ZitatAlles anzeigenDer souveräne 3:0-Heimsieg des 1. FC Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden wird von schweren Ausschreitungen überschattet. Nach der Partie greifen Dresdner Anhänger auf dem Weg vom Stadion in die Stadt voll besetzte Pendelbusse an. Zwei Menschen werden verletzt. Der Sachschaden beträgt 70 000 Euro.
Der Traditionsverein SG Dynamo Dresden hat es nicht leicht. In der Zweiten Fußball-Bundesliga stehen die Dresdner auf dem drittletzten Platz. Obwohl sie am Freitagabend in der Partie beim Tabellendritten, dem 1. FC Kaiserslautern, anfangs couragiert und konstruktiv spielten, verloren sie am Ende verdient mit 0:3 (0:2). Markus Karl gelang mit einem sehenswerten Schuss aus rund 25 Metern das 1:0 (24.), Mo Idrissou (40.) und Erwin Hoffer (68.) erhöhten.
Doch nicht nur, dass die Dresdner mit dieser Schlappe keinen Boden im Abstiegskampf gutmachen konnten – sie verloren am Freitag auf einer anderen Ebene noch deutlicher als auf der sportlichen. Zum wiederholten Male gab es rund um eine Partie mit Dynamo-Beteiligung schwere Ausschreitungen, bei denen nach Polizeiangaben mindestens zwei Personen verletzt wurden.
Sie waren in einem der Pendelbusse, die viele der 32.925 Stadionbesucher nutzten, um nach dem Spiel zurück zum Parkplatz oder in die Stadt zu fahren. Dynamo-Anhänger griffen die blockierten oder im Stau stehenden Busse an. Sie zertrümmerten deren Glasscheiben, um sich Zutritt zu verschaffen und im Inneren der randvollen Fahrzeuge wild um sich zu schlagen, wie Augenzeugen berichteten. Ein Mann erlitt durch herumfliegende Glassplitter Schnittverletzungen, eine Frau erlitt einen Schock.
Zu den Vorwürfen einiger Besucher, die Polizei sei an dieser Stelle nicht präsent gewesen, sagte Einsatzleiter Franz-Josef Brandt gestern dieser Zeitung: „Ich bedauere die Verletzten und die Leute, die Angst hatten, sehr. Aber wir mussten wegen konkreter Hinweise auf massive Auseinandersetzungen zwischen den Fangruppen an mehreren anderen Orten in der Stadt umplanen. Deswegen konnten in der Kantstraße, wo wir kein derart großes Gewaltpotenzial erwartet hatten, nicht so viele Kräfte einsetzen wie geplant.“ 70.000 Euro Gesamtschaden entstanden laut Polizei an mehreren Bussen und Einsatzfahrzeugen.
„Ein derartiges Aggressions- und Gewaltpotenzial habe ich bisher noch bei keinem Spiel in meiner über 40-jährigen Polizeilaufbahn erlebt“, sagte Brandt, der mit mehr als 600 Kollegen im Einsatz war.
Zutiefst schockiert und beschämt zeigte sich gestern der Vorsitzende eines Dynamo-Fanklubs. Er sprach von „so ziemlich dem Heftigsten, was mir in 25 Jahren Dynamo untergekommen ist“. „Ich schäme mich“, sagte auch Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller. Schon vor dem Spiel bei Randale auf dem Messeplatz und während der Partie durch vielfaches Abbrennen von Feuerwerkskörpern fielen einige Hundert der mehr als 4000 Dresdner Anhänger negativ auf.
Im Schutz der Dunkelheit beschäftigten „Problemfans“ vor allem auf und hinter der Osttribüne sowie auf den Wegen vom Stadion Richtung Stadt und auf dem Messeplatz das massive Polizeiaufgebot. Den wegen wiederholter Ausschreitungen bereits vom DFB-Pokal ausgeschlossenen Traditionsklub erwartet nun erneut eine empfindliche Strafe.
Vor allem bei denjenigen in den angegriffenen Bussen galt: Die Vorfälle haben die netten Geschichten, die der Sport schreibt, zumindest vorübergehend auf schlimme Weise aus der Erinnerung verdrängt. Etwa die von der glorreichen Rückkehr eines Publikumslieblings: Joker Jimmy kann gar nicht lange weg gewesen sein. Es war „seine“ Fankurve, auf die Erwin „Jimmy“ Hoffer am Freitag 13 Minuten nach seiner Einwechslung zielstrebig zustürmte und das 3:0 für den FCK erzielte.
„Ein super Gefühl, das Schönste, was es als Sportler gibt“, meinte der nach eineinhalb Jahren bei Eintracht Frankfurt vorerst zurückgekehrte Hoffer später zu den „Jimmiiieeee“-Sprechchören der Fans, die in der 24. Minute erstmals jubelten. „Das 1:0 war der Dosenöffner“, sagte Markus Karl, dem das tolle Tor gelang. „Ich hab’ gesehen, dass der Torwart weit vor seinem Tor stand und hab’ es mit einem höheren Ball probiert“, meinte der Mittelfeldmann später. Der spielfreudige Alexander Baumjohann hatte seinem Kollegen den Ball aufgelegt. Baumjohann spielte nach krankheitsbedingter Pause wieder.
Beim 1:0-Sieg am Montag in München konnte er wegen eines starken Infekts nicht dabei sein. Ende Januar unmittelbar nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in der Türkei hatte es den 26-Jährigen erwischt. „In den ersten zwei Tagen hatte ich starken Schüttelfrost, und der Husten und Schnupfen sind einfach nicht weggegangen“, berichtete der Kreative.
Am Freitagabend nun fühlte er sich fit genug für eine gute Stunde. Und die war wirklich gut. Nach der Vorarbeit zu Karls 1:0 lieferte der Ex-Schalker eine präzise Flanke, die Idrissou zum 2:0 verwandelte – die Vorentscheidung. Den Rest besorgte beim 3:0 nach Köhlers feinem Steilpass Joker Jimmy.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau