ZitatAlles anzeigenFussball: FCK-Profis wollen sich mit Anstand aus der Bundesliga verabschieden - Balakov leitet das Projekt Wiederaufstieg
Der dritte Abstieg ist traurige Gewissheit. Nach zwei Jahren in der Bundesliga büßt der 1. FC Kaiserslautern seine verfehlte Kaderzusammenstellung mit dem bitteren Gang in die Zweite Liga. Das Projekt Wiederaufstieg ist in der Planungsphase. Trainer Krassimir Balakov ist der Projektleiter.
Es war schon skurril, als die FCK-Spieler nach 21 Spielen ohne Sieg den 2:1 (2:0)-Erfolg feierten. Ein erlösender Moment. Die rund 2500 FCK-Fans im Olympiastadion hatten die Mannschaft toll unterstützt, mit Selbstironie dem Abstieg entgegen gesungen: „Gegen Lautern kann man mal verlier'n.” Gewonnen und abgestiegen - wie nur damit umgehen? Die Spieler wussten es nicht so recht. Trainer Krassimir Balakov und Co-Trainer Ilia Gruev ermunterten sie zum Gang zu den Fans. „Wir wussten ja gar nicht mehr , wie man Siege feiert”, sagte Vereinschef Stefan Kuntz.
„Es ist der erste Sieg, seit ich beim FCK bin. Der Sieg ist sehr wichtig für Trainer und Mannschaft, unsere Fans und den Verein - trotz des Abstiegs", sagte Balakov. „Auf der einen Seite bin ich zufrieden und trotzdem traurig”, gestand der 46-Jährige. Seine Rettermission ist gescheitert - jetzt will er das Aufstiegsprojekt meistern. Mit welchem Personal der FCK ab 3. August in der Zweiten Liga antreten wird, ist ungewiss. In Berlin betrieben der spielintelligente gute Flankengeber Alexander Bugera, Mittelfeldmotor Pierre De Wit und Andrew Wooten, der Junge mit dem Toremacher-Gen, nachhaltig Werbung in eigener Sache.
Mittelfeldspieler Oliver Kirch, nach der Winterpause in der Versenkung verschwunden und vom neuen Trainer Krassimir Balakov wieder aus derselben geholt, erzielte mit seinem 1:0 (27.) seinen ersten Saisontreffer und ebnete so den Weg zum Sieg. „Ich glaube, dass allen klar ist, dass wir nicht an diesem Wochenende abgestiegen sind, sondern dass wir die letzte Chance schon vorher verspielt hatten. Es ging uns einfach darum, uns erhobenen Hauptes zu verabschieden und endlich wieder einen Dreier zu holen”, sagte Kirch. Der 29-Jährige sieht seine Zukunft beim FCK: „Ich habe hier einen bis 2013 gültigen Vertrag, und es gibt von meiner Seite keine Überlegungen, nächste Saison woanders zu spielen.” Kirch, der oft deutlich überzogener Kritik durch viele eigene Fans ausgesetzt ist, lobte die Lauterer Anhänger am Samstag ausdrücklich. Kirch gab sprichwörtlich sein letztes Hemd - erst auf der Spielwiese, um den Sieg ins Ziel zu bringen, dann aus Dankbarkeit am Zaun.
Linksverteidiger Alexander Bugera, der gerne Teil des Neuaufbaus wäre, atmete durch: „Wir haben eine absolute Mannschaftsleistung gezeigt. Trotzdem hätten wir noch das dritte und das vierte Tor machen können. Uns hat sicher in die Karten gespielt, dass wir endlich mal wieder in Führung gegangen sind.”
„Man hat gesehen, dass wir einen Plan hatten”, meinte Bugera zu dem verbesserten Auftritt des FCK, der Otto Rehhagel, den Lauterer Meistertrainer von 1998, und die Hertha ein Stückchen näher an Liga zwei schoss. Der 21. April 2012 aber bleibt auch als Datum des dritten Bundesliga-Abstiegs der Roten Teufel im Gedächtnis. „Den Abstieg haben wir aber in den Wochen davor besiegelt”, betonte Bugera. Der Vertrag des 33-Jährigen läuft aus - er wäre „absolut gerne” wieder dabei in der kommenden Runde. „Ich bin jetzt fünf Jahre beim FCK, habe in dieser Zeit einiges miterlebt. Es ist ja heutzutage auch nicht mehr so häufig, dass ein Profi fünf Jahre beim selben Verein spielt”, sagt der gebürtige Amberger, „ich würde mich freuen, den Weg mit dem FCK weiterzugehen und die Ziele, die wir gemeinsam haben, auch zu erreichen. Ich weiß, wie die Fans hier fühlen.”
Andrew Wooten, dem mit dem 2:0 (38.) sein erstes Bundesliga-Tor gelang, war einfach glücklich: „Ich freue mich, dass ich vom Trainer die Chance bekommen habe, von Anfang an zu spielen. Jetzt will ich einfach weiter Gas geben und versuchen, meine Leistung zu bestätigen.”
„Andrew hat seine Chance bekommen und zum großen Teil auch genutzt”, lobte Stefan Kuntz. Der Ex-Torjäger will den 22-Jährigen halten.
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EINWURF
Niedergang mit Ansage
VON HANS-JOACHIM REDZIMSKI
Der 1. FCK ist abgestiegen. Für den Traditionsklub ist es ein schwerer Schlag und Rückschlag, nachdem er vor zwei Jahren wieder ins Fußball-Oberhaus zurückgekehrt war. Für die Stadt und die Region ist es eine tiefe Enttäuschung. Stadt und Region hängen an dem Verein, wie kaum woanders in der Liga. Der Fall zurück in Liga zwei trifft somit doppelt.
Es war ein Abstieg mit Ansage. Der Abstieg 2012 hatte nichts von der Dramaturgie, der Dramatik und der Tragik der vorangegangenen Abstiege des 1. FCK von 1996 und 2006. Damals, 1996 in Leverkusen und 2006 in Wolfsburg, ging es in den letzten Spielen noch um Klassenerhalt oder Abstieg.
Die desaströs verlaufene Saison 2011/2012 gab den Fans der Roten Teufel lange Zeit, sich mit dem dritten Abstieg in der Vereinsgeschichte zu arrangieren. Ein bitterer, ein schleichender Abstieg. Ein Niedergang, der die Leidensfähigkeit der Fans auf eine harte Probe stellte.
Was bleibt, ist die Faszination Betzenberg, die Treue der Fans und die Hoffnung, den Weg zurück in die Erste Liga zu finden. Ein ganz schwerer Weg.
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Adieu, geliebte Bundesliga!
Am Samstag, 21. April 2012, 17.21 Uhr, ist der dritte Abstieg des 1. FC Kaiserslautern aus dem Fußball-Oberhaus besiegelt. Weil die Roten Teufel mit dem 2:1 bei Hertha BSC Berlin zugleich den ersten Sieg seit einem halben Jahr einfahren, gibt es nicht viele Tränen bei den FCK-Fans. Die Kurve besingt lieber den Auswärtserfolg und übt sich in bitterer Ironie.
„Auswärtssieg!” Die rund 2500 Fans des Fußball-Bundesliga-Schlusslichts 1. FC Kaiserslautern unter den 51.461 Besuchern des Berliner Olympiastadions sangen dieses von ihnen zuletzt so selten benutzte Wort am Samstag um 17.21 Uhr ganz laut vor sich hin. Ausgelassen? Nicht wirklich. Eher trotzig. Als wollten sie gar nichts davon hören, dass just in dieser Minute der Abstieg ihrer Lieblinge amtlich wurde. Dabei hatten die in den 90 Minuten zuvor für selten dagewesene Glücksmomente bei ihren Fans gesorgt.
Das 2:1 am Samstagnachmittag im Kellerduell bei der schwachen Berliner Hertha bedeutete den ersten FCK-Bundesligasieg seit sechs Monaten. Das 1:1 des Tabellen-16. 1. FC Köln gegen den VfB Stuttgart allerdings besiegelte das Schicksal der Roten Teufel: Sie haben vor den letzten beiden Spieltagen sieben Punkte Rückstand auf die Kölner.
Kurios. Grotesk. Ungewöhnlich. Der dritte Abstieg des 1. FC Kaiserslautern aus der Fußball-Bundesliga war völlig anders als die beiden vorigen 1996 und 2006. Damals gab es jeweils echte „Endspiele” am letzten Spieltag - und die Lauterer zogen schließlich gegen die direkte Konkurrenz aus Leverkusen und zehn Jahre später gegen Wolfsburg den Kürzeren. Da flossen die Tränen in Strömen. Nun, an diesem 21. April 2012 im Berliner Olympiastadion, gab es bei allem Frust ob der schlechtesten Bundesligasaison in der Geschichte des FCK viele Fans, deren Tränen schon seit ein paar Tagen wieder getrocknet waren. Für einige war das 0:2 am vorigen Samstag zu Hause gegen den 1. FC Nürnberg der schlimmste Tag als FCK-Anhänger seit Jahren. Und nun? Immerhin mal wieder ein Sieg - und das ausgerechnet bei Otto Rehhagel.
Der jetzt 73-Jährige holte mit dem gerade wieder aufgestiegenen FCK 1998 sensationell die deutsche Meisterschaft. Und eilte nun nach Berlin, die Hertha zu retten. Seit Samstag, 17.21 Uhr, aber sieht es eher so aus, als ziehe der FCK die Berliner mit hinunter ins Bundesliga-Unterhaus. Auf das leicht höhnische „Otto, wink e'mol” der FCK-Fans wollte der Altmeister lieber nicht reagieren. Noch heftiger für die beiden schlechtesten Mannschaften dieser Bundesliga-Saison nach dem erst vierten Saisonsieg des FCK: „Gegen Lautern kann man mal verlier'n”, sangen die Fans der Roten Teufel. Bittere Ironie, auch an die Berliner Adresse des Trainerehepaars Rehhagel.
FCK-Mittelfeldmann Olcay Sahan, der nach dem Schlusspfiff niedergeschlagen auf dem Rasen des Olympiastadions lag, zeigte sich schnell wieder kämpferisch. „Abgestiegen sind wir ja nicht erst in Berlin, sondern in den Wochen vorher”, betonte der 24-Jährige, „wir dürfen jetzt nicht heulen. Wir müssen schauen, dass wir in der nächsten Saison gut aufgestellt sind, damit wir direkt wieder in die Bundesliga aufsteigen können.” Über Sandhausen zurück nach Dortmund.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau
Pfälzische Volkszeitung