ZitatAlles anzeigenErmittler fordern Stellungnahme von Mo Idrissou – FCK suspendiert Jan Simunek
Von Oliver Sperk & Horst Konzok
COTTBUS. Am Tag nach der 2:4-Schlappe wurde der Skandal öffentlich: Fußball-Zweitligist 1. FC Kaiserslautern hat Abwehrspieler Jan Simunek vorläufig wegen „unprofessionellem Verhalten“ suspendiert. Unheil droht aus Frankfurt: Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat eine Stellungnahme von Mo Idrissou angefordert. Er war nach dem Spiel in einem TV-Interview mit drastischer Wortwahl aufgefallen.
Simunek, der in Cottbus erkrankt fehlte, ist bis auf weiteres zum Training der zweiten Mannschaft abkommandiert und vom Training- und Spielbetrieb der Profis ausgeschlossen. Der Verein gab keine Details, die zur Bestrafung führten, bekannt. Nach RHEINPFALZ-Informationen ist eine nächtliche Kneipentour drei Tage vor dem Spiel in Cottbus Auslöser der Suspendierung des Profis, der zuletzt herausragende Leistungen bot.
„Wir sind sehr enttäuscht von seinem Verhalten. Um erfolgreich zu sein, benötigen wir Spieler, die sich mit unserem Ziel, ihrem Beruf und dem 1. FC Kaiserslautern zu 100 Prozent identifizieren“, kommentierte Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz, der dem reumütigen und geständigen Simunek die Suspendierung unter vier Augen mitteilte.
Mo Idrissou hat nach dem 2:4 (0:1) des FCK am Montag bei Energie Cottbus verbal drauflos geknüppelt. „In den letzten drei Spielen müssen auch andere in der Mannschaft zeigen, dass sie Eier haben“, wütete Idrissou vor dem Topspiel des Tabellendritten am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Verfolger FSV Frankfurt.
„Ich habe Eier“, ergänzte Idrissou gewohnt selbstbewusst nach seinem 16. Saisontor, mit dem der 33-Jährige nach einem präzisen Eckball Alexander Baumjohanns zum zwischenzeitlichen 1:1 einköpfte, „ich werde alles dafür tun, dass wir die Relegation erreichen. Wer keine Eier hat, kann für die letzten drei Spiele zur zweiten Mannschaft gehen.“
Mit seinen „Eier“-Aussagen im Stile von Ex-Bayern-Torwart Oliver Kahn, der sich 2003 in einem legendär gewordenen „Wir brauchen Eier“-Fernsehinterview ähnlich geäußert hatte, provoziert Idrissou bewusst.
Der 33-Jährige gefällt sich in der Rolle der auch auf dem Platz dauerdiskutierenden Reizfigur. Er ist seit Jahren bei jeder Vorbereitung von Unparteiischen-Teams auf eine Partie seiner jeweiligen Mannschaft Thema in der Schiedsrichter-Kabine. Der 1,90-Meter-Hüne steckt ein und teilt aus. Er wird nach eigenen Angaben von vielen Gegenspielern permanent übel beleidigt und versäumt es nie, die Schiedsrichter gleich nach Anpfiff darauf hinzuweisen.
„Ich sage ihnen immer, dass ich beleidigt werde, aber sie wollen oft nichts davon hören“, behauptet Idrissou, der sich häufig ungerecht behandelt fühlt.
In Cottbus aber übertrieb er es und vergriff sich ganz gehörig bei der Wortwahl, nachdem er sich schon in der achten Minute eine Gelbe Karte „ermeckert“ hatte: Schiedsrichter Wolfgang Stark „sagt, ihm gefällt meine Körpersprache nicht“, äußerte Idrissou bei „Sky“, „ich habe eine Männer-Körpersprache. Ich bin nicht schwul und werde auch kein Schwuler sein.“ Wegen dieser Aussagen hat der DFB-Kontrollausschuss eine Stellungnahme Idrissous angefordert.
Die rein fußballerischen Fakten, allein seine 16 Tore, unterstreichen die sportliche Bedeutung Idrissous für den FCK. Bei nun neun Verwarnungen zieht die nächste Gelbe Karte ein Spiel Sperre für den athletischen Stürmer nach sich – eine Hypothek im Endspurt und für die mögliche Relegation.
Idrissou indes ruft mit seinen „Eier“-Aussagen das in Erinnerung, was Stefan Kuntz als „Charaktertest“ bezeichnete. Kuntz’ Diplomatensprache folgt Idrissous Fußballersprache – die Probleme sind geblieben: Auswärts spielt der Immer-noch-Aufstiegskandidat über viel zu weite Strecken Angsthasenfußball.
Nette Flachpass-Kombinationen und Dribblings, die im Niemandsland zwischen den Strafräumen enden – „zu wenig Zug zum Tor“, kritisiert Trainer Franco Foda. „Man darf Siege nicht zu schön und Niederlagen nicht zu schlecht reden“, betont FCK-Rechtsverteidiger Florian Dick, „aber in Cottbus, das war eine Katastrophe.“ Drei Punktspiele bleiben, um es besser zu machen.
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Kommentar
Der Sündenfall Simunek
Von Horst Konzok
Werder Bremen hat seine Nachtschwärmer Arnautovic und Elia. Der 1. FC Kaiserslautern hat nun den Sündenfall Simunek publik gemacht.
Unprofessionelles Verhalten wird dem am Dienstag suspendierten Abwehrspieler Jan Simunek angelastet. Die Worte in der Pressemitteilung des Fußball-Zweitligisten umschreiben offenbar einen nächtlichen Kneipenmarathon durch Kaiserslautern. Drei Tage vor einem Spiel kann und darf sich ein Profi das nicht leisten.
Die Entscheidung, die zunächst bis Sonntag gilt, ist nachvollziehbar, denn Simunek gefährdet mit seinem törichten Verhalten das Projekt Wiederaufstieg. Dabei galt der Tscheche, der zuletzt gar einmal die Kapitänsbinde trug, als Musterprofi.
Mit seinem Verhalten aber hat er dem Verein, dem Trainer, der Mannschaft und den Fans, aber auch sich selbst, geschadet. Simunek, oft und lange verletzt, hatte eine Bringschuld. Er hat gegen den Mannschaftsgeist verstoßen und das Vertrauen seines Trainers brutal enttäuscht.
„Jeder macht, was er will, und das schon die ganze Woche über. Wir sind einfach nur dumm, die dümmste Mannschaft der Zweiten Liga“, hatte Mo Idrissou nach dem 2:4 von Cottbus gewettert. Nun weiß man, was er mit dieser nebulösen Aussage meinte. Der Torjäger hatte nach der Schlappe böse vom Leder gezogen, Leistung und Auftreten der Mannschaft in rüdem Ton gerügt.
Die Wortwahl war unschön, teilweise auch dem nicht perfekten Deutsch geschuldet. Was Idrissou vor der Kamera sagte, hätte er natürlich intern ansprechen müssen. Aber im Grunde hat er nur ausgesprochen, was Vereinsverantwortliche und Fans seit Wochen auswärts aufregt. Mit Alibi-Gekicke steigt keiner auf!
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau
Pfälzische Volkszeitung