ZitatAlles anzeigenDer rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz über die Gewalt gegen die Polizei, Fußballspiele ohne Fans, Pyrotechnik und die Idee, Profivereine für Polizei - einsätze zur Kasse zu bitten.
Von Horst Konzok
Herr Lewentz, Sie waren vergangenen Sonntag in Kaiserslautern und haben den Einsatz der Polizei beim Zweitligaspiel gegen Ingolstadt begleitet.
Mir war nach den Vorfällen beim Spiel gegen Dresden und gegen Waldhof Mannheim wichtig, den Polizeibeamten zu zeigen, dass der Minister an ihrer Seite ist. Ich wollte mich auch bei den Polizisten für ihren Einsatz und ihre Arbeit bedanken. Speziell der Einsatz beim Spiel gegen Waldhof hat Spuren hinterlassen: Erstmals wurden Kaiserslauterer Polizisten von Lauterer Fans angegriffen.
Mit dem Spiel gegen Ingolstadt haben Sie sich aber eine aus polizeilicher Sicht wenig arbeitsintensive Partie ausgesucht. Aus Ingolstadt waren ja nicht mal 200 Fans da und die schienen sehr friedlich zu sein. Bei den sogenannten Rotspielen sieht das ja anders aus.
Ich habe das Spiel ganz bewusst ausgewählt. Wenn ich weiß, dass es ein Risikospiel ist, dann hat die Polizeiführung was anderes zu tun, als sich um einen Minister zu kümmern und seine Fragen zu beantworten.
Also hatte Ihr Besuch sowohl informellen als auch ideellen Charakter?
Beides. Ich wollte mich einfach auch für die Arbeit und die Leistungen bedanken. In der letzten Saison haben 11.567 Polizisten 76.521 Einsatzstunden beim Fußball in Rheinland-Pfalz geleistet.
Beziehen sich diese Zahlen nur auf die Bundesligen?
Vorrangig schon. Aber dabei sind auch die Einsätze in der Regionalliga in Koblenz, Trier, Idar-Oberstein und bei Wormatia Worms erfasst, dazu – was normalerweise weniger ins Gewicht fällt – bei den Nachwuchsmannschaften von Mainz 05 und dem FCK.
WACHSAM - Starkes Polizeiaufgebot vor den Lauterer Anhängern beim Derby gegen Hoffenheim: Die Fans im Block fühlen sich manchmal schon wegen der bloßen Anwesenheit der Männer in Grün provoziert.(foto: kunz)
Stichwort FCK II. Sie haben nach den skandalösen Ausschreitungen rund um das Regionalligaspiel FCK II - Waldhof Mannheim erklärt: Das Maß ist voll. Das Spiel war ja an einem Wochentag auf 14 Uhr vorverlegt, 2000 Zuschauer, 500 Polizisten, 62 Festnahmen, neun verletzte Beamte, zwei schwer beschädigte Polizeifahrzeuge. Denken Sie daran, solche Spiele künftig unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielen zu lassen?
Ich glaube, dass man im Einzelfall alles durchdenken muss. Mir ist schon wichtig, zu erfahren, was die Polizisten bei ihren Einsätzen erleben. Wir wollen, dass die echten Fußballfans ihr Freizeitvergnügen genießen und ohne Angst erleben können. Ich habe das am Sonntag auch mir Professor Rombach, dem Aufsichtsratsvorsitzenden des FCK, besprochen. Wir sind uns einig: Wir wollen keine Situation wie in Italien, wo die Stadien auch bei Topspielen halbleer sind, weil sich die Menschen aus Angst vor Ausschreitungen nicht mehr in die Stadien trauen.
Was konkret muss sich ändern?
Generell ist es so, dass ich mich darüber freue, dass die Verantwortlichen des 1. FC Kaiserslautern und Polizeipräsident Wolfgang Erfurt in einem Nachgespräch die Vorkommnisse der Spiele gegen Dresden und Waldhof intensiv analysieren. Insgesamt ist die Zusammenarbeit in Kaiserslautern sehr gut. Es gibt kein Misstrauen zwischen Verein und Polizei, sondern ein enges, vertrautes Miteinander. Wir brauchen Verbesserungen in den Stadien, eine bessere Filmtechnik. Man muss untersuchen, ob die Zahl der professionellen Ordner im Stadion – speziell bei Risikospielen – ausreichend hoch ist. Und wir brauchen auch eine bessere Ausbildung und Qualifizierung der Ordner. Und wir sollten überlegen, wie man – auch von Seiten der Vereine – die Fanprojekte besser mit Finanzmitteln ausstatten kann.
Herr Minister, Sie haben den Veranstaltungs-Euro für Profivereine ins Gespräch gebracht. Haben Sie am Sonntag auch darüber gesprochen?
Diese Gespräche gab es schon häufiger. Die Vereine sind, freundlich ausgedrückt, sehr zurückhaltend bei diesem Thema. In der Politik erhalte ich nach zwei Jahren der Schelte viel mehr Zustimmung, weil die Probleme offenkundiger geworden sind. Die Frage ist doch, wenn man die Riesensummen sieht, die durch die TV-Beiträge erzielt werden, ob man da etwas aus dem großen Pool abführen kann. Wir wollen ja nicht, dass die Eintrittskarten für die Menschen durch den Event-Euro teurer werden. Wenn man das Geld hat, wie Bayern München, um 40 Millionen Euro für Martinez auszugeben – es sei ihnen gegönnt – da stellt sich schon die Frage: Können sich die Profiklubs nicht an den exorbitanten Kosten für die Polizeieinsätze beteiligen? Die Frage ist doch auch: Wie lange macht der Steuerzahler das noch mit?
Auf der Bühne des Fußballs wird natürlich aber auch ein gesellschaftliches Problem ausgetragen. Oder?
Wir hatten das vor zwei, drei Jahren im Karneval, als Uniformierte, sogar Mitarbeiter von Rettungsdiensten, angegriffen wurden. Der Respekt ist vielfach verloren gegangen. Das ist schon ein gesamtgesellschaftliches Problem. Um eine Gesellschaft zusammenzuhalten, muss man die innere Sicherheit gewährleisten, aber auch mit einer deutlichen Anerkennung ihrer Funktionsträger.
Ich habe die Polizisten auch nach ihrer Motivation bei den Einsätzen beim Fußball gefragt. Die ist grundsätzlich, gerade in Kaiserslautern, sehr hoch. Die Beamten machen das gerne, auch weil sie hier das gewisse Betze-Gefühl mitbringen. Aber dass sie jetzt erstmals von eigenen Fans angegriffen wurden, das macht ihnen zu schaffen, das müssen sie verarbeiten. Wobei ich mir da mit dem Begriff Fans schwer tue. Das sind Problem-Fans!
Sie sehen sich ja als Freund des Fußballs und nicht als einen, der den Profivereinen schaden möchte.
Ja, ich bin ja auch ehrenamtlich Vorsitzender der Fritz-Walter-Stiftung. Mir geht es darum, den Menschen den Spaß an ihrer Wochenendgestaltung zu erhalten – auch in Mainz und in Kaiserslautern. Die Bundesliga gehört dazu. Wir haben tolle Stadien und eine tolle Stimmung. Die gilt es zu erhalten. Gewalt und auch Pyrotechnik haben da nichts zu suchen. Auch wenn einige Verantwortliche aus dem Fußball gerade das mit der Pyrotechnik manchmal anders sehen.
Hoher Besuch - Der Minister und seine Helfer: Roger Lewentz mit der Polizei.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau