Man könnte dagegen argumentieren, dass wir in der vergangenen Saison auch keinen Kader für Platz 7 hatten, ohne diesen überbewerten zu wollen.
Da die 2. Liga mittlerweile einen enormen Sprung in Sachen individueller Qualität gemacht hat und schon lange keine reine Kampfliga mehr ist, in der vor rund 5-10 Jahren der Fußball noch mehr über physische Faktoren und jede Menge Intensität entschieden wurde, ist denke ich unbestritten.
Als wirklich kompakt-auftretende und mannschaftlich-geschlossene Teams, die über die berühmte „verschworene Gemeinschaft“ oder das Kollektiv kommen, fallen mir bis auf Ausreißer die schon seit mehreren Jahren über eine fußballerische Identität verfügen oder homogen zusammengewachsen sind (bspw. Heidenheim, Holstein Kiel oder die SV Elversberg) in der vergangenen Saison nicht viele andere Mannschaften ein und selbst die „Elv“ hatte mit Spielern wie Sahin, Damar, Baum, Neubauer und Asllani eine Achse von gleich fünf absoluten Top-Spielern, die du heute einfach brauchst um dich gegen die Konkurrenz durchsetzen zu können.
Die meisten Spiele werden heute i.d.R. aber auch im Unterhaus durch Qualität im hinteren, mittleren oder vorderen Drittel und die sog. Ausnahmespieler entschieden, Wanitzek beim KSC, Karaman auf Schalke, Reese bei der Hertha, Tempelmann in Braunschweig, Mehlem in Paderborn, Atik o. Kaars in Magdeburg, Dompé u. Selke beim HSV, Maina, Hübers u. Martel in Köln, Yokota, Ache und Ritter (in Form) beim 1. FCK.
Ich hatte es an anderer Stelle schon beschrieben, aber auch der Faktor Glück oder das „erzwungene Momentum“ entscheidet sich für mich persönlich mittlerweile in wenigen Sekundenbruchteilen einer Saison. Beispiel – vor zwei Jahren wird Ache beim Spiel in Düsseldorf mit einer Flasche am Kopf getroffen, verletzt sich danach im Sprunggelenk, fällt mehrere Wochen aus, der FCK stürzt in der Tabelle ab und befindet sich über Monate im absoluten Abstiegskampf, bevor Friedhelm Funkel kommt und am Ende zum Glück doch noch den Klassenerhalt schafft. Den Ausfall von Ache konnte der FCK zu keinem Zeitpunkt adäquat kompensieren, vom psychologischen Negativaspekt auf die restlichen Teamkollegen ganz zu schweigen.
Dann Sprung in die vergangene Saison – Heimspiel gegen Paderborn, 9. Spieltag – Der 1. FCK führt durch ein Tor von Ache nach rund einer halben Stunde knapp mit 1:0, während der SCP in der zweiten Halbzeit immer stärker wird und auf den Ausgleich drängt. In der 71. Minute trifft Grimalid nach Vorlage Bilbija per Kopf nur den Außenpfosten, der Ball springt ab, Grimaldi versucht zum Nachschuss zu kommen und wird von Julian Krahl actionreif und absolut elfmeterwürdig mit einem Fußtritt gegen den Kopf an der Grenze des Fünfmeterraums abgeräumt – der Pfiff des Schiedsrichters bleibt überaschenderweise aus, Luca Sirch und Marlon Ritter treffen am Ende sogar noch zum 2:0 bzw. 3:0-Heimsieg für den Betze. Der FCK verliert im Nachgang keines seiner sechs folgenden Spiele, steht nach dem 15. Spieltag auf Tabellenplatz 2.
Diese (willkürlichen) Momente sind es, die die Liga in erster Instanz natürlich extrem spannend machen aber auch offenbar über Wohl & Wehe eines Vereins entscheiden können. Ich finde deshalb, dass wir in der vergangenen Saison (trotz 55 Gegentoren und einem Schnitt von über 1,5 Gegentoren pro Spiel) in erster Linie extrem von diesem Glück oder dem Momentum geküsst gewesen sind, dass uns vor zwei Jahren nach dem Spiel in Düsseldorf noch gänzlich gefehlt hat bzw. nach der Verletzung von Ache komplett abhanden gekommen ist.
Ob wir dieses Matchglück in der kommenden Spielzeit auch haben werden? Ich zweifele sehr stark daran – es wird für den FCK auch in der neuen Saison zum Großteil nur über die sog. Unterschiedsspieler gehen, erst recht nachdem uns ein 20-Tore-Stürmer wie Ache verlassen hat, der viele Spiele nahezu im Alleingang entschieden hat und auch Offensivwirbelwind wie Yokota mit seinen Stärken im Dribbling gerade auf seiner ihm anvertrauten LA/RA-Position erst einmal ersetzt werden will.
Ich frage mich dann unweigerlich, wo sich diese Unterschiedsspieler rund zwei Wochen vor dem offiziellen Saisonstart eigentlich befinden, zumindest wenn man das ausgerufene Ziel der „Top-6“ tatsächlich umsetzen möchte. Ja, der Kader wurde durch die Zugänge von Emreli, Prtajin, Kunze und Sahin bisher sehr umsichtig und intelligent verstärkt, aber „fertig“ ist der Kader noch lange nicht und uns drückt auf mind. 3-4 weiteren Positionen (LIV, LAV, OM, LA/RA) ein extremer Bedarf, den ich mit den vorhandenen Spielern in keinster Weise entsprechend besetzt sehe.
Wie gesagt, bis zum Saisonstart gegen Hannover sind es am kommenden Wochenende gerade einmal noch zwei Wochen, neue Spieler wollen ja auch sicherlich eingewöhnt und mit den taktischen Vorstellungen ihres neuen Cheftrainers vertraut gemacht werden. Wird das im Falle des FCK wieder die berühmte Punktlandung auf dem letzten Meter oder schlagen wir erst wieder zu, nachdem sich die höher-gestellten Vereine auf dem Transfermarkt alle bedient haben und die neue Zweitligasaison schon wieder 3-4. Spieltage ins Land gezogen ist und die mögliche Gefahr eines Fehlstarts am Betze besteht - wie diese Phasen vor dem Hintergrund des o.g. Momentums verlaufen können, ist denke ich den meisten hier aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit durchaus bewusst, den Offiziellen auch?