zehnte Saison in Folge! Egal wie man zu manchem Spieler oder dem Trainer steht: Um das 10-jährige Katastrophen-Jubiläum zu vermeiden, müssen Team und Trainer unterstützt werden. Oder alternativ: Man macht es einfach so wie immer: Spieler zu Sündenböcken erklären, einen Trainer-Rauswurf fordern, negative Stimmung medial und im Stadion verbreiten, um dann wenig später mit einem neuen Coach das gleiche Spiel noch einmal genauso zu vollziehen. Hatten wir alles schon. Die letzten neun Jahre lang.
Quelle: Treffpunkt Betze