ZitatAlles anzeigenDer 1. FC Kaiserslautern erwartet heute den 1. FC Köln zu einem psychologisch sehr wichtigen Spiel – Borysiuk beweist Biss
49.780 Zuschauer. Das Fritz-Walter-Stadion ist erstmals in dieser Spielzeit ausverkauft. Vierter gegen Dritter. 1. FC Kaiserslautern gegen 1. FC Köln – heute (18 Uhr) gibt’s auf dem „Betze“ ein brisantes Duell auf der Zielgeraden dieser Saison in der Zweiten Fußball-Bundesliga.
„Natürlich ist es ein wichtiges Spiel für beide, aber kein entscheidendes. Und wenn es ein Unentschieden gibt, sind auch die Mannschaften hinter uns noch in der Verlosung um Platz drei“, sagt FCK-Trainer Franco Foda. Er mag kein Endspiel in dem heutigen Gipfeltreffen sehen, in das die Kölner – seit 15 Spielen ungeschlagen– mit einem Punkt Vorsprung gehen.
Aber Foda weiß natürlich um die Klasse der Kölner, weiß um die spektakulären Auftritte von Christian Clemens und um den Torhunger der Mainzer Leihgabe Anthony Ujah. Den 2,02 Meter großen Stefan Maierhofer, der von RB Salzburg kam, schätzt der FCK-Coach als „Mentalitätsspieler“.Eine Mentalität, die zum Betzenberg passt, besitzt Ariel Borysiuk. „Ja, die Entwicklung ist absolut positiv.
Auch wenn er manchmal noch überzieht, aber Ariel ist noch sehr jung und besitzt Potenzial“, lobt Vereinschef Stefan Kuntz den 21-Jährigen. Am 31. Januar letzten Jahres kam er von Legia Warschau – und sah bei seinem Debüt am 5. Februar 2012 nach 40 Minuten Gelb-Rot. Der Gegner war der 1. FC Köln, der 1:0 gewann. Für den FCK war es in der Bundesliga-Abstiegssaison der Anfang vom Ende.
„Zwei Gelbe Karten hintereinander – und damit Gelb-Rot –, das war damals gegen Köln sehr unglücklich für mich“, sagt Borysiuk 14 Monate später. Seine Aggressivität im Zweikampf, die ihm in der laufenden Saison bei 22 Einsätzen acht Gelbe Karten einbrachte, ist andererseits auch seine große Stärke.
Sie kommt auf der Sechser-Position im zentralen defensiven Mittelfeld besonders zum Tragen. Aber sie birgt eben auch Risiken. So musste Trainer Foda den polnischen Jung-Nationalspieler am Sonntag beim 1:1 in Sandhausen schon zur Pause auswechseln – er war stark gelbrotgefährdet.
Eine beherzte Grätsche brachte ihm seine achte Gelbe Karte. Bis zu seiner Auswechslung war der Mann mit dem Jungengesicht Kaiserslauterns Bester und verbuchte mit 69 Prozent gewonnener Zweikämpfe einen Top-Wert. „Die Gelbe Karte in Sandhausen war in Ordnung“, meint Borysiuk rückblickend, „diese Aggressivität gehört zu meinem Spiel dazu.
Da passiert so etwas mal, obwohl ich natürlich nie jemanden unfair attackieren will.“ Wenn nach solchen Zweikämpfen mit Gegnerkontakt von den FCK-Fans die Rufe kommen „Das ist der Fußball in Lautern“, dann ist das manchmal zu viel des Guten.
Aber die Rufe übermitteln die Botschaft unmissverständlich: Die FCK-Anhänger wollen ihr Team kämpfen sehen – unabhängig davon, welche spielerischen Elemente, welche Siege und welche tollen Tore mit dem Kampf einhergehen mögen. Die Basis möchte, dass die Basis stimmt.
Das gilt umso mehr für den direkten Vergleich heute Abend. Borysiuk, der, wenn er zum Klassemann reifen will, viel torgefährlicher werden muss, ist ein geradliniger Spielertyp, wie sie ihn mögen auf dem „Betze“. Der 21-Jährige mit dem Talent für weite Präzisionspässe und Seitenwechsel hat auch in den ersten Wochen nach der Winterpause bewiesen, dass er zu kämpfen versteht.
Er war seinen Stammplatz aus der Hinrunde los, als Markus Karl im Januar als neuer „Sechser“ geholt wurde. „Ja, das war schwer für mich. Aber Markus hatte bei Union Berlin eine super Hinrunde gespielt“, sagt Borysiuk.
Knapp zwei Monate später stand „Boris“ wieder in der Startelf – gemeinsam mit Karl, der nun mit einem Innenband-Teilabriss bis Saisonende ausfällt. „Das ist schlimm für Markus und für unsere gesamte Mannschaft“, sagt Borysiuk. Aber natürlich geht es immer weiter. Schon heute Abend.
Benjamin Köhler ist einer der Kandidaten als Karl-Ersatz. „Das ist ein großes Match. Darüber habe ich auch mit meinem Freund Adam Matuschyk von Köln schon gesprochen. Aber danach bleiben noch sechs Spieltage, dann sind immer noch 18 Punkte zu vergeben“, weiß Borysiuk, „aber für den Kopf ist der Ausgang dieses Spiels sehr wichtig – und für die Fans auch!“
So spielen sie
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Simunek, Torrejón, Löwe - Weiser, Borysiuk, Köhler, Baumjohann - Idrissou, Bunjaku – Ersatz: Hohs, Heintz, Bugera, Riedel, Fortounis, Azaouagh, Drazan, Hoffer
Es fehlen: Alushi, Amri, Zellner (Reha), De Wit (Trainingsrückstand), Karl (Innenbandteilabriss im Knie), Linsmayer (Nasenbeinbruch)
1. FC Köln: Horn - Brecko, Maroh, McKenna, Eichner - Strobl - Matuschyk, Clemens - Bröker - Maierhofer, Ujah
Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach)
Hinrunde: 3:3.
------
Hintergrund: Jäger Stanislawski ist jetzt in der Rolle des Gejagten
Die 14 Herren vor dem Geißbockheim, alle im gesetzten Alter, haben es schwer. Um das Hauptquartier des 1. FC Köln pfeift ein kalter Wind, und viel zu sehen gibt es für die Rentner-Combo seit Dienstag auch nicht. Zumindest keine Fußballer. Die letzten Trainingseinheiten vor dem Zweitliga-Schlager in Kaiserslautern finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.Kölns Trainer Holger Stanislawski will bei der Arbeit seine Ruhe haben, dafür geht es heute (18 Uhr) auf dem Betzenberg dann umso munterer zu.
Dafür sorgen nicht zuletzt 7000 FC-Fans, die beim Duell um Platz drei für eine kölsche Invasion sorgen. In Köln ist das Fußballfieber ausgebrochen – spätestens seit Ostersonntag, als die Rheinländer mit dem 2:1 über Jahn Regensburg den FCK vom Relegationsplatz verdrängten und Stanislawski sein Halali-Bonmot einmotten konnte. „Ich bin“, verkündete der FC-Coach vor kurzem, „lieber der mit der Flinte als das Wildschwein.“
Doch ab sofort sind die „Geißböcke“ die Gejagten. Eine Situation, die Toni Schumacher verzückt. Der frühere Nationalkeeper ist seit einem Jahr Vizepräsident beim „Geißbockklub“, erlebte gleich zu Beginn einen rabenschwarzen Abstiegstag mit, inklusive anschließendem Großreinemachen mit insgesamt 44 Transfers – und erklärt nun genüsslich: „Ich war schon immer lieber der Gejagte. Jetzt muss Kaiserslautern doch gewinnen – und wir können. Das ist eine tolle Ausgangsposition.“
Christian Clemens findet die neue Konstellation ebenfalls prima. „Wenn wir unseren Stiefel so weiterspielen, sind wir, glaube ich, nicht mehr zu stoppen“, lässt der überragende FC-Akteur der letzten Wochen den Lauterern ausrichten. Der Siegeswille der Kölner, die weniger durch hochwertiges Offensivspiel als durch eine solide Verteidigung und ihren nervenstarken Torwart Timo Horn (19) auffallen, ist inzwischen also von den Beinen bis in die Köpfe vorgedrungen – bei zuletzt 15 Partien ohne Niederlage kein Wunder.
Zu Gute kam den Emporkömmlingen aus dem Unterhaus, die erst am siebten Spieltag den ersten Sieg feierten, dass die Erwartungen der Fans nach dem „brutalen Schnitt“ (Stanislawski) vor der Saison ungewöhnlich dezent ausfielen. Wegen der enormen Umbaumaßnahmen im Kader legte die frisch gewählte Vereinsführung das Projekt mit dem neuen Trainer von Beginn an auf mindestens zwei Jahre aus. Zudem macht sich jetzt bezahlt, dass die Kluboberen in der extrem zähen Startphase die Ruhe bewahrten und ihrem Chefübungsleiter den Rücken stärkten.
„Holger Stanislawski ist der perfekte Mann, er passt in diesen Klub wie die Faust aufs Auge“, lautet das Mantra Schumachers, der aber auch das kleine aktuelle Dilemma der Kölner kennt: Einerseits täte dem rundumerneuerten Verein ein weiteres Jahr in der Zweiten Liga gut, um sich weiter zu festigen.
Anderseits fiele es dem Klub ohne die TV-Millionen aus der Bundesliga deutlich schwerer, die wirtschaftlichen Sünden der Vergangenheit abzuarbeiten. „Finanziell wäre der Aufstieg natürlich ein Segen“, betont der neue Geschäftsführer Alexander Wehrle. Sollte die direkte Rückkehr in die Erste Liga dagegen misslingen – so weiß Trainer Stanislawski schon jetzt: „Dann steht der Umbruch vom Umbruch an.“
Den gilt es für den FC zu vermeiden, der Torjäger Anthony Ujah von Mainz 05 ausgeliehen hat und den baumlangen Angreifer Stefan Maierhofer im Winter von RB Salzburg holte.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau