ZitatAlles anzeigenDas Auslaufen geriet für die Fußballprofis des 1. FC Kaiserslautern gestern Vormittag im Fritz-Walter-Stadion zum Spießrutenlauf. Rund 200 Fans begleiteten die erste Trainingseinheit nach dem 0:4 (0:3)-Derby-Debakel der Lauterer beim FSV Mainz 05 mit zum Teil übelsten Schmähungen. „Das war heute Training in einer Stress-Situation”, sagte FCK-Trainer Kurz.
Die schlimmen vereinzelten rechtsradikalen Hitlergruß-Gesten und antisemitischen Beleidigungen gegen den israelischen FCK-Profi Itay Shechter verurteilte Stefan Kuntz, der Vorstandsvorsitzende des Klubs, auf das Schärfste. „Rassismus und Diskriminierung haben beim FCK keinen Platz”, betonte Kuntz. Trainer Kurz sagte: „Solche Szenen sind beängstigend und in höchstem Maße zu verurteilen. Von so etwas distanzieren wir uns ganz, ganz kräftig.”
Für fußballspezifische Einlassungen der Fans zeigten Kuntz, Kurz und die Spieler dagegen volles Verständnis. „Die Kritik ist in höchstem Maße berechtigt”, sagte Kurz, „aber sie muss sachlich bleiben.” Schon am Samstagabend hatte es Diskussionen zwischen Verein und Fans gegeben, gestern Nachmittag wurde der emotionale Austausch in der Nordtribünenhalle fortgesetzt - intensiv, aber recht gesittet. „Die Aussprache war heftigst - sehr emotional. Die Spieler haben aber auch die Meinung und Gefühle, die Ängste der Fans wahrgenommen”, sagte Kuntz.
Die Spieler hätten im Umkehrschluss auch verdeutlichen können, dass ihnen der FCK wichtig sei. „Als Fazit möchte ich das Positive sehen - nicht das nicht zu entschuldigende Auftreten von Radikalen”, sagte Kuntz.
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Immunität aufgehoben
Der Betze brennt. Und das gleichnamige Internetportal lodert. Was die Fans dort direkt nach dem Spiel eingestellt haben, zeigt die Fassungslosigkeit, in die die Mannschaft ihre Anhänger nach dem 0:4-Debakel in Mainz gestürzt hat. Was sich während und nach dem Spiel in der Coface-Arena unter den mitgereisten FCK-Fans Bahn brach („Wir haben die Schnauze voll!”), fand kurze Zeit später im Netz seine Fortsetzung.
Mit Langmut ertrugen die Fans das erfolglose Treten der Mannschaft auf der Stelle im Abstiegskampf, hielten sich mit offener Kritik zurück. Es war die Hoffnung, es war hier und da der kleine Lichtblick, der die Fans der Roten Teufel glauben ließ, dass der berühmte Knoten das nächste Mal platzt. Und es dann aufwärts geht. Der beschämende Auftritt der Mannschaft gegen Mainz, die gnadenlose Niederlage gegen die 05er, der Fall auf einen direkten Abstiegsplatz brachte das Fass indes zum Überlaufen.
„Jetzt reicht's”, tönt es im Netz. Die Fans fühlen sich „ganz unten angekommen”, die Fans sind „bedient”. Die Fanseele kocht, der Frust macht sich breit. „Ihr Leut, ich kann nimmi, bin fix und fertisch”, bekennt ein enttäuschter Fan der Roten Teufel auf dem vorläufigen Tiefpunkt.
Der FCK ist keine Ausnahme im Bundesligageschäft. Die Kritik der Fans kommt, wenn sie kommt, so massiv wie überall daher, wo man im Bundesliga-Keller angekommen ist. Verdienste von einst zählen da nichts mehr. Was spielen schon die Rettung des FCK vor dem Fall in Liga drei oder der Aufstieg in Liga eins für eine Rolle?! Jetzt geht's um den Klassenerhalt!
Die Fans haben die Immunität von Trainer Marco Kurz und Vorstandschef Stefan Kuntz aufgehoben. „Kurz raus!” schreibt ein FCK-Fan im Netz. „Er erreicht die Mannschaft nicht mehr”, schreibt ein anderer. Wiewohl auch noch Zweifler da sind, ob die Trennung vom Trainer tatsächlich die Wende zum Besseren bringt. Siehe Hertha, wo „König Otto” in Augsburg der königliche Start auf der Trainerbank versagt blieb.
Die Fans schimpfen über die Einkaufspolitik, die Manager und Vorstandschef Kuntz zu vertreten hat. „Falls wir absteigen, muss sich diesen Schuh Kuntz anziehen. In dieser Saison lag er mit seiner Personalpolitik gehörig daneben”, klärt ein FCK-Anhänger die Schuldfrage. Jede Krise hat ihre Namen...
Sorge erfüllt das Netz. Große Sorge um die Zukunft des Klubs. „Ich hoffe, dass jetzt auch mal der letzte Schönredner aufwacht”, sieht ein FCK-Fan fünf vor Zwölf für die Mannschaft, für den Verein. „Jetzt muss was geschehen”, fordert ein anderer. - Was nun, FCK?
DIE RHEINPFALZ
Pfälzische Volkszeitung