Welche großen Talente soll der FCK in den letzten Jahren denn verpasst haben bzw. halten müssen? Die beste Riege war noch die vom Abstieg 2018 bestehend aus Grill, Sickinger, Seufert, Esmel, Shipnoski, Tomic, Shipnoski, Mustafa und Müsel. Blöd nur, dass niemand einen Vertrag für die dritte Liga hatte.
Wenigstens Grill, Sickinger und Esmel konnte man halten. In Letztgenannten hatte ich große Hoffnungen, aber wenn du zwei Jahre am Stück mit zwei Kreuzbandrissen ausfällst, dann wars das halt vorläufig. Shipnoski wäre gern geblieben, sah unter Frontzeck aber keine Perspektive. Die Nummer ärgert mich tatsächlich heute noch. Valdrin Mustafa war eigentlich auch schon weg, blieb noch ein halbes Jahr in der Oberliga, um dann bei der nächstbesten Gelegenheit nach Hannover zu wechseln. Den hätte man vielleicht noch am Ehesten mit Perspektive halten können. Beim Rest keine Chance.
Gerade in der ersten Drittligasaison waren es doch gerade Talente wie Grill, Gottwalt, Sickinger, Jonjic, Pick und Kühlwetter, die uns teilweise noch den Hintern gerettet haben, weil Baders Transferpolitik so gefloppt ist. Zur Saison 19/20 bekamen die besten A-Jugendspieler in Form von Otto, Hotopp, Fath, Bakhat und Gözütok Profiverträge. Gerade Bakhat und Gözütok galten als vielversprechend, lieferten im ersten halben Jahr Oberliga auch richtig gut ab, doch dann kam die Pandemie, die Talententwicklung fast unmöglich machte. Und Talente einfach ins eiskalte Wasser zu werfen, gerade in Krisensituationen, die es beim FCK in den letzten Jahren zu oft gab, kann man nicht mit jedem machen.
Unter Schommers kam zumindest Bakhat nah an die Mannschaft, Innenverteidiger Jonas Scholz stand auch ein paarmal auf dem Platz und Morabet bekam auch seine Chance. Einzig Jonjic wurde von ihm früh aussortiert und über die Gründe rätselt man heute noch ein wenig. Flügelstürmer Jonas Singer wäre ebenfalls eine Überlegung wert gewesen, der wollte allerdings zur Saison 20/21 nach Saarbrücken. Nun gut, hinterhertrauern muss man dem auch nicht, denn er ist sehr verletzungsanfällig und im Saarland wurde er nach einem halben Jahr für zu leicht befunden.
Jeff Saibene fand Gefallen an Anil Aydin, wobei ich mich bis heute frage, was den da geritten hat. Aydin ist ein feiner Kicker, aber physisch überhaupt nicht geeignet für Profifußball, was man auch deutlich sah. Der kickt mittlerweile auch bei Velbert in der Oberliga. Jannis Held wurde ebenfalls kurz hochgezogen, der erinnerte als RV vom Profil her an Dominik Schad. Aber auch hier: Im Existenzkampf greift man lieber auf etablierte Kräfte wie Hercher oder Zimmer zurück, das liegt irgendwo auch in der Natur der Sache. Der Kapitän der zweiten Mannschaft Luca Jensen wurde auch mal getestet, aber alle aufgezählten Spieler kicken heute entweder Regionalliga oder tiefer. Das ganz große Juwel war da jetzt nicht dabei.
Im abgelaufenen Jahr war Raab der Senkrechtstarter, den so wohl absolut niemand auf dem Zettel hatte und Neal Gibs wusste auch in seinen wenigen Auftritten zu gefallen. Ansonsten war halt auch nicht mehr viel vorhanden, was dann auch zum nächsten Punkt führt: A-Jugend-Talente von Bundesligisten, die relativ schnell ganz oben Anschluss finden und Spielzeit bekommen, besitzen in der Regel auch überdurchschnittliches Talent. Solche Talente gibts hier aber nunmal nicht mehr. Wie gesagt, die letzten aus der Riege waren von 2018, namentlich sind vor allem Shipnoski und Müsel zu nennen. Allen anderen haben den Zwischenschritt über die zweite Mannschaft gebraucht, um sich an Herrenfußball zu gewöhnen. Vielleicht überrascht jetzt wieder ein Stavridis, aber da heißt es abwarten.
Dass man die Jugendarbeit also komplett vernachlässigt hat stimmt so nicht, auch jetzt in dieser Saison nicht. Ich würde eher sagen, dass der FCK trotz chronischem Geldmangel in den letzten Jahren noch recht ordentlich dasteht, was Jugendarbeit angeht. Antwerpen und Döpper waren zu diversen Spielen der zweiten Mannschaft gereist, auch Hengen weiß gut Bescheid. Nur der Sprung nach oben ist halt gewaltig und du musst genau gucken. Man muss aber auch bedenken, dass es in der dritten Liga diese bescheuerte U23-Regel gibt, wonach in jedem Spieltagskader mindestens vier Spieler unter 23 Jahren, die für eine deutsche Auswahlmannschaft spielberechtigt wären, stehen MÜSSEN. Da musste teilweise also auf Krampf immer irgendwelche Talente mit auf die Bank nehmen, obwohl sie eventuell noch nicht so weit sind, nur um die Quote zu erfüllen. Ja ganz toll und irgendwie sinnlos, aber halt typisch DFB.
In erster Linie stand halt der Aufstieg der Profis im Fokus und man wollte dahingehend alles bündeln. Da hatten halt die Investoren ein Wörtchen mitzureden, denn die wissen auch ganz genau: Jedes weitere Jahr dritte Liga kostet Unsummen und ewig hätten die das nicht weiter munter bezahlen können/wollen. Zum Glück hats funktioniert und jetzt steht für meine Begriffe auch der Klassenerhalt im Fokus, egal wie. Denn nur wenn Jahr für Jahr die Fernsehgelder fließen, die nunmal heutzutage einen Großteil ausmachen, kann man sich irgendwann auch nochmal intensiver der Infrastruktur und Talentförderung im NLZ widmen und dort mehr reinpumpen. Wenns jemand eventuell kurzfristig aus dem Unterbau nach oben schafft ist das schön, keine Frage, aber bis hier wieder regelmäßig Spieler der Marke Heintz, Orban oder Zimmer jede Saison auf der Matte stehen, wird noch einige Zeit vergehen und vieles muss in den nächsten Jahren gut laufen.