ZitatAlles anzeigenDer 1. FC Kaiserslautern geht heute als krasser Außenseiter ins DFB-Pokal-Halbfinale beim Rekordmeister – Heintz verteidigt
Ehrgeizig, aber bescheiden. So geht der Fußball-Zweitliga-Vierte 1. FC Kaiserslautern heute (20.30 Uhr) das DFB-Pokal-Halbfinale beim FC Bayern München an. Der nun 24-malige deutsche Meister hat auch schon 16-mal den DFB-Pokal gewonnen.
FCK-Trainer Kosta Runjaic bemerkt wohl mit Stolz, dass der FCK der einzige Zweitligist im Halbfinale ist. Aber von einer Sensation mag er allenfalls still und heimlich träumen. „Das eine ist der Glaube, das andere ist das Wissen“, sagt der Lauterer Coach, der einen „übermächtigen FC Bayern“ sieht: „Wir wissen schon, was auf uns zukommt.“
Auf dem Wettmarkt gibt es für 1 Euro Einsatz bei einem Bayern-Sieg 1,07 Euro zurück, bei einem Remis nach der regulären Spielzeit von 90 (plus x) Minuten gibt’s etwa 12 Euro für einen, und der unerschütterliche Glaube an einen FCK-Sieg wird mit bis zu 50 Euro belohnt, so das „Wunder von München“ wahr wird.„Im Fußball ist alles möglich – wir kennen diese Phrasen“, sagt Runjaic und mag sie nicht bemühen.
„Wir sind uns unserer Unterlegenheit bewusst, wir wissen um die erdrückende Überlegenheit der weltbesten Mannschaft. Wenn Bayern unter Vollspannung steht, dann haben wir keine Chance“, sagt Runjaic. Den FCK-Fans – mehr als 6600 werden heute in der ausverkauften Arena sein – will er aber eine kampf- und laufstarke Lauterer Mannschaft präsentieren. „Wir fahren nicht nur hin, um Trikots zu tauschen“, verspricht Runjaic.
Er wird die Formation gegenüber dem Freitag in St. Pauli verändern und gibt dem Sonntagsspiel in der Zweiten Liga gegen den FSV Frankfurt Priorität. Da kann der FCK – einen Heimsieg an diesem viertletzten Spieltag vorausgesetzt – den Abstand auf Platz zwei und drei verkürzen, da der SC Paderborn und Greuther Fürth ebenfalls am Ostersonntag aufeinandertreffen.
„St. Pauli, den Rückstand wettgemacht, das Siegtor in letzter Minute, das war wichtig für den Kopf“, weiß Linksverteidiger Chris Löwe, der nicht über die großen Lauterer Siege aus der Vergangenheit reden mag. Er kennt die Tatsachen. Und die heißen Zweite Liga. „Es gibt hier viel zu viele Leute, die immer von früher reden. Früher ist vorbei, heute sind wir ein Zweitligist“, appelliert Löwe, der heute 25 Jahre alt wird, sich an der Realität zu orientieren: „Bayern, das ist die beste Mannschaft der Welt, da spielen nur Top-Stars!“
Gegen all die Asse wieder dabei sein wird heute Florian Dick. Das 3:2 beim FC St. Pauli erlebte er daheim, weil gesperrt, „nassgeschwitzt auf der Couch“, wie er seine Rolle als Fernsehzuschauer beim Freitagskrimi mit Tatort Hamburger Millerntor beschreibt. „Jean hat es sehr gut gemacht“, lobt auch Dick seinen jungen Vertreter Zimmer, der möglicherweise auch heute randarf. In die Innenverteidigung neben Kapitän Marc Torrejón rückt Dominique Heintz, weil die beiden wegen Willi Orbans Gelb-Rot-Sperre in der Liga auch am Sonntag zusammenspielen. „Wir müssen auch daran denken, für das wichtige Frankfurt-Spiel den Rhythmus zu kriegen“, erklärt Runjaic, der bei seinem Personalpuzzle den Spagat schaffen will.
Die Tür zum großen Spiel heute Abend, das dem FCK eine Netto-Einnahme von rund zwei Millionen Euro beschert, öffnete Ruben Jenssen. Der Norweger schoss im Viertelfinale in Leverkusen das „goldene“ Tor und sich auch in seiner Heimat in die Schlagzeilen. Sechs Karten hat Jenssen für Eltern, Bruder und Freunde besorgt, er hätte auch ein paar Dutzend gebrauchen können. „Das ist ein Bonusspiel. Wir haben keinen Druck“, verdeutlicht der Mittelfeldspieler.
Dick, der routinierte Eisenfuß, freut sich auf die Herausforderung gegen die Über-Bayern. Er hat sich schon manchen heißen Tanz mit Frank Ribéry geliefert. Das Duell könnte es auch heute wieder geben. „Ich freu’ mich drauf, egal wer kommt. Die haben 15, 16 sehr Gute. Wir haben dort nur eine Chance, wenn die Bayern einen sehr schlechten und wir einen sehr guten Tag erwischen.“
So spielen sie
FC Bayern München: Neuer (Raeder) - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Kroos, Schweinsteiger - Thomas Müller, Götze, Ribéry - Mandzukic
Es fehlen: Contento (Bänderdehnung), Badstuber (Aufbautraining nach Kreuzbandriss), Thiago (Innenbandteilriss), Shaqiri (Muskelfaserriss), Starke (Operation am Ellbogen)
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Torrejón, Heintz, Löwe - Karl, Orban - Matmour, Jenssen, Zoller - Idrissou – Ersatz: Marius Müller, Mockenhaupt, Zimmer, Ring, Fortounis, Lakic, Dorow
Es fehlen: Gaus (Meniskus-OP), Zellner (Kreuzbandriss)
Schiedsrichter: Kinhöfer (Herne)
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Fragezeichen Neuer
Hintergrund: Guardiolas Wiedersehen mit dem 1. FCK
Wenn Pep Guardiola vom 1. FC Kaiserslautern spricht, dann beginnen seine Augen zu leuchten. Nicht von der Lauterer Mannschaft der Gegenwart, sondern von der vor gut 22 Jahren.
Damals, am 6. November 1991, erlebte der heutige Trainer des FC Bayern als Spieler mit dem FC Barcelona auf dem Betzenberg fast ein blaues Wunder. Ein Last-Minute-Tor bewahrte die favorisierten Katalanen damals vor einer Blamage in der zweiten Runde des Europokals der Landesmeister. „Ich habe in meinem Leben nie mehr Glück gehabt als in diesem Spiel“, gibt Guardiola zu. „Kaiserslautern war viel, viel besser.“ Einen der damals viel, viel Besseren trifft er heute wieder: Stefan Kuntz, nun FCK-Boss, damals FCK-Stürmer.
Heute im Pokal-Halbfinale beim Meister sind die Lauterer wieder Außenseiter. Aber für den Bayern-Trainer gibt es gleich mehrere Gründe, den Gegner wertzuschätzen.
Denn seine Mannschaft hat sich zuletzt nicht mehr in Top-Form präsentiert. „Dass sie einem Bundesligisten wehtun können, haben sie in Leverkusen bewiesen“, warnte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Guardiola hat sich ganz genau über den 1. FC Kaiserslautern informiert und festgestellt: „Sie haben einen großen, großen Stürmer und einen schnellen Stürmer.“
Der Bayern-Coach kümmerte sich vor allem auch um seine mental angeschlagenen Spieler, denn er weiß: Der Schalter nach der Negativserie in der Bundesliga muss jetzt umgelegt werden. „Das nächste Spiel“, bemüht er eine alte Fußballer-Binsenwahrheit, „ist immer das wichtigste.“
Gegen den FCK muss der FC Bayern neben den länger verletzten Thiago und Xherdan Shaqiri womöglich doch auf Manuel Neuer verzichten. Der Nationaltorwart konnte wegen seiner lädierten Wade weder am Montag, noch gestern mit der Mannschaft trainieren. Fällt er aus, hütet der 20 Jahre alte Lukas Raeder das Tor, weil Ersatzmann Tom Starke verletzt ist.
Bei den drei sieglosen Spielen in der Bundesliga machten sich fehlende Leidenschaft und Konzentration bemerkbar. Auf diesem Niveau, weiß Guardiola, „werden wir kein Finale erreichen“. Und eine Saison, die lange Zeit grandios war, wäre dann plötzlich nur noch mittelprächtig.
Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau