ZitatAlles anzeigenFCK-Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz hat einen Orthopäden als Mannschaftsarzt zum 1. FC Kaiserslautern geholt. Uli Schmieden kennt sich mit Verletzungen von Fußballern aus. Seit 1993 betreut der Neunkirchener die Nationalmannschaft der Frauen. Den Erfolg der „Roten Teufel" in der Hinrunde macht der Mediziner am klaren Kurs von Trainer Milan Sasic fest. Von Christine Kamm
Die einzigen Menschen, die während eines Fußballspiels neben den 22 Spielern und dem Schiedsrichter auf den Platz rennen dürfen, sind die Damen und Herren der medizinischen Abteilungen. Beim 1. FC Kaiserslautern hat Vereinschef Stefan Kuntz, ein Saarländer, als Kopf der medizinischen Abteilung einen „Landsmann" mit besten Referenzen im Frauen-Fußball zum Betzenberg geholt. Denn Ulrich Schmieden betreut seit 1993 die Frauen-Fußball-Nationalmannschaft. Es war das Jahr, in dem sein Sohn zur Welt kam und in dem seine Frau damit einverstanden war, dass er sich über den Beruf hinaus in der geliebten Sportart Fußball medizinisch engagiert. Den Kontakt zum DFB hatte sein früherer Chef Professor Heß hergestellt. „Damals war Gero Bisanz noch Bundestrainer", blickt der 50 Jahre alte Orthopäde zurück. Den Weg der Frauen nach ganz oben hat er begleitet. Unter Bundestrainerin Tina Theune-Meyer wurde die DFB-Auswahl 2003 in den USA Weltmeister. 2007 verteidigte das Team den Titel in China. „Es ist dort optimal gelaufen, viele Spielerinnen hatten genau das richtige Alter. Die Mannschaft war fit und hatte unter Silvia Neid viel taktisch gearbeitet, und die Mannschaft hat ihr vertraut", sagt der Mediziner über die Bundestrainerin, die das Team 2011 bei der ersten WM in Deutschland wieder zum Titel führen soll.
Im Behandlungsraum von Uli Schmieden in einer Gemeinschaftspraxis in der Neunkirchner Innenstadt stehen eine Liege, ein Regal und ein kleiner Schreibtisch. Der Raum hat etwas von Bescheidenheit. Es ist aufgeräumt und ordentlich. Ulrich Schmieden ist ein sehr aufgeschlossener, völlig unkomplizierter und aufmerksamer Mensch. Bei seiner Arbeit stellt er eine Sache in den Vordergrund: den Menschen, für den er Zeit haben will.
Als die Frage im Raum stand, wie er Praxis, Nationalmannschaft und die „Roten Teufel" unter einen Hut bekommt, war die Überlegung für den Rheinland-Pfälzer, der aus Idar-Oberstein stammt: Kann ich allen gerecht werden, meiner Frau, meinen Kollegen, meinen Patienten, dem DFB und dem FCK. Seiner Frau ist er sehr dankbar für die Unterstützung, den Kollegen dafür, „dass sie ein bisschen die Augen zudrücken", weil er immer wieder mal früher weg muss. Die DFB-Termine spricht er mit dem zweiten Mannschaftsarzt Dr. Bernd Lasarzewski ab. Und bei Kaiserslautern ist es so, „dass ich versuche, das eher in meiner Freizeit abzuwickeln". Um den eigenen Patienten nicht zu viel zu nehmen: „Sie wollen auch ihren Arzt sehen, der sie behandelt." Deshalb fährt er beispielsweise auch zu Auswärtsspielen in der näheren Umgebung wie Mainz, Wehen und Frankfurt mit dem eigenen Auto.
Ausschlaggebend für die Entscheidung, Ende September 2008 zum FCK zu gehen, war auch, „dass sich Stefan Kuntz und Milan Sasic sehr ins Zeug gelegt haben. Das hat mir schon imponiert. Eigentlich wollte ich es erst nicht machen und habe auch lange überlegt." Ansteckend war für den früheren Fußballer, der zu seinen aktiven Zeiten mit Idar-Oberstein auch immer gegen die FCK-Amateure auf dem Erbsenberg gespielt hat, die Aufbruchstimmung in Kaiserslautern. „Stefan Kuntz ist eine kleine Lichtgestalt", sagt der Neunkirchner. Im Ex-Profi erkennt der Mannschafts-Arzt „einen sehr positiven Menschen mit einem einnehmenden Wesen. Er war Spieler im Verein und passt dort genau hin. Was er macht, hat Hand und Fuß."
Dass es vom Aufwand her nicht bei den vereinbarten Spielen und der einen Stunde pro Woche bleiben würde, war dem Mediziner klar. Auf 80 bis 100 Stunden kommt er schon im Monat. Die komplette Mannschaft hat er jetzt auch erst einmal untersucht und abgeklärt, wer welche Operationen in der Vergangenheit hatte, wer möglicherweise eine Allergie hat, wie es mit den Bandscheiben aussieht und so weiter. Die Daten und Fakten sind eine Sache. Noch wichtiger für Uli Schmieden aber ist es, Zeit für seine Patienten zu haben. Ihm liegt am Herzen, ein Gefühl für den Menschen im Trikot entwickeln zu können. „Ein Spieler muss das Gefühl haben, dass er betreut wird. Vor dem letzten Heimspiel gegen Freiburg hatten wir die ganze Woche mit Axel Bellinghausen zu tun. Es gab dann eine positive Entwicklung. Dabei war wichtig, dass er das Gefühl hatte, dass er Gas geben kann. Vieles spielt sich dabei auch auf der psychologischen Schiene ab", sagt der „Doc".
In der Jugend war Uli Schmieden kein ganz großer FCK-Fan, aber schon regelmäßig bei Heimspielen auf dem Betzenberg, „in der Zeit vor dem Umbau". Vom regionalen Rivalen 1. FC Saarbrücken ist er weniger angetan: „Dort sind Millionen verschleudert worden, ohne eine bleibende Erinnerung in irgendeiner Liga hinterlassen zu haben." Aus der Region ziehe der Verein schon immer viel ab - zum Leidwesen anderer Sportarten.
Die Niederwürzbacher Handballer seien 1999 an „einer Million Euro" gescheitert ... Dort hatte er sich ebenso engagiert, wie er - in der knappen Freizeit - heute dem Präsidium eines Projekts angehört. Uli Schmieden ist Vorsitzender der Junioren-Fördergemeinschaft St. Ingbert (JFG), in der die Talente von fünf Vereinen zusammenspielen. Unter anderem auch der 15-jährige Sohn des Vorsitzenden ...
Die erfolgreiche FCK-Hinrunde freut ihn, „prinzipiell bin ich aber erst einmal der Arzt", will er sich zur sportlichen Entwicklung eher weniger äußern. Den Erfolg macht er unter anderem an der klaren Linie von Milan Sasic fest: „Der Trainer ist ziemlich geradeaus. Auf der einen Seite knüppelhart, er hat aber auch ein weiches Herz. Man kann prima mit ihm reden", findet Uli Schmieden, der sich als Teil eines Teams sieht, dem die Kollegen Claudia (Internistin) und Stefan (Radiologe) Thaler angehören, die Heilpraktiker Ralf und Micha Meyer, Physiotherapeut Dirk Pagenstecher und Masseur Heinz Bossert.
Die Arbeit mit der Frauen-Nationalmannschaft macht ihm nach wie vor sehr viel Spaß. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2003 in den USA stellt er „einen richtigen Boom" fest. Die Qualität sei ja auch angestiegen, was das Niveau der Nationalmannschaft anbelangt. Trotzdem sei Männer- mit Frauen-Fußball einfach nicht zu vergleichen. „Es ist von der Athletik her nicht mehr als B- oder C-Jugendfußball bei den Männern", sagt er über die Frauen. Allein die Muskelmasse mache eben einen Riesenunterschied. Nationalspielerinnen wie Simone Laudehr oder Lira Bajramaj bringen um die 50 Kilogramm auf die Waage ...
Am Anfang musste er sich im Bekanntenkreis natürlich Sprüche anhören, weil er mit so vielen Frauen auf Reisen ging. Dabei ist es nicht immer ein Zuckerschlecken. Bei der WM 2007 in China seien die Begleitumstände erträglich gewesen, „weil wir sehr lange in Schanghai waren". Die Olympischen Spiele in Peking waren „für uns als Team außenrum aber Stress pur", weil der Tross ständig umziehen musste.
Die Betreuung der Weltmeisterinnen sei in all den Jahren, die er nun dabei ist, viel besser geworden. Einfacher wird die Zusammenarbeit für ihn auch, weil die medizinische Versorgung in den Vereinen besser geworden ist und die Spielerinnen schon einen viel besseren Fitnesszustand mitbringen. Was aus Sicht Schmiedens viel damit zu tun hat, dass DFB-Präsident Theo Zwanziger „sich 120 Prozent für die Frauen engagiert". Aus Begeisterung - „und natürlich auch ein bisschen aus Eigennutz, weil es bei den Frauen noch boomt". Gut findet der Mediziner, dass größere Vereine sich verstärkt im Frauen-Fußball engagieren, „sie haben einfach andere Möglichkeiten". Genau deshalb wird es ja vielleicht auch noch etwas mit einer Frauen-Abteilung beim FCK. Einen Mediziner, der sich mit Verletzungen von Fußballerinnen ganz gut auskennt, haben sie auf dem „Betze" jedenfalls schon mal.
Quelle : Die Rheinpfalz