"Der FCK gehört in die Bundesliga": Das Leben als Exil-Pfälzer

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    "Der FCK gehört in die Bundesliga": Das Leben als Exil-Pfälzer

    Im Exil lebende Lautrer haben es nicht immer so einfach. Trotzdem ist die bundesweite Wertschätzung für den FCK noch immer unheimlich groß. Davon erzählt diese Geschichte.


    Unser Autor Matthias lebt seit fast zehn Jahren nicht mehr in der Pfalz und hat den Niedergang des 1. FC Kaiserslautern in die dritte Liga nur aus der Ferne beobachten können. Im Exil hat er zudem gelernt, welche Rolle der FCK noch immer in anderen Fanlagern spielt. Eine persönliche Geschichte.


    Am 24. Mai 2022 saß ich mit zwei St. Paulianern in einer kleinen Zwei-Zimmerwohnung in Hamburg und verfolgte das Relegations-Rückspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden. Drei Menschen auf einer Couch und nur einer, nämlich ich, mit einem Puls von über 120. Den anderen beiden war es schlichtweg egal, ob sie in der kommenden Saison gegen die West- oder gegen die Ost-Deutschen ran müssen. Und sie ließen sich auch nicht von meinem Jubel zum 1:0 und später zum 2:0 anstecken. Sie erfreuten sich zwar an wütend randalierenden Dresdnern, aber wer tut das nicht. Als sich kurz nach dem Spiel sogar ein Nachbar aufgrund der zu hohen Lautstärke beschwerte, entgegnete der Gastgeber nur ganz trocken: „Oh Scheiße, am Ende denken die jetzt, ich wär Lautern-Fan.“

    Auszug aus der Pfalz

    Ich lebe seit dem Jahr 2013 nicht mehr in der Pfalz und habe in diesen fast zehn Jahren aus anderen Fanlagern noch kein einziges schlechtes Wort über meinen FCK gehört. Ganz im Gegenteil. Würde ich sprichwörtlich einen Euro bekommen, für jedes Mal, dass mir ein Anhänger aus Bielefeld, Dortmund oder Hamburg versichert, die Roten Teufel gehören in die Bundesliga - ich müsste nie wieder arbeiten.


    - „Auf den Betze bin ich immer gern gegangen. Geiles Stadion.“

    - „1998 war einfach geil, wie die Bayern geflennt haben.“

    - „Nein, selbst zweite Liga ist für euch zu wenig.“

    - Und der Klassiker schlechthin: „Der FCK gehört einfach in die Bundesliga.“


    Aktuell arbeite ich in einer Brauerei ganz in der Nähe des Volkspark-Stadions, in der Exil-Fanclubs einkehren, wann immer ihre Mannschaft gegen den Hamburger Sportverein spielt. Man kommt mit all den Menschen und Fans ins Gespräch, und Bekundungen ob der großen Verdienste des pfälzischen Traditionsvereins in den 90er Jahren hören nie auf. Sie gipfelten eines Tages gar in einem Besuch eines in Hamburg ansässigen Waldhof-Mannheim-Fanclubs. Auf ein Trikot zeigend sagte ich: „Ihr wisst schon, dass das hier eine Betze-Kneipe ist, oder?“ Worauf der etwas zu dicke Mann mit dem schütteren Haar lachte und mir in seinem breitesten Kurpfälzisch versicherte, dass wir so weit weg von zuhause doch alle Freunde wären. Der Waldhof-Mannheim-Fanclub hat unsere Brauerei letztlich nicht zerlegt, wie ich zuerst befürchtete. Doch das Highlight folgte noch: Drei der Mitglieder haben mir prognostiziert, der FCK würde demnächst wieder aufsteigen. Sie gönnen es uns zwar nicht, aber wir gehören schließlich in die Bundesliga. Mehr als Plastik-Vereine wie Wolfsburg, Hoffenheim oder Leipzig.

    Noch einmal zurück

    In den ersten Jahren meines Exils spielte der 1. FC Kaiserslautern im vorderen Drittel der zweiten Bundesliga und verpasste den Aufstieg vier Mal hintereinander haarscharf. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich jedes „ihr gehört in die Bundesliga“ auf und gab es doppelt so laut zurück. Ja, wir gehören in die Bundesliga. Wir sind schließlich der Verein von Fritz Walter. Der Verein, der in der zweiten Liga im Europapokal spielte, aufstieg und direkt Meister wurde. Paul Breitner wollte nicht mehr auf den Betzenberg und uns die Punkte direkt per Post schicken. Wir sind der FCK, verdammt nochmal. Wieso verlieren wir dann ständig in Aue und Sandhausen?


    Ich wünschte, ich hätte damals schon gewusst, wie arrogant, lächerlich und überheblich sich das angehört haben muss. Aus den Niederlagen in Aue und Sandhausen wurden schnell Niederlagen in Großaspach und Münster, später dann Lübeck und Meppen. Der FCK hatte die Bühne des Profifußballs verlassen, auch wenn er formal noch dazugehörte. Und den Bekundungen, „ihr gehört doch in die Bundesliga“, folgte immer öfter ein „ihr spielt dritte Liga, oder? Vierte?“ Und anstatt meiner Brandrede über unseren Verein, musste ich die Menschen fortan berichtigen, dass es sich hierbei um 1860 München handelt. Wir, also die Jungs aus Lautern, sind zwar auch abgestiegen und insolvent, aber die Roten und sind nun mal nicht die Hellblauen.


    Welch ein Glück, dass ich in einer Stadt lebte und immer noch lebe, deren größter Verein aktuell denselben Weg zu gehen scheint wie mein geliebter FCK. Es ist nicht verwunderlich, dass es das Wort „Schadenfreude“ eben doch nur in der deutschen Sprache gibt. Wir 'schadenfreuen' uns eben viel zu gern. Vielleicht ist geteiltes Leid aber auch einfach nur halbes Leid.

    Dritte Liga Mittelmaß


    In den darauf folgenden Jahren folgten zwielichtige Investoren aus Luxemburg, Cornflakes zählende Sechser mit Hang zum Nudismus und eine hoffnungsvolle Trainer-Verpflichtung nach der anderen. All das geschah bis zu einem Zeitpunkt, an dem ein glatzköpfiger Motivator übernahm und mit Hilfe eines gewissen Thomas „Masterclass“ Hengen eine Mannschaft formte, die tatsächlich völlig überraschend in die zweite Liga aufgestiegen ist.


    Zurück zum 24. Mai: Die Wohnung der beiden St. Paulianer verlassend, blickte ich auf mein Handy und sah darauf 14 eingegangene Nachrichten. Auf dem Weg nach Hause bekam ich zudem vier Anrufe, die mir allesamt zum Aufstieg gratulierten. Mir! Wieso in aller Welt mir? Ja okay, die hatten wahrscheinlich nicht die Nummer von René Klingenburg, aber wieso gratuliert man mir stellvertretend für einen Verein, von dem viele meiner Freunde dachten, er wäre inzwischen in den Niederungen der Regionalliga angekommen. Weil der FCK eben doch immer noch groß ist.


    Auf diesem besagten Weg nach Hause begann er schließlich wieder. Der Größenwahn. Aber auch das Bewusstsein darüber: "Wir sind wieder da!". Ach was, wir waren nie weg, wir haben nur Anlauf genommen. Wir sind schließlich der Verein von Fritz Walter. Der Verein, der in der zweiten Liga im Europapokal spielte, aufstieg und direkt Meister wurde. Paul Breitner wollte nicht mehr auf den Betzenberg und uns die Punkte direkt per Post schicken. Wir sind der FCK, verdammt nochmal. Und wenn das der Preis für großartige Spiele gegen St. Pauli, den HSV oder Karlsruhe ist, dann verliere ich auch gerne mal in Sandhausen.


    Quelle: Treffpunkt Betze


    [Anm. d. Aut.: Am zweiten Oktober-Wochenende spielt der 1. FC Kaiserlautern in Hamburg gegen den HSV. Jeder Leser und jede Leserin, jeder Fan ist dann herzlich eingeladen, vor oder nach dem Spiel in der Landgang Brauerei – ganz in der Nähe des Volksparkstadions – vorbeizuschauen. Wer weiß, vielleicht ist der FCK dann schon auf dem Weg in die Bundesliga.]

  • Ja das kenne ich auch. Wohne seit 1986 in der Eifel und habe auch hier viel Sympathisanten, die mich immer wieder auf den FCK angesprochen haben und mir seit dem Aufstieg in die 2.BL ganz viel Glück wünschen damit wir dort erstmal überleben. Ich bin da guter Dinge. Einfach mal den Schwung der Euphorie mitnehmen :Juhuu: