Diskussionsthema zum Artikel: Lila-weiße Lektion für den FCK - Wie überbewertet sind eigentlich eingespielte Teams?
Lila-weiße Lektion für den FCK - Wie überbewertet sind eigentlich eingespielte Teams?
Im Spiel gegen den VfL Osnabrück war ein spielerischer Klassenunterschied zu erkennen. Warum eine vermeintlich mittelmäßige Truppe die Liga beherrscht und was der FCK von ihr lernen sollte.
Wie schon im Hinspiel zeigte sich der VfL Osnabrück kompakt in der Defensive und eiskalt vor dem gegnerischen Tor. Ebenfalls wie im Hinspiel hatte der FCK kaum echte Torchancen und ging verdient als Verlierer vom Platz. Warum eine auf dem Papier mittelmäßige Truppe die Liga beherrscht und was der FCK von ihr lernen sollte.
Ein blitzsauberer Konter und zwei Tore im Anschluss an Eckbälle, dazu eine tadellose Defensivarbeit. So kurz und treffend lässt sich die Partie der Gäste aus Niedersachsen zusammenfassen. Das klingt - gerade für einen Tabellenführer - reichlich unspektakulär, und am Ende ist es das auch. Dank gnadenloser Effizienz und dem Selbstbewusstsein eines Tabellenersten bestanden am Sonntag bereits nach 21 Spielminuten keinerlei Zweifel daran, wer den Platz als Sieger verlassen würde.
Kleiner Rückblick in die vergangene Saison: Nach dem 15. Spieltag übernimmt Daniel Thioune das Traineramt beim Tabellenvorletzten aus Osnabrück und schafft schließlich mit Rang 17 und sechs Punkten Vorsprung den Klassenerhalt. Allerdings wies seine Bilanz auch 41 Gegentore in 23 Spielen auf. Zudem konnte der VfL die letzten zwölf Saisonpartien allesamt nicht gewinnen. Laut eigener Aussage war Thioune damals selbst überrascht, nicht vorzeitig entlassen worden zu sein. Nun zahlt sich die Geduld der Verantwortlichen aus. Aber wie kam es dazu?
14 Neuzugänge - Pfälzer Verhältnisse im Teutoburger Wald?
14 Neuzugänge hier, 16 dort. Das klingt doch fast identisch. Wieso wird eigentlich stets betont, das Lauterer Team brauche Zeit sich einzuspielen, wenn beim Gegner die Neuzugänge sofort perfekt funktionieren? Zugegeben, der Vergleich hinkt auf den zweiten Blick bereits gewaltig: Sieben der vierzehn am Sonntag eingesetzten Spieler in lila-weiss standen bereits letzte Saison an der Bremer Brücke unter Vertrag, darunter mit Ajdini, Susac und Engel gleich drei Abwehrspieler aus der Startformation vom Sonntag. In der Lauterer Abwehr steht aktuell kein einziger Spieler, der letzte Saison für die Roten Teufel in der 2. Liga aktiv war. Einzig die Mittelfeldspieler Fechner und Albaek waren damals bereits beim FCK, standen jedoch selten in der Startelf.
Hinten sicher, vorne effizient
Das Prunkstück der Niedersachsen ist die Defensive. Das zentrale Mittelfeld wird konsequent zugestellt beziehungsweise zugelaufen und somit das gegnerische Spiel auf die Flügel gedrängt, wo durch schnelles Verschieben ebenfalls recht schnell dicht gemacht wird. Eine spielerische Lösung nach Balleroberung ist kein Muss, der Ball darf auch gerne gepflegt Richtung Tribüne befördert werden - "safety first". Solange der VfL nicht zurückliegt, besteht normalerweise kein Grund den Deckungsverbund zu lockern und aufzumachen. In der Folge beißt sich nahezu jedes Drittligateam daran die Zähne aus. Offensivfeuerwerke und Ballbesitzfußball hingegen finden beim VfL in der Regel nicht statt, das überlässt man gerne dem Gegner. Als Tabellenführer hat man nun neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz bei einer Tordifferenz von 45:22 Toren, welche aufzeigt, dass es zwar Teams wie Karlsruhe und Wehen gibt, die mehr Tore schießen, aber keines, welches auch nur annähernd so wenig Gegentreffer kassiert. Nicht zuletzt dank der unbeständigen Konkurrenz ist es nicht vorstellbar, wie diese Truppe den verdienten Aufstieg überhaupt noch vermasseln könnte.
Wie viel VfL steckt in der Hildmann-Elf?
Seit Sascha Hildmann den FCK übernahm hat sich das Defensivverhalten des kompletten Teams stark verbessert. In dreizehn Partien gab es nur elf Gegentreffer und Spitzenteams wie der KSC und Halle kamen gegen den FCK kaum zu Torgelegenheiten. Eine Spielphilosophie, die auf kompakter Defensive und schnellen Gegenstöße beruht, ist klar zu erkennen, wenn auch die Umsetzung mitunter noch einiges an Verbesserungspotential hat.
Könnten die Lauterer mit dem derzeitigen Personal in der neuen Saison ein ähnliches Abwehrbollwerk errichten wie der Tabellenführer? Grundsätzlich ja, wobei die Frage erlaubt sein muss, wer denn nächste Saison zentral in der Innenverteidigung spielen wird. Zumindest ist es sehr schwer vorstellbar, dass Carlo Sickinger, am Sonntag bester Lauterer, noch nicht im Notizbuch diverser Zweitligisten steht. In der Mittelfeldzentrale ist offen, wie mit den auslaufenden Verträgen von Jan Löhmannsröben und Mads Albaek umgegangen wird. Zudem sind die beiden Außenspieler Dominik Schad und Janek Sternberg in der laufenden Saison konkurrenzlos bzw. unersetzbar, da es schlicht keine gleichwertigen Back-Ups gibt. Bleibt die Defensive im Großen und Ganzen so bestehen, kann sie durchaus für den FCK ein ähnliches Pfund werden, wie die Abwehr des VfL aktuell für die Niedersachsen ist.
Was die Offensive angeht, sind die Osnabrücker Alvarez mit zehn, und Heider mit sieben Treffern nicht gerade Welten von Kühlwetters acht und Thieles fünf Treffern entfernt. Den Unterschied macht auch hier die Defensive: So erzielten alleine die Abwehrspieler des VfL überragende zwanzig Treffer, die meisten natürlich nach ruhenden Bällen, womit sie ungewollt eine perfekte Überleitung zur Lauterer Dauerbaustelle liefern: Standards im Allgemeinen, Eckbälle im Besonderen.
Wenn überhaupt gibt es Tore nach Ecken weiterhin lediglich gegen und nicht für die Roten Teufel. Gerade offensiv bleiben Eckstöße unerklärlicherweise eine stumpfe Waffe, einzig Lukas Gottwalt traf auf diese Weise bei der Niederlage in Rostock per Kopf. Auf der anderen Seite erzielte der Gegner am Sonntag gleich zwei seiner drei Treffer nach Ecken. Auch wenn die Hildmann-Truppe sich Woche für Woche locker fünf bis zehn Eckstöße erkämpft und auch verschiedene Varianten hat: Es fehlt derzeit einfach das Erfolgserlebnis. Man stelle sich nur mal vor jeder 10. Versuch würde ein Treffer werden.
Ein schier unbezahlbare Waffe: Konter
Der Gegenangriff zum 0:1 war ein mustergültiger Konter der Gäste aus Niedersachsen, wie man ihn von den Lauterern auch mal wieder gerne sehen würde. Erfolgreich abgeschlossen wurde der Angriff vom Doppelschützen Stephan Tigges, der bis dahin noch ohne Saisontreffer und recht überraschend anstelle von Zehn-Tore-Mann Marcos Alvarez in der Startelf.
Auch wenn hier noch sehr viel Luft nach oben ist, hat sich das Konterverhalten seit Hildmanns Übernahme ebenfalls deutlich verbessert. Es werden nun zumeist unmittelbar nach einer Balleroberung lange Bälle auf die schnellen Thiele, Kühlwetter, Pick (dessen Vertrag ebenfalls ausläuft) oder Jonjic gespielt. Alleine durch die Hereinnahme der beiden letztgenannten, die unter Frontzeck keine Rolle spielten, ist das FCK-Spiel deutlich schneller und weniger ausrechenbar geworden.
Sie coachen ihren Herzensverein
Beide sind Mitte vierzig, haben es als Spieler nie in die Bundesliga geschafft und spielten bei "Ihrem" Verein, in dessen unmittelbarer Nähe sie auch geboren sind, bevor sie ihn jeweils einige Jahre später als Trainer übernehmen durften. Soweit die Parallelen der beiden Coaches. Während Thioune die Vorschusslorbeeren mit dem höchstwahrscheinlichen Aufstieg seiner Truppe bereits rechtfertigt, hat Hildmann seinen FCK zumindest in die Spur gebracht, junge Talente in die Stammelf integriert und die Defensive stabilisiert. Letztlich lässt Sascha Hildmann durchaus einen ähnlichen Fußball wie der VfL Osnabrück spielen, allerdings hat Thioune im Vergleich gut ein Jahr Vorsprung, was die Zusammenarbeit mit der Mannschaft angeht.
Sollte das nahezu Unvorstellbare passieren, sprich, weder ein großer Umbruch im FCK-Kader noch ein Trainerwechsel stattfinden (zum gefühlt ersten Mal seit Kalli Feldkamp in den 90ern), kann auch auf dem Betzenberg eine Spitzenmannschaft heranwachsen. Bis dahin sollte Hildmann gut hinsehen, wen er auch nächste Saison unbedingt im rot-weißen Dress sehen will und auf wen er lieber verzichten und durch einen erfahrenen Drittligaspieler ersetzen möchte. Der VfL Osnabrück rekrutierte seine Neuzugänge übrigens fast ausnahmslos - und komplett ablösefrei - aus der 3. Liga beziehungsweise der Regionalliga.
Fotogalerie: 1. FC Kaiserslautern - VfL Osnabrück
Quelle: Treffpunkt Betze