Es sind nun einige Stunden vergangen und die Enttäuschung ist noch nicht gewichen. Auch wenn das Hinspiel für uns nicht gut lief, war ich davon überzeugt, dass wir es schaffen - daheim auf dem Betzenberg. Es mag albern klingen, aber ich habe an den Mythos geglaubt. Ich habe daran geglaubt, dass es "vorbestimmt" war, ein richtiges Betze-Spiel zu sehen und Hoffenheim in die 2. Liga zu schießen. Die Saison war für mich ziemlich komisch. Es gab nämlich viele Spiele, die ich zwar guckte (aus Pflichtbewusstsein?), aber meine innere FCK-Flamme brannte nicht, oder nur sehr sehr schwach. Die emotionale Anspannung, Vorfreude und der Jubel bei Toren, das blieb oft irgendwie aus. Es entwickelte sich fast schon zur Gleichgültigkeit. Und ich weiß nicht, woran das liegt, wahrscheinlich ist es eine Kombination aus vielen Sachen: Die schwachen Spiele, die Stimmung ("Dauersupport") mit der ich mich nicht identifizieren kann, persönliche Veränderungen und Spieler die nur reden, aber nichts umsetzen. Keine Ahnung. Gestern jedenfalls spürte ich nach langer Zeit wieder Vorfreude und es war schön. Endlich wieder richtig angespannt.
Das Spiel gestern war eigentlich ein Spiegelbild der ganzen Saison. Spielerisch war das ganz ganz schwach, wir haben zwar gekämpft, konnten aber nicht wirklich Druck entfachen, das war schade. Nach dem gehaltenen Elfmeter von Tobias Sippel fühlte ich mich darin bestätigt, heute ein legendäres Spiel zu sehen, die Stimmung im Stadion war zu diesem Zeitpunkt hammermäßig, richtig Betze-like. Für die Hoffenheimer muss das doch wie ein Schlag ins Gesicht gewesen sein und wir waren psychologisch im Vorteil. Und haben es uns durch das 0:1 wieder versaut. In der 2. Halbzeit kamen wir etwas besser ins Spiel, so richtig zwingend waren wir aber auch nicht - und dann der 1:1-Ausgleich durch Baumjohann. In mir keimte wieder die Hoffnung und als Idrissou das 2:1 machte, ja, das war ein großartiger Moment - bis ich schließlich sah, dass das Tor nicht gegeben wird. Scheiße! Bis jetzt bin ich der Meinung, dass dann noch was gegangen wäre - wir hätten nur noch ein Tor gebraucht, der Betze hätte gebebt. Hätte, wäre, wenn und aber... Ob das Tor wirklich Abseits war?
Nach dem 1:2 für die Hoffenheimer war das Spiel gegessen, wir haben uns beim Hin- und Rückspiel ziemlich dumm angestellt. Was ich etwas komisch fand, war die Aussage von Franco Foda nach dem Spiel. "Vor der Saison war die ganze Region in Depression. Und heute feiern uns 50.000 Menschen." Da hat jemand noch nicht ganz verstanden, was damit gemeint war. Das ganze Stadion hat gesungen, weil man zeigen wollte: "Hey, Hoffenheimer. Das was ihr heute hier erlebt habt, werdet ihr nie schaffen." Das ganze Stadion hat gesungen, weil man die Hoffenheimer auf dem Betze nicht jubeln hören wollte. Das ganze Stadion hat gesungen, weil man den Einsatz der Mannschaft würdigte. Und das ganze Stadion hat gesungen, weil der FCK ein besonderer Verein ist.
Es macht mich traurig, dass ausgerechnet die TSG Hoffenheim auf dem Betze den Klassenerhalt feiern durfte. Es war doch irgendwie alles vorbereitet für ein FCK-Spiel für die Geschichtsbücher.
Aber am Ende hat man - wenn man es nüchtern betrachtet - das verdiente Ergebnis einer Saison: Diese Mannschaft hätte (auch wenn ich es mich gewünsch habe) den Aufstieg nicht verdient. Spielerisch zu schwach, ein Trainer der mich enttäuscht hat und eine Mannschaft, die keine Mannschaft ist. Was hat Fritz Walter mal gesagt? "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben." Und da bin ich mir zu 100% sicher, das war nicht bei jedem Spieler gegeben. Nun wartet min. noch eine weitere Zweitligasaison auf uns... Motivieren kann ich mich im Moment dazu nicht. Ein Stadion, für den FCK viel zu überdimensioniert, wieder mit halbleeren Rängen.
Es hatte gestern irgendwie was, als wäre der FCK-Mythos gestorben. Denn in den entscheidenden Momenten war auf den Betze bisher immer Verlass - vielleicht war es ein Zeichen von oben, dass der FCK nicht in den Fußball des 21. Jahrhunderts passt, indem Geld und Macht das Geschäft regiert. Aber vielleicht ist der Verein einfach noch nicht soweit, vielleicht will uns jemand da oben sagen: "Hey, das war über die Saison hinweg enttäuschend. Da war kein Teamgeist - startet nächstes Jahr neu, mit frischem Wind." Ich habe keine Ahnung, es sind viele Gedanken, die mir durch den Kopf schwirren. Es war gestern eine große Hoffnung, ein neues Kapitel Betzenberg zu schreiben.
Was bleibt: Man hat gesehen - in den entscheidenden Spielen stehen die Fans wie eine Wand hinter dem Verein. Das gestern war (auch wenn das ältere FCK-Fans wohl besser beurteilen können) für einige Momente der altehrwürdige Betzenberg: Emotionale Atmosphäre, nicht nur in der Westkurve. Auch im Norden, im Süden und Osten. Nach dem gehaltenen Elfmeter: Aufgeheizte, aggressive, an das Wunder glaubende Stimmung. Nach vorne peitschende Menschen. Chaotisch, fanatisch, durcheinander. Ohne Vorsingerei. Leute, gebt diese Flamme weiter. An kommende Generationen - denn eines hat den FCK immer ausgezeichnet: Eine ANDERE, EXPLOSIVERE, DRUCKVOLLERE Unterstützung. Der Betze darf nicht im Einheitsbrei untergehen!