Corona: Die "wirklich ernsthaften" Probleme

  • Es kann in einer solchen Situation keine einfachen Lösungen geben. Das missfällt mir um ehrlich zu sein an vielen öffentlich geführten Debatten. Es heißt beispielsweise immer wieder, dass die Maßnahmen die Wirtschaft zugrunde richten und nennt dabei das Beispiel der Gastronomie. Die Gastronomie hat in Nicht-Corona-Zeiten einen Wirtschaftsanteil von maximal 1.5 Prozent. In den gestrigen Entscheidungen ging es aber vor allem darum, den Großteil der Wirtschaft am Leben zu halten, und das ist auch geschehen. Zumindest habe ich bisher nichts gegenteiliges lesen können.


    Darüber hinaus haben wir meines Erachtens nach ein großes Problem darin, die Zahlen richtig zu deuten. Die 16.xxx von heute morgen entsprechen einem Wert, der ca. zwei Wochen alt ist. Angefangen von der Inkubationszeit, bis zur Entstehung erster Symptome, dem Weg zum Arzt, der Anordnung des Tests, dem Testergebnis, der Mitteilung des Gesundheitsamtes zum RKI. In den letzten Wochen haben sich die Infektionszahlen von Woche zu Woche beinahe verdoppelt. Wenn man mit geringen Todeszahlen und Intensivbetten argumentiert, dann muss sich auch hier bewusst machen, dass diese zeitlich immer nachgelagert sind. Intensivbehandlungen durchschnittlich ab Tag 10, der mögliche Tod sogar ab Tag 18-20. Die beschlossenen Maßnahmen gelten ab Montag. Das heißt, die Zahlen werden in den kommenden zwei Wochen sogar weiter ansteigen.


    Keine Frage. Es ist gut und richtig sich über politische Maßnahmen zu streiten und diese zu bewerten, gar im Einzelfall kritisch zu hinterfragen und möglicherweise sogar vor Gericht zu ziehen. Aber häufig fehlt mir bei diesen Bewertungen das Bewusstsein darüber, dass es eben keine einfachen Lösungen gibt. Im Sommer hat man den Föderalismus kritisiert. Es war falsch, dass jedes Bundesland individuelle Entscheidungen trifft, man hat sich Einheitlichkeit gewünscht. Jetzt entscheiden 16 Landesminister einheitlich, und es ist wieder nicht richtig. So wie ich die Debatte bzw. vielmehr die gestrige Entscheidungen deute, geht es einzig und allein darum, Kontakte über einen verhältnismäßig nachvollziehbaren Zeitraum von 4 Wochen zu minimieren, in der Hoffnung, keinen medizinischen und wirtschaftlichen worst case zu erleben. Und bei aller Argumentation für die Wirtschaft. Selbst wenn man all diese Maßnahmen nicht treffen würde, Infektionszahlen und Intensivbehandlungen steigen würden, wäre der Wirtschaft damit keinesfalls geholfen, denn auch diese ist maßbeglich von einer gesunden Gesellschaft abhängig.

    Florian Dick: "Der 1. FC Kaiserslautern ist der englischste Klub in Deutschland."

    Hans Sarpei auf Twitter: Relegation 2013: Der Moment, wo ganz Deutschland zum Fan des 1. FC Kaiserslautern wird.

  • Michael schau mal in die SWR Mediathek, heutige Sendung zur Sache Rheinland-Pfalz.

    Dort kam eine Expertin / Professorin aus Frankfurt sowie eine Stimme aus Hamburg zu Wort......führt zu weit das hier alles auszuholen, aber schön das der öffentlich-rechtliche Sender auch alternative Stimmen zu Wort kommen lässt, und nicht nur an Lauterbach`s und Drosten`s Lippen klebt.


    Um es ganz knapp zu fassen : Hauptaugenmerk Schutz der Risikopatienten ( Besuche im Altenheim nur nach Schnelltest, FFP2 Masken für diese Risikogruppen etc) und die ohnehin nicht mehr aufhaltbare Verbreitung zulassen mit dem Ziel der "Herdenimmunität).

    Dieses Ziel ist sicherlich nicht erreichbar wenn man Restaurants schließt deren Inhaber alle Hygienestandards einhalten...es arbeiten über 3 Mio in dieser Branche, viele Hinzuverdiener , Studenten etc..weit mehr als bei der Lufthansa hinter Steuerknüppel sitzen.

  • Michael

    Ich kann deinen Post in vielen Punkten zustimmen.


    Aber beim Punkt Gastro und Hotels am BIP muss ich widersprechen. Da muss der Blick nicht auf die Sparte gehen, sondern auf die ganze Kette. Sprich Bäcker, Metzger, Landwirtschaft, Großhandel etc. Das trifft viel mehr. Auch die Wichtigkeit für die jeweiligen beschäftigen wie Studenten oder Dazuverdiener.


    Wir sind ohne Plan B in ganz Europa in diese Lage gekommen. Und das ist bitter. Vom wetteifern beim öffnen hin zu knallhartem schließen. Steuern an den Polen ist mA immer die schlechteste Alternative. Sprachen Experten vorher noch von Wellenbrechern in Wochenform, kam dann ein soft 4 Wochen lock down.


    BTW mein Highlight der Woche war der megagewinn bei Daimler und gleichzeitig das Wissen über Kurzarbeit und Lieferanten die vorm Exodus stehen.

    "Die Menschen wissen im Moment nicht wohin mit ihrer Liebe. Sie möchten dafür wenigstens ab und zu ein Fußballküsschen bekommen. Dafür werden sie den Klub weiterhin unterstützen müssen, auch in holprigen Zeiten" !! (Marcel Reif, kicker, 10.10.16)

  • Aber beim Punkt Gastro und Hotels am BIP muss ich widersprechen. Da muss der Blick nicht auf die Sparte gehen, sondern auf die ganze Kette. Sprich Bäcker, Metzger, Landwirtschaft, Großhandel etc. Das trifft viel mehr. Auch die Wichtigkeit für die jeweiligen beschäftigen wie Studenten oder Dazuverdiener.

    Um nicht falsch verstanden zu werden. Ich bin bei dem ersten Absatz mal auf die grundlegende Argumentationslinie eingegangen, von der ich immer wieder lese: Maßnahmen schaden der Wirtschaft, das dazugehörige Beispiel ist Gastro. Die Gastro macht aber eben nur einen geringen Teil der Wirtschaft aus. Das Beispiel zeigt wunderbar ein Problem in der Debatte auf, nämlich die Frage: Worüber reden wir eigentlich im Detail?! Die Gastronomie und die dazugehörigen Betriebe, die du genannt hast, leiden unter der gestrigen Entscheidung, keine Frage. Große Teile der Wirtschaft aber nun mal nicht.


    Anders als private Kontakte seien diese aber nicht die treibenden Kräfte hinter den bundesweit voranschreitenden Corona-Infektionszahlen.

    Das ist aber nur bedingt richtig. Aus heutiger wissenschaftlicher Kenntnis sind die drei Haupttreiber: Private Haushalte, Superspreader und Reisende. Das bezieht sich jedoch - zumindest wenn ich es richtig verstanden habe - auf 1/4 der Zahlen. In dreiviertel der Fälle weiß man einfach nicht, wo sich Menschen infiziert haben.

    Florian Dick: "Der 1. FC Kaiserslautern ist der englischste Klub in Deutschland."

    Hans Sarpei auf Twitter: Relegation 2013: Der Moment, wo ganz Deutschland zum Fan des 1. FC Kaiserslautern wird.

  • Um nicht falsch verstanden zu werden. Ich bin bei dem ersten Absatz mal auf die grundlegende Argumentationslinie eingegangen, von der ich immer wieder lese: Maßnahmen schaden der Wirtschaft, das dazugehörige Beispiel ist Gastro. Die Gastro macht aber eben nur einen geringen Teil der Wirtschaft aus. Das Beispiel zeigt wunderbar ein Problem in der Debatte auf, nämlich die Frage: Worüber reden wir eigentlich im Detail?! Die Gastronomie und die dazugehörigen Betriebe, die du genannt hast, leiden unter der gestrigen Entscheidung, keine Frage. Große Teile der Wirtschaft aber nun mal nicht.


    Das ist aber nur bedingt richtig. Aus heutiger wissenschaftlicher Kenntnis sind die drei Haupttreiber: Private Haushalte, Superspreader und Reisende. Das bezieht sich jedoch - zumindest wenn ich es richtig verstanden habe - auf 1/4 der Zahlen. In dreiviertel der Fälle weiß man einfach nicht, wo sich Menschen infiziert haben.

    Man muss es auch erfahren wollen oder unterbinden wollen, zwei reale Beispiele aus meinem Umfeld:

    Mein Bruder betreibt mit einer Angestellten und einer Azubine einen eigenen Friseursalon. Gestern wurde er vom GA angerufen, dass am 20.10, eine Kundin da war die nun einen positiven Test hat. Ergebnis: er uns seine Azubine, die unmittelbaren Kontakt hatten müssen morgen zum Test und danach in Isolation. Bis das Ergebnis vorliegt. So lange schließt er seinen Laden. Sein Lebensgefährte DARF nicht zum Test, DARF auch weiter in sein Büro, wo er täglich Kundenkontakt hat, er muss nicht in Isolation. Die Angestellte, mit der er in der Zeit danach engen Kontakt hatte DARF nicht zum Test, DARF weiter arbeiten, muss nicht in Isolation. Sofern er positiv getestet werden sollte, was denkst du wie viele Leute er seit dem 20.10, angesteckt haben kann und wie viele seine Kontakte angesteckt haben könnten oder selbst jetzt noch anstecken können?


    Meine Nichte arbeitet nun freiwillig in Sachsen auf einer Corona - Station. Hat dort täglich Kontakt mit Pflegeheimen -- ist in der Presse auch nachzulesen: nachweislich infizierte Pfleger*innen hatten engen Kontakt mit anderen Pflegekräften und Bewohnern-- diese MÜSSEN vorerst weiter arbeiten - bis sie positiv getestet werden bzw. Symptome haben. Keine Isolation. Kein Schutz der Kollegen*innen, der Bewohner des Pflegeheims. Was denkst du wie viele Leute diese seit der Infektion angesteckt haben können und wie viele deren Kontakte angesteckt haben könnten oder selbst jetzt noch anstecken können?


    Und das ist einfach Realität und hat nichts mit Verschwörung zu tun.


    Diese Fälle werden alle zugelassen, aber dann nimmt man die Gießkanne und schließt Gastro, Hotels, Fitness Center, Kinos, Theater, Veranstaltungen mit Hygiene-konzept, Vereine, etc. etc. Und dann sagt man noch bei 3/4 ist unklar, wie es passiert ist -- Nun ja man muss die unangenehmen Fragen auch beantworten wollen oder halt sagen, dass man es nicht kann.


    EDIT

    und weiter -- die Frage, wie wir danach wieder aus dieser Spirale rauskommen ist völlig unbeantwortet. Nach 4 Wochen wieder Normalität und dann nach Achterbahn rauf im Januar wieder die o.g. Bereiche per Gießkanne dicht machen? Wie viele dieser Bereiche werden dann weiter mit Mrd gestützt, auf Pump und belasten so die Zukunft unserer Kinder und Enkel? Welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen auf die mittelbare Zukunft und auch auf die Gesundheit der Menschen? Selbst die WHO warnt aktuell vor den sozial-ökonomische -Folgen von Lock downs.

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    3 Mal editiert, zuletzt von Ostalb-Devil ()

  • Ostalb-Devil

    Eigentlich ist Dein Beitrag traurig und nicht zum liken, denn er zeigt die Absurdität der Lage.


    Da wo Hygienekonzepte umgesetzt wurden, wird geschlossen.

    Und gewisse Politiker rufen auf den Nachbar zu denunzieren....


    Mein Demokratieverständnis ist irgendwie anders...

  • Und eines möchte ich noch nachlegen, UND NEIN ich bin kein Teil der Corona - Leugner:

    gestern Abend einkaufen -- 2 Kids begangen Ladendiebstahl -- am Ende des Einkaufs sah ich sie, die Verkäuferin und 2 Polizisten aus einem engen Büro kommen. Die Kids: Maske. Die Verkäuferin: Maske. Die Ordnungshüter: KEINE Maske. Das ganze in einem Geschäft (Maskenpflicht) in einem engen Raum (definitiv zu klein, als dass sich 4 Menschen ohne Maske darin aufhalten sollten) -- auch da wie gehen da ggf. Ansteckungswege und Weiterverbreitung. Das alles mag nach Stammtisch klingen, ist aber leider brutale Realität. Die Seniorin, die ohne Maske auf der Bank am leeren Busbahnhof sitzt wird aber unter Androhung eines Ordnungsgeldes verpflichtet die Maske anzulegen. Ich erinnere nur an DD im Frühjahr: da mussten zwei Senioren aus einem Haushalt Ordnungsgeld zahlen, weil sie draußen auf einer Parkbank saßen.


    Diese Fragen muss sich die Politik auch stellen, sofern sie nicht die hohe Akzeptanz für die Maßnahmen verlieren will.

    Und Bilder wie von Laschet im Flugzeug, nach dem Gipfel, die Maske nicht vor der Nase - sondern unten. Die Schaden der kompletten Diskussion und füttern das Bild von "die da oben" und "wir da unten" in den betroffenen Bereichen.

    "Die Menschen wissen im Moment nicht wohin mit ihrer Liebe. Sie möchten dafür wenigstens ab und zu ein Fußballküsschen bekommen. Dafür werden sie den Klub weiterhin unterstützen müssen, auch in holprigen Zeiten" !! (Marcel Reif, kicker, 10.10.16)

  • Und gewisse Politiker rufen auf den Nachbar zu denunzieren....

    Man mag von Lauterbach halten was man will. Man kann ihn mögen oder nicht mögen. Ist mir persönlich eigentlich ziemlich egal. Aber diese Art der Diskussionsführung finde ich unter aller Sau. Auch hier, über den Inhalt bzw. einen Standpunkt lässt sich doch streiten, aber solche Unterstellungen treiben riesige Keile in die Debatten. Ich raff's nicht.


    Passend zum Thema: https://www.volksverpetzer.de/…/framing-lauterbach-fake/

    Florian Dick: "Der 1. FC Kaiserslautern ist der englischste Klub in Deutschland."

    Hans Sarpei auf Twitter: Relegation 2013: Der Moment, wo ganz Deutschland zum Fan des 1. FC Kaiserslautern wird.

  • Wir müssen wirklich aufpassen sonst wachen wir morgen im Sozialismus auf. Die Tendenzen dahin sind eindeutig erkennbar, auch die Staatsfinanzierung, Aushebelung von Parlamente usw.

    DG - BESTER MANN*

    *so lange er gewinnt

  • Man mag von Lauterbach halten was man will. Man kann ihn mögen oder nicht mögen. Ist mir persönlich eigentlich ziemlich egal. Aber diese Art der Diskussionsführung finde ich unter aller Sau. Auch hier, über den Inhalt bzw. einen Standpunkt lässt sich doch streiten, aber solche Unterstellungen treiben riesige Keile in die Debatten. Ich raff's nicht.


    Passend zum Thema: https://www.volksverpetzer.de/…/framing-lauterbach-fake/

    Unterstellung ist nicht mehr richtig. Es wird eigentlich offen dazu aufgerufen - zwar nicht Lauterbach, aber Söder. Kann man jetzt denunzieren nennen oder nicht. Auch über den Sinn des Aufrufs kann man diskutieren. Aber es steht nun klar von einem MP formuliert im Raum.


    “Der Aufenthalt im öffentlichen wie im privaten Raum ist begrenzt auf die Angehörigen des eigenen Hausstands und eines weiteren Hausstands, jedoch in jedem Fall auf maximal 10 Personen”, beschloss das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstag in München. Durchsetzen solle die Polizei das Verbot von größeren Treffen in Wohnungen auf die gleiche Weise, wie sie gegen Ruhestörungen vorgehe, sagte Söder. “Dann können die Nachbarn entsprechende Hinweise geben, und dann kommt die Polizei.” Diese werde die Betreffenden zunächst auffordern, sich anders zu verhalten.

    https://de.reuters.com/article…-bayern-csu-idDEKBN27E2LP


    Und vorneweg, gleiches zitieren etwas SZ

    https://www.sueddeutsche.de/ba…lockdown-soeder-1.5097834

    oder auch BR oder oder --- also auch alles Medien fernab der Springerwelt.

    "Die Menschen wissen im Moment nicht wohin mit ihrer Liebe. Sie möchten dafür wenigstens ab und zu ein Fußballküsschen bekommen. Dafür werden sie den Klub weiterhin unterstützen müssen, auch in holprigen Zeiten" !! (Marcel Reif, kicker, 10.10.16)

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