Diskussionsthema zum Artikel: Dank Angsthasenfußball: In Kopenhagen schellt kein Telefon
Dank Angsthasenfußball: In Kopenhagen schellt kein Telefon
Erstaunlich, wie schnell die Meinungen über die Leistungen des FCK kippen können. Grund genug die Länderspielpause zu nutzen, um die Saison in Ruhe einzuordnen.
Inhaltsverzeichnis
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Erste Runde Bukarest
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Warum ist die Wahrnehmung so negativ?
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Hat Schuster das System geändert?
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Zweigleisige Planung mit schmalem Geldbeutel
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Drittligakader wurde erst spät verstärkt
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Welches System darf's denn sein?
Die Roten Teufel spielen die erfolgreichste Saison seit mindestens sechs Jahren. Mit 38.787 Zuschauern im Schnitt hat der 1. FC Kaiserslautern seinen eigenen Zweitliga-Rekord bereits übertroffen. Zehn Siege, davon fünf auf fremden Plätzen, hat die Mannschaft in der laufenden Spielzeit eingefahren. Hinzu kommen spektakuläre Unentschieden wie beim HSV und in Heidenheim sowie die Torfestivals vor heimischer Kulisse gegen Darmstadt 98 (3:3) und den 1. FC Magdeburg (4:4). Als Aufsteiger belegen die Lautrer derzeit den siebten Tabellenplatz. Trotzdem ist die Stimmung in Teilen richtig mies. Woran liegt das?
Erste Runde Bukarest
Rückblende: Es ist Samstag, der 04. Februar 2023. Der FCK hat gerade Holstein Kiel in einem ausgeglichenen Spiel mit 2:1 besiegt und steht nun auf dem vierten Tabellenplatz mit nur einem Punkt Rückstand auf den Relegationsplatz. Grund genug für viele Betze-Fans, bereits jetzt die Auswärtsfahrten an die Alte Försterei und ins Westfalenstadion zu planen. Theoretisch kann sich auch der Tabellensiebte der Bundesliga für die Euro-Conference-League qualifizieren. In der kommenden Saison soll es klappen. „Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom, in Kopenhagen schellt das Telefon“, hat der Lautrer Anhang immerhin schon viel zu lange nicht mehr gesungen.
Sechs Spieltage später ist der Aufstiegstraum - wenn man ihn denn je hatte - schon wieder ausgeträumt. Die Lautrer befinden sich auf dem siebten Tabellenplatz. Für viele immer noch eine Top-Platzierung, für andere eine gefühlte Vollkatastrophe - je nach Erwartungshaltung. Und die ist bei einigen Betze-Fans leider fast immer am Anschlag. Überhaupt sieht der gemeine FCK-Fan seinen Verein eher auf Augenhöhe mit Werder Bremen und dem 1. FC Köln als mit Ligakonkurrenten wie der Spielvereinigung Greuther Fürth. Sportlich besser als die Franken war der FCK zuletzt in der Saison 2014/15.
Warum ist die Wahrnehmung so negativ?
„Fußball ist ein Ergebnissport“ ist eine ebenso einfallslose wie auch zutreffende Floskel, die offenbar nur dann verwendet wird, wenn die Ergebnisse nicht zufriedenstellend sind. Betrachtet man nur die letzten Spiele des FCK, so stimmen die Ergebnisse in der Tat nicht: In den letzten sechs Begegnungen konnten die Roten Teufel nur einen Sieg feiern, bei gleich vier Niederlagen. Auch wenn der kurzfristige Trend nicht der „Friend“ der Männer in Rot ist, so spielen sie weiterhin eine fantastische Saison.
Die Beiträge in den sozialen Medien nach den letzten Spielen der Lautrer lassen hingegen fast nur einen Schluss zu. Die sportliche Situation auf dem Betzenberg muss fatal sein und der Verein wieder einmal am Abgrund stehen. Wo ist eigentlich der alljährliche FCK-Verriss von Michael Ashelm in der FAZ? Dieser im Grunde immer gleiche Artikel, garniert mit Schlagzeilen wie „Scherbenhaufen Betzenberg“, „Chaoslautern“ oder „Tote Teufel“? Nun, der Kommentar wird in diesem Jahr wohl leider ausfallen, denn der FCK spielt seine beste Saison seit Ewigkeiten und die Mannschaft präsentiert sich als echte Einheit. Doch warum sehen so viele Fans das sportliche Geschehen derzeit so negativ?
Bei allem Respekt: Leider ist das einzige, was manche Betze-Anhänger nach einem Spiel beurteilen können, das Ergebnis. Unabhängig von der tatsächlichen Leistung sind die Bewertungskategorien: Sieg = „super Spiel“, Niederlage = „Grottenkick“, mehrere Niederlagen in Folge = „Katastrophe! Köpfe müssen rollen! Sofort!“. Nach diesem Motto wird dann, in emotional aufgeladener Stimmung, schnellstmöglich nach einem Sündenbock gesucht. Das können Spieler sein oder natürlich der Trainer. Tatsächlich gibt es derzeit nicht wenige, die den - neben Marco Antwerpen - einzigen erfolgreichen FCK-Trainer der letzten Dekade ernsthaft in Frage stellen.
Hat Schuster das System geändert?
Der Hauptvorwurf gegenüber Dirk Schuster lautet, er lasse in der Rückrunde plötzlich „Angsthasenfußball“ spielen. Mit genau diesem „ängstlichen Gekicke“ ist der gebürtige Chemnitzer seinerzeit mit Darmstadt 98 aus der 3. Liga in Bundesliga marschiert und hat dort die Klasse gehalten. Mit Erzgebirge Aue hat er sich im oberen Tabellendrittel der zweiten Liga etabliert und nicht zuletzt mit dem FCK eine sensationelle Hinrunde gespielt. Warum lässt der Trainer in der Rückrunde plötzlich einen anderen Stil spielen? Antwort: Er tut es gar nicht. Die Mannschaft spielt genau den gleichen Fußball wie in der Hinrunde. Nur die Wahrnehmung ist eine andere, weil die Punkteausbeute nachgelassen hat. Dass der „Angsthasenfußball“ in der Rückrunde nicht mehr so erfolgreich ist, hat vor allem zwei Gründe:
- Das - teilweise unverschämte - Matchglück ist den Roten Teufeln abhandengekommen. In der Hinrunde wurden viele Spiele gewonnen, in denen der Gegner mindestens ebenbürtig war. Dieses Glück scheint nun aufgebraucht zu sein. Zudem wird der Liganeuling von niemandem mehr unterschätzt.
- Die Mannschaft bewegt sich langsam in Richtung Tabellenmittelfeld, wo sie von der Kaderstärke her bestenfalls hingehört. Dass es sich bei den Männern in Rot immer noch um einen Aufsteiger handelt, muss an dieser Stelle nicht noch einmal erwähnt werden. Oder doch?
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Zweigleisige Planung mit schmalem Geldbeutel
Während andere Vereine in der Sommerpause bereits mehrere Wochen an ihrem Kader feilen konnten, stand auf dem Betzenberg bis Mitte Juli noch nicht einmal fest, in welcher Liga der FCK überhaupt spielen würde. Für Sportchef Thomas Hengen bedeutete dies, mit schmalem Geldbeutel und unter Zeitdruck zweigleisig zu planen. So ist zu vermuten, dass Spieler wie Lars Bünning, Julian Krahl oder Lex-Tyger Lobinger ursprünglich für die 3. Liga eingeplant waren.
Der 1. FC Kaiserslautern steht nach vier Jahren Zweitligaabstinenz auf Platz 18 der TV-Gelder-Tabelle und erhält damit weniger TV-Gelder als alle anderen Ligakonkurrenten. Dementsprechend ist der Anteil der unersetzbaren Spieler im Kader bedenklich hoch. Terrence Boyd ist als Mittelstürmer und Torjäger ebenso ein Unikat wie Marlon Ritter als spielstarker Sechser. Linksverteidiger Hendrick Zuck hat keine echte Konkurrenz, Torhüter Andreas Luthe ist nicht gleichwertig zu ersetzen und nach dem freiwilligen Abgang von Mike Wunderlich ist Philipp Klement der einzige Zehner im Kader. Natürlich gibt es für alle genannten Positionen Back-Ups im Kader - allerdings nicht ohne spürbare Leistungseinbußen.
Drittligakader wurde erst spät verstärkt
Wie in jeder Saison hat das Fachmagazin Kicker auch in diesem Winter nach der Hinrunde die besten Spieler aus der zweiten Liga in seiner Rangliste bekannt gegeben. Unter den insgesamt 32 Zweitligaspielern, die es in die höchste Kategorie „herausragend“ geschafft haben, befindet sich mit Marlon Ritter genau ein Lautrer. Das spricht einerseits für die mannschaftliche Geschlossenheit, zeigt aber auch, dass andere Teams einfach stärker besetzt sind.
Die Roten Teufel spielen größtenteils mit dem Drittligakader der letzten Saison, der erst nach Saisonbeginn mit erfahreneren Spielern verstärkt wurde. Mit den Verpflichtungen von Nicolai Rapp, Aaron Opoku, Philipp Klement und Nicolas de Preville wurde im Laufe der Saison einiges an Erfahrung und spielerischem Niveau nachverpflichtet. Allerdings brauchten alle vier Spieler aus unterschiedlichen Gründen etwas Zeit, um sich in die Mannschaft zu integrieren. Wer mit diesem Kader eine Platzierung in der oberen Tabellenhälfte für selbstverständlich hält, glaubt wohl auch an eine Millioneninvestition von Flavio Becca.
Welches System darf's denn sein?
Durch die Relegation hatte keine deutsche Profimannschaft eine so kurze Vorbereitungszeit wie die Pfälzer. Trotzdem ist es dem Trainerteam gelungen, von Saisonbeginn an eine topfitte Truppe auf den Platz zu schicken, die ihre spielerische Unterlegenheit oft durch Einsatz, Laufbereitschaft und defensive Disziplin kaschieren konnte. Die Mannschaft spielt einfach das, was sie kann. Ein Zauberfußball, wie ihn Magdeburg manchmal zeigt, ist mit diesem Kader einfach nicht möglich.
Wer behauptet, Schusters Fußball sei zu defensiv, dem sei der Name Kosta Runjaic in Erinnerung gerufen. Der ließ stets ballbesitzorientierten Offensivfußball spielen und wurde dafür gefeiert, solange die Ergebnisse stimmten. Am Ende verfehlte Trainer Kosta seine Ziele auf dem Betzenberg und wurde entlassen. Der Grund war schnell gefunden: „Dieser verdammte Ballbesitzfußball!“ Erinnert sich noch jemand an die Spielsysteme von Norbert Meier, Michael Frontzeck, Tayfun Korkut, Jeff Saibene, Sascha Hildmann oder Boris Schommers? Oder an das Auftreten der Mannschaft unter eben diesen Trainern? Wenn ja, dann sollte man schon den einen oder anderen Unterschied zum aktuellen Betze-Fußball erkennen können.
Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 20. März 2021, verlor der FCK das Drittliga-Duell beim Abstiegskonkurrenten 1. FC Magdeburg mit 0:1. Bei noch zehn ausstehenden Spielen betrug der Abstand zum rettenden Ufer sieben Punkte - der Abstieg in die Regionalliga schien so gut wie besiegelt. Vielleicht hilft dieser Vergleich, die aktuelle Situation besser einzuordnen.
Quelle: Treffpunkt Betze
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