Diskussionsthema zum Artikel: Dirk Schuster: „Hier ruht wirklich ein schlafender Riese“
Dirk Schuster: „Hier ruht wirklich ein schlafender Riese“
FCK-Cheftrainer Dirk Schuster im Gespräch mit Treffpunkt Betze über Potenziale und Herausforderungen, akribische Vorbereitungen und den Konkurrenzkampf im Mittelfeld.
"Die Mannschaft tritt geschlossen auf, lebt von Charakter und Teamgeist. Und das ist das Werk des Trainers“, urteilte einst Jogi Löw über seinen unmittelbaren Nachfolger bei der Wahl des kicker zum „Mann des Jahres“. Knapp sieben Jahre liegen diese Worte nun zurück. Sie bezogen sich auf Dirk Schuster, der gerade mit Darmstadt 98 für mächtig Furore in der Bundesliga sorgte. Mittlerweile arbeitet der Fußballlehrer beim 1. FC Kaiserslautern, seine Herangehensweise scheint jedoch nahezu unverändert zu sein. Im Interview mit Treffpunkt Betze spricht der 54-Jährige über die Anfangszeit beim FCK, die zurückgekehrte Demut am Betzenberg und über eine Mannschaft mit großem Herz.
"Wir sind absolut konkurrenzfähig, wenn wir es schaffen, an unsere Leistungsgrenze zu gehen“
Treffpunkt Betze: Herr Schuster, Sie sind seit rund fünf Monaten Cheftrainer des 1. FC Kaiserslautern. Kann man da überhaupt noch von ersten Eindrücken sprechen? Oder sind Sie bereits voll und ganz angekommen?
Dirk Schuster: Die ersten Eindrücke, die Sascha Franz und ich hier hatten, waren teilweise schon überwältigend. In sehr kurzer Zeit fanden diese zwei riesigen Ereignisse mit den Relegationsspielen statt, wir mussten die Mannschaft in der Situation kennenlernen, die Charaktere einschätzen, das war schon eine außergewöhnliche Situation. Wir haben aus dem gesamten Verein sehr viel Unterstützung bekommen. Von Thomas Hengen über den Staff - jeder hatte nur ein Ziel vor Augen und alle haben an einem Strang gezogen. Es waren sehr intensive erste 13 Tage, aber im Endeffekt eine lohnenswerte und erfolgreiche Zeit, durch die wir auch sehr schnell hier angekommen sind.
Treffpunkt Betze: Wie textsicher sind Sie nach dieser Anfangszeit beim Palzlied?
Dirk Schuster: Ich bin jedes Mal begeistert, wenn das vor dem Spiel gespielt wird und wie die Fans da mitgehen. Aber leider ist die Akustik auf dem Platz nicht ganz so, dass man die Textzeilen alle versteht und sich vielleicht mal einprägen kann. Sascha Franz ist da etwas näher dran, textsicherer zu werden, aber allgemein ist das Liedgut doch noch etwas neu für uns (lacht).
Treffpunkt Betze: Worüber staunen Sie nach dieser Zeit mehr: Über die schon vorhandenen Potenziale und Ressourcen des Vereins oder eher über die Erkenntnis, dass es beim FCK noch immer zahlreiche Herausforderungen gibt?
Dirk Schuster: Speziell in dieser Saison sind es die Herausforderungen. Die extrem kurze Vorbereitung, die wir durch die Relegation und der damit verbundenen späten Gewissheit in der zweiten Liga spielen zu dürfen, hatten, war schon ungewöhnlich. Dazu standen Transferaktivitäten an, für die wir uns die notwendige Zeit genommen haben. Sorgfalt und Genauigkeit standen vor Hektik und Eile, nur um irgendjemanden präsentieren zu können. Ich glaube, dass wir uns gut verstärkt haben, weiß auf der anderen Seite aber auch, dass wir die letzten Neuzugänge erst kurz vor Transferende begrüßen konnten und dass daher nicht alles von heute auf morgen reibungslos funktionieren kann. Die Rädchen müssen an manchen Stellen noch besser ineinandergreifen. Umso positiver sehe ich die Punkte, die wir bisher geholt haben. Auch bei vielen Spielen, die wir am Ende nicht gewonnen haben, haben wir bewiesen, dass wir auch gegen große Mannschaften mithalten und mitspielen können. Wir sind absolut konkurrenzfähig, wenn wir es schaffen, an unsere Leistungsgrenze zu gehen. Das haben wir zum Beispiel gegen Regensburg nicht geschafft, dementsprechend gab es eine Niederlage. Eine große Herausforderung war die zweite Liga für alle und das ist sie auch nach wie vor. Die Konkurrenz ist so eng zusammen, dass man noch gar nicht abschätzen kann, wer die drei sind, die oben vielleicht den Aufstieg und die Relegation unter sich ausmachen könnten und genauso ist nicht absehbar, wen es unten treffen könnte. Alle Mannschaften spielen mit einer gesunden Portion Konstanz, haben natürlich auch mal einen Ausrutscher dabei - aber es gibt keine zwei Mannschaften, wie in der letzten Saison mit Aue und Ingolstadt, die zeitig abfallen. Die Liga ist und bleibt eine ganz enge Geschichte.
"Hier herrscht ein riesiges Potenzial“
Treffpunkt Betze: Der FCK macht aktuell so viel Spaß wie schon lange nicht mehr. Die positiven Schlagzeilen in regionalen und überregionalen Medien überschlagen sich beinahe Woche für Woche. Das gallische Dorf aus der Pfalz wird endlich wieder wahrgenommen. Wie sehen Sie diese Entwicklung und diese Euphorie? Sie sind schließlich ein fester Bestandteil davon!
Dirk Schuster: Erstmal sehe ich das natürlich sehr positiv. Hier herrscht ein riesiges Potenzial, hier ruht wirklich ein schlafender Riese. Wenn das Zusammenspiel aus Umfeld, Fans und Verein eine gesunde Symbiose ergibt, dann sehe ich großes Entwicklungspotential und dann sind wir auch noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Man sollte jedoch immer versuchen, einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Man bekommt im Laufe der Zeit viele Eindrücke von Außenstehenden vermittelt, die begeistert sind, welche Stimmung hier herrscht und wie sich das gesamte Umfeld wieder mit dem FCK identifiziert. Und mit Umfeld ist nicht nur Kaiserslautern oder die Pfalz gemeint, sondern das gesamte Einzugsgebiet vom Saarland, über Baden-Württemberg und Hessen, bis hoch nach Nordrhein-Westfalen ist wieder euphorisiert. Es ist beeindruckend, was hier bei Heimspielen los ist und wie gigantisch die Atmosphäre immer wieder ist. Das setzt sich auch in Auswärtsspielen fort. Wie in Hamburg beispielsweise, wo die Stadt auf einmal Rot-Weiß war und was die 10.000 FCK-Fans da abgeliefert haben, das war herausragend. Wenn wir uns weiter kontinuierlich entwickeln, wenn wir weiter sauber arbeiten, wenn Ruhe im Verein bleibt, wenn alle gemeinsam in dieselbe Richtung marschieren, dann ist für die Zukunft schon noch ein bisschen was offen, was man erreichen kann. Und alle gemeinsam heißt, von der Reinigungskraft bis zum Aufsichtsrat, vom Geschäftsführer über den Staff bis zur gesamten Mannschaft, von den Sponsoren zu den Gönnern und von den Fans bis zu den Sympathisanten. Es beinhaltet einfach jeden, der sich mit dem FCK identifiziert.
Treffpunkt Betze: Gleichzeitig nutzen alle Protagonisten im Verein so gut wie jede Möglichkeit, auf die neu beschworene “Demut” hinzuweisen. Dies ist vor dem Hintergrund des massiven Absturzes des FCK seit den 2010er Jahren sicherlich auch nötig. Aber über das Gesagte hinaus: Was bedeutet für Sie diese Demut im Kern? Wie wird das im Verein, im Training, im täglichen Miteinander gelebt und vorgelebt?
Dirk Schuster: Es ist ganz wichtig, dass man diese Bodenständigkeit und auch diesen Respekt vor der Vergangenheit nie ablegt. Man hat gesehen, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln können, wenn man falsche Entscheidungen trifft. Wenn man in der Kürze der Zeit zu schnell zu viel will, wenn man den dritten Schritt vor dem ersten machen möchte, wenn Einflüsse auf die Mannschaft oder den Verein wirken, die weniger positiv sind. Deshalb, so glaube ich, leben wir das auch vor und versuchen diese Werte der Mannschaft zu vermitteln. Jedes Spiel und jede Trainingseinheit sind für uns ganz wichtig, um die Qualität eines jeden Einzelnen aber auch die des Gesamtverbundes weiter nach oben zu bringen. Es gilt den Konkurrenzkampf intern anzuheizen, um die Qualität zu erhöhen, so dass sich keiner in dem Glauben, in der Folgewoche sowieso wieder dabei zu sein, einen Durchhänger erlauben kann. Sollte dem so sein, ist nämlich der Nächste vielleicht mal dran und der wird natürlich alles dafür geben, diesen Platz, den er dann mal hat, nicht mehr so einfach herzugeben. Und diese Herangehensweise muss man so ein bisschen auf den gesamten Verein hochprojizieren. Ich glaube, dass der Thomas mit dem Team der Geschäftsstelle dahingehend eine Vorreiterrolle übernommen hat und dass alle, mit denen wir unmittelbar zu tun haben, diese Art und Weise mitgehen. Wie wir uns verhalten, wie wir uns nach außen geben, aber auch wie wir intern arbeiten. Man spürt vollstes Vertrauen, ganz viel Akribie und viel Fleiß, was innerhalb des Vereins auch sehr wichtig ist, weil durch die drohende Insolvenz natürlich auch Arbeitsplätze abgebaut und überall der Rotstift angesetzt werden musste. Wir machen momentan kleine Schritte auf einem ganz weiten Weg, der noch sehr steinig werden wird.
"Eine Mannschaft mit einem ganz großen Herz“
Treffpunkt Betze: In den letzten fünf Monaten hat sich der Kader nicht nur personell, sondern auch in seinem Leistungsvermögen gesteigert. Was überrascht Sie an Ihrer Mannschaft derzeit am stärksten?
Dirk Schuster: Das was wir auch in der Relegation gesehen haben. Dass es eine Mannschaft mit einem ganz großen Herz ist, die in der Vergangenheit vielleicht nicht immer den allerbesten Fußball gespielt hat, aber ein Spiel erst verloren gegeben hat, wenn man unter der Dusche stand. Und diese Mentalität haben wir in die zweite Liga mitgenommen. Das haben wir auch gebraucht. Es war überraschend, wie wir selbst gegen Spitzenmannschaften nach Rückständen, teilweise mit zwei Toren wie gegen Darmstadt 98, beim HSV oder auch mit einem Mann weniger in Heidenheim zurückgekommen sind und da noch gepunktet haben. Auf der anderen Seite will ich aber nicht nur das Positive herausstellen. Überraschend war für mich nämlich auch, diese komplette Leistung - also nicht nur von ein, zwei Spielern, sondern fast von der gesamten Mannschaft - im Spiel gegen Regensburg, wo wir nicht an unsere Leistungsgrenze gekommen sind. Wo wir nach einem sehr guten Spiel in Hamburg gegen einen vermeintlich kleineren Gegner wie Regensburg, der mittlerweile aber auch schon über Jahre in der zweiten Liga etabliert ist, diese Favoritenrolle nicht so ausfüllen konnten, wie wir uns das vorgestellt haben. Wenn die Regensburger fünf Kilometer mehr laufen und eine Zweikampfquote von 54 zu 46 Prozent haben, zeigt das, dass das einzig und allein eine mentale Geschichte war. Obwohl wir das die Woche über immer wieder angesprochen haben, aber wir haben es auf dem Platz nicht geregelt bekommen – was vielleicht auch manchmal menschlich ist.
Treffpunkt Betze: In den vergangenen Monaten kam der FCK vermehrt über die Körperlichkeit und mit brachialer Wucht ins Spiel - und war damit entsprechend erfolgreich. Neuzugang Philipp Klement verfügt ohne Frage über besondere spielerische Qualitäten. Gleichzeitig hat er Defizite im Rückwärtsgang und im defensiven Zweikampfverhalten. Wie sehen Sie seinen aktuellen Stand und seinen Impact auf das Offensiv- und Defensivspiel?
Dirk Schuster: Philipp tut unserer Kreativabteilung, also dem Offensivspiel unserer Mannschaft sehr gut. Er ist unheimlich schwierig vom Ball zu trennen, hat vom Passspiel her teilweise geniale Ideen seine Mitspieler einzusetzen und ist enorm laufstark. Er ist auch immer einer derjenigen, die den Ball fordern, die Akzente setzen und das Spiel positiv beeinflussen möchten. Dass er in der Rückwärtsbewegung nicht dieser überragende Zweikämpfer ist, der viel aufhält und den Gegner in körperlich robuste Zweikämpfe verwickelt, das wussten wir von vornherein. Philipp hat die Statik unseres Spiels etwas verändert und sich auch in der Rückwärtsbewegung schon verbessert. Dass er kein Zweikampfmonster mehr auf der Sechs wird, wie beispielsweise ein Gjasula in Darmstadt oder Fröde aus Rostock, die da schon eher defensive Akzente setzen, das wissen wir. Aber er ist auch weiter vorne angesiedelt, kann unsere Offensivspieler in Szene setzen und ich glaube, dass er uns allgemein vom spielerischen Vermögen her bisher sehr guttut.
"Wir haben ein breites Spektrum an Möglichkeiten“
Treffpunkt Betze: Bleiben wir gedanklich im zentralen Mittelfeld und dem Konkurrenzkampf zwischen Julian Niehues und Hikmet Ciftci. Was spricht gegenwärtig für Niehues, der seit dem ersten Relegationsspiel zur Startelf gehört? Wo sehen Sie seine Stärken, aber auch seine Schwächen? Und wie gestalten sich in diesem Zusammenhang Ciftcis Einsatzchancen?
Dirk Schuster: Grundsätzlich ist es schon mal so, dass in der Relegation beide in der Startelf standen. Niehues hier am Betzenberg, Ciftci im Rückspiel. Eine Bevorzugung hat also definitiv nicht stattgefunden. Hikmet war im Vorfeld des Hinspiels gegen Dresden erkrankt, was einen Einsatz und auch einen Kaderplatz unmöglich gemacht hätte. Wäre dem nicht so gewesen, hätte er gespielt. Niehues hat auf Grund seiner Körpergröße den Vorteil, dass er auf der Sechs von seinem Kopfballspiel her obenrum mehr abräumen kann. Viele Mannschaften haben die Standardsituationen mittlerweile als probates Mittel erkannt, um torgefährliche Situationen heraufzubeschwören. Wir haben einige kleinere, weniger kopfballstarke Spieler, so dass es ein Gedankengang von uns ist, körperliche Größe in die Mannschaft zu bringen. Das funktioniert auch nicht immer, wie wir in Kiel gesehen haben, wo sein unmittelbarer Gegenspieler, der nicht größer ist als er, zwei Kopfballtore nach Standardsituationen gemacht hat - aber grundsätzlich hat er seine Rolle bisher sehr ordentlich ausgefüllt. Er hat sich gut entwickelt, hatte zu Anfang das ein oder andere kleine Problemchen, wo er sich in der Rückwärtsbewegung teilweise zu einfach hat ausspielen lassen, was er aber gut in den Griff bekommen hat. Ich nehme das Spiel gegen den HSV als Messlatte für ihn. In diesem Spiel hat er defensiv sehr sauber gearbeitet, hat im Spiel von hinten heraus die Bälle gefordert, hatte eine gute Spielverlagerung drin, spielte kaum Fehlpässe und hat im Zweikampfverhalten einen tollen Job gemacht. Aber auch Hikmet Ciftci ist im Training engagiert, wartet auf seine Chance und scharrt mit den Hufen. In der Vorbereitung warf ihn eine Verletzungspause etwas zurück, was dann im Endeffekt auch den Ausschlag gab, dass zu Saisonbeginn erstmal Niehues gestartet ist.
Treffpunkt Betze: Durch seine Rotsperre hatte Aaron Opoku einen ungewöhnlichen Start in der Pfalz. Jetzt konnten Sie ihn endlich unter Wettkampfbedingungen erleben. Wie steht es um seine Qualitäten, seinen Mehrwert für die Mannschaft und mögliche Startelf-Einsätze?
Dirk Schuster: Aaron hat hohe Qualitäten, die er in der Vergangenheit auch schon an den Tag gelegt hat. Speziell in Osnabrück hatte er sehr viele Assists und einige Tore erzielt. Er kann Dinge mitbringen, die wir in unserem Spiel in dieser Form bisher noch nicht hatten. Tempodribblings, tiefe Läufe, er kann eins-gegen-eins-Situationen lösen, wofür er aber auch sein Tempo ausnutzen muss. In den beiden Spielen, in denen er zu Teileinsätzen kam, hat er das schon angedeutet. Es liegt an ihm und wie er sich im Training präsentiert, inwiefern er zu Startelfeinsätzen kommt. Momentan haben wir auf den Außenpositionen so ein bisschen die Qual der Wahl. Kenny Redondo hat sehr ordentliche Spiele gemacht, und sich ein kleines bisschen festgebissen. Sowohl auf der linken Seite als auch in der Spitze, wo er zuletzt zu finden war, hat er engagiert und gut gespielt. Daneben haben wir mit Daniel Hanslik, Erik Durm und Jean Zimmer weitere Spieler, die diese Position ausfüllen können. Und auch Philipp Hercher kann, wenn er hundertprozentig gesund ist, wieder offensiv auflaufen. Wir haben also ein relativ breites Spektrum an Möglichkeiten
"Bei uns läuft keiner mit einem Zitronengesicht herum“
Treffpunkt Betze: Hikmet Ciftci, René Klingenburg oder Mike Wunderlich. Dies sind nur Beispiele für Spieler, die in der Aufstiegssaison auf dem Platz noch eine deutlich gewichtigere Rolle gespielt haben. Wie gehen Sie um mit Spielern, die zuvor noch Stammkräfte waren, nun eher hinten anstehen und mit ihrer Rolle möglicherweise unzufrieden sind?
Dirk Schuster: Ich sehe keine Unzufriedenheit, die sich negativ aufs Team auswirkt. Bei uns läuft keiner mit einem Zitronengesicht herum. Auch ein Lars Bünning hatte vielleicht die Hoffnung hier schneller eine etwas größere Rolle zu spielen als momentan, wo er eher noch ein Ergänzungsspieler mit bisher wenigen Teileinsätzen ist. Aber diese Spieler sehen auch, dass die Mannschaft funktioniert und dass sie gepunktet hat und damit relativ wenig Anlass besteht, ein funktionierendes Uhrwerk auseinanderzureißen. Sie warten auf ihre Chance, halten durch ihren Einsatz und ihr Engagement die Trainingsqualität unwahrscheinlich weit oben, so dass wir vom Trainerteam nie Bauchschmerzen haben, den ein oder anderen vielleicht mal einzuwechseln oder ihn auch von Anfang an auf den Rasen zu stellen, wenn die Situation es erfordert. Das machen die Jungs super, was sie auch gesagt bekommen. So dass sie mit den Hufen scharren und dass sie auch wissen, dass irgendwann der Tag kommt, wo sie ihre Chance bekommen und dass sie die dann nutzen müssen.
Treffpunkt Betze: Im Vorfeld von Begegnungen vermitteln Sie, wie akribisch Sie sich auf den jeweiligen Gegner vorbereiten. Dabei wird deutlich, dass auch das Training und die Ausrichtung im Spiel sehr auf den Gegner zugeschnitten sind. Nehmen Sie uns mal ein wenig mit in Ihre diesbezügliche Planung: Wann beginnen Sie damit, Ihre Trainingsinhalte an den Eindrücken des Gegners auszurichten? Wie genau und detailliert findet die Gegneranalyse ab?
Dirk Schuster: Der Tag nach einem Spiel ist immer der Analyse gewidmet. Wir arbeiten das letzte Spiel auf, betrachten, was wir gut und was wir schlecht gemacht haben. Dazu wird das ein oder andere individuelle Gespräch geführt und vor allen Dingen präsentieren wir Lösungsvorschläge, um auch etwas vorzugeben, wie gewisse Dinge beim nächsten Mal verbessert oder anders gemacht werden müssen. Und dann gilt auch schon die Konzentration konkret dem nächsten Spiel. In der Regel haben wir vom Trainerteam den kommenden Gegner schon ein oder zwei Mal selbst gesehen, werden hierbei aber auch von unserer Scoutingabteilung und unserem Videoanalysten Niklas Martin, der sich fast die kompletten Spiele unseres Gegners aus der gesamten Saison noch einmal anschaut, unterstützt. Am nächsten Tag präsentieren wir über Flipchart, welche einzelnen Spieler des kommenden Gegners auf welcher Position in welchem System zu erwarten sind. Diese Informationen werden mit einzelnen Hinweisen, also beispielsweise ist der Gegenspieler ein Links- oder ein Rechtsfuß, welche Stärken und Schwächen hat er, ergänzt. Darüber hinaus folgt ein Spiel mit Ball, wo wir schauen, was der Gegner macht, wie wir dagegen anlaufen können, wo wir unsere Anlaufzone festlegen, wie wir defensiv dagegen agieren wollen. Am Folgetag unterbreiten wir unsere offensiven Lösungsvorschläge: Laufwege, wie und wo man dem Gegner wehtun kann, in welche Räume wir laufen wollen, welche Räume wir bespielen wollen, wie wir von hinten Abstöße gestalten könnten und wie der Spielaufbau unsererseits aussehen könnte. Und im Abschlusstraining gehen wir dann noch einmal auf die Standardsituationen ein. Der rote Faden der Vorbereitung auf das kommende Spiel zieht sich also über die ganze Woche.
Treffpunkt Betze: Natürlich ist eine mögliche Rückkehr in die Bundesliga gegenwärtig kein Thema. Dennoch möchten wir unser Gespräch mit folgender Frage beenden: Mit welchen drei Adjektiven würden Sie den folgenden Satz kommentieren: „Dirk Schuster verfolgt den Traum, mit dem 1. FC Kaiserslautern in die Bundesliga zurückzukehren?”
Dirk Schuster: Ohne auf Adjektive eingehen zu wollen: Nicht vordergründig. Wichtiger ist es, die Entwicklung im Verein und in der Mannschaft voranzutreiben und sich ständig zu verbessern. Erst den Klassenerhalt zu schaffen, dann die nächste Entwicklungsstufe zu gehen, um dann vielleicht langfristig gesehen oben eine gute Rolle spielen zu können, um vielleicht irgendwann einmal wieder in die erste Liga aufzusteigen. Das waren jetzt etwas mehr als die gewünschten drei Worte (grinst).
Treffpunkt Betze: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit dem FCK!
Quelle: Treffpunkt Betze