ZitatAlles anzeigenVon Marcel Reif
Ein Berg ruft bald wieder die Bundesliga, der Betzenberg und auf ihm der 1. FC Kaiserslautern. Liebeserklärung an einen Klub mit Tanzverbot.Sein Bruder Ernst trainierte mich in der B-Jugend. Ein Jahr später war er selbst der Trainer, Werner Liebrich, der Weltmeister, einer der Helden von Bern. Liebrich hatte die Fünf auf dem Rücken getragen, ich trug auch die Fünf. Und einmal, ich fand, dass ich begeisternd gespielt hatte, sozusagen weltmeisterlich, überragend und dabei auch ästhetisch und leicht, als ich also nach Abpfiff vom Platz ging, erwartete ich eigentlich, dass Liebrich auf mich zukommen und in etwa sagen würde: „Das ist er! Du, Marcel, du bist mein würdiger Nachfolger!“ Aber Liebrich sagte so etwas nicht, er schaute mich von oben bis unten an und wieder zurück und sagte: „Bei uns in Lautern tun mir kei Walzer tanze!“ So ein Satz könnte einem schon die Liebe vergällen, das Dumme war nur, dass Liebrich, der Weltmeister, wusste, wovon er sprach. Die Liebe blieb. Man sagt ja, dass man die Frau verlassen kann, die Kinder auch, aber nie diese erste große außerfamiliäre Liebe, die zu seinem Fußballverein. Ich fürchte, es geht viel tiefer. Man darf schließlich nicht vergessen, dass ich dabei war, als Fritz Walter 1959 sein Abschiedspiel gab, gegen Stade Reims, was damals noch eine große Nummer war im europäischen Fußball, und ich war zehn und stand am Spielfeldrand.
Werner Liebrich betrieb übrigens nebenbei einen Kiosk, mit Zeitungen, Tabakwaren, Getränken, der war ganz in der Nähe der Tankstelle von Ottmar Walter, die ganz in der Nähe der Wäscherei von Fritz Walter lag, die sich ganz in der Nähe seines Kinos befand. In Kaiserslautern ist eben alles ganz in der Nähe. Und nun ist der 1. FC Kaiserslautern, der Klub der ersten Weltmeister, neben den Walter-Brüdern und Liebrich kamen noch Horst Eckel dazu und Werner Kohlmeyer, und nun ist der 1. FC Kaiserslautern, der Klub meiner Kindheit und Jugend und meines Herzens, wieder ganz oben. Noch ein paar Spieltage ganz oben in der Tabelle der Zweiten Liga und in der nächsten Saison in der obersten Liga. Auch mit den Jahren ist die Liebe noch schön.
Es heißt hier, Kaiserslautern ist, von der Autobahn aus gesehen, da links, wo es geradeaus nach Paris geht. Alles richtig, und viel Wald ist drumherum, sehr viel Wald und einen Hügel hat es auch, der etwas verwegen Berg genannt wird. Früher, in alten Zeiten, da stellten sich Ritter ihre Burgen auf solche Hügel, später ließ der Kurfürst sich darauf seine Pfalz bauen, erhaben thronend über sein Volk und seine Stadt. In Kaiserslautern thront das Stadion auf dem Betzenberg, nicht minder erhaben. Wenn man sich Kaiserslautern auf der Autobahn nähert, und es ist zufällig dunkel und der FCK spielt gerade und das Stadion, das natürlich nicht Irgendwiearena heißt, sondern Fritz-Walter-Stadion, wie auch sonst, und wenn das dann erleuchtet ist, dann kriecht die Erhabenheit unter die Haut, und man spürt, dass dieser FCK nicht einfach ein Fußballklub einer kleinen Stadt ist, er ist ihr Kurfürst, er ist ihre Identität. Viele Jahre lang war diese Burg, war dieser Betzenberg kaum einnehmbar. Es gab Zeiten, in denen die Konkurrenz gar nicht erst anreisen wollte in die Pfalz, weil es eh nichts abzuholen gab außer Dresche. Einmal, das war 1973, da führte der FC Bayern München nach 57 Spielminuten durch Tore von Bernd Gersdorff und Gerd Müller bereits 4:1. Nur Pirrung, Josef, oder besser: Seppl, hatte für uns getroffen. Aber dann traf er nochmal, und Herbert Laumen traf zweimal und Klaus Toppmöller und Ernst Diehl je einmal, und wir gewannen 7:4. Der Betze ist eben nicht kleinzukriegen
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