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HINTEN DRIN - 18 Spieler im Strafraum, darunter alle Hamburger. Florian Dick (Bildmitte) haut den Freistoß in die Mauer. (foto: kunz)
Abstieg fast besiegelt
Der 1. FC Kaiserslautern lässt Bundesligaformat vermissen. Beim 0:1 gegen den schwachen Hamburger SV fehlen Leidenschaft und Überzeugung. Marcell Jansen schießt das „goldene” Tor.
Der chronisch abschlussschwache 1. FC Kaiserslautern stümpert der Zweiten Liga entgegen. Das 0:1 (0:1) gegen den Hamburger SV, das 18. Spiel in Folge ohne Sieg, lässt dem FCK nur noch eine theoretische Überlebenschance. „Wer keine Tore schießt, kann keine Spiele gewinnen”, formulierte Florian Dick die Botschaft nach dem sportlichen Offenbarungseid gegen einen Gast, der gleichfalls wenig Bundesligaformat nachzuweisen vermochte.
„Nächste Woche gegen Hoffenheim, das ist das Finale. Wenn wir das Spiel auch nicht gewinnen, können wir die Zweite Liga planen. Aber wir werden nicht aufgeben”, sagte FCK-Trainer Krassimir Balakov.
Die Hoffnung, dass ein neuer Trainer die Mannschaft wiederbeleben könnte, erwies sich als trügerisch. Zwei Spiele, zwei Niederlagen, nicht einmal ein Tor - der FCK ist dem Abstieg geweiht. Die Hoffnung auf die Wende mit einem neuen Trainer, ein Irrtum, wie der Großeinkauf in der Winterpause.
Die beiden Heimspiele gegen den HSV und Hoffenheim sollten den Anschluss herstellen. In der Praxis aber zeigte sich nach dem Rückstand eine lange Zeit leblose Mannschaft, die viel zu tief stand und dem Gast erlaubte, in Ruhe aufzubauen.
Einer der wenigen, der erkennen ließ, dass er begriffen hat wie Abstiegskampf wirklich geht, war der später auffällig abbauende Pierre De Wit. Seinen abgefälschten Distanzschuss aber parierte Jaroslav Drobny im Rückwärtsflug (11. Minute).
Bis auf einen verunglückten De Wit-Schuss (24.) und fünf Eckbälle blieb es die einzige wirkliche Störung des Hamburger Schlussmanns vor der Pause. Über die Flügel kam wenig, und wenn, dann fehlte dem engagierten Julian Derstroff in der 5. Minute der Anspielpunkt - Sandro Wagner diskutierte noch mit Alexander Bugera ein Missverständis, anstatt in der Spitze für Gefahr zu sorgen. Fatale Torheit!
Gefährlich wurde es bei einem grauenvollen Grottenkick auf der Gegenseite, als der anfangs indisponierte Florian Dick Marcell Jansen flanken ließ und Marcus Berg mit seinem Kopfball an Tobias Sippel scheiterte (17.). Nach Bergs Konter in der Folgeminute patzte Sippel im Duell mit dem matten Mladen Petric. Da hatte der Lauterer Torwart Dusel.
In der 29. Minute aber nahm Jansen nach einem abgeblockten Ilicevic-Schuss die Einladung der Lauterer zum Torschuss an - frei und unbelästigt brachte er seine Farben in Front. „Meine Mannschaft hat gezeigt, dass sie Abstiegskampf kann. Als es drauf ankam, war sie da”, sagte HSV-Trainer Thorsten Fink nach dem Zittersieg. „Ein Ping-Pong-Tor”, klagte Kapitän Christian Tiffert, der bei einem Kopfball Pech hatte, dass Gojko Kacar auf der Linie klärte (64.). Glück indes, dass der sehr schwache Ex-Lauterer Ivo Ilicevic nur die Latte traf (63.).
Unzulänglich die FCK-Offensive mit Totalausfall Sandro Wagner, der nur zwei lichte Momente hatte. Der begabte Derstroff versagte im Abschluss (54.), Olcay Sahan scheiterte wenig später am gut reagierenden Drobny.
Ansonsten - viel Leerlauf, zumal Alexander Bugera in gleichem Maße abbaute wie Dick aufkam. Schlimm, dass Wagner bis auf ein wirklich gutes Solo mit strammem Linksschuss nichts bewegte, der eingewechselte Richard Sukuta-Pasu im Gegensatz zum jungen Fortounis gar nichts auf die Reihe brachte. Bezeichnend für die Harmlosigkeit der Lauterer der Freistoß, den Dick mitten in die Hamburger Abwehrmauer schoss. Bundesliga - so nicht!
Dazu kam, dass Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer dem FCK nach Kacars Foul an Sahan einen klaren Foul-Elfmeter verweigerte (88.).
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Yahia (80. Abel), Rodnei, Bugera - Borysiuk - Sahan, Tiffert, De Wit (75. Sukuta-Pasu), Derstroff (65. Fortounis) - Wagner
Hamburger SV: Drobny - Diekmeier (46. Sala), Westermann, Mancienne, Aogo - Jarolim, Kacar - Ilicevic (90.+1 Rajkovic), Jansen - Berg, Petric (79. Son)
Tor: 0:1 Jansen (29.) - Gelbe Karte: Sahan (5), Bugera (4), Fortounis (3), Yahia - Jarolim (5/1), Kacar (5) - Beste Spieler: Sippel, De Wit - Drobny, Jarolim - Zuschauer: 44.745 -
Schiedsrichter: Kinhöfer (Herne).
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„Zu wenig, um in der Liga zu bleiben”
Die Stimmung bei Spielern und Fans ist am Boden. Der 1. FC Kaiserslautern nimmt unaufhaltsam Kurs Richtung Abstieg. Florian Dick hat Verständnis für das Pfeifkonzert der Zuschauer.
Das letzte Fünkchen Hoffnung, das die Fans des 1. FC Kaiserslautern noch hatten, ist spätestens seit der gestrigen 0:1 (0:1)-Heimniederlage gegen den Hamburger SV verflogen. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Mannschaft den Klassenerhalt noch schaffen kann.
„Meine Mannschaft hat heute gezeigt, dass sie Abstiegskampf kann”, sagte HSV-Trainer Thorsten Fink nach dem Schlusspfiff. Die Roten Teufel bleiben diesen Beweis Woche für Woche schuldig. Auch gestern gegen einen schwachen Gegner. „Was wir in der Rückrunde geleistet haben, das ist wirklich zu wenig, um in der Liga zu bleiben”, redete Außenverteidiger Florian Dick Klartext. Seine Leidenschaft, sein unbändiger Wille, er fehlt vielen seiner Teamkollegen. „Vorm Spiel sah's schon nicht gut aus. Jetzt haben wir auch noch gegen einen direkten Konkurrenten verloren. Die Stimmung ist natürlich am Boden”, sagte Dick.
Auch gestern gab es wieder das alte Lied: Wer keine Tore schießt, der kann auch nicht gewinnen. „Wir müssen vorne mal das verdammte Tor treffen, dann fällt's uns leichter”, meinte Alexander Bugera. Wagner oder Derstroff sind vor der Kiste aber viel zu überhastet. Das Thema Klassenerhalt hat Bugera noch nicht abgehakt: „Wir müssen nach vorne schauen, auch wenn's schwer fällt.”
Weniger optimistisch zeigte sich dagegen FCK-Kapitän Christian Tiffert: „Aufgrund der Tabellensituation und der eklatanten Abschlussschwäche hat man wenig Argumente.” In der Tat: 17 Tore und 20 Punkte nach 28 Spielen sind nicht bundesligatauglich. „Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten schon etwas versucht, hatten Chancen. Es ist nicht so, dass wir offensiv nicht was getan hätten”, sagte Tiffert. „In der zweiten Hälfte haben wir schon was versucht. Doch dann klappt nicht viel und dann kommen auch noch die Pfiffe hinzu...”
Florian Dick kann diese durchaus nachvollziehen: „Ich kann die Fans verstehen, was wir zuhause abliefern, ist teilweise unterirdisch.” Von Abstiegskampf war beim FCK gestern wenig zu sehen. Vom HSV zwar auch, aber die Hamburger wissen zumindest, wo das Tor steht...
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ANSTOSS
Hut ab
Freiburg und Augsburg setzen sich aus der Gefahrenzone ab. Der FCK scheint rettungslos verloren.
Hut ab, SC Freiburg! Hut ab, FC Augsburg! Der Sportclub, zur Winterpause von fast allen Experten abgeschrieben, nach dem Cissé-Verkauf totgesagt, wurde vom neuen Trainer Christian Streich wundersam reanimiert. 31 Punkte zeugen von der sportlichen Wiederauferstehung der Breisgauer. Sie sind nahe am rettenden Ufer. Ähnlich imposant ist die Erfolgsserie des FC Augsburg. Der Aufsteiger ging als Abstiegskandidat Nummer eins in die Saison und steht mit nun 30 Punkten über dem Strich. Augsburg - das ist nicht mehr nur Puppenkiste, Augsburg ist dank des FCA zu einer Fußball-Stadt geworden. Heimspiele sind Festtage, der FC Augsburg hat mit einer leidenschaftlich Fußball kämpfenden und spielenden Mannschaft die Konkurrenz verblüfft.
Ganz tief im Sumpf steckt nach der 1:2-Niederlage in Augsburg der 1. FC Köln. Die Mannschaft hat keine Struktur, Trainer Stale Solbakken hat wohl den Machtkampf gegen Sportdirektor Volker Finke gewonnen, aber im Alltagsgeschäft lässt der als Konzepttrainer angetretene Norweger ein schlüssiges Konzept vermissen. Zudem lähmt der Kampf um die Führung des kopflosen Geißbockclubs.
Acht Punkte hinter den Kölnern rangiert die pure Hoffnungslosigkeit in Gestalt des 1. FC Kaiserslautern. Auch gegen den schwachen Hamburger SV waren die Lauterer nicht in der Lage, das Ruder herumzureißen. Nach dem 18. Spiel ohne Sieg ist der Gang in die Zweitklassigkeit so gut wie besiegelt. Dass der neue Trainer Krassimir Balakov das kommende Spiel gegen 1899 Hoffenheim als Finale apostrophierte - nicht mehr als eine Durchhalteparole angesichts der chronischen Offensivschwäche und der geradezu naiven Art und Weise, wie diese Mannschaft ihre Gegentore kassiert. Es ist realistisch, die Zweite Liga zu planen, vor allem bei der Kaderzusammenstellung ist mehr Geschick und Augenmaß vonnöten als das in dieser Saison der Fall gewesen ist. Der Weg führt den FCK ab August wohl nicht mehr nach Dortmund oder zu den Bayern, sondern nach Paderborn oder zum neuen Derby nach Sandhausen.
Im Nachhinein hat sich der Versuch des Vereinschefs Stefan Kuntz und seines Trainers Marco Kurz, im Winter auf- und nachzurüsten, als fataler Irrtum erwiesen. Sandro Wagner, der die Sturmflaute beheben sollte, hat sich bislang als Flop erwiesen. Adam Nemec, auch kein Torjäger, aber ein spielintelligenter Mann, wurde just nach seinem ersten Saisontor und einer starken Leistung beim 1:1 gegen Hannover 96 nach Ingolstadt abgeschoben. Dann fiel auch noch der kampfstarke Dorge Kouemaha aus. Das war's wohl!
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau
Pfälzische Volkszeitung