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Gut reicht dem FCK nicht gegen Hoffenheims individuelle Klasse – Ihr Tor lässt die Lauterer hoffen
Von Oliver Sperk
Die Qualität einer Fußballmannschaft besteht auch darin, Fehler des Gegners schnell und konsequent zu bestrafen. Genau das hat die TSG 1899 Hoffenheim beim 3:1 (2:0) im Relegations-Hinspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern getan. Im Rückspiel am Montag (20.30 Uhr) setzen die Roten Teufel auf einen bebenden „Betze“.
Der erste „Fehler“ des Zweitliga-Dritten aus Kaiserslautern am Donnerstag in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena war, dass Stürmer Erwin Hoffer seine Sache in der fünften Minute ziemlich gut machte, aber eben nicht perfekt: Den leicht überhastet abgegebenen Flachschuss des Österreichers nach einer von Rechtsverteidiger Florian Dick, dem Vorzeige-Kämpfer, eingeleiteten Kombination fischte TSG-Torwart Koen Casteels aus dem kurzen Eck.
Beim Stand von 0:0, als der Bundesliga-16. aus dem Kraichgau noch nicht recht sortiert schien, hätte der Außenseiter seine Chance und diesen Moment nutzen müssen, um auswärts mit 1:0 in Führung zu gehen und den Favoriten damit zu erschrecken.
„Man kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen“, sagte FCK-Mittelfeldspieler Alexander Baumjohann später. Aber es war jedem Beteiligten klar, dass gerade in derart brisanten Spielen eine konsequente Chancenverwertung geboten ist, um zu bestehen. Wie eben dies funktioniert, zeigte der Bundesligist dem Zweitligisten einige Minuten später.
Der 19 Jahre alte FCK-Innenverteidiger Dominique Heintz stoppte TSG-Angreifer Kevin Volland dann doch durch ein Foul, obwohl Trainer Franco Foda vor solchen Situationen gewarnt hatte; die Klasse Sejad Salihovics bei Freistößen ist seit Jahren bekannt und verbürgt. Die Lauterer Abwehrmauer erwies sich als zu schmal und zu durchlässig, Heintz kam gegen Roberto Firmino, den Mann des Abends, den entscheidenden Schritt zu spät – 1:0 (11.).
Die zuletzt prima funktionierende FCK-Innenverteidigung Heintz/Marc Torrejón bekam auch bei Firminos 2:0 (29.) zu spüren, dass es in der Bundesliga schnell und gnadenlos zugeht. „Wir wussten, dass es auf wenige Momente ankommt“, sagte Torwart Tobias Sippel hernach.
So half es dem mutig und in hohem Tempo mitspielenden Zweitligisten in einem tollen, mit offenem Visier geführten Schlagabtausch nicht viel, dass die Statistik 15:10 Torschüsse und 7:3 Ecken für den FCK auswies.
Hoffenheim nutzte seine Chancen konsequenter – auch dies ist eine Frage der Qualität, für die vor allem der überragende Firmino bürgte. Und Sven Schipplock, der erneut den Top-Joker gab. Er bestrafte Torrejóns haarsträubenden Ballverlust nach Firminos Vorarbeit mit dem 3:1 (67.). Schwer zu sagen, ob ein gesunder Torrejón – er plagt sich seit Wochen mit Schambein-Becken-Schmerzen – diesen Patzer vermieden hätte.
„Hoffenheim ist ein Bundesligist. Da darfst du dir keine Fehler erlauben, das war unser Problem. Wir haben das Hinspiel verloren, aber nur das. Am Montag gibt es noch ein Rückspiel. Wir müssen 2:0 gewinnen, und das können wir schaffen“, sagte Mo Idrissou. Sein Tor zum zwischenzeitlichen 1:2 – ein Ergebnis, das die Lauterer Aufstiegshoffnungen für Montag deutlich vergrößert hätte, – ließ die rund 5000 FCK-Anhänger in der Sinsheimer Arena noch einmal richtig laut werden (58.).
Baumjohann auf Idrissou – in dieser Szene ergänzten sich der Traumvorlagen-Geber und sein Abnehmer Nummer eins, die in dieser Saison aber auch schon manches Sträußchen miteinander ausgefochten haben. Ariel Borysiuks abgefälschter Schuss ließ kurz darauf die Dezibel-Werte in der roten Ecke weiter nach oben schnellen – doch der Ball strich an Casteels’ Kasten vorbei. Als die Roten Teufel gerade wieder so richtig bei der Musik waren, stach dann Joker Schipplock.
Auch auf ihn waren die FCK-Profis vorbereitet. Aber auch er nutzte diesen kleinen Moment, den er brauchte, um in die gewünschte Position zu kommen, perfekt. Es fehlte den Lauterern wenig – und doch ein gutes Stück zu viel an diesem verregneten Donnerstag, an dem ein knapp viermal so hoher Etat, Reife und Cleverness über Eifer und Begabung gesiegt haben.
Wie seine Spieler setzt FCK-Trainer Foda fürs Rückspiel auf den Heimvorteil und auf die Atmosphäre im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion. Der Coach betonte: „Wenn wir diese Leistung am Montag noch mal abrufen können, in der Offensive kaltschnäuziger agieren und die Fehler in der Defensive abstellen, haben wir auf jeden Fall die Chance, diese Relegation noch für uns zu entscheiden.“
Eventuell können übermorgen Jan Simunek und Kostas Fortounis, die verletzt fehlten, wieder mitmischen.
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Die Wochenend-Kolumne (Horst Konzok)
Ich bin der Meinung,...
... dass der FCK noch hoffen darf.
Noch mindestens 90 Minuten darf der 1. FC Kaiserslautern mit seinem fantastischen Anhang auf die Rückkehr ins Fußball-Oberhaus hoffen. Er darf hoffen, auch wegen seiner Fans! Es war großartig, wie die Lauterer Fan-Kolonie die Mannschaft beim ersten Relegationsspiel in Sinsheim unterstützte, mit dem „You’ll never walk alone“ nach dem 1:3 grandios verabschiedete.
Minutenlang wähnte sich der Fußball-Romantiker an der Anfield Road in Liverpool. Hätte es nur die Schmähungen des Hoffenheimer Mäzens Dietmar Hopp nicht gegeben! Bemerkt sei aber auch: Auch in der Fankurve des sogenannten Dorfklubs ist gesungene Gossensprache schnell erlernt worden.
... dass der zwölfte Mann die Roten Teufel beflügelt.
Mit fast 50.000 Fans im Rücken ist diese Lauterer Mannschaft an einem guten Abend in der Lage, die Relegation noch zu drehen. Aber der Gegner, viel besser als Platz 16 vermuten lässt, hat mental Oberwasser.
Zwei Tore aufzuholen ist schwer, zumal das Konterspiel mit den ballfertigen Angreifern Volland, Firmino und Johnson der TSG 1899 Hoffenheim liegt. Mit Sejad Salihovic, dem gefährlichen Standardschützen, besitzt die TSG einen prima Passgeber, mit Markus Gisdol einen mutigen Trainer, der mit Sven Schipplock wiederholt den richtigen Joker zog.
Wobei die Lauterer, die bis auf die Riesenchance Johnsons nicht viel zuließen, sich drei ziemlich dämliche Gegentore eingefangen haben. 1:2 – da wäre der Aufstieg nicht unwahrscheinlich gewesen. Aber 1:3? Ein frühes Führungstor, Flutlicht, ein ausverkaufter Betze – dann brennt der Berg! Dann kann noch was gehen.
FCK-Trainer Franco Foda muss am Montag gegen einen selbstbewusst gewordenen Gegner die richtige Mischung finden. Eine Mischung, die die Balance findet zwischen mutigem Spiel nach vorne und wirkunsgvollem Umschaltspiel nach hinten.
Wer den Coach gestern in der Pressekonferenz erlebte, der kann sich vorstellen, dass er in der Kabine den richtigen Ton findet, dass er seine Spieler mitzureißen vermag. Es gilt, Freistöße der Marke Salihovic zu vermeiden – oder aber eine vernünftige Mauer zu formieren.
Anders als beim 0:1. Es gilt, wach zu sein. Anders als Dominique Heintz nach der Freistoßpanne, anders als Alexander Baumjohann beim 0:2, anders als der sonst so zuverlässige Marc Torrejón beim 1:3.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau