ZitatAlles anzeigenFCK hilft nach 1:4-Debakel gegen Schalke 04 nur noch ein Wunder - Trainer Marco Kurz steht vor dem Aus
Fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz, sechs Punkte Rückstand zum rettenden Ufer: Mit der 1:4 (1:2)-Schlappe gegen Schalke 04 ist Bundesliga-Schlusslicht 1. FC Kaiserslautern „am Tiefpunkt angekommen”, gestand Vereinschef Stefan Kuntz nach dem Debakel.
Die Trainerfrage stellt sich nun vor dem „Endspiel” in Freiburg. Wie sie der Klub beantwortet, mochte der Boss nicht spontan entscheiden.
Welch ein Qualitätsunterschied in der Offensive: Der im Spiel nach vorne erneut völlig überforderte FCK verlor im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion hochverdient. 16 Spiele ohne Sieg, alles andere als der dritte Abstieg des FCK nach 1996 und 2006 wäre ein Wunder.
„Wir haben die Schnauze voll”, schallte es aus der Westkurve. Frust pur nach der Lektion der Schalker Könner für Lauterer Lehrbuben. Der Gang in die Kurve - für Kurz die Abschiedstour?
Der FCK erwischte gestern sogar noch einen Traumstart - ganz kurz bebte der „Betze”. Rodnei verwandelte eine Freistoßflanke von Christian Tiffert mit einem akrobatischen Kopfball zum 1:0 (3.). Mehr Grund zur Freude gab's nicht mehr. Rodnei durfte wieder ran, weil Jan Simunek wegen einer Achillessehnenreizung passen musste.
Die bemühten, aber fußballerisch enttäuschenden Lauterer verstanden es nicht, ihre frühe Führung auszuspielen, die Pässe im Mittelfeld und in die Spitze waren viel zu ungenau. Zunächst machten sie ihre Fehler durch sofortiges Nachsetzen noch wett. Die FCK-Doppelspitze im 4-4-2, Sandro Wagner/Itay Shechter, ließ aber wieder jegliche Qualität im Abschluss vermissen, das Durchsetzungsvermögen war mangelhaft. „Wenn der FCK das 2:0 macht, wird es schwer”, erinnerte Schalkes Manager Horst Heldt an den Konter über Shechter und Wagner, den Tiffert vermasselte (33.). Wenn ...
Die Schalker zogen ihr Spiel meist über die starken Flügelpärchen Atsuto Uchida/Jefferson Farfán und Christian Fuchs/Julian Draxler auf. Nach und nach setzte sich die deutlich höhere Qualität der Schalker durch. Der sonst umsichtige Ariel Borysiuk und Mathias Abel kamen im Zentrum gegen Lewis Holtby zu spät, der in den Winkel traf - der 1:1-Ausgleich (39.). Raúl und Huntelaar hatten unbehelligt vorbereitet.
Danach lief's bei Königsblau, und der FCK rannte wieder nur noch seinen eigenen Fehlern hinterher. Wie Olcay Sahan nach seinem Patzer, den der starke Fuchs schlau ausnutzte. Der Österreicher bediente Klaas-Jan Huntelaar klug. Der Torjäger bedankte sich mit seinem 20. Saisontreffer zur 2:1-Führung (45.). Ein Anrennen des FCK Richtung Westkurve nach der Pause? Nein - der sehr präsente Raúl machte mit seinem Traumtor zum 3:1 schnell alles klar (51.). Farfán setzte nach einem Konter und prima Holtby-Querpass den 4:1-Schlusspunkt (81.). „Eine sehr, sehr empfindliche Niederlage”, bekannte Kurz. Muss er heute gehen?
So spielten sie
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Abel, Rodnei, Jessen - Sahan (46. Fortounis), Borysiuk, De Wit (62. Wooten), Tiffert - Shechter, Wagner (62 Swierczok)
FC Schalke 04: Hildebrand - Uchida, Papadopulos, Matip, Fuchs - Jones - Farfán, Holtby, Draxler (81. Pukki) - Raúl (77. Moritz) - Huntelaar (84. Obasi)
Tore: 1:0 Rodnei (3.), 1:1 Holtby (39.), 1:2 Huntelaar (45.), 1:3 Raúl (51.), 1:4 Farfán (81.) - Beste Spieler: Borysiuk - Raúl, Holtby, Huntelaar, Fuchs, Uchida - Zuschauer: 49.780 (ausverkauft) - Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen).
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Kein Kurz-Schluss - FCK klammert an einem Strohhalm
Schlusslicht. Fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Nach der 1:4-Demütigung durch Schalke 04 auch mental am Boden: Auf dem „Tiefpunkt der Saison” will Stefan Kuntz, der Vorstandsvorsitzende des 1. FC Kaiserslautern, die katastrophale sportliche Lage in Ruhe überdenken.
Kuntz ist eigentlich Optimist. Kuntz ist Realist. Kuntz neigt nicht zu Schnellschüssen. Die hat sich der früherer Torjäger als Vereinschef verboten. Aber sein Mienenspiel, seine Worte lassen wenig Interpretationsspielraum - vor dem „Endspiel” am kommenden Samstag beim fünf Punkte besser gestellten SC Freiburg droht Trainer Marco Kurz bei den Roten Teufeln heute die Entlassung.
„Diese Frage kann ich nicht beantworten, das kann kein Trainer der Welt”, verwies Marco Kurz auf die Entscheidungsträger in der Chefetage. Dieter Rombach, der Vorsitzende des Aufsichtsrates, zeigte sich schockiert vom Auftritt der Mannschaft. „Wir haben einfach zu viele Schwachstellen”, resümierte Rombach, der dazu riet, nicht emotional und übereilt Entscheidungen zu treffen: „Ich persönlich bin der Auffassung, dass es nicht am Trainer, sondern an der Qualität der Mannschaft liegt.”
„Es ist erneut ein Tiefschlag, ich weiß nicht, der wievielte in dieser Saison. Wir sind am Boden”, erkannte Christian Tiffert, der Kapitän der Roten Teufel, die nach gutem Start ins Verderben liefen. „Wir sind gut ins Spiel gekommen, dann hatte ich die Chance zum 2:0 ...”, trauerte der Lauterer Kapitän der vertanen Chance nach. „Wir haben dann keine Zweikämpfe mehr gewonnen”, beschrieb Tiffert den Abschuss durch das königsblaue Klasse-Ensemble.
„Wir haben jetzt das nächste Alles-oder-nichts-Spiel”, sagte Tiffert, der nicht weiß, wie und ob es mit dem Trainer weitergeht: „Ich bin kein Hellseher.”
„Wer hinfällt, der muss auch aufstehen, um die Liga zu halten. Wer es nicht tut, hat es auch nicht verdient”, philosophierte Marco Kurz nach dem 1:4.
„Ich weiß nicht, ob jeder Schuss aus 20 Metern drin sein muss”, haderte Mathias Abel nach der Heimschlappe und bemühte das Prinzip Hoffnung: „Wir müssen in Freiburg gewinnen.” Aber wie?
„Kompliment, wie sie zurückgekommen sind”, sagte Schalkes Trainer Huub Stevens, den es aber wurmte, dass seine Elf fast traditionell in Rückstand geraten war. Als Torvorbereiter und Torschütze trat Lewis Holtby in Erscheinung. Dass er vor der Westkurve mit der Eckfahne feierte, mochte er nicht als Provokation verstanden wissen: „Aber es war ein Gruß an meine Freunde in Mainz.”
Während Schalke jubelte, mit 50 Punkten von der Königsklasse träumt, sind die Roten Teufel auf Höllenfahrt. „Wir müssen das verarbeiten. Die Situation ist noch schwieriger geworden. Wir haben jetzt in Freiburg ein richtiges Endspiel”, sagte FCK-Verteidiger Florian Dick. „Wir klammern uns jetzt an den letzten Strohhalm”, bekannte Kollege Abel.
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Kommentar - Mit eineinhalb Beinen in Liga zwei
Der dritte Abstieg des 1. FC Kaiserslautern scheint besiegelt. Die Mannschaft ist nach dem 1:4 gegen Schalke wohl am Ende.
Der 1. FC Kaiserslautern ist acht Spieltage vor dem Ende einer unglückseligen Saison im Tal der Tränen. Die Mannschaft, die bei fünf ihrer elf Unentschieden an ihrer chronischen Abschlussschwäche scheiterte, präsentiert sich in der Rückrunde mehr und mehr wie der Absteiger Nummer eins. Aufsichtsratschef Rombach mag recht haben: Was sich auf dem Betzenberg abspielt, ist kein Trainer-, sondern ein Qualitätsproblem.
Das Bemühen, im Winterschlussverkauf auf die punktemäßig enttäuschende Hinrunde zu reagieren, ist aber gescheitert. Von fünf Neuzugängen, die für die Rückserie engagiert wurden, beweist sich nur der 20-jährige Ariel Borysiuk als Verstärkung. Nach gutem Start firmiert der Ex-Bremer Sandro Wagner allem Bemühen zum Trotz als wahnsinnige Enttäuschung. Er trifft nicht, er spielt schlecht - so hilft er der Mannschaft abzusteigen!
Der FCK und seine Führung waren bestrebt, den Vertrag mit Trainer Marco Kurz bis 2013 zu erfüllen. Seit der Schmach von Mainz aber ist das Vertrauen in die Wirkungskraft des 42-Jährigen nicht mehr ungebrochen. Keiner will es, aber allem Anschein nach tendiert die Vereinsführung dazu, die letzte Patrone nutzen zu wollen. Der FCK, gestern auch mental am Ende, steht mit eineinhalb Beinen in der Zweiten Liga. Ein Trainerwechsel vor den letzten acht Spielen ist wahrscheinlich.
Die missliche Lage hat die sportliche Leitung, sprich Stefan Kuntz und Marco Kurz, gemeinsam zu verantworten. Ihre Einkaufspolitik im Sommer und im Winter war desaströs. Das Resultat dessen spiegelt sich in der Tabelle wider. Platz 18!
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau