ZitatAlles anzeigenNach dem Sensationssieg bei Bayer 04 reist der FCK im Pokal-Halbfinale zu Bayern München
VON OLIVER SPERK
Die Freude ist groß beim 1. FC Kaiserslautern nach dem 1:0-Pokalcoup beim haushohen Favoriten Bayer Leverkusen. Noch einmal rund 2,2 Millionen Euro bringt der sensationelle Halbfinaleinzug dem Fußball-Zweitligisten. Das sportlich unglücklichste Los, das Halbfinale beim FC Bayern München am 15. oder 16. April, sorgte bei vielen Lauterern aber später für ein spontanes Fluchen.
Alle beim FCK waren sich im Glücksrausch nach dem unverhofften Viertelfinal-Sieg in Leverkusen durch Ruben Jenssens wahrlich „goldenes“ Tor in der Verlängerung (114. Minute) einig. Es sollte auf jeden Fall ein Heimspiel sein, dieses Halbfinale, bitte, bitte, bitte. Borussia Dortmund, der VfL Wolfsburg und eben die Bayern, ein „leichtes“ Los war eh nicht mehr im Topf. Die Lizenzspieler-Jahresetats der drei verbliebenen Bundesliga-Topklubs sind vier- bis zehnmal so hoch wie die rund zwölf Millionen Euro beim derzeitigen Zweitliga-Dritten aus der Pfalz.
Ein Auswärtsspiel beim Titelverteidiger, Champions-League-Sieger und Meister aus München ordneten die FCK-Spieler wie auch Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz eine halbe Stunde vor der Auslosung am späten Mittwochabend als das sportlich undankbarste Los ein, natürlich. Es kam, wie es kommen musste – die Live-Auslosung in der ARD ergab die Allianz-Arena als vorösterlichen Spielort für den FCK.
Dass sich der zugeschaltete Kuntz gegenüber der Losfee, der mehrfachen Paralympics-Siegerin im Schwimmen, Kirsten Bruhn, im emotionalen Überschwang flapsig-ironisch, aber sehr ungeschickt äußerte, brachte viele Fernsehzuschauer auf die Palme. „Typisch: Frauen und Fußball. (...) Toll. Wir freuen uns. Schönen Dank“, sagte Kuntz in Richtung Bruhns; in der Emotion alles nicht ernst gemeint, ließ Kuntz gestern wissen. Aber einige fassten es ernst auf.
Ein Chef-Diplomat würde solche Worte einfach steckenlassen. Manche Zuschauer warfen dem versöhnlich lächelnden Kuntz „schlechten Stil“ vor. Bei einem mit Glückshormonen vollgepumpten Ex-Fußballer, der mit seinen „Jungs“ mitleidet, mitfeiert und in der Emotion übers Ziel hinausschießt, sollte andererseits aber nicht jedes unangemessene Wort in Spontan-Schalten auf die Goldwaage gelegt werden. Eine Portion Macho-Gehabe – und sei es aus harmloser Koketterie – ist in der mitunter rauen Fußballwelt, die zum Glück immer polarisieren wird, seit eh und je Usus.
Die sportliche Anerkennung und die Millionen-Einnahmen haben sich die von 4000 Fans toll unterstützten Roten Teufel mit einer kämpferischen und taktischen Top-Leistung in Leverkusen redlich verdient. „Wir wussten, dass ein guter Zweitligist in einem Pokalspiel bei einem Bundesligisten immer eine Chance hat. Und unsere Mannschaft hat eine große Qualität“, sagte Jenssen. Der überglückliche Siegtorschütze hatte die kluge Hereingabe des eingewechselten Mohamadou Idrissou mit einem trockenen Schuss ins Pokalglück vollstreckt; zuvor hatte der ganz stark aufspielende Karim Matmour Idrissou den Ball genau in den Lauf gelegt.
Leverkusen trug zum großen Lauterer Triumphzug durch einen blutleeren, lethargischen und überheblichen Auftritt seinen Teil bei. Aus der Partie vom Mittwochabend ließe sich ein Lehrfilm basteln, Motto: So darf ich als Favorit auf keinen Fall in ein Spiel gegen einen Außenseiter gehen – mit höchstens halber Kraft nämlich. Aus der Ressourcenschonung von Bayer 04 für das Bundesliga-Verfolgerduell gegen Schalke und das Champions-League-Spiel gegen Paris St. Germain wurde nichts. Es musste ja eine Verlängerung her, in der Idrissou zunächst die Riesenchance für die Gäste vergab.
Einen umstrittenen Foulelfmeter, den Matmour gegen Hernandez Guardado geschickt herausholte, hieb Idrissou mit Gewalt neben das von Bernd Leno klasse gehütete Bayer-Tor (98.). „Selbst davon haben wir uns nicht unterkriegen lassen“, konstatierte der gegen Bayer-Flügelflitzer Heung-Min Son wirkungsvolle Lauterer Rechtsverteidiger Florian Dick. Der FCK spielte mit gekonnter Raumaufteilung sehr klug aus einer straffen Ordnung heraus, die die Leverkusener Ballkünstler nicht zu ihrem Spiel kommen ließ.
Nach und nach merkten die Roten Teufel, dass an diesem Abend für sie alles möglich war; sie wurden immer mutiger und erarbeiteten sich ab der 50. Minute ein klares Chancenplus gegen zu lasche Leverkusener. 8:4 Ecken standen am Ende für den Zweitligisten zu Buche, und Bayer-Trainer Sami Hyypiä musste zerknirscht feststellen: „Die Einstellung war der wichtigste Grund, dass wir nicht gewonnen haben.“
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Zur Sache: Wenn Fußball-Lehrer Runjaic Bestnoten verteilt
Einer für alle, alle für einen! Der Pokaltriumph des 1. FC Kaiserslautern, das sensationelle 1:0 des Zweitligisten bei Bayer Leverkusen, hat einige Gründe. Herausragend war der Mannschaftsgeist, entscheidend ein Kollektiv ohne schwachen Punkt. „Jeder hat jedem geholfen“, bilanzierte FCK-Trainer Kosta Runjaic. Er war stolz, er war glücklich, er war zufrieden mit seinen Jungs, die ihn noch beim 2:1-Sieg im Zweitliga-Gipfel gegen Greuther Fürth eher unzufrieden gestimmt hatten. Zu wenig Laufarbeit hatte der Coach da moniert. „Ein schöner Abend“, sagte Runjaic am Mittwoch, als er im edlen Presseraum der BayArena noch auf dem Podium saß.
Er lenkte den Blick schon da ins Erzgebirge, wo es im Zweitliga-Alltag am Montag in Aue um wichtige Punkte geht, um das große Saisonziel zu verwirklichen: den Aufstieg! „Wir brauchen die gleiche Einstellung, um in Aue zu bestehen. Das wird nicht leichter als hier“, orakelte der FCK-Trainer, der für eine besonders detaillierte Spielvorbereitung und eine ungemein akribische Spielnachbereitung bekannt ist. Dauerte die Video-Analyse am Montag zwei Stunden, so ist nach dem freien Freitag eher ein Kurzfilm zu erwarten. Denn Coach Kosta lobte seine Jungs im kleinen Kreis für eine tadelfreie Leistung. Es gab Bestnoten von Coach Kosta.
„Das war richtig gut“, befand der Trainer bei der Manöverkritik von der Nummer 1 (Sippel) bis zur Nummer 37 (Karl). „So stelle ich mir Markus Karl vor“, würdigte der Coach den Funkturm, der bei aufziehender Gefahr sofort die Antennen ausfuhr, als Balleroberer und Ballverteiler gefiel.
„Tobi hatte eine sehr gute Ausstrahlung“, anerkannte der FCK-Trainer den Auftritt von Torhüter Sippel. „Klasse, wie sich Chris Löwe trotz Gelber Karte behauptet hat“, würdigte der Coach, dass der beherzte Linksverteidiger und dessen rechtes Pendant Florian Dick Bayers Flügel stutzten. Heung-Min Son und Sidney Sam hatten nur ganz wenig zu bestellen.
„Wir wissen, was Jan kann“, unterstrich Runjaic nach der großartigen Partie des Innenverteidigers. Mit Kapitän Marc Torrejón bildete er ein sehr stabiles Bollwerk. Als Simunek acht Minuten vor dem Ende nach einem Schlag aufs Knie aufgab, kam Dominique Heintz – und schaltete Torjäger Kießling aus.
„Karim ist im Eins-zu-Eins immer sehr aktiv“, rühmte Runjaic die tolle Leistung und das Engagement von Karim Matmour. Aber auch die Laufarbeit von Olivier Occéan und Alexander Ring, die die Gegner früh attackierten, fand das Lob des Chefs: „Das war ihr erster Auftrag!“
Getroffen hat Ruben Jenssen. „Er hat sich Schritt um Schritt verbessert. Ein guter Junge, der immer zuhört“, sagte Kosta Runjaic. Wie ein stolzer Lehrer von lauter Musterschülern.
Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau