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    Diskussionsthema zum Artikel: Heimkehr der Helden: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus!"


    Heimkehr der Helden: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus!"

    20 Jahre ist das Meisterstück schon her. Wir lassen das Jahr 1998 noch einmal aufleben und fragen Fans, wie sie das Meisterjahr erlebt haben.
    Eine Zeitreise.


    Vor 20 Jahren schaffte der 1.FC Kaiserslautern das, was bis heute und wohl auch bis in alle Ewigkeit unerreicht ist und bleibt: Ein Aufsteiger wird Deutscher Meister. Damals befand sich eine ganze Region im emotionalen Ausnahmezustand. Am Samstag trifft sich die Meisterelf von damals wieder, zur Heimkehr der Helden, vollzählig und trainiert von König Otto. Warum ist die Ehrung der Betzebuben von Einst und das Schwelgen in Erinnerungen so wichtig? Und was sagen Fans heute, die damals schon mitgefiebert haben?


    Samstag, 2.Mai, 1998, 17:15. Abpfiff. Jubel. Heiterkeit. Und doch keine Ausgelassenheit. Das Spiel gegen den VFL Wolfsburg war schon nach gut einer Stunde entschieden, am Ende siegten die Roten Teufel mit 4:0 gegen die vom Pfälzer Urgestein Wolfgang Wolf trainierten Wölfe, die „schönste Niederlage meiner Karriere“, wie er später sagen sollte. Deshalb gingen schon seit mindestens einer halben Stunde die Blicke nur noch an die Wedau, wo der MSV Duisburg das 0:0 gegen die Bayern halten musste, um den FCK tatsächlich vorzeitig zum Deutschen Fußballmeister zu machen. Besser gesagt die Ohren, gab es damals doch noch keine Liveticker auf Smartphones, nein! Wer ein kleines Antennenradio dabei hatte, der war schwer gefragt in der noch alten, engen Westkurve. Und dann der erlösende Moment: Das Spiel in Duisburg ist aus, die Bayern haben es nicht geschafft, der FCK ist tatsächlich Meister. Die Mannschaft, die vor 2 Jahren noch aus der Bundesliga abgestiegen war, die ganze Pfalz in ein Tal der Tränen verwandelte, sie sorgt jetzt für die vielleicht größte Sensation in der Geschichte der Fußballbundesliga. Selbst das Pfälzer Fußballvolk, das hier und da manchmal zu einer übertriebenen Erwartungshaltung neigt, konnte damit wahrlich nicht rechnen, auch wenn es der ein oder andere im Laufe dieser grandiosen Saison vielleicht zu hoffen vermochte.

    Vom Traum zum Rausch

    Jan war damals 13 Jahre alt und bereits seit 1994 - als man Vize-Meister wurde - FCK Fan, weswegen der Betze von „seinem Selbstverständnis zu den besten Mannschaften Deutschlands gehörte“. Doch diesen Erfolg hatte auch er nicht auf dem Schirm. „Man konnte es gar nicht wahrhaben, aber nachdem wir so grandios gestartet waren, hoffte ich jede Woche, dass dieser Lauf anhält. Die Mannschaft eilte von Sieg zu Sieg, sodass eine Meisterschaft sehr früh mein heimlich ernstgemeinter aber unrealistischer Traum war“.


    Der Saisonstart. Er begann genauso grandios wie die Saison selbst. „Alles nur kein Debakel“ hörte man hierzulande oft, hatten die Spieltagsplaner dem FCK zum ersten Spiel ausgerechnet eine Auswärtsfahrt nach München beschert. Doch was folgte war das 1:0 Siegtor von Michael Schjönberg, gekrönt mit einem Jubellauf von Otto Rehhagel zum Lautrer Anhang, der die Marke Husain Bolt verdient hätte, wäre dieser damals schon bekannt gewesen.


    Beflügelt von diesem Sensationsergebnis spielte sich der FCK in einen Rausch, ein Gefühl der Leichtigkeit machte sich breit, dass die Lethargie der vergangenen Tage und Monate verdrängte, als ginge es mit dem Teufel höchstpersönlich zu. Emotionen, die auch auf die Pfälzer Gemütslage übergriffen. „In diesen Tagen hatte man das Gefühl alles ist möglich, egal was man anpackt, das galt für den Betze, aber auch für einen privat. Einfach eine geile Zeit!“, erinnert sich Markus, heute 35 Jahre alt.


    Von diesem Gefühl können wohl Generationen von Lautrern ein Lied singen, für andere dagegen war es der Moment, in dem das FCK-Virus zuschlug. So auch bei Anke, heute 40 Jahre alt und Dauerkartenbesitzerin im Block 9.2. Sie war in der Saison 97/98 noch kein eingefleischter Fan, ging nur gelegentlich mit ihrem Onkel auf den Betze. Das sollte sich bald ändern, erst recht nach einem ganz besonderen Erlebnis. Doch langsam. Schließlich war auch die Erfolgsstory aus der Saison 1997/1998 keine Kurzgeschichte, sondern ein langer steiniger Weg, der auch Rückschläge mit sich brachte.

    Zittern? Bis zur wichtigsten Flanke der Karriere

    Denn nachdem er sich unter dem Weihnachtsbaum auf einmal als Herbstmeister wiederfand, hatte der furchtlose Aufsteiger aus der Pfalz auf einmal etwas zu verlieren. Zum ersten Mal wirklich präsent wurde die nahende Meisterschaft, als die Münchner Bayern auch zum Rückspiel auf dem Betze ohne Punkte die Heimreise antreten mussten und mit 0:2 ihre Lederhosen einpackten. Nachdem zunächst noch Didi Hamann mit einem Eigentor den FCK in Führung brachte, bebte der Betze in der 85. Minute endgültig, als Marian Hristov zum 2:0 vollendete. Ja, da merkten es alle: Es ist möglich, wir können es zusammen schaffen!


    Doch als es auf das Saisonfinale zuging, schienen die Nerven etwas zu flattern. Gab es am 24. Spieltag im Pfälzisch-Badischen Derby gegen den Karlsruher SC und eine Woche später in Bremen noch zwei Unentschieden und rettete man gegen die Freunde von 1860 München noch einen 1:0 Sieg über die Zeit, folgten danach vier sieglose Spiele, unter anderem mit einer deftigen 0:3 Heimpleite gegen Bayer Leverkusen. Nur 1 Sieg in 7 Spielen, das war die Bilanz ehe man am 32. Spieltag Borussia Mönchengladbach mit Ex-Trainer Friedel Rausch empfing. Die Bayern waren bis auf 2 Punkte herangerückt. Sollte es doch noch schief gehen? Sollten die Bayern wieder einmal am Ende ihre Überlegenheit ausspielen und den FCK kurz vor der Ziellinie überholen? Lange sah es gegen die Fohlen aus Mönchengladbach danach aus. 0:2 nach 43 Minuten, Zweifel schlichen sich ein.


    Doch dann kam Olaf Marschall und verkürzte noch in Halbzeit 1 auf 1:2. Doch dem nicht genug, glich er auch noch in der 61. Minute aus, der FCK war wieder da! Und die Saison wäre nicht die Saison 97/98, wenn es das gewesen wäre.


    Bis heute ist dieser 32. Spieltag für viele einer, wenn nicht DER Schlüsselmoment, der den Weg zur Meisterschaft ebnete. „Unvergessen ist für mich das Spiel gegen Mönchengladbach, als Marco Reich in der 90. Minute, die wohl wichtigste Flanke seines noch jungen Lebens schoss. Das war ein absolutes Highlight!“, erinnert sich der heute 33-jährige Jan an die Schlussphase. Manchmal wünscht er sich solche Flanken auch noch heute, wenn er mit dem FCK in Liga 3 mitfiebert.


    Eben jene Flanke von Marco Reich, veranlasste wiederum einmal Olaf Marschall zu einem fulminanten Kopfball, der sich unhaltbar hinter dem Gladbacher Keeper Kamps in die Maschen senkte. Das Spiel war gewonnen, Gladbach so gut wie abgestiegen und nun war klar: Gewinnt der FCK auch gegen Wolfsburg und siegt Bayern gegen Duisburg nicht, wären die Lautrer vorzeitig und vor allem zu Hause Deutscher Meister.


    Es folgte also eben jenes Spiel, das früh zu Gunsten der Pfälzer entschieden war und an dessen Ende ein grenzenloser, nicht fassbarer Jubel stand, man war tatsächlich zum vierten Mal Deutscher Meister. Alle zusammen, auf dem Betze, im Fritz-Walter-Stadion, der das auch noch erleben durfte. Bei den anschließenden Feierlichkeiten über zwei Wochen, bis die Meisterschale überreicht wurde, erlebte so manch einer ein unvergessliches und einschneidendes Erlebnis.


    „Ich sah das letzte Spiel gegen den HSV, bei dem zehntausende Lautrer mit nach Hamburg fuhren, in der Stadt, mein Cousin und mein Onkel waren dort. Als am nächsten Tag der Autokorso durch die Stadt ging, versammelten wir uns am Rathaus. Sicherheitsleute markierten Absperrungen, ehe der Bus mit den Spielern ankam. Doch auf einmal merkten wir, dass wir HINTER der Absperrung standen. Und als dann der Bus hielt, die Spieler ausstiegen, stand auf einmal Otto Rehhagel vor uns und streckte uns die Schale entgegen. Ich streichelte sie zart, anschließend tätschelte Otto meiner Freundin noch liebevoll durchs Gesicht. Es war um uns geschehen, der Tag hätte perfekter nicht sein können“, erzählt Anke, begeistert als wäre es gestern gewesen. Es hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie steht noch heute in der Westkurve und liebt und leidet ihren 1.FC Kaiserslautern.

    Ein verschworener Haufen - Und was man noch heute davon lernen kann

    Zusammen, das verkörperte diese Mannschaft wahrhaftig. Eine Einheit, mit der sich jeder Anhänger zu einhundert Prozent identifizieren konnte. Vor allem, weil sie den Begriff „Ehrenmänner“ prägten, lange bevor ihn die Westkurve im Jahr 2018 einfordern musste.


    Sie verloren zusammen, sie blieben und siegten wieder. So erinnert sich auch Jan. „Im Kern war das ja die gleiche Mannschaft, die 1995 noch Vierter wurde, und 1996 sehr unglücklich abgestiegen ist. Die Qualität stimmte also, ebenso die Mentalität, die Mannschaft hatte ja nichts zu verlieren. Erst als die Meisterschaft bei zeitweise 10 Punkten Vorsprung auf Bayern langsam Realität wurde, merkte man verständlicherweise Nervosität. Der Garant für den Erfolg war aus meiner Sicht Olaf Marschall, dem in diesem Jahr einfach alles gelang“.


    Oh ja, Olaf Marschall ist sicher einer, der zu nennen ist, fragt man nach den Spielern der Saison. „Olaf Marschall, Fußballgott!“, dieser mittlerweile legendäre Ausspruch wurde 1998 geboren und er wurde Olaf gerecht, zumindest in diesem Jahr. Er traf alles und jeden, aus jeder Position, aus jedem Winkel. Er war in der Form seines Lebens, so eiskalt netzte er vorher und nachher nicht mehr.


    Doch es sind noch so viele mehr zu nennen. Da wäre der Abwehrchef Miroslav Kadlec, der Hüne, der seine letzte Saison für die Roten Teufel spielte, ihn sollte man die nächsten Jahre noch schwer vermissen. Oder Publikumsliebling Harry Koch, der zur Kultfigur am Betze reifte. Die beiden Kapitäne, Weltmeister Andi Brehme, der nach dem Abstieg, als er in den Armen Rudi Völlers bittere Tränen weinte, blieb und die Mannschaft wieder nach oben führte. Und Ciriaco Sforza, der Spielgestalter, der von Inter Mailand zurückkehrte und zur Weltklasse aufblühte.


    Oder Andi Buck, dem kein Weg zu weit war, der mit seiner Schnelligkeit das Mittelfeld umpflügte und die Gegner schier verzweifeln ließ. Und natürlich die Zaubermaus, gekommen aus der Schweiz, Everson Rodrigues, genannt Ratinho. Die schnellste Maus der Pfalz wurde nicht nur schnell zum Liebling von Otto Rehhagel, sondern auch vom Lautrer Anhang. Flink und technisch versiert ließ er manchen arrivierten Bundesligaspieler alt aussehen. Und er ließ es sich auch nicht nehmen, als die Meisterschaft perfekt war, mit den Fans zu feiern. „Die Mannschaft feierte spät abends nach dem Wolfsburgspiel in der Fruchthalle und wir feierten davor und irgendwann kam Rathinho raus und sagte uns hallo und feierte kurz mit“, beschreibt Anke den Tag als die Meisterschaft perfekt war.


    Und, und und… Man müsste sie eigentlich alle nennen. Es war EINE Mannschaft. Geführt von einem Trainer, der genau zur richtigen Zeit, am richtigen Ort war. Eine Symbiose, die in diesem Jahr nicht hätte stimmiger sein können. Und genau deswegen, weil diese Mannschaft die Lautrer Werte so verkörpert hat wie vielleicht keine andere seit der legendären Walter-Elf, weil sie für einen der größten Triumphe der Vereinsgeschichte gesorgt und sie uns Emotionen und Erlebnisse beschert hat, von denen wir noch heute zehren und durch die eine ganze, neue Generation an FCK Fans entstanden ist, hat diese Mannschaft es verdient, dass sie am Samstag gebührend gefeiert wird.


    Trotzen wir dem Alltag, den Sorgen des grauen 3. Liga Geschäfts, den Ängsten um die Zukunft unseres geliebten FCK. Ehren wir Meister, wie es Meistern würdig ist. Denn so viele Helden und Ikonen vergangener Tage haben wir nicht mehr. Außerdem lässt sich vieles aus der damaligen Zeit für heute lernen. Oftmals heißt es: Das Weilen in der Vergangenheit ist eine Gefahr für die Zukunft. Doch im Falle des FCK tut es ab und an auch einmal Not.


    Das Lautrer Fan Herz wurde viel gebeutelt die letzten Jahre. Mehrmals lag es auf der Intensivstation und war in äußerst kritischem Zustand. Geben wir ihm ein wenig Nahrung, lassen es einmal wieder höherschlagen und an dem erfreuen, was Teil der Lautrer DNA ist. Vielleicht lässt sich etwas der dadurch entstehenden Energie mitnehmen in den Ligaalltag. Auch unsere aktuelle Mannschaft, die sicherlich weit davon entfernt ist solch einen Helden Status inne zu haben, hätte das verdient. In Zwickau stimmte der Wille, die Einstellung und auch das Spiel, lediglich der Schiedsrichter hatte etwas dagegen einzuwenden.


    Wenn sich die ganze Pfalz auf das besinnt, was sie in erfolgreichen Tagen immer ausgezeichnet hat, nämlich die Mannschaft und das Umfeld, dann ist nach wie vor alles möglich. Auch, wenn manche uns das vielleicht nicht mehr zutrauen. Das tat 1998 wahrlich auch niemand. Und heute kann man mit Fug und Recht behaupten: „Weißt du noch wies damals war? Deutscher Meister, wird nur der FCK!“


    Heimkehr der Helden: Die 98er Meistermannschaft


    Tor:




    Abwehr:





    Mittelfeld:


        




    Sturm:


       


    Trainerteam:



    Das Programm bei der "Heimkehr der Helden"


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Bilder: Heimkehr der Helden

    Diskussionsthema zum Artikel: #FCKKSC: Enttäuschende Nullnummer im Derby


    #FCKKSC: Enttäuschende Nullnummer im Derby

    Nix wars mit der Trendwende. Auch im vierten Ligaspiel in Folge bleibt der FCK ohne Sieg. Gegen den Karlsruher SC kamen die Lautrer nicht über ein 0:0 hinaus.


    Am 5. Spieltag empfing der 1.FC Kaiserslautern den Karlsruher Sport Club zum traditionsreichen Südwest- Derby. Vor 27.343 Zuschauern wollte man eigentlich die Wende der Saison schaffen, immerhin hatte man zuletzt 1992 auf dem Betzenberg gegen die Badener verloren.


    Der FCK ging mit zwei Änderungen in die Partie. Jan Löhmannsröhben ersetzte Gino Fechner im Mittelfeld und Timmy Thiele stürmte neben Lukas Spalvis, Biada blieb dafür auf der Bank.


    Der FCK verschlief diesmal nicht die Anfangsphase und trat mutig und aktiver auf. So hatte Spalvis in der 19. Minute die erste gute Chance, die jedoch im Endeffekt das Tor klar verfehlte. Ohne das beide Teams etwas zwingendes herausholten, ging es dann in die Pause.


    In der 2. Halbzeit erhöhte der KSC den Druck, ohne jedoch letztlich zwingend zu sein. In der 62. Minute kam Pick für den angeschlagenen Spalvis, zwei Minuten später ersetzte Biada den erneut enttäuschenden Zuck. Das Spiel verflachte zusehends, der KSC stand tief und den Lautrern fiel wenig bis nichts ein. In der 92. Minute hatte der FCK schließlich noch Glück, dass Sievers stark gegen Mövius rettete.


    Der FCK verharrt damit mit nur 5 Punkten vorerst auf Platz 15 der Tabelle und schafft den erhofften Befreiungsschlag nicht. Die Diskussionen um die Mannschaft und den Trainer werden damit nicht abreißen, ehe es nächste Woche in Zwickau zum nächsten Auswärtsspiel geht.

    Statistik zum Spiel:


    5. Spieltag (25.August 2018, 14 Uhr)


    Aufstellung FCK:

    Sievers - Dick, Kraus, Hainault, Sternberg - Albaek, Löhmannsröben, Hemlein, Zuck (Biada‘ 64) - Spalvis (Pick‘ 62) , Thiele (Huth‘ 84)


    Aufstellung KSC:

    Uphoff - Thiede, Gordon, Pisot, Roßbach - Wanitzek (Groiß‘ 95), Stiefler, Röser ( Möbius‘ 86), Muslija - Pourie (Batmaz‘ 70), Fink


    Tore:

    -Fehlanzeige-


    Kartenstatistik:

    Sternberg (23. Minute), Wanitzek (69. Minute), Biada (85. Minute), Muslija (90. Minute)


    Zuschauer:

    27.343

    Diskussionsthema zum Artikel: "Die 3. Liga verzeiht keinen Fehlstart!"


    "Die 3. Liga verzeiht keinen Fehlstart!"

    Vorbei mit "weiter so"! Vor dem Schlüsselspiel gegen den KSC heißt es verlieren verboten! Treffpunkt Betze hat Fans aus der Westkurve befragt. Es ist 5 vor 12.


    Der FCK ist ins Strudeln gekommen. Viel wird gesprochen. Über Taktik, über die Mannschaft, über den Trainer. Doch was sagen die Fans zur derzeitigen Situation? Treffpunkt Betze hat mit vier Anhängern mitten aus der Westkurve gesprochen. Es wird kontrovers diskutiert. Sicher ist nur: Sie stehen weiter hinter Ihrem „Betze“.


    Es ist Freitagabend, bestes Fußballwetter. Die Roten Teufel treten auswärts bei der Arminia aus Bielefeld an. Es soll noch das Unmögliche möglich gemacht werden. Doch es kommt anders, die Befürchtungen der letzten Wochen werden wahr: Der 1. FC Kaiserslautern steigt bereits an diesem 32. Spieltag der Saison 2017-18 erstmalig in die Dritte Liga ab. „Egal wohin du gehst, wir kommen mit“ ist an diesem sonnigen und sommerlichen Freitagabend im Gästeblock zu lesen. Was wie eine mit Naivität gefüllte Phrase klingt soll sich in den kommenden Wochen tatsächlich bewahrheiten. Eine schier unglaubliche Euphoriewelle wird entfacht. Soweit das Auge reicht herrscht positive Stimmung rund um den Betzenberg. Ein Gefühl, welches der „Betze-Dopamin-Haushalt“ in den vergangenen Jahren eigentlich kaum noch abrufen konnte.

    Aus Euphorie wird Melancholie

    Voller Genugtuung streust du eine Handvoll Zweifel in mein kleines Glück“, sang schon Gisbert zu Knyphausen. Sie, nämlich die Melancholie, grinst uns derzeit „selbstverliebt und arrogant“ ins Gesicht. Nach dem misslungenen Saisonstart und dem 1:6 Debakel im DFB-Pokal wirkt der Betze inzwischen eher paralysiert. Er herrscht Stille auf den Rängen, und Fans und Anhänger wirken beinahe desillusioniert. Das bevorstehende Derby gegen den Karlsruher SC kann dabei Segen und Fluch zugleich sein. Alle warten und erwarten die sportliche Trendwende. Doch bei einer weiteren Niederlage – insbesondere gegen den KSC – wird der Betzenberg seine Füße nicht mehr stillhalten können.


    So sieht das auch Tobias, 24 Jahre aus Kaiserslautern. Er hat seit diesem Jahr eine Dauerkarte im Block 9.2. und findet die Stimmung rund um den FCK noch „okay, aber auf dem besten Wege umzuschlagen“. Auch Sportvorstand Martin Bader spricht im Vorfeld des Spiels von einem „Schlüsselspiel“. "Die Zuschauer haben ein feines Gespür gezeigt. Das wird anders, sollten wir das Derby nicht gewinnen" weiß auch Sportdirektor Boris Notzon.


    Dabei ist es weniger allein der verpatzte Saisonstart, der die Anfangseuphorie im Keim zu ersticken droht. Die Art und Weise, wie sich die Mannschaft die letzten Spiele präsentiert hat, stößt einigen Fans bitter auf. Ließ man sich das 1:1 in Großaspach bei gefühlten 40 Grad tropischen Temperaturen noch gefallen, waren schon weite Strecken des Münster Spiels erschreckend ideenlos. Der negative Höhepunkt war dann jedoch das Spiel in Halle, als man über 90 Minuten keinen Stich gegen aggressive Hallenser machen konnte und sich der Niederlage, fast in gewohnter Manier der letzten Jahre, einfach so hingab, ehe man dann gegen Hoffenheim sang und klanglos unterging. Fan Tobi bemängelt dabei vor allem, dass man sich hat abschlachten lassen. „Mit etwas Konzentration und Kampfgeist hat man bei anderen unterklassigen Vereinen ja gesehen, was im Pokal möglich ist. Das hat bei uns total gefehlt und das ist auch nicht zu entschuldigen. Da war ein Stück weit Melancholie in unserem Spiel".

    Der 27-jährige Niklas, der schon seit seiner Kindheit FCK-Mitglied ist und nun seit diesem Jahr auch eine Dauerkarte in der Westkurve hat, war davon ebenfalls schwer enttäuscht. „Die moralische Einstellung gegen Halle und Hoffenheim war unterirdisch. Das gilt aber auch vor allem für die taktische Einstellung des Trainers und die nicht vorhandene Anpassungsfähigkeit der Spielweise“. Dabei sieht auch Niklas erschreckende Parallelen zur Vorsaison. Er zeigt sich aber ein Stück weit optimistisch. „Es wird nicht schwer sein die Euphorie wieder zu entfachen. Die Mannschaft muss lediglich die alten Betze-Tugenden zeigen, die ich und viele Andere zum Saisonauftakt gegen die Löwen gesehen haben".

    Der Trainer ist gefordert

    FCK Fans können schnell verzeihen. Sie müssen lediglich das Gefühl haben, dass eine Mannschaft aus ihren Fehlern lernt - und gewillt ist diese abzustellen. Es war dabei nicht gerade förderlich, dass Cheftrainer Michael Frontzeck vor dem DFB-Pokal Spiel gegen Hoffenheim seiner Mannschaft volle Leistungsbereitschaft attestierte und gleichzeitig ankündigte „taktisch nicht viel ändern zu wollen“. Dieses „weiter so“ kommt bei vielen nicht gut an und schürt zusätzlich vorhandene Ressentiments gegen Michael Frontzeck.


    „Wer nach dem Halle Spiel, wo wir uns fast keine Chance erarbeitet und wir komplett versagt haben, im nächsten Spiel keine Notwendigkeit sieht, taktisch oder personell etwas zu verändern, der hat den Schuss nicht gehört. Diese Aussage von Frontzeck hat mich richtig sauer gemacht“ regt sich Tobi auf. Er erwarte von einem Trainer, auch schon mal während der ersten Halbzeit frühzeitig Wechsel vorzunehmen, um ein Zeichen zu setzen, ganz gleich ob es von Erfolg gekrönt sei.


    „Die Anzahl der Niederlagen ist für mich nicht relevant, aber die Art und Weise wie man verliert. Der Kader ist top für die 3. Liga. Da muss ein Trainer nach 7 Wochen Vorbereitung mit dem kompletten Team einfach besseren Fußball zeigen als das Gegrütze“, sagt Niklas, der die Mannschaft jetzt erst recht unterstützen möchte. Er befürchtet jedoch, dass der Verein zu lange wartet und nicht reagiert. „Aufstieg oder Lizenzentzug“. Diese düstere Prognose teilt er mit vielen im Block der Westkurve und sie schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Betzenberg.

    Eine neu formierte Mannschaft braucht Zeit

    „Die Vorbereitung war wirklich ok. Wir haben 16 neue Spieler integrieren müssen und das ist relativ schnell gelungen. Wir haben schon das Gefühl gehabt, dass sie zusammen was erreichen wollen und dass sie es auch können. Jetzt müssen wir diese Rückschläge so verarbeiten, dass wir uns gegen den KSC wieder besser präsentieren“, so Sportvorstand Martin Bader nach dem spielerischen Debakel im DFB-Pokal.


    Andere Anhänger sehen das ähnlich. Olli, 46, ist gebürtiger Berliner, der FCK hat vor 4 Jahren jedoch auch sein Herz erobert. Er fordert, man müsse dem Verein noch etwas Zeit geben. „Wir müssen ruhig bleiben und die Lage sachlich bewerten. Keine vorschnellen Handlungen. Ich habe Vertrauen in Herrn Bader, ob ein neuer Trainer etwas bewirken kann weiß ich nicht, sollte das Spiel gegen den KSC verloren werden, muss allerdings gehandelt werden".

    Doch auch er bemängelt die merkwürdige Leblosigkeit der letzten Spiele. „Mir fehlte Mut, Wille und der Bock was für den Verein reißen zu wollen. Gegen Halle war ich richtig erschrocken, kraft- und saftlos war das. Genau das waren solche Spiele, die wir letzte Saison gesehen haben", beurteilt Olli die Situation.


    Ob in den sozialen Medien, an den Stammtischen oder am heimischen TV-Gerät, die Ambivalenzen waren selten deutlich spürbarer. Es ist dieses hin- und hergerissen sein, was die derzeitige sportliche Talfahrt so wenig erträglich macht. Da ist diese neue Mannschaft, die sich trotz einer langen Vorbereitung noch finden und sich eine natürliche Hierarchie erarbeiten muss. Sie muss ein gemeinsames Spielverständnis entwickeln und lernen, sich noch besser aufeinander abzustimmen. Doch da ist eben auch der wirtschaftliche Druck sofort aufsteigen zu müssen, da sind die Gier nach zweiter oder erster Liga und der Anspruch, niemals im Niemandsland der dritten Liga unterzugehen.


    Klar wird aber auch: Die Fans stehen weiter zum FCK. Noch ist es ruhig, was sich bei einer Niederlage gegen den KSC jedoch ändern könnte. Doch auch dann ist es einzig und allein die Sorge um den Verein, den die Fans so lieben, der Ausdruck verliehen wird.


    Bei anderen Vereinen wäre diese Unruhe wohl schon ausgebrochen, als bei Kaiserslautern eine Aufbruchsstimmung entstand, die es höchstens in besten Betze-Tagen gab. „Ich bin echt erstaunt. Es gibt noch keine lautstarken Frontzeck-Raus Rufe. An Unterstützung von den Fans mangelt es jedenfalls überhaupt nicht. Die Fans wollen nur eine Mannschaft sehen, die kämpft, die alles gibt. Dann kann man auch Spiele verlieren“, gibt Olli zu Protokoll. Er wird jedenfalls auch das nächste mal wieder im Stadion sein.

    Bader will nachrüsten - Aber wo?

    Nach der 1:6 Klatsche gegen Hoffenheim erklärte Sportvorstand Martin Bader, dass er eventuell noch einmal auf dem Transfermarkt tätig werden wolle – so wie er es vor dem Saisonstart angekündigt hatte, falls Verletzungspech oder schlechte Leistungen beim FCK vorherrschen sollten. Zweiteres ist nun zweifelsfrei der Fall, doch in welchem Bereich sehen Lautern Fans Bedarf?


    Tobias denkt, dass die Lautrer fast überall noch Luft nach oben haben, insbesondere aber in der Innenverteidigung und auf den Flügeln noch etwas passieren sollte. „In der Innenverteidigung sind wir einfach zu dünn besetzt. Gottwalt und Özdemir haben nicht das Format und sollten Hainault oder Kraus sich verletzen bekommen wir Probleme, das haben wir gesehen. Zusätzlich sehe ich uns auf den Flügeln in der Breite hinter Zuck und Hemlein nicht gut genug aufgestellt. Auch eine klassische 10 täte unserem System gut, wobei ich das durchaus Bergmann zutraue. Den Sturm halte ich für ausreichend besetzt". Auffallend ist, dass noch vor Saisonstart durchweg der Kader als sehr positiv angesehen wurde. Sicher, man war sich uneins wie sie in der Wettkampfpraxis performen würden, doch der Optimismus, auch weil die Verantwortlichen zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit schon zum Vorbereitungsstart den Kader als nahezu komplett ausriefen, war schier grenzenlos.


    Eine ganz andere Baustelle macht Olli aus, der den Kader insgesamt ganz gut aufgestellt sieht und vor allem die gute Mischung aus Alt und Jung hervorhebt. Ihm fehlt der defensive Rückhalt. „Ich denke, das habe ich auch schon vor der Saison gesagt, dass Sievers noch nicht so weit ist. Er lässt die Bälle abklatschen, läuft orientierungslos im Strafraum umher und strahlt leider nicht die Sicherheit und Ruhe aus, die die Hintermannschaft und das gesamte Team bräuchte. Vielleicht sollte man den Hesl bringen, andernfalls noch einmal nachlegen".

    Der 20- jährige Kai aus Kaiserslautern, seit 3 Jahren Dauerkartenbesitzer in der Westkurve, geht sogar noch weiter. Er findet weitere Transfers unnötig bis schädlich. „Sicher, man kann darüber diskutieren, ob der Kader mit 21 Feldspielern zu dünn ist. Das ist aber eine Frage des Geldes und der Philosophie. Das hätte man vor der Saison klären müssen. Panikkäufe, eine Woche vor Transferschluss hatten wir schon zu oft, gebracht haben sie meistens nichts. Gebt der Mannschaft Zeit!“.

    Ähnlich sieht es auch Niklas, der die Einzelspieler stark genug sieht, um die Liga mit zu beherrschen. Lediglich auf dem linken Flügel würde er nachrüsten und eventuell einen Torwartwechsel durchführen. Er sieht das Problem vielmehr in der Taktik. „Gute Einzelspieler bringen nichts, wenn das Spielsystem nicht konkurrenzfähig ist".

    Auch in der Transferfrage ist also eine Zerrissenheit spürbar. Ja nichts mehr falsch machen, ja keine Zeit verlieren. Nicht zu früh, aber auch nicht zu spät den Trainer wechseln. Die Fans haben da keine einheitliche Meinung, jedoch eine klar erkennbare Tendenz, die bei einer Niederlage im Derby zum Sturm werden könnte. Die Vereinsführung hat dabei im Vorfeld viel Vorschusslorbeeren erhalten, genießt ein hohes Vertrauen, das auch nach wie vor nicht bröckelt. Was verstärkt hörbar wird: Der Verein steht im Vordergrund. So sieht es auch Niklas. „Ich erwarte vom Verein die Bereitschaft durchzugreifen und alles dem Erfolg unterzuordnen. Die 3. Liga verzeiht keinen Fehlstart. Sollte das Ruder bezogen auf Ergebnisse und Spielweise nicht schnell rumgerissen werden, muss die letzte Patrone in den Lauf und die heißt im Profifußball nach wie vor Trainerwechsel!“.

    Ob nun Trainerwechsel oder nicht. Neue Spieler holen oder auf vorhandene setzen. Worin sich alle einig sind: Sie werden dabei sein, auch wenn es schief gehen sollte. Lautrer sind daran gewöhnt. Es gehört mittlerweile fast schon zur Identität. Sie werden auch am Samstag in der Kurve wieder gegen diese Krise ankämpfen. Das beste Mittel gegen die Krise sind aber naturgemäß Punkte!


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: #FCKTSG: "Wollen einen großen Pokalfight liefern“


    #FCKTSG: "Wollen einen großen Pokalfight liefern“

    In der 1. Runde des DFB-Pokal empfängt der 1.FC Kaiserslautern die TSG 1899 Hoffenheim. FCK- Cheftrainer Michael Frontzeck stand heute Medienvertretern Rede und Antwort. Hier findet ihr die wichtigsten Statements der Pressekonferenz.


    Erstmalig starten die Lautrer als Drittligist in den DFB-Pokal. Am Samstag (15:30 Uhr) empfangen die Roten Teufel Bundesligist und Champions-League Teilnehmer Hoffenheim auf dem Betzenberg. 19.740 Karten wurden bisher abgesetzt.


    Michael Frontzeck über …


    • das Spiel gegen Halle: " Ich habe von vorneherein klargemacht, dass man zu solchen Tagen stehen muss, gegen Halle war es ein sehr schlechter Tag, aber die Kritik hat teilweise schon hysterische Ausmaße angenommen. Ich lasse nicht 10 Wochen Vorbereitung an einem Tag an die Wand klatschen. Wir haben intern die Dinge klar angesprochen, von daher ist da jetzt auch ein Haken dahinter."
    • den Gegner Hoffenheim: " Sie haben letztes Jahr eine überragende Rückrunde gespielt, sind verdient in die Championsleague eingezogen. Sie haben einige Verletzte zu beklagen aber dennoch einen sehr breit aufgestellten Kader. Uns erwartet eine große Aufgabe, in die wir uns reinbeißen wollen und auf die wir uns auch ein Stück weit freuen."
    • den Kader und die Taktik: " Bergmann hat einen Infekt und wird fehlen, Zuck ist Vater geworden und kehrt zurück. Hainault kommt mit der Maske gut klar und ist einsatzbereit. Hoffenheim ist individuell stark, wir wollen uns aber nicht nur in den eigenen Sechzehner zurückziehen, sondern auch eigene Akzente setzen, wohlwissend, dass wir auf eine Mannschaft treffen, bei der wir vorsichtig sein müssen. Mit den Zuschauern im Rücken wollen wir einen großen Pokalfight liefern. Taktisch werden wir nicht viel verändern, gegen 1860, Großaspach und über weite Strecken gegen Münster haben wir das gut gemacht."
    • die Kritik und die Stimmung nach der Niederlage in Halle: " Wir hatten eine Megastimmung hier nach dem Auftakt gegen 1860 München. Ich weiß aber auch und deswegen mag ich solche Clubs, dass wenn es mal nicht so läuft, wie im Spiel gegen Halle, wo wir ein richtig schlechtes Spiel gemacht haben, die Stimmung ins Gegenteil umschlagen kann und über die Maße kritisiert wird. Teilweise werden Dinge verbreitet, die so einfach nicht stimmen. Mit am meisten aufgeregt habe ich mich über den Vorwurf der Arbeitsverweigerung. Ich habe noch nie eine Mannschaft trainiert, die die Arbeit verweigert hat. Das ist in sich Quatsch, dass du 500 Kilometer nach Halle fährst und dann sagst, ich habe jetzt keine Lust. Es gibt schlechte Spiele, aber das hat nichts mit der Einstellung zu tun, das ist Schwachsinn".
    • Hoffenheim Trainer Julian Nagelsmann: " Ich mag Julian, wir kennen uns, haben denselben Berater. Er hat als junger Trainer in einer sehr schwierigen Situation Hoffenheim übernommen und seitdem geht es stetig bergauf. Julian gehört zu den Top-Trainern in Deutschland und ist auf einem richtig guten Weg."


    Die Pressekonferenz im Videostream:

    Diskussionsthema zum Artikel: Quo Vadis Euphorie?


    Quo Vadis Euphorie?

    „Vegess emol dei Redd ned“. Steigende Mitgliederzahlen, ausverkaufte Trikotsätze, für die Dritte Liga unglaubliche Zuschauerzahlen. Doch wo ist sie nun hin, die neu entfachte Lautrer Euphorie? Treffpunkt Betze Autor Gerrit geht dieser Frage auf den Grund.


    Der 1.FC Kaiserslautern ist gelandet. Gelandet auf dem harten, tristen Boden des Drittliga-Alltags. Alltag sollten Spiele wie das 0:2 gegen den Halleschen FC allerdings nicht werden, will man sich nicht schnell am Tabellenende statt im Aufstiegskampf wiederfinden. Die Euphorie ist indes verflogen, die Stimmung droht zu kippen. Eine Reaktion muss folgen, sowohl im brisanten Derby gegen den Karlsruher SC, als auch schon am kommenden Samstag im DFB-Pokal gegen die TSG 1899 Hoffenheim. Hoffenheim? Da war doch was…


    „Alles ist vergänglich und deshalb leidvoll.“ Um diese Weisheit wusste schon Buddha und sie passt derzeit nur zu gut zur Gemütslage des 1.FC Kaiserslautern. Noch vor einer Woche habe ich mir Gedanken darüber gemacht, woher dieses neu entfachte Feuer in mir und im Umfeld des FCK kommt. Ausgerechnet jetzt. Am eigentlichen Tiefpunkt der Vereinsgeschichte. Ich hatte es mit der Renaissance des Wir-Gefühls überschrieben, die Werte des FCK schienen endlich wieder gelebt zu werden, der Abstieg fast wie eine heilende Salbe zu wirken. Auch weil in den letzten Jahren die Maschinerie des Geldes, das Söldnertum und der Egoismus in der Lautrer Mannschaft Einzug gehalten hatten, wirkte die 3. Liga mit ihrem „Amateur Touch“ fast wie ein bereinigender Segen, eine Wiedergeburt der alten Lautrer Tugenden. Gepaart mit der Attraktivität traditionsreicher Gegner wie 1860 München, Preußen Münster oder Uerdingen, schien diese Liga einen Charme zu haben, den wir Lautrer lange vermisst haben. Jeder war es leid, diesen emotionslosen Kick um Platz 11, 12 oder 13 in Liga zwei. Es geht endlich wieder um etwas. Untermauert vom 1:0 Auftaktsieg gegen 1860 München wirkte das alles sehr stimmig. So weit die Theorie.


    Zwei Wochen und drei Spiele später scheint bei einigen davon schon nicht mehr viel übrig zu sein. Zu sehr erinnerte das 0:2 am Samstag in Halle an Spiele der vergangenen Saison, als fehlender Wille und spielerische Planlosigkeit an der Tagesordnung waren. In meinem Umfeld, bei meinen Nachbarn im Block 9.2 der Westkurve hört sich jedenfalls vieles so an, als stamme es aus dem Herbst 2017. Keine Ideen, aufstellungstechnisches Desaster, starres Festhalten an einem System, falsche Einwechslungen und und und …


    Schaut man in diverse Foren, geht das nahezu nahtlos so weiter. Fast jeder Kommentar fordert schon den Kopf des Trainers oder hinterfragt ihn zumindest. Wohlgemerkt nach vier Spieltagen, zwei Wochen nach unserer gefeierten Eröffnung gegen die Münchner Löwen. Wie ist das zu erklären? Wohlgemerkt ein Unterschied ist festzustellen.


    Die Stimmung kippt (noch) nicht gegen die Mannschaft, sondern ausschließlich gegen den Trainer Michael Frontzeck. Noch leise, aber immer vehementer. Ich persönlich finde das verfrüht und dennoch verständlich.


    So waren es die ersten sieben vergeigten Spiele unter Norbert Meier, die uns letzten Endes im letzten Jahr die Klasse gekostet hatten. Gleiches gab kürzlich auch Karlsruhes Sportdirektor Oliver Kreuzer zu Protokoll, der ein zu langes Festhalten an ihrem Trainer Marc-Patrick Meister in der vergangenen Saison dafür verantwortlich macht, dass man am Ende in die Relegation musste- und nicht aufstieg.


    Bedenkt man jetzt noch die Vorbehalte gegen Michael Frontzeck, die zu Beginn seiner Amtszeit unisono die Runde machten, seine sehr durchwachsene Statistik als Bundesligatrainer, dann ist verständlich, dass das Vertrauen, das nur auf einer passablen Rückrunde des letzten Jahres basiert, fragil ist.


    Aber vor allem ist es ein Ausdruck der Angst. Oft höre ich in diesen Tagen „Wir haben keine Zeit mehr.“ Und es ist wahr. Wir haben keine Zeit mehr, Spiele oder gar Saisons zu verschenken. Ein weiteres Jahr 3. Liga wäre wohl das endgültige Ende des FCK, den wir so lieben. Doch gerade deshalb will genau überlegt sein, wie man handelt und sollten Schnellschüsse wie ein Frontzeck Bashing oder ein Lieberknecht-Hypen, der schon in Halle gesehen worden sein soll, vermieden werden.


    Torsten Lieberknecht. Der Sympathieträger, aus Haßloch stammend, der über 10 Jahre hinweg in Braunschweig gute Arbeit geleistet hatte und immer betont hat, wie sehr ihm der FCK am Herzen liegt. Mit seiner emotionalen Art wäre er mit Sicherheit jemand, der die Aufbruchsstimmung weitertragen, sie im Notfall auch neu entfachen könnte. Eine reizvolle Vorstellung.


    Doch ist das die Lösung des Problems? Zu oft schon war ein Trainerwechsel beim FCK die einfache, aber nicht zielführende Antwort. In der Tat muss man Aktionen von Michael Frontzeck hinterfragen, so wohl was Aufstellung als auch Taktik betrifft. Warum ließ er gegen Halle den wohl spielstärksten Biada so lange außen vor? Warum hielt er stur an einem 4-4-2 fest, als das Spiel offensiv überhaupt nicht stattfand. Und was ist eigentlich mit Löhmannsröben? Diese und noch viel mehr Fragen geistern derzeit um den Betzenberg und sie müssen gestellt werden dürfen! Michael Frontzeck, aber auch vor allem die Mannschaft müssen schnell Punkte liefern. Doch zumindest diese Chance gegen Karlsruhe im Derby sollte und muss man ihnen geben. Ansonsten scheint mir die gesamte Aufbruchsstimmung der vergangenen Wochen unglaubwürdig. Die zarte Pflanze Euphorie droht zu verblühen, ehe sie je in voller Pracht gestrahlt hat. Und ausgerechnet jetzt kommt Hoffenheim…


    Ausgerechnet? Ja, genau! Was eignet sich denn besser zu einer Trendwende als ein Spiel, das zu 100 Prozent der Mentalität des FCK entspricht, in dem niemand mit den Roten Teufeln rechnet, sie nichts zu verlieren haben? Dem nicht genug, ist der Gegner ja nicht irgendein x-beliebiger Bundesligist. Es ist die TSG 1899 Hoffenheim. Richtig. Da war doch was.


    Relegation 2013. Der vielleicht letzte, richtige emotionale Ausnahmezustand auf dem Betzenberg. Der Tag, an dem noch 30 Minuten nach Abpfiff des verlorenen Rückspiels die Fans im weiten Rund mit dem besten „Olé Rot Weiß…“ ihrer Geschichte ganz Fußballdeutschland eine Gänsehaut verursachten. Ein Spiel, vor allem aber ein Gefühl, das wahrscheinlich niemand vergessen wird, der damals dabei gewesen ist.


    Und diese TSG kommt jetzt also wieder. Einen besseren Zeitpunkt bei unseren Spielern und Funktionären Emotionen zu wecken, die dem FCK gegen Halle so gefehlt haben, könnte es gar nicht geben. Klar scheint Hoffenheim hoffnungslos überlegen, mit all ihren Möglichkeiten, ihrem Laptop Trainer Julian Nagelsmann, der gegen Preußen Münster schon einmal, gekleidet im knallbunten Blümchenhemd, den Betze inspiziert hat.


    Und trotzdem: Die Floskel „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze“ ist eben doch mehr als das. Sie ist Teil unserer Realität und unserer Geschichte. Ein Blick zurück untermauert dies. In unserer letzten Aufstiegssaison 2009 trafen wir damals auch früh in der Saison auf das von Jupp Heynckes trainierte, übermächtig scheinende Bayer Leverkusen, das damals ungeschlagen Tabellenzweiter der Fußballbundesliga war. Mit einer couragierten Energieleistung und einer erstklassigen Betze-Atmosphäre gewannen wir jedoch am Ende mit 2:1 und ebneten den Weg für eine aufstiegsreife Saison. Und nebenbei bemerkt siegten wir zudem ein paar Tage später auch im Ligaspiel mit 2:0. Gegner damals wie 2018, der Karlsruher SC.


    Ja, wir sind heute kein ambitionierter Zweitligist mehr, aber wir sind der 1.FC Kaiserslautern. Wenn sich die Mannschaft ihrer Tugenden besinnt, alles tut um wieder in die Spur zu kommen, dann ist auch in diesen Spielen etwas möglich. Wir alle brauchen Erfolgserlebnisse. Mannschaft, Trainer und wir Fans. Erfolgserlebnisse, die der Pflanze Euphorie neues Wasser geben könnten. Wasser, das sie so dringend braucht!


    Denn alles ist vergänglich, und deshalb leidvoll …