Diskussionsthema zum Artikel: Fast aufs Glatteis geführt
Fast aufs Glatteis geführt
Nach der Länderspielpause macht der 1. FC Kaiserslautern da weiter, wo er aufgehört hat: Er überzeugt spielerisch, stellt sich zu Hause aber fast schon wieder selbst ein Bein.
In Kaiserslautern wurde unter der Woche der Weihnachtsmarkt eröffnet, am Freitag gab es den ersten Schnee und die ersten Weihnachtsbaumverkäufe haben begonnen. Was gemütlich klingt und die besinnliche Jahreszeit einläutet, wird begleitet von Niederschlägen und kalten Temperaturen. Das macht dem Grün in den Fußballstadien in Deutschland zu schaffen. So scheint auch der Rasen auf dem Betzenberg durch die Witterung der letzten Tage stark in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein.
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Bei spätherbstlich warmen Temperaturen im zweistelligen Bereich hatten die Spieler des 1. FC Kaiserslautern und die der Gäste aus Braunschweig über die gesamte Spielzeit immer wieder Probleme mit der Standfestigkeit. Man hatte den Eindruck, dass die Spieler bei Sommerreifenwetter auf einem Winterreifenplatz Spikes statt Stollen an den Schuhen gebraucht hätten, um einen sicheren Stand zu haben.
Ein Rasen wie ein Pfälzer "Grumbeeracker"
Ein solcher ”Acker” verleitet Mannschaften häufig zu Langholz, die die Abwehrreihen von Zweitligisten wie Braunschweig in der Regel sicher zu verteidigen wissen. Folgerichtig fiel das 1:0 für den FCK aus der ersten One-Touch-Ballstafette, die Filip Kaloc sehenswert veredelte. Die Roten Teufel trotzten den Platzverhältnissen, die angesichts der vielen Stürze eher einer Eisbahn als einem Fußballplatz glichen, und übernahmen spätestens nach der Führung die Spielkontrolle. Nach einer an Höhepunkten armen Phase gelang den Lautrern durch eine ebenso sehenswerte Kombination das 2:0.
Es schien, als würde Anfangs Mannschaft, die besser mit den Bedingungen zurechtkam, auch das Spiel zu ihren Gunsten entscheiden. Und dass die Pfälzer mit ihrem Rasen im freundschaftlichen Bunde sind, ist spätestens seit dem Platzfehler im Heimspiel gegen Paderborn, der damals zum 1:0 führte, hinlänglich bekannt.
Die Ballverteilzentren vom Betzenberg
Das Sturmtrio Yokota-Ache-Hanslik erwischte auch gegen die Löwen aus Niedersachsen einen Sahnetag und beschäftigte die Defensive der Blau-Gelben fast über die gesamte Spielzeit. Während Yokota trotz Torbeteiligungen etwas glücklos agierte, konnten sich Ache und Hanslik als Torschützen im Spielberichtsbogen verewigen. An dieser Stelle wäre es durchaus gerechtfertigt, die nächste Lobeshymne auf den Lautrer 9er anzustimmen oder auch die wunderbare Geschichte von Daniel Hanslik zu erzählen, dem Schweizer Taschenmesser aus Bad Hersfeld, der so sehr wie kein anderer die Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren verkörpert. Doch heute sollen zwei eher unscheinbare Spieler im Mittelpunkt stehen:
Filip Kaloc, den Friedhelm Funkel als “Betzespieler” bezeichnete, und Afeez Aremu, das bisher noch nicht eingelöste Versprechen aus dem vorletzten Transfersommer, zeigten zuletzt und ganz besonders im Spiel gegen die Braunschweig, dass sie ihren Platz gefunden zu haben scheinen.
Aremu und Kaloc liefern besser als die DHL
Ja, Aremus Aggressivität bringt ihm die eine oder andere Karte ein, flößt seinen Gegenspielern aber auch gehörig Respekt ein. In einer Mannschaft, der von mehreren Trainern attestiert wurde, zu nett zu sein, kann ein solcher Spielertyp vorangehen und durch riskante, aber erfolgreiche Balleroberungen ein Momentum erzeugen, das seine Mannschaftskameraden mitreißen kann. Aremu wächst immer mehr in die Rolle des Staubsaugers vor der Abwehr hinein, der das Zentrum schließt und eroberte Bälle an den Mann zu bringen weiß.
Kaloc konnte bereits in der vergangenen Saison zeigen, dass er Körperlichkeit mit einem gewissen Spielwitz verbinden kann. Seit dem Trainerwechsel wird er meist in einer etwas offensiveren Rolle eingesetzt, die ihm eine gewisse Kreativität abverlangt. Nach einigen schwächeren Auftritten kann man nun davon ausgehen, dass er sich mit seiner neuen Rolle besser identifizieren kann. Sein Tor ist nur ein Indiz für diese positive Entwicklung.
Aremu und Kaloc ließen gegen die Niedersachsen das Fehlen von Stammkräften wie Tomiak und Ritter vergessen. Sie machten die Mitte dicht, liefen die Lücken zu und eroberten alle relevanten Bälle. Passend zur Black-Friday-Woche im Handel, in der in den Paketverteilzentren Hochbetrieb herrscht, um die Massen an Paketen zu den Kurieren und schließlich zu den Empfängern zu bringen, lieferten auch die Ballverteilzentren Aremu und Kaloc fast alle ihre Pakete pünktlich und wohlbehalten bei den Adressaten ab. Wenn die beiden diese Form halten können, müssen sich die eigentlichen Stammspieler, die derzeit wegen Verletzungen oder Sperren nicht auflaufen können, mächtig strecken, um wieder Spielpraxis zu bekommen.
Gezittert, aber nicht aus dem Konzept gebracht
Beim Stand von 2:0 entschied der Schiedsrichter auf Elfmeter für die Roten Teufel, weil Frank Ronstadt bei einem Zweikampf im Strafraum unbedacht zu Werke ging und seinen Gegenspieler umrempelte. Objektiv betrachtet eine harte, aber vertretbare Entscheidung gegen eine Mannschaft, die dadurch kurz vor der Halbzeit noch einmal hätte ins Wanken geraten können.
Doch so wie die Lautrer ihrem Grumbeeracker trotzten, ließen sie sich auch vom 2:1 kurz vor der Pause nicht aus der Ruhe bringen, sondern schickten die Braunschweiger nach Hansliks Tor des Willens zum 3:1 sogar mit einem psychologischen Nackenschlag in die Kabine zum Pausentee. Auch der späte Anschlusstreffer der Gäste in der 90+6. Minute (Grüße an das Podcast-Team von Treffpunkt Betze) nach einem schwer zu erklärenden Ausflug von Julian Krahl zum 3:2 brachte den FCK nicht mehr zu Fall.
Schalke, Karlsruhe, Darmstadt, Köln: die Betzebuben sind bereit
In den Wochen vor Weihnachten warten auf den 1. FC Kaiserslautern nur noch Highlightspiele. In diesen Partien gegen aufstrebende Mannschaften kann das Lametta am Weihnachtsbaum vergoldet oder die Vorfreude auf das Fest der Feste getrübt werden. Die Resilienz, sich auch von Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und in den entscheidenden Szenen häufiger die richtigen Entscheidungen zu treffen, spricht eindeutig dafür, dass sich diese Lautrer Mannschaft vor keiner der kommenden Herausforderungen verstecken muss. Und wer weiß, was sie auf den winterlichen Fußballackern in Gelsenkirchen und Darmstadt zu leisten vermag.