Diskussionsthema zum Artikel: Kaderanalyse Teil I: Abwehr ohne Führung - Stabilität nur im Tor
Kaderanalyse Teil I: Abwehr ohne Führung - Stabilität nur im Tor
32 Spieler kamen in dieser Saison für den FCK zum Einsatz. Unser Autor Armin stieß bei seiner Einzelbewertung auf Namen, die er längst verdrängt hatte.
Während die Profis des 1. FC Kaiserslautern zumindest bis zum 14. Juni (Trainingsstart) im Urlaub verweilen, arbeiten währenddessen FCK-Cheftrainer Marco Antwerpen und Geschäftsführer Sport Thomas Hengen an einem schlagfertigen Kader für die kommende Spielzeit. Die Marschrichtung dabei ist klar: Leistungsträger wie Jean Zimmer, Felix Götze oder Daniel Hanslik sollen gehalten werden. Daneben sollen drei bis vier neue Führungsspieler dazu kommen, um die Schwäche bei Standards und im Kopfballspiel zu beheben und besser mit Drucksituationen umgehen zu können. Im Fokus aller sportlichen Überlegungen stehen derzeit ein defensiver Mittelfeldspieler, zwei Innenverteidiger und ein weiterer Offensivspieler. Darüber hinaus muss der FCK seine Kadergröße reduzieren. Ein erneuter Umbruch bahnt sich an. In unserer ausführlichen Analyse haben wir den Kader mit all seinen Stärken und Schwächen unter die Lupe genommen.
Die Torhüter: Ein insgesamt sicherer Rückhalt
1. Avdo Spahic (35 Einsätze)
In der abgelaufenen Saison hat sich der FCK auf der Torhüterposition mit Avdo Spahic verbessert. Und das obwohl dessen Vorgänger Lennart Grill zuvor für eine Ablösesumme von 2 Millionen Euro zu Bayer Leverkusen in die Bundesliga wechselte. Gerade in der Schwächephase der Mannschaft - die sich auf rund zwei Drittel der Saison erstreckte - war der 24-jährige Bosnier ein verlässlicher Rückhalt für das Team. Er leistete sich kaum schwere Fehler und strahlte positive Ruhe in der oft hektischen Defensive aus. Mit dem Ball am Fuß ist er recht stark, seine Abschläge haben hingegen noch Luft nach oben. Einziger Schwachpunkt bleibt die Strafraumbeherrschung bei hohen Bällen. Gerade bei Standardsituationen klebt er zu oft auf der Linie statt die Bälle in der Luft wegzufischen. Ansonsten eine wirklich starke Saison des ehemaligen Cottbussers.
- TB-Note: 2,5
- Ausblick: Spahic dürfte als klare Nummer eins in die neue Saison gehen.
2. Mattheo Raab (4 Einsätze)
Der junge Torhüter bekommt wirklich nichts geschenkt: In seinen ersten beiden Jahren beim FCK fiel er durch einen Schienbeinbruch die meiste Zeit verletzt aus. In seinem dritten Jahr wurde die Oberligasaison coronabedingt vorzeitig abgebrochen. Erst in der abgelaufenen Saison stand er als „ständiger Vertreter“ von Avdo Spahic bei jedem Spiel im Kader und kam dabei zu seinen ersten Ligaeinsätzen. Beim Derby-Hinspiel in Saarbrücken debütierte er nach Spahics Platzverweis für die restlichen 20 Minuten. Anschließend kam er bei zwei der schlechtesten Lauterer Saisonleistungen zum Einsatz. Dem 2:2 gegen Duisburg und beim 0:3 beim 1860 München. Hier wirkte er verständlicherweise nicht komplett souverän, zeigte aber jedes Mal, dass man auch zukünftig auf ihn bauen kann.
- TB-Note: Ohne Bewertung
- Ausblick: Trainer Antwerpen gönnte dem 22-jährigen den Saisonabschluß gegen Verl. Das deutet stark darauf hin, dass es in diesem Sommer keinerlei Transfers auf der Torhüterposition geben wird.
Die Abwehrreihe: Deutlich Luft nach oben
3. Tim Rieder (36 Einsätze, 0 Tore, 2 Torvorlagen)
In der letzten Saison war der aus Augsburg ausgeliehene Rieder bei den Münchner Löwen noch ein Leistungsträger. Nur zu gerne hätten sie ihn auch in Giesing behalten, doch der FCK stach die Sechziger in den Verhandlungen mit dem FC Augsburg aus. Am Betzenberg präsentierte sich Rieder als eisenharter Abräumer im defensiven Mittelfeld. Leider gingen von ihm so gut wie keine Impulse nach vorne aus. Im Saisonendspurt bot er neben Felix Götze zum Teil herausragende Leistungen auf der Doppelsechs. Anschließend wurden beide eine Reihe weiter hinten, in der Dreier-bzw. Viererkette, aufgeboten. Auch hier spielte Rieder zunächst sehr sicher. Gegen Saisonende ging ihm allerdings erkennbar die Luft aus, was auch seinen 3.008 Saisonminuten geschuldet sein wird. Kein Feldspieler der Lauterer absolvierte auch nur annähernd soviel Spielzeit. Insgesamt waren seine Leistungen in Ordnung. Ein Leistungsträger oder gar Führungsspieler, als der er zu Saisonbeginn verpflichtet wurde, war er allerdings nie.
- TB-Note: 3,5
- Ausblick: In der Winterpause wollte Rieder eigentlich zu 1860 München zurück. Sollte der Wechselwunsch weiterhin bestehen, wird man ihn sicher ziehen lassen.
4. Kevin Kraus (29 Einsätze, 2 Tore, 0 Torvorlagen)
Genau wie beim gesamten Team war die Saison des 28-jährigen Innenverteidigers von Höhen, aber auch von jeder Menge Tiefen geprägt. Auf der einen Seite zeigte sich der ehemalige Heidenheimer extrem kopfballstark und erzielte zwei Treffer. Auf der anderen Seite war er Organisator einer Defensive, die zu oft Last-Minute Treffer kassierte. Zudem sind seine Schwächen im Spielaufbau und beim Antritt nicht zu übersehen. In den ersten drei Partien unter Marco Antwerpen wurde Kraus zunächst nicht im Spieltagskader berücksichtigt, stattdessen stand Winkler in der Startelf. Gegen Ende der Saison war es dann umgekehrt.
- TB-Note: 4,0
- Ausblick: Im Ranking des Trainers sollte Kraus zumindest seinen Konkurrenten Winkler überholt haben. Ob das in der nächsten Saison für einen Stammplatz reicht ist fraglich. Seine Kopfballstärke bleibt aktuell sein Alleinstellungsmerkmal.
5. Hendrick Zuck (29 Einsätze, 4 Tore, 3 Torvorlagen)
Unter den Trainern Schommers und Saibene pendelte der Püttlinger zwischen Stammelf, Ersatzbank und Tribüne. Mal spielte er zentral, mal links, mal rechts. Die Leistung schwankte zwischen „ok“ und „schwach“. Einzige Konstante: Er wurde stets offensiv eingesetzt. Marco Antwerpen entwickelte dann den „Zuck 2021“, einen spielstarken Linksverteidiger. Im Gegensatz zu seinem Pendant Philipp Hercher auf der rechten Seite bestand seine Aufgabe nicht darin, die Linie rauf und runter zu laufen. Vielmehr garantierte Zuck durch Ballsicherheit und Spielintelligenz einen sauberen Spielaufbau und servierte Flanken und Standards mit dem linken Fuß. Schnelligkeitsdefizite und mangelnde Defensiverfahrung kaschierte der ehemalige Freiburger durch Antizipieren von Situationen und gutem Stellungspiel erstaunlich gut. Die wenigen Situationen, in denen ihm seine Gegenspieler wegliefen, blieben meist folgenlos. Die eigentlich komplett wahnsinnige Idee des Trainers ging vollkommen auf.
- TB-Note: 3,5
- Ausblick: Der Vertrag des 30-jährigen läuft aus und er möchte gerne bleiben. Auch Antwerpen hat bereits angedeutet, Zuck gerne behalten zu wollen. Es gibt kompliziertere Konstellationen.
6. Philipp Hercher (26 Einsätze, 5 Tore, 7 Torvorlagen)
Was haben Boris Schommers, Jeff Saibene und Marco Antwerpen gemeinsam? Keiner von ihnen hatte den Außenverteidiger anfangs auf seiner Rechnung bzw. in seiner Stammelf. In den ersten sechs Saisonspielen unter Schommers bzw. Saibene kam der ehemalige Aspacher keine einzige Minute zum Einsatz. Erst durch die Verletzung von Dominik Schad rückte er in die Mannschaft. In den ersten drei Begegnungen unter Marco Antwerpen stand Hercher noch nicht einmal im Kader. Das änderte sich erst, als Jean Zimmer von der Rechtsverteidigerposition ins rechte Mittelfeld vorgezogen wurde. Der Beginn der Aufholjagd am 30. Spieltag gegen Halle war auch der Startschuss für die Achse Zimmer/Hercher. Immer wieder setzte „Schienenspieler“ Hercher zu tiefen Läufen auf der rechten Außenbahn an, meist optimal in Szene gesetzt durch den Lauterer Kapitän. Dort suchte der 25-jährige selbst den Abschluss oder flankte gefährlich in die Mitte. In den letzten zehn Saisonspielen gelangen ihm vier Tore und vier Vorlagen – eine Topbilanz für einen Rechtsverteidiger. Mit seiner Schnelligkeit und Zielstrebigkeit in der Offensive, aber auch mit gutem Defensivverhalten war Hercher im Saisonendspurt ein entscheidender Faktor für den Klassenerhalt.
- TB-Note: 2,5
- Ausblick: Herchers Position könnte in der neuen Saison wieder anders aussehen. Sowohl die rechte Seite vor Dominik Schad als auch die linke Abwehseite kommen für ihn in Frage. Interessant wird es, zu sehen, wie er ohne Jean Zimmer funktioniert, falls dieser nach Düsseldorf zurückkehrt.
7. Adam Hlousek (26 Einsätze, 1 Tor, 3 Torvorlagen)
Nach 10 Jahren Abstinenz kehrte der Routinier zum FCK zurück, um die Linksverteidigerposition zu bekleiden. Das Spiel des Tschechen war durchweg grundsolide mit recht niedriger Fehlerquote. Letzteres resultierte jedoch vor allem aus seinem betont risikolosen Spiel nach vorne. Auch einem Linksverteidiger sollte bei Rückstand des eigenen Teams ein wenig mehr einfallen als Rückpässe. Wenn er sich denn mal nach vorne traute, konnte er durchaus effektiv sein. Allerdings passierte das viel zu selten. Um offensiv mehr Druck zu erzeugen, zog es Coach Antwerpen letztlich vor, den eigentlich langsameren und defensivschwächeren Hendrick Zuck zum Linksverteidiger umzuschulen. Hlousek hingegen kam unter dem neuen Trainer kaum noch zum Einsatz.
- TB-Note: 4,0
- Ausblick: Es sieht stark nach einer Trennung zum Saisonende aus.
8. Carlo Sickinger (24 Einsätze, 0 Tore, 0 Torvorlagen)
Wie schon die letzten beiden Spielzeiten konnte der 24-jährige Defensivspieler auch in der abgelaufenen Saison keinen wirklichen Schritt nach vorne machen. Schuld daran waren unter anderem zwei mehrwöchige Verletzungen. Auf seinen beiden Positionen, in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld spielte er gefällig, mehr aber auch nicht. Gerade im Mittelfeld hätte man sich mehr Impulse seinerseits erhofft. In der Rückrunde reichte der ehemalige Sandhausener die Kapitänsbinde an Jean Zimmer weiter. Man hatte den Eindruck, dass Sickinger dadurch eher erleichtert wirkte. Schließlich hatte er sich nie um das Kapitänsamt gerissen, sondern war aufgrund des Mangels an Führungsspielern damals von Boris Schommers in diese Rolle gebeten worden.
- TB-Note: 4,5
- Ausblick: Zwischen Sickinger um dem FCK gab es keine Einigung hinsichtlich einer Vertragsverlängerung. Somit wird er den Verein nach neun Jahren wohl verlassen.
9. Jean Zimmer (19 Einsätze, 0 Tore, 5 Torvorlagen)
Ab der ersten Minute nach seiner Rückkehr präsentierte sich der neue Kapitän als das, was man sich von ihm erhofft bzw. erträumt hatte: Ein „Aggressive Leader“, ein vorbildlicher Kapitän und ein Vorbereiter unzähliger Torchancen. Auf den ersten Blick wirken seine fünf Assists noch recht überschaubar. Allerdings verschweigt die Statistik die Vielzahl an Toren, zu denen der Bad Dürkheimer den vorletzten Pass gab. Gerade seine Doppelpässe mit Philipp Hercher führten im Saisonendspurt in beinahe jedem Spiel zu Großchancen. Letztlich war Zimmer exakt der Führungsspieler, der der Mannschaft seit mindestens vier Spielzeiten gefehlt hat. Ohne seine Rückkehr wären die Roten Teufel definitiv abgestiegen. Mario Basler, das Orakel vom Underberg, lag mit seinen nüchternen Einschätzungen zum FCK und speziell zu Zimmer nur um eine Herrengedecksbreite daneben.
- TB-Note: 1,0
- Ausblick: Hier gibt es nun jede Menge Fragen zu klären. Wie kann der FCK einem Zweitligaprofi den sportlichen Rückschritt in die 3. Liga finanziell und sportlich schmackhaft machen? Lässt Fortuna Düsseldorf, wo gerade ein neuer Trainer verpflichtet wird, ihn überhaupt ziehen? Wenn ja, zu welchem Preis? Eventuell lautet die Frage jedoch ganz einfach: Wo möchte seine Familie leben?
10. Marvin Senger (15 Einsätze, 1 Tor, 0 Torvorlagen)
Der Innenverteidiger kam in der Winterpause vom FC St. Pauli zum Betzenberg. Anfangs erhielt er lediglich Teileinsätze, konnte seine Spielzeit jedoch kontinuierlich steigern. Acht der letzten zehn Spiele absolvierte der 21-jährige über die volle Distanz. Im Vergleich zu seinen Kollegen in der Innenverteidigung bringt der 1,93m große Hüne mehr Dynamik und Aggresivität mit. Sein „Signature-Move“ ist die humorlose Grätsche. Es ist die Art Tackling, bei denen entweder das Publikum Szenenapplaus oder der Schiedsrichter die Karte aus der Gesäßtasche spendiert. Bislang ging es immer gut und zum Betze passt es allemal.
- TB-Note: 3,5
- Ausblick: Senger ist ein Mann mit Potenzial, der den FCK langfristig verstärken kann. Er bringt Fähigkeiten mit, die in der aktuellen Innenverteidigung niemand hat. Das letzte Wort hat hier aber sein derzeitiger Hamburger Arbeitgeber.
11. Alexander Winkler (12 Einsätze, 0 Tore, 0 Torvorlagen)
„Ein Innenverteidiger mit Tempo, der als Abwehrchef fungiert“. Auf dieses Stellenprofil hin wurde Alexander Winkler vor der Saison aus Unterhaching verpflichtet. In seinen zwölf Saisonspielen präsentierte er sich jedoch eher als „Kevin-Kraus-an-einem-schlechten Tag-Double“. Zwar kopfballstark, aber nicht sonderlich schnell und mit jeder Menge Stellungsfehlern war er nie die gewünschte Verstärkung. Tiefpunkt war das völlig unnötige Foul in der Nachspielzeit in Rostock, welches den Freistoß vor dem 1:2 Gegentreffer erst ermöglichte.
- TB-Note: 5,0
- Ausblick: Schwer vorstellbar, dass Winkler in den Planungen des Trainers noch irgendeine Rolle spielt. Am letzten Saisonspieltag gegen Verl stand er noch nichtmal im Kader. Marco Antwerpen hat außerdem bereits einen „kopfballstarken Innenverteidiger“ als Transferwunsch definiert.
12. Luca Jensen (2 Einsätze, 0 Tore, 0 Torvorlagen)
Eigentlich ist der 23-jährige der Kapitän der Oberligamannschaft. Marco Antwerpen gewährte dem Defensivmann zwei Kurzeinsätze bei den Profis.
- TB-Note: Ohne Bewertung
- Ausblick: Sicherlich wird der gebürtige Lauterer weiter beim FCK spielen. Aber wohl eher bei den Amateuren als bei den Profis.
13. Jonas Scholz (1 Einsatz, 0 Tore, 0 Torvorlagen)
Der Innenverteidiger kommt auf einen Saisoneinsatz und hat den Verein bereits Richtung Homburg in die Regionalliga verlassen.
- TB-Note: Ohne Bewertung
14. Dominik Schad (6 Einsätze, 0 Tore, 0 Torvorlagen)
Die Saison des 24-jährigen Rechtsverteidigers endete bereits am 6. Spieltag mit einer Horroverletzung: Bruch des Wadenbeins, Riss des Syndesmosebandes sowie der Innenbänder im Sprunggelenk. In seinen sechs Saisoneinsätzen präsentierte sich der Franke gewohnt zweikampfstark und zuverlässig. Es lag nicht an ihm, dass es in diesen Partien nicht einen einzigen Saisonsieg zu feiern gab.
- TB-Note: Ohne Bewertung
- Ausblick: Schad ist der wohl konstanteste Lauterer Spieler der letzten Jahre. Allerdings ist er rein auf die Rechtsverteidigerposition festgelegt. Auf diese wird er wohl auch zurückkehren, nicht zuletzt weil sein Teamkollege Hercher deutlich variabler einsetzbar ist.
15. André Hainault (2 Einsätze, 0 Tore, 0 Torvorlagen)
Gegen Saarbrücken und Wehen absolvierte der Routinier in dieser Saison tatsächlich zwei Einsätze über die volle Distanz. Gefühlt ist dies Jahre her.
- TB-Note: Ohne Bewertung
- Ausblick: So sympathisch der bald 35-jährige Kanadier auch ist: Er wird in der neuen Saison im Oberligateam spielen. Sollte er tatsächlich nochmal im Profikader stehen, wäre das ein Anzeichen grotesk vieler Ausfälle.
Insgesamt kamen im defensiven Bereich 15 Spieler zum Einsatz. Möglicherweise ist das auch ein Grund dafür, warum es dem FCK nie gelang, dauerhaft Stabilität in die eigenen Abwehrleistungen zu bringen. Im morgigen zweiten Teil unserer ausführlichen Kadernanalyse blickt Armin auf die beiden Offensivreihen. Um es vorweg zu nehmen: Dort kamen sogar 17 Spieler zum Einsatz.
Quelle: Treffpunkt Betze