ZitatAlles anzeigenhintergrund: Was die WM 2006 gebracht hat und warum der Stadionausbau den FCK nicht ruiniert hat
Sollte die Europameisterschaft 2024 in Deutschland stattfinden, wird Kaiserslautern kein Spielort sein. Wie berichtet, beschloss der Stadtrat am Montag gegen die Stimmen der CDU, die Bewerbung zurückzunehmen – wegen der Kosten, die auf die Stadt zukämen. Von den Investitionen, die eine EM für Kaiserslautern auslösen könnte, war keine Rede. Dafür wurde die Mär, der Stadionausbau habe dem FCK mehr oder weniger das Genick gebrochen, neu entfacht.
Natürlich blieben an der Stadt – sofern sie überhaupt EM-Spielort würde – einige Millionen Euro Kosten hängen. Aber wohl nur ein Bruchteil der Summe, die für die WM 2006 aufgebracht werden musste. Und sicherlich würde es im Umkehrschluss wie 2006 wieder Investitionen in die Infrastruktur geben. Die waren immens, wie Erwin Saile, WM-Koordinator 2006 und Geschäftsführer der Stadiongesellschaft, weiß. Saile wollte sich zwar gestern nicht dazu äußern, verwies vielmehr darauf, dass die politische Entscheidung in Sachen EM gefallen sei – die Zahlen zur WM hat er jedoch oft genannt, zuletzt am 11. Juni vergangen Jahres zum zehnten Jubiläum der WM in Kaiserslautern.
Danach hat die Stadt rund 50 Millionen Euro in Sachen WM investiert, wovon rund 30 Millionen Euro an Zuschüssen flossen. Die WM hat 150 Millionen Euro an Investitionen ausgelöst, 80 Millionen flossen ins Stadion, 70 Millionen in die Infrastruktur. Nach Schätzungen wurden während der WM 20 bis 30 Millionen Euro in der Stadt umgesetzt. Eine andere Schätzung beziffert den Marketingwert der WM für die Stadt auf 200 Millionen Euro.
Was vor 2006 passierte, ist vielen Bürgern gar nicht mehr so genau im Gedächtnis. Es war an Nachhaltigkeit nicht mehr zu übertreffen – und manches wäre womöglich bis heute nicht realisiert. Erinnert sei an den Bahnhof mit neuem Vorplatz und Südausgang, die Brandenburger Straße, die bis zur Trippstadter Straße verlängert wurde, oder die Schweinsdell, wo eine Deponie saniert und ein Park-und-Ride-Platz angelegt wurde. Nicht zu vergessen ist, dass auch die S-Bahn mit der WM zu tun hat; oder dass die B270 zwischen Opelkreisel und IG Nord vierspurig ausgebaut wurde, weil im Industriegebiet ein großer Parkplatz für 5000 Autos angelegt wurde. Und auch die Zollamtstraße mit dem Parkhaus hat mit der WM zu tun. Den sechsstreifigen Ausbau der A6 nicht zu vergessen.
Die Investitionen, vor allem des Landes, waren auch damals umstritten. Doch die Großveranstaltung hatte zwei Befürworter, die sich mit Vehemenz ins Zeug legten: den damaligen Oberbürgermeister Bernhard Deubig und den damaligen Mainzer Ministerpräsidenten Kurt Beck. Der verteidigte die Ausgaben für die WM bei einem Besuch in Kaiserslautern im Dezember 2005 mit dem Argument, die Investitionen flössen im wesentlichen in die Verbesserung der Infrastruktur und seien somit dauerhaft – und erklärte mit schönen Worten: „Die WM 2006 ist eine Herausforderung. Wenn sich Deutschland nicht mehr zutraut, so etwas hinzukriegen, ist der Kleingeist ins Hirn gekrochen; das darf nicht passieren.“
So wie vieles vergessen wurde, was in Sachen Infrastruktur bei der WM passiert ist, so ist auch der Blick getrübt, welche Rolle der FCK damals gespielt hat. Immer wieder kocht das Ammenmärchen hoch, der Stadionausbau sei der Anfang vom Ende großer FCK-Zeiten gewesen. Am Montag im Stadtrat köchelte Franz Schermer für die SPD mit und verknüpfte die finanzielle Situation des Vereins mit einem übergroßen Ausbau des Fritz-Walter-Stadions. Das ist keineswegs so.
Der FCK stand vor der WM 2006 auch ohne Stadionausbau am Rande der Insolvenz. Verursacht durch Misswirtschaft und kriminelle Machenschaften seiner Führungskräfte – erinnert sei an die Nachzahlung an den Fiskus in Höhe von 8,95 Millionen Euro für nicht versteuerte Lohnzahlungen – war der Verein hoch verschuldet.
Hinzu kam, dass der Verein beim Ausbau der Osttribüne auf das Bauunternehmen Philipp Holzmann setzte, das in Insolvenz geriet, was die Kosten erhöhte. Ursprünglich sollte der FCK 18,9 Millionen Euro für den Ausbau des Stadions beisteuern. Bei solidem Wirtschaften und ohne den Abstieg in die Zweite Liga hätte der Verein diese Summe schultern können. So musste wegen der Überschuldung des Vereins die Stadiongesellschaft gegründet werden – wodurch keinerlei Ausbaukosten für das Stadion am FCK hängen blieben.
Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung
„Ist der Kleingeist ins Hirn gekrochen ...“
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klar die infrastruktur der stadt wurde modernisiert,aber welchen nutzen hatte denn der fck vordergründig.
einen betonklotz,mit sehr großen unterhaltskosten.
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Da kann ich nur verwundert den Kopf schütteln. Das Stadion ist zu groß, entsprechend die Stadionmiete ziemlich happig und das führt dazu, dass wir seit Jahren deutlich mehr Gelder aufbringen müssen als die Konkurrenz. Natürlich war der Auslöser des Niedergangs nicht das WM-Stadion. Er ist halt ein weiterer Sargnagel, weil bei aller tollen Investitionen in die Infrastruktur wohl keiner darüber nachgedacht hat, wie das Stadion langfristig und nachhaltig nutzbar ist. Es ist ja noch heute so, ohne den FCK ruiniert das Stadion auch die Stadt. Wie konnte man damals annehmen, dass der FCK das Stadion überhaupt füllen könnte? Außer zu Topspielen war es doch nie voll.
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Könnte man das riesige Stadion nicht wieder zurückbauen wie vor der WM, quasi auf eine 30.000 - 35.000 Zuschauer Arena, ähnliche Grösse wie in Mainz, Hoffenheim oder Freiburg?
Wahrscheinlich bautechnisch eher unmöglich, oder?
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Würde aber auch wieder Unsummen verschlingen.