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Weltmeister Horst Eckel wird heute 80 Jahre alt - Ein großer Sportsmann und einer der Helden von Bern
Als Fußballer war ihm Nervosität fremd. Heute, an seinem Ehrentag, ist das anders: Horst Eckel, verrät seine Frau Hannelore, ist seit Tagen angespannt, aufgeregt. 80 Jahre alt wird der Weltmeister von 1954 heute. Auf dem Betzenberg wird er vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und seinem 1. FC Kaiserslautern gefeiert.
„Ich weiß nichts! Die sagen immer nur, lass' dich überraschen ...”, sagt der Jubilar, Vater zweier Töchter, der sich guter Gesundheit erfreut, immer noch gerne Tennis spielt. „Nur Fußball spiel' ich jetzt nicht mehr. Irgendwann muss ja Schluss sein”, erzählt Eckel, der sich aber bei Benefizveranstaltungen als Coach - beispielsweise der Lotto-Elf - engagiert.
Auch 58 Jahre nach dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft ist Horst Eckel ein sehr populärer Mensch. „Mich überrascht, wie viele Menschen mich noch kennen. Wie viele Menschen, grade auch junge, unsere Geschichte noch kennen”, sagt Eckel bewegt.
Er war der jüngste der Legende gewordenen Weltmeister von 1954. Eckel ist einer der Helden von Bern. Und er ist stolz, dieses goldene Kapitel großer deutscher Fußballgeschichte mitgeschrieben zu haben. Ein Fußballspiel half einer ganzen Nation, neun Jahre nach Kriegsende in der Völkergemeinschaft wieder aufgenommen zu werden.
„Wenn meine Frau mich heute in den Keller schickt, um drei Sachen zu holen, hab' ich zwei vergessen, wenn ich unten ankomme. Aber vom Fußball, auch von 1954, da weiß ich noch immer alles ganz genau. Da kann ich stundenlang drüber erzählen - ohne Punkt und Komma”, sagt Horst Eckel herzlich lachend.
Spricht er von seiner Karriere, von Fritz Walter, seinem Vorbild und Ziehvater, seinem Freund und Förderer, von Sepp Herberger, vom FCK, von den Titeln, hat das reportagehafte Züge. Das ist live. „Es war eine wunderbare Zeit, die Kameradschaft war unser Erfolgsgeheimnis”, sagt der Jubilar. Traurig stimmt ihn, dass es seinem Freund und Weggefährten Ottmar Walter nicht gut geht. „Ich weiß, dass ich für meine Gesundheit dankbar sein muss”, sagt Eckel.
Er war Mittelstürmer, als er aus Vogelbach zum FCK kam. Horst Eckel, der schnelle Mann mit der Pferdelunge, wurde zum rechten Läufer im damaligen WM-System (2-3-5) umgeschult. Heute wäre er der Offensivmann auf der rechten Außenbahn. Im WM-Finale 1954 aber hatte der rechte Läufer Horst Eckel einen Spezialauftrag zu erfüllen, erinnerte der legendäre Sportreporter Rudi Michel in seiner RHEINPFALZ-Laudatio zum 75. des „Windhunds mit Ballgefühl”.
Um Werner Kohlmeyer als Schattenmann für Ungarns Superstar Ferenc Puskas frei zu haben, musste Eckel sich dem eigentlichen Spielmacher Hidegkuti annehmen. Der Vogelbacher erfüllte Sepp Herbergers Spezialauftrag großartig, berichtete Rudi Michel und schrieb Horst Eckel „einen wesentlichen Anteil an dem Sensationssieg” von Bern zu.
Bescheidenheit zeichnet den Jubilar aus. Werkzeugmacher hat er gelernt, durchlief eine Umschulung zum Sportlehrer - und wurde dank seines pädagogischen Geschicks und seiner Motivationskunst in seiner Zeit am Kuseler Gymnasium zum Glücksfall. In der Sepp-Herberger-Stiftung machte ihn Fritz Walter zu seinem Erben. „Darauf bin ich stolz, das ist mit Verpflichtung”, sagt Eckel. „Horst ist ein Zeitzeuge - er verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart. Er verkörpert die Grundwerte, für die Fritz Walter stand”, würdigt FCK-Chef Stefan Kuntz den Freund, den er als Vorbild sieht.
„Der FCK ist mein Verein”, bekennt sich der Weltmeister. Am Sonntag war er beim Spiel gegen Köln - und flüchtete kurz vor Schluss. „Das mach' ich sonst nie - ich konnte aber nicht mehr zugucken. Da ging es mir wie früher dem Fritz”, verriet Eckel. Er bangt, er zittert um den Klassenerhalt seiner Roten Teufel. Gesund zu bleiben, ist sein größter Wunsch. Dass der FCK nicht absteigt ein zweiter ...
Hintergrund
Wie der Windhund zum Wachhund wurde
BRUCHMÜHLBACH-MIESAU. Der junge Horst Eckel passierte seine Stationen auf dem Weg zur Fußball-Berühmtheit im gleichen Rekordtempo, wie heute einige der vielbewunderten Münchner oder Dortmunder Himmelsstürmer. Kaum aus der Jugend heraus, schon war Eckel bei den „Großen” aufsehenerregend erfolgreich. Der Weltmeister aus Vogelbach im Landkreis Kaiserslautern wird heute 80 Jahre alt.
1951: Der FCK wird erstmals deutscher Meister. Mit Horst Eckel. Er ist erst 19 Jahre alt. Die Nationalelf aber scheint noch in weiter Ferne, obwohl Fritz Walter Bundestrainer Sepp Herberger den jungen Dauerrenner wärmstens empfiehlt. Der internationale Durchbruch Horst Eckels 1952 kommt überraschend.
Nicht die Nationalelf, sondern ein „verrücktes Spiel” lieferte den Anlass dazu. Der Südwestdeutsche Fußball-Verband hatte ein Repräsentativspiel (so hieß das damals) mit dem englischen Spitzenklub Preston North End für Mai 1952 in Ludwigshafen vereinbart. Der 1. FCK stellte das Hauptkontingent für die SWFV-Elf. Und die Aufstellung wollte es, dass der britische Weltstar, der später zum Sir geadelte Tom Finney, als Rechtsaußen auf den Lauterer Linksverteidiger Werner Kohlmeyer traf. Dieser Finney wirbelte in der ersten Halbzeit des Ludwigshafener Spiels Kohlmeyer völlig durcheinander; er schoss beide Tore zur 2:0-Halbzeitführung der Engländer.
Fritz Walter, der selbst in der Auswahl mitspielte, sorgte mit seinem Ansehen und seinem taktischen Wissen in der Pause für schnelle Abhilfe: Er wechselte einen Ludwigshafener Spieler aus und dirigierte Kohlmeyer zur „Wiedergutmachung” ins Mittelfeld! Als Sonderbewacher für Tom Finney aber zauberte er völlig unvermutet Horst Eckel in die Mannschaft. Der 20-Jährige, der in den Nachwuchs-Mannschaften seines Heimatvereins stets Torjäger Nummer eins der jeweiligen Jugend-Klasse gewesen war, gab den perfekten Sonderbewacher für den Super-Stürmer! Eckel, der Windhund, wurde zum Wachhund.
Finney sah keinen Ball mehr. Der Engländer konnte tatsächlich kein Zuspiel mehr annehmen, stets fuhr ihm Eckel mit seinen dürren und doch so schnellen Beinen dazwischen. Entnervt ließ sich Finney kurz vor Schluss auswechseln, was in jener Zeit nur in Freundschaftsspielen möglich war. Die Begegnung endete 2:2 - und beide Tore der Südwestauswahl gelangen dem um „Schadensbegrenzung” bemühten Kohlmeyer: Er verwandelte zunächst einen Freistoß und zirkelte kurz vor Spielende noch einen Eckball direkt ins Tor. Dann marschierte er zu Finney und schüttelte ihm die Hand. Sie waren wieder quitt!
Für Eckel aber bedeutete dieses Spiel - Sepp Herberger saß auf der Tribüne - den Sprung in die Nationalmannschaft: Vier Monate später feierte er mit 20 seinen Einstand in der Nationalelf. Und schon nach dem 14. Länderspiel, am 4. Juli 1954, feierte n Deutschland den 22-Jährigen als seinen jüngsten Fußball-Weltmeister! Horst Eckel - einer der Helden von Bern.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau