Diskussionsthema zum Artikel: Sorry, Tyger!
Sorry, Tyger!
Lex-Tyger Lobinger kehrte als Spieler des VfL Osnabrück auf den Betzenberg zurück. Die Begrüßung durch die FCK-Fans hatte sich der Stürmer sicher anders vorgestellt.
Spieler wie Thomas Müller oder Patrick Herrmann, die fast ihre gesamte Karriere bei einem Verein verbringen, sind sehr selten. Vereinswechsel gehören genauso zum Fußballgeschäft wie große Wassermassen zum Saarbrücker Ludwigspark. Die Gründe der Spieler sind sehr unterschiedlich. Die einen wechseln auf Grund fehlender Perspektiven, die anderen lockt das große Geld. Doch eines haben die meisten gemeinsam: Bei ihrer Rückkehr an die alte Wirkungsstätte werden sie gnadenlos ausgepfiffen. Auch auf dem Betzenberg mussten schon viele Spieler diese bittere Pille schlucken. Haben wir alle nichts aus dem Fall Robert Enke gelernt?
Die zwei Gesichter der Fankurve
Es ist der 17. Februar 2023, ein Freitagabend. Der FCK hat sein Auswärtsspiel beim SC Paderborn mit 0:1 verloren. Die Spieler stehen vor ihren mitgereisten Fans, doch für die ist die Niederlage erst einmal vergessen. Die Anhänger der Roten Teufel zeigen Fingerspitzengefühl und unterstützen Lex-Tyger Lobinger. Der Stürmer hatte nur einen Tag zuvor seinen Vater verloren, der einem Krebsleiden erlegen war. Mit Spruchbändern und aufmunternden Worten bekundeten die Fans ihre Solidarität und leisten Lobinger moralischen Beistand in dieser schweren Stunde.
Szenenwechsel: Sonntag, 10. März 2024. Die Roten Teufel kämpfen im Heimspiel gegen den VfL Osnabrück um drei eminent wichtige Punkte im Abstiegskampf. Es läuft die 86. Spielminute, als Gästetrainer Uwe Koschinat beim Stand von 2:2 einen Wechsel vornimmt. Doppeltorschütze Erik Engelhardt verlässt das Spielfeld, für ihn kommt bei den Niedersachsen ein alter Bekannter zum Einsatz - Lex-Tyger Lobinger! Und was erwartet den Stürmer? Ein gellendes Pfeifkonzert schlägt ihm entgegen, als hätte er den FCK einst im Alleingang in die Bedeutungslosigkeit geschossen. Doch wann und wodurch ist Lobinger bei den FCK-Fans so in Ungnade gefallen?
Vom Hoffnungsträger zum Ergänzungsspieler
Lobinger wechselte im Sommer 2022 von Fortuna Düsseldorf zum 1. FC Kaiserslautern und überzeugte auf Anhieb. Sein damaliger Trainer Dirk Schuster war völlig überrascht und bescheinigte dem neuen Stürmer großes Potenzial. „Wir hatten ihn ein paar Mal auf Video gesehen, aber dass er so zuschlägt, das ist schon eine Hausnummer", zeigte sich der Coach nach drei Toren in zwei Testspielen von seinem Neuzugang absolut begeistert. Doch der erste Eindruck täuschte, wie auch die nackten Zahlen belegen. Lobinger kam in seiner ersten Saison auf dem Betzenberg zwar auf beachtliche 29 Zweitliga-Einsätze, stand dabei aber nur 589 Minuten auf dem Platz und steuerte lediglich zwei Tore zum Klassenerhalt der Roten Teufel bei. In der Hinrunde der Saison 2023/24 reduzierten sich die Einsatzzeiten nochmals deutlich und er kam in nur sechs Einsätzen auf 102 Spielminuten und null Torbeteiligungen.
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Werte, die für einen Stürmer im eigentlich ambitionierten Kader des FCK eher überschaubar sind. Und so kam es, wie es kommen musste: Lex-Tyger Lobinger wurde Anfang Januar mitgeteilt, dass er beim FCK derzeit kaum Aussicht auf Einsatzzeiten habe und er sich vielleicht besser nach einem neuen Verein umsehen solle, der ihm mehr Spielpraxis bieten könne. Diesen Rat nahm sich der Stürmer zu Herzen und wechselte auf Leihbasis bis zum Saisonende zum VfL Osnabrück.
Tadelloser Sportsmann und Teamplayer
Was also werfen wir FCK-Fans dem 25-Jährigen nun vor? Er hat sich in seiner Zeit auf dem Betzenberg immer in den Dienst der Mannschaft gestellt, ist nie als Stinkstiefel aufgefallen. Als ihm signalisiert wurde, dass ein Umbruch in der Mannschaft ansteht, hat er es sich nicht leicht gemacht und seinen Vertrag ausgesessen. Er entschied sich für einen Wechsel und gab dem FCK damit die Möglichkeit, auf dem Transfermarkt aktiv zu werden und seine Position neu zu besetzen. Dass es ihn nach seinem Abschied aus der Pfalz zu einem direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt zieht, ist natürlich unglücklich, wurde aber von den Verantwortlichen in Kauf genommen.
Dass er als ehemaliger Spieler der Roten Teufel, nur weil er sportlich vielleicht nicht überzeugen konnte und im Trikot eines anderen Vereins auf dem Betzenberg auflief, nun auf so viel Ablehnung stößt, ist nicht nachvollziehbar. Wenn man bedenkt, dass Lobinger persönlich eine schwere Zeit beim FCK hinter sich hat, dass er trotz des Leihgeschäfts mit Osnabrück eigentlich immer noch Spieler des FCK ist und dass im Trikot des VfL nicht nur ein Fußballer, sondern vor allem ein Mensch steckt, muss man sich für die Pfiffe und Unmutsbekundungen schämen. Und schämen müssen sich alle. Nicht nur die, die aktiv gepfiffen haben, sondern auch wir, die wir tatenlos daneben gestanden und es haben geschehen lassen. Hoffentlich ist Tyger Lobinger weniger nachtragend als die Fans, wenn er ab Sommer wieder für den FCK auf Torejagd geht.