ZitatAlles anzeigenFUSSBALL: Bier und Bratwürste bei FCK-Heimspielen nur noch mit Karte erhältlich - Ein Praxistest mit Fragen und Antworten
VON OLIVER SPERK
KAISERSLAUTERN. Als die freundliche Dame den Becher mit der üppigen Schaumkrone auf die Theke stellt, wird der Biersee vom bereitgelegten Zehn-Euro-Schein aufgesaugt. Auch das Wechselgeld hat Bieraroma. Was irgendwie zum Fußballgucken dazugehörte, gibt es auf dem Betzenberg nicht mehr. Im Fritz-Walter-Stadion hat bei Heimspielen des 1. FC Kaiserslautern und des FCK II mit einer Geldkarte das Plastikgeld Einzug gehalten.
„Torhungrig?", steht auf dem Schild an der „Teufelstheke" vor Block 6 der Westkurve. Ja, natürlich! Aber auch durstig. „Mezzo Mix 2,00 Euro 0,3 Liter; 3,20 Euro 0,5 Liter", ist zu lesen. Ja, gerne!
Voller Vorfreude bestelle ich ein kleines Mezzo-Mix und ziehe einen Fünf-Euro-Schein aus der Hosentasche. „Bargeld nehmen wir nicht mehr. Es gibt nur noch bargeldlosen Zahlungsverkehr im ganzen Stadion", sagt die freundliche Frau hinter der „Teufelstheke" und ergänzt: „Sie müssen sich so "ne grüne Plastikkarte holen und Geld draufladen. Das geht bei den Leuten in den neongrünen Klamotten." Ein Schild aber, das deutlich auf die neue Zahlungsart hinweist, fehlt an der Imbissbude. Dafür ist der junge Mann mit der neongrünen Jacke und der gleichfarbigen Baseball-Mütze nicht weit. Er erklärt mir, dass ich mit meinem Fünf-Euro-Schein nicht weit komme. „Sie müssen beim ersten Mal mindestens zehn Euro draufladen, davon sind zwei Euro Pfand für die Karte", sagt er. „Später kann man auch geringere Beträge draufladen, aber das geht dann nur an den festen Justpay-Ständen. Dort kriegt man auch sein Geld beim Entladen und das Kartenpfand zurück", erklärt der Mann. Okay. Mit zehn Euro bin ich dabei. Davon bucht das Lesegerät, das der Neongrüne mit sich trägt, sofort zwei Euro Kartenpfand ab. Mit elektronischen acht Euro und der grünen Geldkarte in der Hand gehe ich weiter. Südtribüne, Block 3.1. „Der heiße Grill vom Betzenberg" bietet auch Mezzo-Mix an. „Bitte Karte auflegen", zeigt ein Display auf dem Tresen an. Karte hin, Mezzo-Mix her. Von den acht Euro werden zwei fürs Getränk abgebucht und ein Euro Becherpfand. Bleiben fünf Euro auf der Karte. „Wäääß die Kaaard ach, was ich dringge will", fragt ein Fan hinter mir lachend. In ein paar Jahren bestimmt, denke ich.
Einen größeren Stau gibt es Mitte der Südtribüne. Eine blonde junge Dame in Neongrün mit Kunstpelzkragen über der Leuchtjacke kämpft mit ihrem Kartenlesegerät. Akku raus, Akku rein. Mehrmals legt sie die Karte des Fans an. Er wedelt schon mit einem 50-Euro-Schein, den er in Plastikgeld verwandeln muss. Nichts geht. Ein letzter Versuch. „Tut mir leid. Karte nicht lesbar", sagt die Dame. Sie wirkt genauso ratlos wie der silberhaarige „Betze"-Besucher vor ihr. Sie wendet sich dem Nächsten zu. Der Silberhaarige bleibt erstaunlich ruhig. Er resigniert.
„In solchen Fällen sollte man es bei anderen Mitarbeitern oder an den Rückgabestellen probieren. Außerdem gibt es zirka acht Technikmitarbeiter im Stadion, die bei Notfällen gerufen werden können. Jeder Justpay-Mitarbeiter hat ihre Nummer", sagt FCK-Geschäftsführer Jens König, „außerdem hat sich Justpay bei nicht mehr lesbaren Karten bisher sehr kulant gezeigt und die entsprechenden Beträge erstattet."
Ein paar Meter weiter flucht jemand: „Wo hab" ich nur meine Karte hingetan?" Er findet sie. Und lässt zehn Euro draufladen. Alles problemlos. „Wir sind der Meinung, dass das System, wenn es mal eingespielt ist, einen schnelleren Ablauf beim Essens- und Getränkekauf gewährleistet. Das belegen auch Zahlen aus anderen Stadien eindeutig", sagt König, „wir glauben, dass Justpay auf längere Sicht einen Mehrwert für unsere Fans bietet."
Zufriedene Kunden, die gerne wiederkommen, und Zufriedenheit auch bei den Pächtern der Stadion-Buden, das will der FCK, der sich durch glückliche Kunden mehr Umsatz verspricht. Aller Anfang aber ist schwer. Eine Einmalzahlung vom Justpay-Betreiber, der Goalgetter GmbH - einer Tochterfirma der Payment Solution AG -, hat der FCK für die Umstellung nicht bekommen, versichert König, alle Kosten in diesem erfolgsabhängigen Geschäftsmodell trage Goalgetter. Die Firma sei nur an den Steigerungen des Umsatzes beteiligt, die sie durch den Karteneinsatz erwarte, sagt der FCK-Geschäftsführer. Werbung auf der Karte könnte weitere Erträge bringen.
„Meine Güte", ruft ein Gästefan ungehalten, als er vom „Auswärts-Treff" in der Osttribüne weggeschickt wird. Natürlich hat er keine Karte. Woher soll er"s wissen? Steht ja nur an den kleinen Brezelständen und sonst nirgends. „Wir weisen die jeweiligen Fan-Beauftragten der Gastmannschaften rechtzeitig auf das System hin mit der Bitte, es zu kommunizieren. Im Betze-Magazin und auf unserer Internetseite gibt es Informationen zu Justpay", sagt König. Eine bessere Ausschilderung will der FCK prüfen.
Vom Getränkestand geht der Gästefan zum Kartenstand und wieder zurück. Nach dem Spiel muss er nochmal zur Kartenrückgabe. „Dreimal hin- und herrennen, das ist ein riesiger Aufwand", sagt der Mittzwanziger. König meint: „Ich halte den Aufwand für Gästefans für zumutbar, zumal der Andrang in der Osttribüne nicht ganz so groß ist."
„Einen FCK-Adventskalender bitte", sage ich am FCK-Fan-Shop-Stand in der Nordtribüne und wundere mich, dass hier keine Kartenlesegeräte stehen. „Adventskalender haben wir hier heute gar keine gehabt", erwidert die Verkäuferin freundlich. Auf meine Frage nach dem fehlenden Lesegerät sagt sie: „Bei uns kann man nur bar bezahlen ..." Laut König sollen Fanartikel auch weiter bar bezahlt werden können, eine Zusatzlösung mit der Karte werde kommen.
Zum Glück hatte ich vor dem Spiel diesmal genug Zeit für die ganze Prozedur. Den Motiv-Becher mit dem lächelnden FCK-Spieler Florian Dick gebe ich zurück. Dafür gibt"s einen Plastik-Euro. „Sechs Euro gutgeschrieben", heißt es im Display. Die grüne Karte mit den sechs Euro behalte ich lieber, ich bin ja häufiger auf dem „Betze". Dann geb" ich dem FCK und der Justpay-Betreiberfirma Goalgetter GmbH eben einen zinslosen Kredit über sechs Euro. „Mit diesem Geld arbeitet weder Justpay noch der FCK. Es liegt auf einem Treuhandkonto", betont König, „man muss das ja nicht so machen, sondern kann sich das Geld mit sofortigem Entladen der Karte gleich zurückholen!" Aber besser so, als nochmal das zeitraubende Prozedere.
Quelle : Die Rheinpfalz