Deutsche Bahn, lässt Überlebende stehen

  • Und wenn ich höre, die Bundesbahn sei ein funktionierendes Unternehmen gewesen....sicher. Sie hat o gut funktioniert, dass der Steuerzahler Jahr für Jahr Milliarden zahlen musste, um ihre Verluste aufzufangen. Sowas funktioniert heute eben nicht mehr.

    Dafür hat sie aber damals sowohl ihre Strecken wie auch ihren Fuhrpark verantwortungsvoll gewartet und repariert. Frag mal die Berliner wie begeistert sie mittlerweile von ihrer S-Bahn sind. Oder die ICE Fahrer im Hochsommer, oder die Fahrgäste mit deren Leben gespielt werden sollte als ein ICE trotz Achsbruch und Entgleisung weiter fahren sollte und nur durch Notbremsung eines Fahrgastes gestoppt wurde.
    Mir ist es wesentlich lieber, wenn die Allgemeinheit ein solches Infrastrukturunternehmen besitzt und auch dementsprechend bezahlt. Dann funktionierts nämlich wenigstens. Anders als die Beispiele der Privatisierung, bei dem sich wenige die Taschen füllen und nur an Profit denken, während sie alles andere verrotten lassen. Wartung kostet Geld ? Ja scheiße lassen wirs doch, der shareholder value ist wesentlich wichtiger als die gute Dienstleistung oder sogar Menschenleben.
    Das geilste ist dann wenn diese Privatisierer, nachdem sie ihrem Profitdenken gehuldigt und alles verrotten lassen haben, die Gegend vollflennen und den Staat (also uns allen)
    wieder die Kohlen aus dem Feuer holen lassen. Sprich wir alle müssen dann für den maximalen Profit und die Vernachlässigung bezahlen.
    Beispiele ? Ganz krass in Großbritanien (dort wurde sogar für den Profit über Leichen gegangen) und Neuseeland. In Großbritanien hat die Allgemeinheit das mittlerweile marode Schienensystem, nach einigen Zugkatastrophen mit Toten, von Grund auf erneuern müssen. In Neuseeland ist das ehemalige Staatsunternehmen Bahn wieder zu einem Staatsunternehmen geworden. Nachdem die Privatisierer das Allgemeingut ausgeschlachtet hatten und genauso wie in Großbrtanien nach dem Staat gewinselt haben, als alles marode war. Zum Glück ist bei uns der Börsengang der Bundesbahn nochmal abgewendet worden. es ist eh schon schlimm genug.

  • @Rees: Vielleicht sind Passagier mit Hausschuhen selten, überraschen würde es mich trotzdem nicht und berechtigt nicht ohne Ticket mit der Bahn zu fahren...


    Nee sich nicht. Aber ich würde mir als Verantwortlicher schon mal meine Gedanken machen, wenn da ein älteres Ehepaar mit Hausschuhen steht. Aber Menschlichkeit muss man jetzt wirklich nicht unbedingt bei der Bahn suchen.

    Zitat

    Armer Mann trifft reichen Mann und sehn sich an. Da sprach der Arme zum Reichen: "Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!"


    Bertolt Brecht

  • Zum einen finde ich, dass die Bahn es auch verdammt schwer hat sich als "Dienstleistungsunternehmen" positiv darzustellen. Sprich: Die kann nur verlieren und wenn sie funktioniert fällt das nicht auf. Läuft dagegen alles rund, fällt das einem weniger auf. Schon mal im Ausland in den Zügen unterwegs gewesen? England wurde ja bereits genannt, ich war in einigen europäischen Ländern mit der Bahn unterwegs und einzig in der Schweiz sah das besser aus. In anderen Ländern konnte ich da nichts von großartig "besserem Service" erkennen. Im Gegenteil: In Italien oder Polen kann man bspw. am Bahnhof stehen und weiß nicht, ob das Ding 2min oder gar 30min Verspätung hat, letzteres ist durchaus regelmäßig auch bei Regionalzügen der Fall. Von der Infrastruktur und dem Service sehe ich da auch nichts besseres. Ich will damit nicht sagen, dass bloß weil es woanders schlecht läuft, bei uns alles in Ordnung ist. Aber manchmal wünsche ich mir doch ein bisschen Realismus und meiner Meinung nach ist das schlechte Image teilweise noch konstruiert, rührt von der Mehdorn-Ära her, in der auch Fehler gemacht wurden, mit denen man heute leben muss.


    Zum anderen sollte man die Finanzierung der Bahn nicht schwarz-weiß sehen. Weder staatlich finanziert, noch privat finanziert ist eine Garantie für eine gute Leistung, die Mischung macht's und wie's so schön in der Ökonomie heißt: Es kommt drauf an. Es gibt bestimmte Bereiche, wo eine vollständige Privatisierung eher ungünstig ist, wie das z.B. beim Schienennetz der Fall ist. Grundsätzlich hat eine Privatisierung aber schon Vorteile: Der Staat hatte eigentlich noch nie und hat es vor allem heute nicht um die Bahn weiterhin zu finanzieren. Und eine private Finanzierung garantiert eben, dass das effizient geschieht. Wir leben auf nem riesigen Schuldenberg, den - sollten wir das wollen - es min. 100 Jahre dauern würde abzubezahlen. Stattdessen verschulden wir uns immer weiter... Eine staatlich finanzierte Bahn ist schlicht nicht finanzierbar.


    Effizienz bedeutet im Übrigen auch nicht, dass es einen schlechten Service geben muss. Im Gegenteil, gerade ein privates Unternehmen muss genauso auf guten Service achten, wie das ein staatlich finanziertes Unternehmen tun muss. Die Stakeholder sind da eben etwas anders, aber im Prinzip macht es wenig Unterschied.


    Wirklich schade, aber diese Diskussion staatlich vs. privatisiert findet oft so statt, ein anderes Beispiel wären die Ratingagenturen, die ja aktuell auch schön in der Kritik stehen...

    Dehäm is dehäm: Wer reist, lernt das umso mehr schätzen.

  • mbit: Ich dachte schon, ich wäre der einzige, der das differenzierter sieht.


    Nein, ich sehe das auch etwas anders. Ich fahre relativ gerne Bahn und kenne die (ganz großen) Probleme (ähnlich wie bei Ryanair) nur vom Hörensagen. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass sich die Zugbegeleiter tagtäglich i-welche Ausreden/Begründungen etc. anhören müssen, warum der Passagier keine Fahrkarte hat, ne falsche, o.ä. So leid es mir für die Überlebenden tut, dass sie da schon wieder vor Problemen standen, aber ich haue nicht gleich auf die Bahn ein.


    @Rees: Vielleicht sind Passagier mit Hausschuhen selten, überraschen würde es mich trotzdem nicht und berechtigt nicht ohne Ticket mit der Bahn zu fahren...


    Mal ne Frage, aber in welchen Hausschuhen standen die am Bahnsteig? Meine Schlappen z.B. bestehen aus Crocs und Birkenstock-Clogs, beides Schuhwerk, dass ich schon an Füßen von Zuginsassen gesehen habe. Auch ich ziehe diese Schuhe mitunter außerhalb meiner 4 Wände an, daher sehe ich darin nicht zwingend ein Argument, in dem sich Mittellosigkeit oder Verzweiflung wider spiegelt. Was anderes wäre gewesen, wenn sie im Schlafanzug am Bahnsteig gestanden hätten, dann hätte man merken können, da stimmt was nicht.


    Was das Nachweisen von Reservierungen angeht: solange die Karte im Paket gebucht wurde oder evtl. online, über nen DB-Account, mag das vllt möglich sein. Klar, in Zeiten von Smartphones und/oder Laptop kann kan man eher von unterwegs auf seine Unterlagen/Daten zurück greifen. Nur, nicht jeder hat diese Möglichkeit. Und wo kriegt man unterwegs mal eben nen Drucker her, um seine evtl. online abgelegte Fahrkarte nochmal neu auszudrucken?
    Ich stand letztes Jahr in Porto am Flughafen und bekam nen Schreck, als mir Mitflieger zufällig sagten, dass für diesen Flug kurz vorher ne Mail gekommen sei, dass er gecancelt sei. Hatte ich nicht mitbekommen, weil ich nicht mobil online bin. Selbst wenn ich es mitbekommen hätte, hätte ich immer noch nen vernünftigen Internetzugang mit Drucker gebraucht, um meinen Flieger umzubuchen. Zu dieser Mail kam kurz drauf ne zweite, mit Entwarnung, daher wars in meinem Fall nicht so schlimm, dass ich alles nicht mitgekriegt habe. Aber deshalb bremse ich etwas, wenn jemand sagt, dass kann man unterwegs nachweisen.


    Die eigentliche Schuld sehe ich im Falle der Kreuzfahrer eher bei der Reederei/dem Veranstalter. MMn war es auf jeden Fall dessen Versäumnis, sämtliche Heimfahrer so abzusichern, dass sie auch bis zu ihrem Ausgangspunkt zurück kommen. Ich weiß halt nur nicht, ob es (in so einem Fall) Pflicht des Veranstalters ist, die Rückkehr gänzlich zu gewährleisten, wenn die Anfahrt zum Ausgangspunkt der Kreuzfahrt auf eigene Faust zu organisieren war und daher im Prinzip nix mit der Schiffsbuchung zu tun hat. Auf der anderen Seite, fällt das evtl. unter Kulanz. Und wenn alle Stricke reißen, eben zur dt. Botschaft, das wurde ja schon aufgeführt.


    Ich will damit nicht die Bahn verteidigen, aber gleich auf diese draufzuhauen von wegen typisch, ist mir zu einfach.

    Alles nur subjektive Wahrnehmungsdefizite! :kritisch:

  • Das ist sicher alles richtig. Aber die Kombination Hausschuhe und ältere Menschen hätten mich schon mal stutzig gemacht. Man hätte doch die Personalien feststellen können und sich nach der Fahrt darum kümmern können. Wenn nicht hätte man doch sogar noch was verdient. Die aufgeschlagenen Fahrpreise und die Gebühren für die Kostenanforderung. Die DB hätte sogar noch plus gemacht. Hätte sich das alles als wahr herausgestellt, wäre die DB doch gut mit gefahren. Wo war also das Risiko für die DB?


    Mal nebenbei, da haben zwei Menschen um ihr Leben gefürchtet und einiges verloren. Da denkt man nicht mehr so rationell, wie wir das hier machen. Und Menschlichkeit von der Bahn muss man anscheinend nicht mehr erwarten.


    Ganz sicher liegt hier nicht die Schuld bei der Bahn alleine, verstärkt aber mein Bild von dieser.

    Zitat

    Armer Mann trifft reichen Mann und sehn sich an. Da sprach der Arme zum Reichen: "Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!"


    Bertolt Brecht

    Einmal editiert, zuletzt von rees1973 ()

  • Mal nebenbei, da haben zwei Menschen um ihr Leben gefürchtet und einiges verloren. Da denkt man nicht mehr so rationell, wie wir das hier machen.


    Natürlich, daher kann ich auch die betroffenen Leute verstehen, die sich in ihrem Ärger damit an die Öffentlichkeit/Medien gewandt habe und das als Unerhörtheit der Bahn werten.


    Seien wir froh, wenn wir nie in eine solche Situation kommen.

    Alles nur subjektive Wahrnehmungsdefizite! :kritisch:

  • @apo:


    Dass die Bundesbahn sicherer war oder besser gewartet wurde, ist ein Mythos und lässt sich z.B. durch die folgende Liste mit Zugunglücken in der Vergangenheit einfach widerlegen:


    http://www.tagesspiegel.de/wel…in-deutschland/44064.html


    Im Verhältnis zur Beförderungsleistung ist die Bahn heute sogar wesentlich sicherer - und das trotz schnellerer Reisezeiten.


    Ja, es gab Schwierigkeiten mit Klimaanlagen in ICEs...aber die Bahn hat darauf reagiert und Milliarden für neue Fahrzeuge ausgegeben - allerdings dauert es eine Zeit, bis diese ausgeliefert werden und die alten Züge ersetzt werden können. Übrigens hat auch die Bundesbahn ihre Fahrzeuge auf Verschleiß gefahren, informiere dich mal z.B. über die Baureihe 103, welche von der Bundesbahn über Jahre entegegen ihrer eigentlichen Verwendung eingesetzt wurde. Gleiches gilt für den Nahverkehr - bis vor wenigen Jahren bestand fast der gesamte Regionalfuhrpark aus Waggons aus den Sechzigern, seit der Privatisierung modernisiert die Bahn Jahr für Jahr mehr Züge auf moderne Triebwagen.


    Was die Berliner S-Bahn angeht: Das liegt auch zu nicht unerheblichen Teilen an der chronisch klammen Stadt Berlin. Die S-Bahnen in anderen deutschen Metropolen funktionieren nämlich ziemlich gut, nur in Berlin hat man von der Landesseite aus gedacht, dass man bei der Finanzierung sparen kann. Siche rhat da auch die Bahn geschlampt, aber es war ein Zusammenspiel von Faktoren.


    @rees: Dein urteil über die Bahn resultiert also aus dem, was du aus Medien erfährst. Wenn du die gleichen Maßsstäbe für FCK-Fans anlegst, dann müsst dein Bild über diese auch sehr negativ sein - schließlich gibts fast nur Berichterstattung über uns, wenn mal wieder negativ aufgefallen wurde. Ähnlich ists bei der Bahn - wenn am Tag 99 von 100 Zügen pünktlich ankommen, schreibt darüber keiner, aber hat der eine verspätete Zug mehr als 3 Stunden Verzug, ist das gleich einen Artikel wert.


    Als Bahn-Vielfahrer kann ich dir aber sagen: Die BAhn ist zuverlässiger und pünktlicher als das Auto, und auch Freundlichkeit und Präsenz vom Personal sind in den meisten Fällen gut. Wie gesagt, meistens tolerieren die Begleiter sogar falsche Tickets oder ähnliches, anstatt auf die fälligen Strafzahlungen zu pochen.

  • @rees: Dein urteil über die Bahn resultiert also aus dem, was du aus Medien erfährst. Wenn du die gleichen Maßsstäbe für FCK-Fans anlegst, dann müsst dein Bild über diese auch sehr negativ sein - schließlich gibts fast nur Berichterstattung über uns, wenn mal wieder negativ aufgefallen wurde. Ähnlich ists bei der Bahn - wenn am Tag 99 von 100 Zügen pünktlich ankommen, schreibt darüber keiner, aber hat der eine verspätete Zug mehr als 3 Stunden Verzug, ist das gleich einen Artikel wert.


    Als Bahn-Vielfahrer kann ich dir aber sagen: Die BAhn ist zuverlässiger und pünktlicher als das Auto, und auch Freundlichkeit und Präsenz vom Personal sind in den meisten Fällen gut. Wie gesagt, meistens tolerieren die Begleiter sogar falsche Tickets oder ähnliches, anstatt auf die fälligen Strafzahlungen zu pochen.


    Du hast da sicherlich recht, da ich nicht mit der Bahn regelmässig fahre. Aber gerade solche Vorgehensweisen sind für mich auch nicht in Einzelfällen nachvollziehbar. Genauso ist es bei den negativen Schlagzeilen vom FCK-Anhang. Jedes einzelne Fehlverhalten ist zuviel. Das siehst du sicher ähnlich. Aber meine Kritik ist sicherlich eine subjektive Wahrnehmung, welche ich auch nicht überprüfen kann, da ich nicht regelmässig Bahn fahre. Von dem her mag diese überzogen sein.

    Zitat

    Armer Mann trifft reichen Mann und sehn sich an. Da sprach der Arme zum Reichen: "Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!"


    Bertolt Brecht

  • mbit


    Lässt sich der angebliche Mythos eben nicht. Deine Liste aus dem Tagesspiegel ist zwar recht interessant, wenn du sie aber mal wirklich aufmerksam liest sind mehr als 3/4 der Unfälle auf menschliches Versagen bei der Fahrplanerstellung, Signalmissachtung und Unfällen an Bahnübergängen zurückzuführen. Also alles Unfälle die aufgrund verbesserter Technik heute so gut wie unmöglich sind.
    Die Wartungsversäumnisse an Fuhrpark sowie den Strecken werden allerdings seit Jahren vom Eisenbahn-Bundesamt angemahnt. Wem soll ich da mehr der trauen ? Der Bahn oder Aufsichtsbehörde ? Die Erfahrung hat mich gelehrt Aufsichtsbehörden ernster zu nehmen als irgend ein PR Quatsch von durchaus attraktiven Mitmenschen honigsüß in alle möglichen Kameras, Mikrophone und Diktiergeräte gesülzt.
    Vergessen sollte man bitte bei der Bahn auch nicht, das das Prestigeobjekt ICE in keinster Weise mit dem Alltagsgeschäft zu vergleichen ist. Ferner noch die Preisexplosionen bei den Fahrkarten. Ich habe 97 aufgehört weiter als 500km zu fahren als ich für eine einfache Karte von Berlin nach Mannheim 120 DM latzen musste. Mittlerweile sind wir bei 124 Euro.
    Aber das sind andere Themen die einen eigenen Thread wert wären. Mit dem älteren Ehepaar das auf Mitmenschlichkeit hoffte hat das nur noch am Rande zu tun.